Videosystem gleicht Sehschwäche aus   

erstellt am
19. 04. 12

Augenkranke können beim Fernsehen wieder Gesichter erkennen
Linz (jku) - In Österreich leiden derzeit etwa 125.000 Menschen an altersabhängiger Makuladegeneration (AMD), einer in fortschreitendem Alter auftretenden Augenerkrankung, bei der die Sehfähigkeit im Zentrum des Gesichtsfeldes teilweise oder ganz verlorengeht. Informatiker der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz haben ein System entwickelt, das diese Sehschwäche beim Fernsehen ausgleicht und den Erkrankten z.B. dabei hilft, wieder Gesichter zu erkennen.

Wenn zuerst beim Lesen die Mitte des Schriftbildes verschwimmt und später das Sehen im Zentrum des Gesichtsfelds schlechter und unschärfer wird, bis man dort zuletzt nur noch einen dunklen Fleck wahrnimmt, dann leidet man an altersabhängiger Makuladegeneration. Diese betrifft nur das Zentrum der Netzhaut, die Macula, die die Stelle des schärfsten Sehens darstellt. Das periphere Sehen außerhalb der Mitte des Sehfeldes bleibt erhalten.

AMD ist in den westlichen Industrienationen die häufigste Erkrankung, die jenseits des 50. Lebensjahres zu schweren Seheinbußen führt. Experten prognostizieren für die Zukunft einen deutlichen Anstieg der Erkrankungen, der größtenteils auf die zunehmende Lebenserwartung zurückzuführen ist. So lassen sich Studien zufolge bei rund einem Drittel der über 80-Jährigen Anzeichen für eine beginnende AMD finden.

Gesichtserkennung dank Videosystem
Das Institut für Computergrafik an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz unter der Leitung von Prof. Oliver Bimber hat ein echtzeitfähiges Videosystem entwickelt, das den Menschen hilft, diese Sehschwäche beim Fernsehen auszugleichen und beispielweise wieder Gesichter zu erkennen.

Das Hauptproblem der Erkrankten ist, dass sie Dinge, die sie fokussieren, unscharf oder als schwarzen Fleck sehen. Dementsprechend tun sie sich schwer, bei einem Film Schauspieler bzw. Gesichter zu erkennen. Also probieren sie, Dinge in der Peripherie zu erkennen, d.h. sie schauen ein wenig an den Dingen, die sie nicht erkennen können, vorbei, um sie so besser zu erkennen. Das Problem dabei: Die Auflösung des Auges in der Peripherie ist nicht besonders hoch. Hier gibt es aber zwei Techniken, die Abhilfe schaffen: Kontrastverstärkung und Skalierung bzw. Vergrößerung des Bildinhaltes.

Kontrastverstärkung und Skalierung
Darauf basiert das von den JKU-Wissenschaftern entwickelte Videosystem. Es erkennt in Echtzeit automatisch Gesichter und trennt die Gesichts- von den Hintergrundbereichen. Auf die unterschiedlichen Bereiche werden dann Filter angewendet, die den Kontrast verstärken. Im Anschluss werden die Gesichter so aufskaliert, also vergrößert, dass Menschen mit AMD diese besser erkennen können. Das System nimmt darauf Rücksicht, wie groß ein Gesicht sein und wie lange man es sehen muss, um es erkennen können.

Die größte Hausforderung für das System ist, wenn innerhalb kurzer Zeit mehrere Gesichter zu sehen sind. Dann muss es eine Entscheidung treffen, welche Gesichter wie lange skaliert werden bzw. welches Gesicht in der aktuellen Szene das wichtigste ist. Hier wurde ein Algorithmus entwickelt, der die Skalierung so effizient und sinnvoll wie möglich macht.

Nutzerstudie mit positiven Ergebnissen
Gemeinsam mit der MedUni Wien haben die JKU-Forscher bereits eine erste Nutzerstudie durchgeführt. Die Versuchspersonen haben das System sehr gut angenommen.
Ab wann es der Endverbraucher nutzen kann, lässt sich aber noch nicht sagen. Die technischen Voraussetzungen für die Marktreife sind schon gegeben.

Weitere Informationen zu diesem Verfahren finden Sie unter:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=qme070J3wPc
     
Informationen: http://www.jku.at/cg    
     
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