Dienstleistungshandel hält Außenwirtschaft trotz Krise auf Erfolgskurs   

erstellt am
04. 05. 12

Entwicklung der österreichischen Zahlungsbilanz im Jahr 2011
Wien (oenb) - Österreich erzielte im Jahr 2011 trotz des ab dem zweiten Halbjahr ungünstigen Wirtschaftsumfelds einen Leistungsbilanzüberschuss von 5,9 Mrd Euro oder 1,9% des BIP und bestätigte damit seine internationale Wettbewerbsfähigkeit. Exporterfolge technologieintensiver Dienstleister sowie der traditionell einträgliche Reiseverkehr waren die Hauptgründe für dieses Ergebnis. Das Defizit im Güterhandel hat sich dagegen vor allem infolge gestiegener Rohstoffpreise auf 7 Mrd Euro verdoppelt. Im Kapitalverkehr mit dem Ausland zeigten sich wieder moderate Expansionstendenzen, nachdem in den Krisenjahren 2009/10 erstmals seit Österreichs EU-Zugehörigkeit Finanzmittel aus dem Ausland abgezogen worden waren. Auslandsveranlagungen erfolgten vor allem in Form von Bankeinlagen sowie durch Direktinvestitionen. Österreichische Wertpapierinvestoren agierten angesichts der Vertrauenskrise diverser Emittenten sowie des international ungünstigen Börsenumfelds weiterhin zurückhaltend.

„Angesichts des global schwierigen Wirtschaftsumfelds darf das Abschneiden Österreichs im internationalen Güter- und Dienstleistungshandel im Jahr 2011 als ausgesprochen erfolgreich bezeichnet werden“, erläuterte Mag. Andreas Ittner, Mitglied des Direktoriums der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), heute im Rahmen einer Pressekonferenz. „Ein Leistungsbilanzüberschuss von 5,9 Mrd Euro oder 1,9% des BIP belegt die ungebrochene Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und den hohen Stellenwert heimischer Leistungen an den internationalen Märkten“, so Ittner weiter. Gleichzeitig liegt Österreich mit diesem Ergebnis als eines von wenigen EU-Ländern innerhalb der von der Europäischen Kommission vorgegebenen Stabilitätsgrenzen.

Der österreichische Dienstleistungshandel (einschließlich Reiseverkehr) erwies sich als ausgesprochen krisenresistent und ergab ein Plus von 14 Mrd Euro. Damit konnte das – vor allem durch gestiegene Rohstoffpreise verursachte – Güterdefizit von 7 Mrd Euro deutlich kompensiert werden. Als moderne Dienstleistungsgesellschaft punktet Österreich – abgesehen vom Transport und dem Transithandel – zunehmend im technologieintensiven Bereich. „Heimische Exporteure dringen insbesondere mittels Softwareentwicklung, Netzwerkbetreuung oder Architektur- und Ingenieursleistungen erfolgreich auf Auslandsmärkte vor“, ergänzte Dr. Johannes Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik.

Lukrativ erwies sich für Österreich wie gewohnt der Reiseverkehr, der 2011 per saldo 6,7 Mrd Euro nach Österreich spülte. Dies ist nominell der zweithöchste je verzeichnete Wert. Im Hinblick auf die Ankünfte von Ausländern war es der österreichischen Tourismuswirtschaft bereits 2010 gelungen, den Rückschlag des Jahres 2009 zu kompensieren. 2011 konnte dieses gute Ergebnis ein weiteres Mal deutlich überboten werden (+4,5%). Bemerkenswert war das große Interesse russischer Besucher, die mit Ausgaben von 300 Mio Euro bereits Rang acht der wichtigsten Herkunftsnationen belegten und sogar die USA hinter sich ließen. In der Nächtigungsstatistik liegen russische Gäste mit 1,5 Mio Nächtigungen ebenfalls vor den US-Amerikanern (1,2 Mio Nächtigungen).

Österreichs Kapitalverkehr mit dem Ausland hat den durch die Finanzkrise ausgelösten historischen Einbruch der Jahre 2009/10 überwunden und befindet sich wieder auf moderatem Expansionskurs. Jene Finanzvolumina, die im Umfeld der enormen Internationalisierung vor der Finanzkrise mit dem Ausland beobachtbar waren, wurden jedoch weiterhin nicht annähernd erreicht, weshalb keineswegs von einer Normalisierung gesprochen werden kann. Österreichs Auslandsveranlagungen erfolgten 2011 vor allem in Form von Direktinvestitionen sowie Einlagen. Wertpapierinvestoren agierten weiterhin zurückhaltend und holten netto sogar Kapital aus dem Ausland zurück. Abgesehen von der durchwegs schlechten Entwicklung der internationalen Börsen stand dies vor allem mit dem mangelnden Vertrauen der Anleger in die Bonität vieler Emittenten in Zusammenhang.

Das Finanzvermögen der österreichischen Volkswirtschaft im Ausland erreichte Ende 2011 812 Mrd Euro. Abzüglich der Verpflichtungen von 829 Mrd Euro ergab sich daraus eine Nettoverschuldung von nur mehr 17 Mrd Euro. Dieser historisch geringe Wert ist unter anderem Folge der seit 2002 erwirtschafteten Leistungsbilanzüberschüsse und reduziert den laufenden Nettozinsaufwand aus diesen Verpflichtungen. Der Euroraum bleibt mit Abstand Österreichs wichtigste Veranlagungsregion, in der Ende 2011 ein Vermögen von 345 Mrd Euro investiert war.
     
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