Österreichs Wirtschaft spürt schwieriges Umfeld   

erstellt am
15. 06. 12

Bank Austria Konjunkturindikator steigt im Mai zum fünften Mal in Folge – allerdings nur noch minimal auf 0,7 Punkte
Wien (bank austria) - Die gestiegene Verunsicherung durch die neuerliche Zuspitzung der Eurokrise vor den Wahlen in Griechenland und den Problemen einiger Banken in Spanien beginnt dunkle Schatten über die österreichische Wirtschaft zu werfen. „Der Bank Austria Konjunkturindikator zeigt im Mai zwar bereits die fünfte Verbesserung in Folge an, doch der Anstieg auf 0,7 Punkte fiel denkbar gering aus“, sagt Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Der Aufwind, den die österreichische Wirtschaft seit Beginn des laufenden Jahres gespürt hat, scheint angesichts des schwierigen europäischen Umfelds mehr und mehr an Kraft einzubüßen. „Der nur noch minimale Anstieg des Indikators gegenüber dem Vormonat weist darauf hin, dass die bislang schon recht zähe Konjunkturbelebung noch vor dem Sommer im Sog der Beunruhigung über die weitere Entwicklung der Eurozone an Schwung zu verlieren droht. Es wird daher immer wahrschein­licher, dass das moderate Wirtschaftswachstum des ersten Quartals 2012 auch bereits das stärkste des laufenden Jahres gewesen ist“, so Bruckbauer.

Die zu Beginn 2012 sich noch etwas aufhellende Stimmung in der europäischen Wirtschaft hat sich in den vergangenen Wochen wieder merkbar einzutrüben begonnen. Das Industrie­vertrauen in der Eurozone ist auf den tiefsten Wert seit Ende 2009 gesunken. Der mit dem österreichischen Außenhandel gewichtete Indikator hat sich seit dem Jahresbeginn ebenfalls kontinuierlich verschlechtert. „Obwohl die Zuversicht unter den Sachgütererzeugern in den wichtigsten heimischen Exportpartnerländern derzeit sogar geringer ist als auf gesamt­europäischer Ebene, hat sich im Mai die Stimmung in der österreichischen Industrie gegen den allgemeinen Trend leicht verbessert. Auch die heimischen Verbraucher sehen angesichts der relativ günstigen Beschäftigungsentwicklung und leichten Reallohnzuwächsen den kommenden Wochen mit etwas höherer Zuversicht entgegen. Sowohl in der Industrie als auch bei den österreichischen Konsumenten liegt die Stimmung jedoch erheblich unter dem langjährigen Durchschnitt, was die Trägheit des derzeitigen Konjunkturtrends vorgibt“, analysiert Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

Die österreichische Wirtschaft befindet sich vergleichsweise zwar noch auf der Sonnenseite Europas, doch die jüngsten Frühindikatoren aus der Industrie und die verschlechterten europäischen Stimmungsvorgaben lassen darauf schließen, dass der Konjunkturverlauf nach dem relativ guten Start ins Jahr bereits träger geworden ist. „Im zweiten Quartal blieb die österreichische Wirtschaft nach unserer Einschätzung auf Wachstumskurs, doch das Tempo hat etwas nachgelassen. Wir gehen von einem Anstieg des BIP um 0,2 Prozent zum Vorquartal aus“, sagt Pudschedl. Obwohl angesichts der geringeren internationalen Nachfrage das Wachstum der österreichischen Exporte leicht an Schwung verliert, leistet der Außenhandel bedingt durch eine schwächere Importentwicklung einen positiven Beitrag zum BIP-Anstieg. Auch die Inlandsnachfrage ist im laufenden zweiten Quartal eine Stütze, was dem stabilen Aufwind des privaten Konsums zu verdanken ist. Die Investitionstätigkeit hingegen leidet stark unter der bestehenden Verunsicherung.

„Für den weiteren Jahresverlauf ist eine nochmalige Konjunkturbelebung, die sich in einer Stärkung der Exportwirtschaft und der Investitionstätigkeit niederschlagen könnte, nach meiner Ansicht aufgeschoben. Dennoch gehe ich trotz der Schwierigkeiten im Umfeld der heimischen Wirtschaft von der Fortsetzung eines holprigen Wachstumspfads aus. Nach dem recht guten Start ins Jahr ist ein BIP-Anstieg in Österreich von 0,8 Prozent im Jahr 2012 gut abgesichert“, so Bruckbauer. Damit zählt die österreichische Wirtschaft abermals zu den wachstumsstärksten Ländern des Euroraums, für den die Bank Austria insgesamt einen leichten BIP-Rückgang um 0,4 Prozent erwartet.

In einem von erhöhter Spardisziplin geprägten, europäischen Umfeld sind die Aussichten auf eine baldige Belebung der Wirtschaft in Österreich dennoch vorerst zurückhaltend: „Wir haben angesichts der erneuten Zuspitzung der Verunsicherung über die Eurozone und den Zusammenhalt der einzelnen Mitglieder – die sich nun spürbar in der Entwicklung der Realwirtschaft niederschlägt – die Wachstumsaussichten der österreichischen Wirtschaft für das Jahr 2013 von 2 auf 1,5 Prozent gesenkt“, begründet Bruckbauer. Auch darüber hinaus bleiben die Aussichten nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria verhalten.

Trendwende am Arbeitsmarkt verschoben
Die Chancen auf eine Stabilisierung der Lage am Arbeitsmarkt noch vor dem Sommer sind angesichts der jüngsten Daten sowie der nun nur mehr marginalen Aufwärtsbewegung des Bank Austria Konjunkturindikators gesunken. Das starke Beschäftigungswachstum des ersten Quartals 2012 hat sich verringert und die Anzahl der Arbeitslosen steigt wieder etwas an. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote hat sich im Mai auf 7,0 Prozent erhöht. „Die zwischenzeitlich erkennbaren Signale einer Stabilisierung der Lage am österreichischen Arbeitsmarkt haben noch nicht die erhoffte Trendwende eingeläutet. Aufgrund der aktuellen Entwicklung gehen wir im Jahresdurchschnitt 2012 mit 7 Prozent von einer etwas höheren Arbeitslosenquote als noch vor einigen Wochen aus. Die Lage am Arbeitsmarkt ist damit jedoch weiterhin die beste in Europa“, bestätigt Bruckbauer die vergleichsweise günstige Situation am Arbeitsmarkt in Österreich.
     
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