Oberösterreichs Haushaltssituation hat sich entspannt   

erstellt am
15. 06. 12

Ausgaben liegen 7,5 Prozent über den regulären Einnahmen; Haushaltsausgleich erfordert 352,1 Mio. Euro
Linz (lrh) - Der Rechnungsabschluss 2011 bildet die finanzielle Lage des Landes Oberösterreich ohne ausgegliederte Gesellschaften korrekt ab. Die Prüfung hat eine Verbesserung der angespannten Haushaltssituation gegenüber 2010 gezeigt. Das Defizit konnte vermindert und der Anstieg der Neuverschuldung eingebremst werden. Das Land hat erste Schritte zur Haushaltskonsolidierung gesetzt. Um den Landeshaushalt nachhaltig zu entlasten und den gesamtstaatlichen Konsolidierungspfad (Stabilitätspakt 2012) einzuhalten, muss das Land Oberösterreich weitere strukturelle Reformen und Ausgabeneinsparungen vornehmen.

Mit Einnahmen und Ausgaben von jeweils 5.055,5 Mio. Euro hat der Rechnungsabschluss 2011 wieder ein ausgeglichenes Ergebnis gezeigt. Zum Haushaltsausgleich mussten allerdings 352,1 Mio. Euro aus Rücklagen, Forderungsverkäufen und Fremdmittelaufnahmen herangezogen werden. Der Finanzbedarf zum Haushaltsausgleich war um 123,3 Mio. Euro oder 26 Prozent niedriger als im Rechnungsabschluss des Vorjahres.

2011 gab es erhebliche Einnahmenzuwächse und eine moderate Ausgabenentwicklung. Dadurch wurde der jährliche Finanzbedarf zum Haushaltsausgleich vermindert. "Das Land hat im Budgetvollzug einen wichtigen Akzent zur gebotenen Haushaltskonsolidierung gesetzt, die jedoch weiterer Anstrengungen bedarf", skizziert LRH-Direktor Dr. Helmut Brückner. Immerhin hat Oberösterreich 2011 in Summe noch um 7,5 Prozent mehr ausgegeben, als Einnahmen (ohne Kreditaufnahmen und Einmaleffekte) verfügbar waren.

Maastricht-Defizit wurde zu Gunsten der Gemeinden genutzt
Gemäß Stabilitätspakt 2011 durfte das Land insgesamt einen negativen Finanzierungssaldo im Sinne des ESVG 95 von 334,7 Mio. Euro erwirtschaften. In der Haushaltsrechnung 2011 hat sich ein negativer Beitrag von 273,5 Mio. Euro ergeben. Diesem Betrag werden die Neuverschuldung der gespag und die vorläufigen Finanzierungssalden der dem Sektor Staat zuordenbaren ausgegliederten Einheiten hinzugerechnet. Dadurch ergibt sich ein Saldo von minus 334,7 Mio. Euro.

"Wir haben festgestellt, dass das Maastricht-Ziel eingehalten wurde", unterstreicht Brückner. Er betont, dass das Ergebnis sogar um 56,4 Mio. Euro besser ausgefallen wäre, hätte das Land nicht mit der buchmäßigen Forderungsabschreibung von zinsenfreien Wasser- und Kanalbaudarlehen begonnen. "Diese Abschreibung ist Teil des aktuellen Gemeinde- Entlastungspaketes und war im Voranschlag 2011 nicht geplant. Sie wurde im Zuge der Abschlussbuchungen defizitwirksam in die Haushaltsrechnung 2011 eingestellt, um den Spielraum des Stabilitätspaktes voll auszuschöpfen", hält der LRH-Direktor fest. Die weitere Vorgangsweise zu diesem Forderungsverzicht war zum Zeitpunkt der Prüfung noch offen. Sie sollte ehestens geregelt werden.

Im Interesse der gesamtstaatlichen Haushaltskonsolidierung wurden inzwischen strengere Stabilitätsvorgaben im Stabilitätspakt 2012 ausverhandelt. Nach Ansicht des LRH wird es dadurch für das Land OÖ schwieriger, weiterhin derart große Forderungsbeträge zu Gunsten der Gemeinden abzuschreiben.


Haushaltssituation hat sich entspannt; höhere Überschüsse aus dem laufenden Geschäft sind aber notwendig
Nach Jahren stagnierender Einnahmen sind die Bundesabgaben-Ertragsanteile durch die gute konjunkturelle Entwicklung 2011 um 200,7 Mio. Euro bzw. 9,3 Prozent gestiegen. Dadurch haben sich die laufenden Einnahmen des Landes in Summe um 247,7 Mio. Euro erhöht. Die laufenden Ausgaben sind um 110,4 Mio. Euro (inkl. Forderungsabschreibung) gewachsen. Damit war das Ausgabenwachstum von 2,7 Prozent bzw. 1,3 Prozent ohne Abschreibung im Vergleich zu den Vorjahren moderat. Der aus der laufenden Gebarung erzielte Überschuss hat sich 2011 um 137,4 Mio. Euro auf insgesamt 208,7 Mio. Euro erhöht. Davon waren nur 73,9 Mio. Euro tatsächlich frei verfügbar (freie Finanzspitze). Auch dieser finanzielle Spielraum wäre um 56,4 Mio. Euro höher ausgefallen, hätte das Land nicht mit der Abschreibung von Gemeindeförderungsdarlehen begonnen.

Die deutliche Verbesserung des laufenden Ergebnisses ist vor allem durch eine konjunkturell begünstigte Einnahmenentwicklung und durch Ausgabeneinsparungen (z. B. bei Personal) erreicht worden. "Wir weisen aber mit Nachdruck darauf hin, dass für den Haushalt wesentlich höhere Überschüsse aus dem laufenden Geschäft notwendig sind", sagt Brückner, "ansonsten können hohe Investitionen und Investitionsförderungen auf Dauer nicht finanziert und Schulden nicht aus laufenden Einnahmen zurück bezahlt werden". Nach Meinung des LRH sollte daher in Hinkunft das Ergebnis der laufenden Gebarung verstärkt als Indikator für die Leistbarkeit von Investitionen und Neuverschuldung berücksichtigt werden.

Haushaltsfinanzierung aus Rücklagen ist zu Ende; Neuverschuldung geringer als 2010
"Die verbliebene Haushaltsrücklage von 48,6 Mio. Euro ist 2011 aufgelöst worden; in absehbarer Zeit können kaum mehr größere Finanzreserven aus Vermögensverkäufen geschaffen werden", äußert sich der LRH-Direktor besorgt. Seit 2009 mussten im Landeshaushalt auch wieder Finanzschulden aufgenommen werden. 2011 betrug die Netto- Neuverschuldung 56,6 Mio. Euro. Davon entfielen 45,2 Mio. Euro auf Bedarfszuweisungen der Gemeinden. Durch die Neuverschuldung haben sich die Ist-Finanzschulden auf 222 Mio. Euro erhöht (133 Mio. Euro für Bedarfszuweisungen und 89 Mio. Euro zur Liquiditätssicherung im Haushalt). Die Neuverschuldung war allerdings geringer als 2010.

"Die im Rechnungsabschluss ausgewiesenen Ist-Finanzschulden sind als niedrig zu bewerten, was vor allem durch Vermögensverkäufe seit dem Jahr 2000 ermöglicht wurde", erörtert Brückner. Bei der Beurteilung der Verschuldung ist außerdem zu berücksichtigen, dass das Land seit Jahren zur Realisierung von Investitionen auch diverse Sonderfinanzierungen im Landeshaushalt getätigt oder Fremdmittel in den ausgegliederten Gesellschaften aufgenommen hat. Die Finanzverpflichtungen aus derartigen Sonderfinanzierungen und ausgelagerten Schulden haben sich 2011 um 100,6 Mio. Euro auf 1.349,2 Mio. Euro erhöht. Auch dieser Anstieg war geringer als in den Jahren zuvor.

"Die aus Steuereinnahmen zurückzuzahlenden Verbindlichkeiten des Landes von 1.571,2 Mio. Euro - inklusive der 222 Mio. Euro Finanzschulden - haben sich seit 2008 beinahe verdoppelt", sieht der LRH-Direktor die Entwicklung kritisch. Die Rückzahlung dieser Schulden wird den Haushaltsausgleich in Zukunft erschweren.

Ambitionierte Reformen umsetzen und Landeshaushalt nachhaltig entlasten
Bereits in früheren Berichten hat der LRH festgestellt, dass der finanzielle Handlungsspielraum des Landes insbesondere durch das dynamische Ausgabenwachstum in den Bereichen Soziales und Gesundheit, Kindergärten, öffentlicher Nahverkehr und durch Folgekosten von Investitionen schon vor Jahren zunehmend enger wurde. Krisenbedingte Einnahmenausfälle 2009 und 2010 haben diese Situation drastisch verschärft.

Inzwischen hat das Land begonnen mit der eingeleiteten Verwaltungs- und Spitalsreform gegenzusteuern. Erste positive Einsparungseffekte sind im Rechnungsabschluss 2011 für den LRH erkennbar. "Für einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuverschuldung sind dessen ungeachtet weitere Maßnahmen zur nachhaltigen Entlastung notwendig", stellt Brückner klar. Die Möglichkeiten von Einmaleffekten aus Rücklagenentnahmen und Forderungsverkäufen sind weitgehend erschöpft. "Gemäß dem Stabilitätspakt 2012 muss das Land Oberösterreich bis 2016 Haushaltsüberschüsse erzielen und die Verschuldung abbauen", verdeutlicht der LRHDirektor.

"Das Ausgabenniveau des Landes muss sich nach unserer Ansicht wieder mehr nach den verfügbaren Einnahmen in der laufenden Gebarung richten. Auf Basis der Zahlen 2011 würde der Landeshaushalt etwa 300 bis 400 Mio. Euro mehr an frei verfügbaren Mitteln benötigen", fasst Brückner die Problematik abschließend zusammen. Allein aus höheren Ertragsanteilen durch die Konsolidierungsmaßnahmen des Bundes und der konjunkturellen Entwicklung kann dieser Spielraum nicht erwartet werden.

Mit den eingeleiteten Reformen muss es gelingen, die Ausgabensteigerungen in nahezu allen Bereichen gering zu halten und das Einnahmenpotential voll auszuschöpfen. Für den LRH ist daher die mittelfristige Orientierung der Haushaltsführung des Landes entsprechend den neuen Fiskalregeln des Stabilitätspaktes 2012 unerlässlich.
     
Informationen: http://    
     
zurück