Noch wächst die Industrie – verliert jedoch erkennbar an Schwung   

erstellt am
30. 05. 12

Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Mai mit 50,2 Punkten noch knapp im Wachstumsbereich, dennoch dritter Rückgang in Folge
Wien (bank austria) - Der europäische Gegenwind bläst der heimischen Industrie immer stärker ins Gesicht. Dennoch bleibt der österreichische Produktionssektor weiter auf Wachstumskurs. „Der Bank Austria EinkaufsManagerIndex ist im Mai das dritte Mal in Folge auf aktuell nur noch 50,2 Punkte gesunken. Allerdings blieb der Indikator auch im fünften Monat des Jahres trotz ungünstiger Vorgaben aus dem europäischen Umfeld knapp im Wachstumsbereich von über 50 Punkten“, so Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Die Industrieerholung, die um den Jahreswechsel 2011/2012 einsetzte, hat in den vergangenen Monaten kontinuierlich an Rückhalt verloren. „Die Produktionsleistung wurde im Mai noch erhöht, was im Sektor zusätzliche Beschäftigung geschaffen hat. Allerdings sind die Neuaufträge gleichzeitig zurückgegangen, die Auftrags­polster haben abgenommen und die steigende Verunsicherung veranlasst die Betriebe zu einer vorsichtigeren Lagerpolitik“, zählt Bruckbauer die wichtigsten Ergebnisse der monatlichen Befragung der österreichischen Industrieunternehmen auf.

Maßgeblich für den Rückgang des Bank Austria EinkaufsManagerIndex im Mai war vor allem die ungünstige Nachfrageentwicklung. „Bereits seit zwei Monaten gehen bei den heimischen Sach­güter­erzeugern weniger Neuaufträge ein. Vor allem das Exportauftragsvolumen hat sich im Mai deutlich verringert. Ein Hinweis, dass der europäische Produktionssektor angesichts der Verunsicherung im Euroraum zunehmend eine abwartende Haltung einnimmt“, meint Bruckbauer.

Ungeachtet der sinkenden Nachfrage hat die heimische Industrie ihre Produktionsleistung sogar erhöht. „Der Produktionsindex stieg im Mai auf 52,8 Punkte. Damit wird seit fünf Monaten ununterbrochen der Output erhöht. Um die erhöhten Produktionserfordernisse erfüllen zu können, wurden auch im Mai neue Mitarbeiter in der Industrie aufgenommen“, so Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Im ersten Jahresdrittel 2012 waren in der Sachgütererzeugung insgesamt fast um 10.000 mehr Menschen beschäftigt, als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das entspricht einem Anstieg um durchschnittlich 1,7 Prozent, sogar leicht über dem Beschäftigungsplus in der Gesamtwirtschaft. Mit der sich abzeichnenden Verlangsamung der Industriekonjunktur ist nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria nicht davon auszugehen, dass sich die aktuell günstige Beschäftigungsentwicklung in der heimischen Industrie in den kommenden Monaten fortsetzen wird.

Zunehmende Konjunktursorgen aufgrund des fordernden wirtschaftlichen Umfelds veranlassen die heimischen Sachgütererzeuger zu einer vorsichtigen Lagerpolitik. „Um mögliche weitere Nachfragerückgänge zu antizipieren, haben die österreichischen Industriebetriebe im Mai die Einkaufsmenge deutlich reduziert und die Lagerbestände an Vormaterialien zurückgeführt. Die Bestände in den Verkaufslagern wurden nur noch sehr geringfügig ausgeweitet, um die Kosten in Griff zu halten“, sagt Pudschedl. Erstmals seit fast drei Jahren verkürzten sich aufgrund der gemächlicheren Nachfragesituation die durchschnittlichen Lieferzeiten in der heimischen Industrie.

Nach der ermutigenden Belebung der Industriekonjunktur zur Jahreswende geht den heimischen Sachgüterherstellern im zweiten Quartal 2012 zunehmend der Schwung der vergangenen Monate verloren. Anders als in den meisten europäischen Ländern zeigt sich der österreichische Produktionssektor im Mai zwar widerstandsfähig und befindet sich weiter auf Expansionskurs, allerdings hat das Wachstumstempo spürbar nachgelassen. Wie der aktuelle Rückgang des Einkaufsmanagerindex verdeutlicht, befindet sich die heimische Industrie – beeinflusst von den politischen und wirtschaftlichen Trends in Europa – derzeit nahe einer Stagnation. Die Verschlechterung des Auftragsumfelds im Mai macht deutlich, dass sich die heimische Industrie auch in den kommenden Monaten auf schwierigem Terrain bewegen wird. Das aktuelle Verhältnis des Index für Neuaufträge zu jenem der Lagerbestände liegt an der Neutralitätsgrenze und weist somit derzeit auf eine bevorstehende Periode mit nur stabiler Produktionsleistung hin.

Nachdem die Industrieproduktion in den ersten drei Monaten erkennbar gestiegen ist, deutet der Bank Austria EinkaufsManagerIndex in den kommenden Monaten auf eine Stagnation hin. „Angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen in Europa bleiben die Wachstumsaussichten für die heimische Industrie in der zweiten Jahreshälfte gedämpft. Dennoch wird die Industrie­produktion eine wichtige Stütze des Wachstums der österreichischen Wirtschaft von erwarteten 0,8 Prozent sein“, so Bruckbauer.

Die Wachstumserwartungen für das kommende Jahr haben sich nach Ansicht der Ökonomen der Bank Austria in den vergangenen Wochen eingetrübt. Da sich weiterhin keine endgültige Lösung oder zumindest Beruhigung der Eurokrise abzeichnet, ist eine spürbare Belebung der Konjunktur vorerst außer Reichweite. „Für 2013 gehen wir nur noch von einem Anstieg des BIP in Österreich um 1,5 Prozent aus. Die erhöhte Budgetdisziplin und die damit in Zusammenhang stehende vorübergehende Wachstumsschwäche vieler Länder, aber vor allem die Verun­sicherung über den weiteren Weg der Eurozone, haben deutlich negative Folgen für die heimische Wirtschaft“, erklärt Bruckbauer die Anpassung der BIP-Prognose der Bank Austria für das kommende Jahr, die bislang bei 2,0 Prozent lag.
     
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