Obus in der Wüste   

erstellt am
08. 06. 12

Salzburg als Know-how-Spender für Trolleybus-Systeme / Auch die saudische Hauptstadt Riad setzt jetzt auf den Obus
Salzburg (lk) - Ausgerechnet Saudi-Arabien, eines der Länder mit dem größten Erdölvorkommen der Welt, setzt nicht auf öffentliche Verkehrsmittel mit Verbrennungsmotoren, sondern auf Elektromobilität – und dies auch nach Salzburger Vorbild. Darüber berichtet ein aktueller Grenzfall, der am 08.06. auf http://www.salzburg.at, der Plattform der Europaregion, veröffentlicht wurde.

In der saudi-arabischen Hauptstadt Riad drehen ab sofort Oberleitungsbusse – international Trolleybus genannt – wie in Salzburg auf einem rund zwölf Quadratkilometer großen Gelände ihre Runden. Der Campus der "King Saud University Saudi Arabia", auf dem sich auch ein Kinderkrankenhaus befindet, soll nämlich autofrei werden. Studenten, Besucher und Patienten werden mit umweltfreundlichen Massenverkehrsmitteln durch das Gelände transportiert: mit Trolleybussen, wie es sie in Salzburg gibt. Das dazu nötige Know-how holten sich die Wüstensöhne auch aus Salzburg.

"Die geplante Strecke ist elf Kilometer lang, etwa alle drei Minuten soll ein Fahrzeug von sechs bis zehn Uhr abends verkehren", berichtet Gunter Mackinger, Leiter der Salzburger Lokalbahnen, der laufend Delegationen aus aller Welt in Salzburg, die sich bei der Umsetzung ihres "Trolleybus-Systems" vom Salzburger Obus-Netz ein Bild machen, begrüßen darf.

Nobel-Obus mit WC und Klima
Rund zehn nagelneue Obusse, die von der Firma Vision (Niederbayern) hergestellt werden, haben in Riad ihren Betrieb aufgenommen. Zudem ist auf dem Uni-Campus der 4,5 Millionen einwohnerstarken Metropole die "Nobelausgabe" eines Trolleybusses mit Echtholzboden, feinsten Ledersitzen und eingebauter Toilette mit Edel-Stahl-Armaturen unterwegs – allerdings nur für Angehörige der Saudischen Königsfamilie und deren Gäste. Besonderes Augenmerk wurde auf die Klimaanlage gelegt. Die Außentemperatur in Riad beträgt häufig mehr als 50 Grad, sodass eine leistungsstarke Kühltechnik entwickelt werden musste. Und anders als in Salzburg gehört die Straße ganz dem öffentlichen Verkehr: Die Strecke wurde exklusiv für die Obusse errichtet. Tram- oder U-Bahn-Alternativen wurden zwar überlegt, aber letztlich entschieden sich die Saudis aufgrund der bewährten Technik, der Kosten und der Flexibilität für die Obus-Lösung.

Trolleybus-Hochburg Salzburg
Salzburg zählt weltweit zu den Trolleybus-Hochburgen. Das Netz besteht seit 1940 und gilt nach Athen/Piräus, San Francisco, Seattle und Vancouver als fünftgrößtes Obus-System der westlichen Welt. Obus-Erfahrungen aus Salzburg sind in aller Welt gefragt: Zuletzt erkundigten sich die Verantwortlichen im ukrainischen Lemberg in Salzburg, wie bei der Europameisterschaft 2012 große Menschenmassen effizient und sicher per Obus transportiert werden können. Dies führte dazu, dass unter anderem eine neue Obusstrecke zwischen Flughafen und Stadion geschaffen und eine neue Obusflotte gekauft wurden. Salzburg hat die Federführung des EU-Projekts Trolley im Interreg-Programm Central Europe inne. Dort tauschen EU-weit Obus-Städte wie Gdingen (Polen), Szeged (Ungarn), Brünn (Tschechien), Eberswalde (Deutschland) sowie Parma (Italien) ihre Erfahrungen aus. Begleitet wird das Projekt von der Universität Danzig (Polen). Beim Projekt mit dabei sind auch die Verkehrsbetriebe Leipzig, die an der (Wieder-)Einführung des Obusses in ihrer Stadt großes Interesse zeigen.

Ein Bus, der keiner sein darf
Kurios scheint angesichts dieser Internationalität ein grenzüberschreitendes Bus-Problem zwischen Oberndorf und Laufen. In der bayerischen Salzachstadt besteht seit Langem ein Stadtbusverkehr mit Neunsitzer-Bussen, die auch von Pensionisten oder Hausfrauen mit B-Führerschein gelenkt werden dürfen. Eine Ausweitung über die Salzach hin zum Oberndorfer Lokalbahnhof scheitert an einem österreichischen Gesetz, wonach für grenzüberschreitenden Linienverkehr mindestens Zehnsitzer-Busse im Einsatz sein müssen, deren Finanzierung und Betrieb sich beide Städte aber nicht leisten können. Über den Tarif und die Konzession wurde bereits Einigung erzielt, auf ein grünes Licht vom Gesetzgeber warten beide Bürgermeister jedoch nach wie vor.
     
zurück