ESM-Vertrag im Parlament  

erstellt am
14. 06. 12

 Strache kritisiert Handstreich von Prammer, SPÖ, ÖVP und Grünen gegen Parlament und Demokratie
FPÖ-Fraktion zieht aus Protest aus und berät weiter Entwicklung in einer Sondersitzung des freiheitlichen Klubs
Wien (fpd) - Das am 14.06. von den Koalitionsfraktionen offenbar mit Nationalratspräsidentin Prammer und den Grünen akkordierte Vorgehen, die ESM-Vertrag-Geschäftsordnungsnovelle überfallsartig in die aktuelle Tagesordnung hineinzupressen, komme einem Parlamentsstreich sowie einer Verhöhnung unserer Demokratie gleich. "Dieser miserable Deal dürfte zudem seit gestern zwischen Rot, Schwarz und Grün akkordiert gewesen sein und widerspricht jeglicher parlamentarischen Usance, zumal diese Vorgangsweise in der Präsidiale offenbar bewusst verschwiegen wurde", so FPÖ-Obmann HC Strache vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen.

Wissend, dass dieser ESM-Vertrag die Grundfesten unseres demokratischen Gefüges aushebelt und das österreichische Parlament entmündigen wird, ist es offenbar zu dieser geheimen Kommandoaktion von SPÖ, ÖVP und Grünen gekommen. Dass dies alles stattfindet während einer Debatte über eine direktdemokratische Initiative, gibt dem eine besonders skandalöse Dimension, so Strache.

Die FPÖ-Fraktion ist aus Protest ausgezogen und berät zur Zeit in einer Sondersitzung des Klubs. Das weitere Vorgehen wird um 13 Uhr in einer dringlich einberufenen Pressekonferenz bekanntgegeben, so Strache in einer ersten Reaktion.

 

Bucher: Skandal im Parlament! Rot-Schwarz-Grün peitschen Milliardengrab ESM durch
Wahrheit wird im geheimen Ausschuss verschwiegen - Bucher fordert Bundespräsident auf, diesen Wahnsinn zu stoppen
Wien (bzö) - "Heute ist einer der schwärzesten Tage des österreichischen Parlamentarismus. Rot, Schwarz und Grün haben in einer Nacht- und Nebelaktion den ESM auf die Tagesordnung gesetzt, um der Öffentlichkeit die Auswirkungen des Europäischen Stabilitätsmechanismus zu verschweigen. Mit dem ESM wird ein Gesetzeswerk beschlossen, das schlimme Folgen selbst für unsere Enkelkinder haben wird. Und SPÖ, ÖVP und Grünen fällt nichts Besseres ein, als dieses Teufelswerk klammheimlich zu beschließen", zeigte sich BZÖ-Chef Klubobmann Josef Bucher im Rahmen einer eilig einberufenen Pressekonferenz über die aktuellen Vorgänge schockiert.

Der aktuelle rot-schwarz-grüne Fahrplan sehe vor, dass der ESM am 26. Juni im Verfassungsausschuss und dann am 27. Juni im Parlament im Rahmen der Sondersitzung zum Transparenzpaket beschlossen werden soll. "Die Kombination Transparenzpaket und ESM, mit dem de facto die Demokratie ausgeschaltet werden soll, ist völlig absurd. Ganz offensichtlich wollen die Koalitionsparteien und ihre grünen Steigbügelhalter während der Zeit der Fußball-Europameisterschaft durchpeitschen, um den öffentlichen Aufschrei gering zu halten und ja nicht darüber reden zu müssen, was hier auf uns zukommt", so Bucher.

Der BZÖ-Chef erklärte, dass nach erster Durchsicht des rot-schwarz-grünen Antrages keine reale Mitbestimmung des Parlaments, beziehungsweise der Bevölkerung bei Milliardenzahlungen an EU-Pleiteländer und finanzmarode Banken vorgesehen ist. Lediglich sollen wenige Abgeordnete in einem Sonderausschuss, der sogar der Geheimhaltung unterliegt, nicht einmal Originaldokumente, sondern nur Berichte von Ministern, die nicht einmal erscheinen müssen, erhalten. "Das bedeutet, dass mit einfacher Mehrheit in einem Ausschuss unbeschränkt Milliarden an österreichischem Steuergeld nach Brüssel transferiert werden können. Was hat eigentlich die Grünen dabei geritten, hier zuzustimmen? Die Grünen haben die Berechtigung verloren, die Wörter Demokratie und Mitbestimmung in den Mund zu nehmen. Die Grünen sind eine Schande für das Parlament", kritisierte Bucher.

Bucher forderte Bundespräsident Heinz Fischer auf, diesen demokratiepolitischen Wahnsinn zu stoppen und Rot-Schwarz-Grün zur Räson zu bringen. "Das BZÖ wird alle Möglichkeiten ausschöpfen und an der Seite der Bürger gegen diese Milliardenenteignung ankämpfen", bekräftigte der BZÖ-Chef.

Der stellvertretende Klubobmann und BZÖ-Verfassungssprecher Abg. Herbert Scheibner sprach beim ESM von einem "Persilschein, Milliardenbeträge nach Brüssel zu überweisen, ohne Mitspracherecht der Bevölkerung und des Parlaments. In einem Geheimausschuss bekommen wenige Abgeordnete keine Unterlagen, sondern nur Berichte. Diese wenigen Abgeordneten dürfen darüber aber nichts sagen. Das ist die Realität, wenn es nach Rot-Schwarz-Grün geht. Und das, obwohl mit dem ESM die größte Finanztransaktion aller Zeiten Richtung Brüssel beschlossen wird. Mit dieser Vorgangsweise wird der Kern der Demokratie massiv getroffen. Da muss man sich als mündiger Bürger zu Wehr setzen", betonte Scheibner.

 

Prammer weist Kritik von FPÖ und BZÖ zurück
Geschäftsordnung ist einzuhalten, Mehrheiten sind zu respektieren
Wien (pk) - Nationalratspräsidentin Barbara Prammer weist die von FPÖ und BZÖ geäußerte Kritik an ihrer Vorsitzführung in der heutigen Plenarsitzung des Nationalrates entschieden zurück. Vielmehr stellt sie klar: "Ich habe der Debatte breiten Raum eingeräumt, Mehrheitsentscheidungen habe ich zu respektieren."

Konkret heißt das laut NR-Präsidentin Prammer: Erstens, die Geschäftsordnung ist einzuhalten. "Es liegt nicht an mir, wer welche Anträge stellt. Mehrheiten sind von mir nicht zu hinterfragen." Zweitens, "ich habe mehr Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung zugelassen, als notwendig gewesen wäre. Streng nach Geschäftsordnung hätte ich nur eine Wortmeldung und sogar erst am Ende der Tagesordnung zulassen müssen." Drittens, "Sitzungsunterbrechungen, weil eine Fraktion oder eine Minderheit mit einem Antrag nicht durchdringt, sind weder vorgesehen noch üblich".

 

Kopf: Parlament soll bei Milliardenbeträgen für die Euro-Rettung mitbestimmen können
ÖVP-Klubobmann erläutert nötige Änderung der Tagesordnung
Wien (övp-pk) - In diesen Tagen haben wir in Österreich und anderen europäischen Ländern schwerwiegende und wichtige Entscheidungen zu treffen. Das verlangt seriöse Debatten, denn es geht um Milliardenbeträge, die nötig sind, um die Stabilität des Euro, der Europäischen Union und damit unserer Friedensunion sicherzustellen. Das hohe Haus als Volksvertretung besteht darauf, dass es bei der gegenständlichen Ausstattung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) mit Milliardenbeträgen mitbestimmen kann. Daher haben ÖVP, SPÖ und Grüne gestern einen Antrag zur Ergänzung der Geschäftsordnung eingebracht, der diese Mitbestimmung des Parlaments und damit die Erweiterung der Rechte des Hohen Hauses beinhaltet. Das erklärte ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf in einer Geschäftsordnungsdebatte zur Änderung der Tagesordnung im Plenum des Nationalrates.

"Als Folge dieses Antrages soll heute hier nichts anderes stattfinden als eine erste Lesung, also eine erste Debatte über diesen Antrag. Dann wird dieser Antrag an den zuständigen Ausschuss zugewiesen, dort ausführlich debattiert und frühestens in der nächsten Nationalratssitzung beschlossen", erläuterte Kopf und erteilte damit dem Vorwurf von FPÖ und BZÖ, dies sei ein "Überfall", eine glatte Absage. "FPÖ und BZÖ sollten sich schämen, den Menschen Sand in die Augen zu streuen und sie mit Unwahrheiten zu belästigen. Wir handeln streng nach den demokratischen Regeln im Hohen Haus", schloss der ÖVP-Klubobmann.

 

 Kogler: FPÖ und BZÖ agieren gegen die Stärkung des Parlaments in Europafragen und gegen direkte Demokratie
Debatten über ESM-Mitwirkungsrechte des Parlaments und Bildungsvolksbegheren finden wie geplant statt
Wien (grüne) - FPÖ und BZÖ haben im Parlament versucht, die wichtige erste Debatte über die Mitwirkungsrechte des österreichischen Nationalrats bei künftigen ESM-Beschlüssen zum Skandal zu erklären. "Es ist völlig unverständlich, wieso FPÖ und BZÖ dagegen opponieren, dass die Mitwirkungsrechte des österreichischen Parlaments in zentralen finanzpolitischen Fragen Europas gestärkt werden", so der Grüne Vizeklubchef Werner Kogler zu Aussagen von blau und orange im Nationalrat. "Die erste Debatte über die von den Grünen in Verhandlungen mit SPÖ und ÖVP durchgesetzten stärksten Mitbestimmungsrechte, die ein nationales Parlament in ganz Europa haben wird, findet heute Nachmittag jedenfalls statt", stellt Kogler fest.

Die Grünen haben sich in Verhandlungen mit den Regierungsparteien auf die Mitwirkungsrechte des Parlaments für Beschlüsse des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) geeinigt. Das österreichische Parlament würde damit künftig bei allen relevanten Entscheidungen zum ESM (Hilfszahlungen, Aufstockung des Stammkapitals des Rettungsschirms) mitbefasst werden. Die Finanzministerin muss sich für diese Entscheidungen künftig die Zustimmung des Parlaments holen. Damit ist eine Vorbedingung der Grünen erfüllt. Im Weiteren und im Wesentlichen geht es jetzt darum, im wirtschaftspolitischen Bereich Fortschritte zu erzielen. Dazu gehört unter anderem, dass auf europäischer Ebene glaubwürdige Schritte zur Einführung einer breiten Finanztransaktionssteuer gesetzt werden müssen, eine europäische Investitions-Offensive von substantiellem Volumen in den Bereichen Grüner Infrastrukturprojekte und zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und das Schaffen der Voraussetzungen zur Einführung gemeinsamer europäischer Staatsanleihen, am besten über den Weg eines europäischen Konvents. "Die Zustimmung der Grünen zum Artikel 136 AEUV wird letztlich von substantiellen Verhandlungsergebnissen in diesen Fragen abhängen", sagt Kogler.

FPÖ wollte Debatte zu Bildungsvolksbegehren nach hinten reihen
Nicht nachvollziehbar ist zudem für Kogler, dass die FPÖ heute Vormittag versucht hat, mittels eines geschäftsordnungswidrigen Antrags die Debatte über das Bildungsvolksbegehren nach hinten zu reihen. Die Geschäftsordnung des Nationalrats sieht klar vor, dass Debatten über Volksbegehren am Anfang der Tagesordnung stehen müssen, um den Anliegen der Bevölkerung Gewicht zu verleihen. "Wenn es gegen Europa geht, ist die Behandlung eines Volksbegehrens für die FPÖ plötzlich nebensächlich. So viel zur Glaubwürdigkeit der selbsternannten Verfechter der direkten Demokratie", sagt Kogler.
     

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