Vorgehensweise gegen den Sozialbetrug  

erstellt am
23. 04. 12

Hundstorfer: Sozialbetrug kein Kavaliersdelikt
Bessere Vernetzung der Behörden in einer Task Force wird fortgesetzt und forciert
Wien (sk) - "Sozialbetrug soll und darf kein Kavaliersdelikt sein", erklärte Sozialminister Rudolf Hundstorfer am 23.04. bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Innenministerin Mikl-Leitner und dem Direktor des Bundeskriminalamts Franz Lang. Im Innenministerium wurde die gemeinsame Vorgehensweise gegen den Sozialbetrug in Österreich präsentiert. Es wurde eine Task Force mit dem Namen "Merlin" ins Leben gerufen, um strenger kontrollieren und den Drahtziehern das Handwerk legen zu können. "In Zukunft werden das Sozial- und Finanzministerium gemeinsam alle Behörden bündeln, um koordiniert gegen Sozialbetrug vorgehen zu können", zeigte sich Hundstorfer erfreut. "Denn es gibt leider einen Promillesatz an Unternehmen, die glauben, mit Sozialbetrug mehr Geld machen zu können als ohne", so Hundstorfer.

Die Task Force stellt eine wichtige Maßnahme zur Bekämpfung von Sozialbetrug im Baugewerbe und anderen Unternehmensbereichen dar. Im Zuge dieser Kontrollen kann nun auch genauer Lohn- und Sozialdumping kontrolliert werden. "Um das Lohn- und Sozialniveau in den verschiedensten Arbeitsfeldern zu schützen, braucht es besonders dichte und genaue Kontrollen. Die gezielten Schwerpunktkontrollen werden nun dafür sorgen, auch Unterentlohnung verstärkt zu unterbinden", betonte Hundstorfer.

 

 Mikl-Leitner: Gemeinsames Vorgehen gegen den organisierten Sozialbetrug
Sozialbetrug ist für Kriminelle ein Millionengeschäft
Wien (bmi) - "Für unser Land hat dies weitreichende Folgen", so Innenministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner und Sozialminister Rudolf Hundstorfer in der Pressekonferenz am 23.04. "Es führt zu Wettbewerbsverzerrungen für die Unternehmer und schadet gleichzeitig dem gesamten Wirtschaftsstandort Österreich, aber auch jedem einzelnen, der dadurch eine höhere Steuerleistung erbringen muss." Hinter dieser Betrugsform stehen hierarchisch organisierte kriminelle Gruppen, die in Österreich Schäden in Millionen- wenn nicht sogar in Milliardenhöhe verursachen.

Um effizient und erfolgreich gegen diese Betrugsform mit all ihren Erscheinungsformen und der hohen Begleitkriminalität vorzugehen, war und ist eine enge Zusammenarbeit der Sozialversicherungen, der Finanzverwaltung, der Justiz und der Polizei nötig. Aus diesem Grund wurde im April 2010 unter der Leitung des Bundesministeriums für Inneres/Bundeskriminalamt eine ressortübergreifende Task Force mit Vertretern des Bundesministeriums für Finanzen und der Sozialversicherung eingerichtet. In dieser Einheit sind je nach Einsatz sechs bis 21 Beamte tätig. Ihr oberstes Ziel ist es, die Drahtzieher dieser kriminell organisierten Banden aufzuspüren und dingfest zu machen.

"Dies ist der Einheit bereits sehr erfolgreich gelungen", so die Innenministerin. So konnten bereits 202 dubiose Firmen in Österreich ausfindig gemacht und 19 Personen rechtskräftig verurteilt werden. Diese 202 Firmen verursachten durch ihr kriminelles Handeln Schäden in dreistelliger Millionenhöhe, wobei seitens der Finanz über 25,5 Millionen Euro in Vollstreckung sind. Seitens der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) beläuft sich die Gesamtforderung auf 16,8 Millionen. Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) hat Nachforderungen in der Höhe von 32,3 Millionen Euro festgestellt. Insgesamt sind somit im Rahmen der Konkursverfahren angemeldete Forderungen in der Höhe von 186,1 Millionen Euro entstanden. Das Ausfallsrisiko ist in diesen Fällen zumeist hoch.

Seitens des Task Force wurden bis dato 455 Einvernahmen durchgeführt. Weiters wurden Bargeld und Sparbücher im Wert von über 222.000 Euro, 44 gefälschte Dokumente und 82 Firmenstempel bei den dubiosen Firmen beschlagnahmt. Außerdem wurden 7.883 Scheinrechnungen mit ausgewiesenen Rechnungsbeträgen in der Höhe von 80,35 Millionen Euro sichergestellt.

Was ist Sozialbetrug
Der Begriff Sozialbetrug ist in Österreich – zum Unterschied von Deutschland – nicht gesetzlich definiert. Er hat zum Ziel vermögenswerte Vorteile durch direkte oder mittelbare Schädigung sozialstaatlicher Institutionen zu erlangen. In ihrer Gesamtheit ist er daher insbesondere für die Finanzierung der Sozialversicherung im Rahmen des österreichischen Umlageverfahrens eine ernstzunehmende Gefahr.

Wie gehen die Täter vor
Die Täter bedienen sich massenhaft dubioser Gesellschaften. Sie stellen Arbeitskräfte ein, zahlen jedoch keine Abgaben und Steuern und werden binnen Monaten insolvent. Nach der Insolvenz werden diese Arbeitskräfte bei einer anderen dubiosen Gesellschaft angemeldet und das Spiel beginnt von vorne. Erschwerend für die Arbeit der Polizei ist, dass aufgrund dieses organisierten und arbeitsteiligen Vorgehens die tatsächlichen Hintermänner verschleiert werden und nur mit hohem Ressourcenaufwand ausforschbar sind.

Welche Branchen sind betroffen
Der organisierte Sozialbetrug ist besonders im Bau- und Baunebengewerbe anzutreffen, hat sich aber mittlerweile auch auf andere Branchen wie Transport-, Personalleasing-, Gast- und Reinigungsgewerbe als auch auf die Industrie ausgeweitet und etabliert. Damit einhergehend ist auch eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs in diesen Bereichen zu verzeichnen.

Die Antworten
Der Gesetzgeber hat bereits in den letzten Jahren mit der Schaffung mehrerer Gesetze darauf reagiert. So wurde mit dem Sozialbetrugsgesetz 2005, dem AuftragsgeberInnen-Haftungsgesetz 2008, der Finanzstrafrechtsnovelle 2010, dem Betrugsbekämpfungsgesetz 2010 und dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz 2011 eine Fülle neuer Regulativen zur Bekämpfung von Sozialbetrug, Schattenwirtschaft und Abgabenhinterziehung eingeführt. Dadurch wurde der organisierte Sozialbetrug bereits erschwert.

"Seitens des Bundesministeriums für Inneres haben wir bereits 2010 eine ministeriumsübergreifende Task Force eingerichtet, um bei dieser Querschnittsmaterie standardisiert und akkordiert vorzugehen", so die Innenministerin. Zudem wurde das gesamte Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz von der Universität Wien wissenschaftlich begleitet.

Zielsicher und effizient vorgehen
90 Prozent der in Sozialbetrug involvierten Gesellschaften werden in Wien und Umland gegründet. "Um gerade in diesen Bundesländern ein besonderes Augenmerk auf diese Kriminalitätsform legen zu können, wird die derzeit arbeitende behördenübergreifende Einheit mit Ende Juni 2012 auf Länderebene, also in die Landeskriminalämter, verlagert, um hier noch effizienter und zielsicherer vorzugehen zu können", so Mikl-Leitner.

Für die Beamtinnen und Beamten auf Länderebene finden gemeinsame Schulungen von Finanzpolizei und Exekutive statt. Weiters wird derzeit zur Unterstützung der operativen Arbeit ein umfangreiches Handbuch erstellt.
     

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