Landesregierung trifft Gemeinden: Stromnetz, Wohnbau, Kleinkinder   

erstellt am
15. 06. 12

Bozen (lpa) - Stromnetz und Raumordnungsgesetz, öffentliche Aufträge und Kleinkinderbetreuung, öffentliche Gesellschaften und Wohnbau, Altenheime und Erdbebenhilfe: Dies waren die Themen, die am 14.06. bei einer gemeinsamen Klausur der Landesregierung und des Rates der Gemeinden im Palais Widmann in Bozen besprochen worden sind.

Saßen sich heute im Pressesaal der Landesregierung gegenüber: Die Vertreter von Landesregierung und Gemeinden (Foto: Pertl)Saßen sich heute im Pressesaal der Landesregierung gegenüber: Die Vertreter von Landesregierung und Gemeinden (Foto: Pertl)

Knapp ein Jahr nach dem letzten Treffen sind Gemeinden und Landesregierung heute wieder zusammengekommen, um jene Themen zu besprechen, die beiden gleichermaßen unter den Nägeln brennen. Zunächst konnte allerdings mit Genugtuung festgestellt werden, dass in den vergangenen Monaten einige Anliegen gelöst werden konnten. Landeshauptmann Luis Durnwalder nannte die Gemeindenfinanzierung und die zentrale Vergabestelle für öffentliche Aufträge, den Wasserzins und die Tourismusfinanzierung als Beispiele.

Was die aktuellen Probleme betrifft, so ging es heute zunächst um all jene Beiträge, die den Gemeinden nach feststehenden Kriterien zugewiesen werden, für die also weder beim Land noch bei der Gemeinde politischer oder verwalterischer Handlungsspielraum besteht. "Es geht um Pro-Kopf-Beiträge wie etwa für die Bildungsausschüsse, für Bibliotheken oder Feuerwehren", so der Landeshauptmann. Sie sollen künftig den Gemeinden automatisch zugewiesen und vor Ort verteilt werden. "Dafür müssen wir nur noch eine Regelung ausarbeiten", so Durnwalder.

Zweites Thema war das Stromnetz der SELNet, für das bereits ausgehandelt worden war, dass es von interessierten Gemeinden auf ihrem Gemeindegebiet übernommen werden könne. "Anfangs gab es rund 30 interessierte Gemeinden, aus unterschiedlichsten, vor allem finanziellen Gründen sind es nun allerdings weniger geworden", erklärte Gemeinden-Präsident Arno Kompatscher. Dazu sei in den letzten Monaten das Problem fehlender Information und Ansprechpartner gekommen, sodass es für die Gemeinden schwierig sei, den ursprünglich gesetzten Termin am 30. Juni, zu dem sie ihr Interesse hätten bekunden müssen, einzuhalten. "Wir haben deshalb mit der Landesregierung vereinbart, diesen Termin zu verschieben und die Frist bis 1. September zu verlängern", so Kompatscher.

Auch das neue Raumordnungsgesetz war heute Gegenstand der Beratungen zwischen Landesregierung und Gemeinden. Es ging dabei vor allem darum, einen Fachmann der Gemeinden in die Ausarbeitung des neuen Gesetzes einzubeziehen. Wie bekannt, hatte die Landesregierung am Montag entschieden, zwei Expertinnen damit zu beauftragen, das bereits vorliegende Gutachten eines Sachverständigen in einen Gesetzestext zu gießen, und zwar noch vor der Sommerpause. "Heute haben wir uns darauf geeinigt, dass auch ein Fachmann der Gemeinden beigezogen werden soll, damit wir von vornherein einen koordinierten Text ausarbeiten können", so Durnwalder heute. Zudem wurde beschlossen, die Reform der Zuweisung der Gewerbegebiete und einige andere als dringlich empfundene Punkte bereits vorab zu regeln, und zwar ohne die grundlegende Reform des Urbanistikgesetzes abzuwarten.

Seine Freude brachte Gemeinden-Präsident Kompatscher heute darüber zum Ausdruck, dass die zentrale Vergabeagentur für öffentliche Aufträge nun ihre Arbeit aufnehmen könne. "Wir erwarten uns von dieser Agentur große Einsparungen und auch eine Qualitätssteigerung, nachdem es für die Gemeinden kaum noch möglich war, sich in dieser komplexen Materie zurechtzufinden", so der Präsident des Gemeindenverbandes. Beraten wurde heute auch darüber, ob es möglich sei, alle Vergaberichtlinien in eine Art Einheitstext zu kleiden, nachdem derzeit sehr viele unterschiedliche Rechtsquellen konsultiert werden müssten. "Das Schwierige daran ist allerdings, dass der Staat die Regelungen fast täglich ändert und auch neue EU-Richtlinien ausstehen", so Kompatscher. Diese will man nun ebenso abwarten wie die neuen Regelungen des Staates, um danach einen "Einheitstext" oder Leitlinien für die Vergabe von Aufträgen erarbeiten.

Ein heißes Thema war heute auch die Beteiligung der Gemeinden an Gesellschaften, nachdem in diesem Bereich große Unsicherheit herrscht. Das Problem dahinter: Die neuen Regelungen der Regierung Monti verbieten es Gemeinden mit weniger als 30.000 Einwohnern, an Gesellschaften beteiligt zu sein, an denen auch Land und/oder Private Anteile halten. Nun ist dies aber für nahezu jede Gemeinde der Fall, nachdem die allermeisten mit eigenen Gesellschaften vor allem in den Energiesektor eingestiegen sind. Etwas lockerer ist die Bestimmung für Gemeinden mit 30.000 bis 100.000 Einwohner, die höchstens an einer Gesellschaft beteiligt sein dürfen. Ausnahmen gibt’s außerdem in den Bereichen Wasser- und Müllbewirtschaftung und für Zusammenschlüsse von Gemeinden, für die das Staatsgesetz allerdings auch Beschränkungen vorsieht. "Wir haben nun Rechtsgutachten von Land und Gemeinden vorliegen, die zwar in manchen Punkten übereinstimmen, in anderen aber auch zu unterschiedlichen Schlüssen kommen, sodass wir verschiedene Entscheidungen der Landesregierung vorerst auf Eis legen müssen", so Landeshauptmann Durnwalder. Ein gemeinsames Gutachten von Land und Gemeinden soll nun Klarheit schaffen.

Auch die Kleinkinderbetreuung war heute Thema der Aussprache zwischen Landesregierung und Gemeinden, nachdem diese von beiden zu gleichen Anteilen finanziert wird. So übernehmen Land und Gemeinden je ein Drittel der Betreuungskosten, unabhängig davon, ob ein Kind bei einer Tagesmutter oder in einem Kinderhort untergebracht wird, das verbleibende Drittel wird von den Eltern aufgebracht. "Sollten diese ein bestimmtes Einkommen nicht überschreiten, können sie für dieses Drittel zudem um eine Unterstützung ansuchen", so Gemeinden-Präsident Kompatscher. Die dafür notwendigen Mittel sollen nun in einen gemeinsamen Fonds fließen, zudem will man gemeinsam auch nach neuen Möglichkeiten der Unterstützung von Familien suchen. "Es geht vor allem um innovative Möglichkeiten zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf", so Kompatscher. Diese wollen nicht nur Land und Gemeinden ausfindig machen, es sollen vielmehr auch die Unternehmen mit ins Boot geholt werden.

Die so genannte Sicherheitskommission des Landes hat bisher bei allen Großveranstaltungen in Südtirol die Einhaltung der Sicherheitsstandards überprüft. „Vier bis fünf Kommissionsmitglieder müssen für diese Kontrollen durch das Las fahren, um Zelte, Bühnen oder Tribünen zu kontrollieren. Das kostet und ist außerdem nicht notwendig, weil die Kontrollen auch von Experten der Gemeinden oder Freiberuflern durchgeführt werden können“, so Landeshauptmann Durnwalder. Landesregierung und Rat der Gemeinden haben deshalb heute vereinbart, dass die Sicherheitskommission des Landes von Kommissionen auf Gemeindeebene abgelöst wird und die Kontrollen vor Ort selbst vornehmen können.

2011 hat die Landesregierung in Absprache mit den Gemeinden das Wohnbauförderungsgesetz angepasst, um die Wiedergewinnung alter Bausubstanz zu forcieren. Damit soll zum einen Kulturgrund gespart werden und gleichzeitig leerstehende Gebäude im Zentrum vor dem Verfall und die Zentren vor dem Aussterben bewahrt werden.
Laut Gemeindenpräsident Arno Kompatscher habe die Neuregelung sehr gute Ergebnisse gezeigt und könne in etlichen Gemeinden sehr erfolgreich zur Anwendung gebracht werden. Besonders im Vinschgau habe unverbaute Fläche eingespart werden können. In einigen Gemeinden, vor allem in den Städten habe die Neuregelung aber nicht den gewünschten Effekt bewirkt, sondern den Immobilienmarkt angeheizt. Damit die Immobilienpreise nicht noch weiter ansteigen, sei eine Anpassung notwendig. „Wir denken, dass in den betroffenen Gemeinden die Sanierung der Bausubstanz gefördert werden sollte und nicht die Unterstützung beim Erwerb des Bauvolumens“, so Kompatscher.

Es komme immer häufiger vor, so Landeshauptmann Durnwalder, dass geschuldete Betreuungskosten für Seniorenheimbewohner von deren - zur Zahlung verpflichteten -Angehörigen nicht beglichen werden. Die säumigen Schuldner konnten bisher von den Betreibern der Strukturen, unter anderem die Gemeinden, nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Mit einer Gesetzesänderung wird die Landesregierung nun die Voraussetzungen schaffen, dass alle Seniorenheimbetreiber in Zukunft die gesetzlich verankerte Möglichkeit haben, die geschuldeten Gelder einzutreiben.

Der Rat der Gemeinden hat vor einer Woche die Gemeinden aufgerufen, Geldmittel für den Wiederaufbau in den Erdbebengebieten in der Emilia Romagna zur Verfügung zu stellen. Bei der heutigen Aussprache haben die Gemeindenvertreter mit der Landesregierung vereinbart, dass die von den Gemeinden zur Verfügung gestellten Gelder in konkrete Wiederaufbauprojekte des Landes fließen. „Uns geht es darum, dass wir sehen, wofür unsere Mittel eingesetzt werden und würden uns deshalb am Wiederaufbau einer Struktur, den das Land übernimmt, wie zum Beispiel eines Kindergartens oder einer Schule, beteiligen“, so Gemeindenpräsident Arno Kompatscher. Die Landesregierung hat sich mit dem Ansinnen der Gemeinden einverstanden erklärt.
     
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