Mitterlehner: Jugendbeschäftigungsbericht zeigt Erfolge, aber auch Handlungsbedarf    

erstellt am
12. 06. 12

Wirtschafts- und Jugendminister legte im Ministerrat Bericht zu Jugendbeschäftigung und Lehre vor - Österreich gut aufgestellt, aber Demographie erhöht Handlungsdruck
Wien (bmwfj) - Wirtschafts- und Jugendminister Reinhold Mitterlehner hat am 12.06. im Ministerrat den aktuellen "Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2010-2011" vorgelegt. "Trotz der internationalen Finanz-, Schulden- und Wirtschaftskrise zählt Österreich bei der Jugendbeschäftigung zu den besten Ländern Europas. Unser international renommiertes duales Ausbildungssystem ist dafür ein Schlüsselfaktor. Durch den demographischen Wandel und den stärkeren Wettbewerb mit den weiterführenden Schulen steht dieses Modell aber zunehmend unter Druck", betont Mitterlehner. "Um den Fachkräftebedarf der Wirtschaft langfristig zu decken, müssen wir daher die Berufsausbildung attraktiv halten, neue Zielgruppen für die Lehre erschließen und die Zahl der Ausbildungsabbrüche verringern", betont Mitterlehner unter Verweis auf die Maßnahmen des Berufsausbildungspakets 2012.

Eine besondere Herausforderung ist laut dem Bericht die Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in das Ausbildungs- und Beschäftigungssystem. "Es kann davon ausgegangen werden, dass rund ein Drittel bis maximal die Hälfte der Jugendlichen mit Migrationshintergrund nach der Pflichtschule ohne weiterführenden Bildungsabschluss aus dem Bildungssystem ausscheiden", schreiben die Studienautoren vom Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) und dem Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung (öibf). "Angesichts des bis 2016 zu erwartenden deutlichen Rückgangs der jungen Berufseinsteiger und dem Anstieg der Berufsaussteiger bis 2025 müssen wir dieses Fachkräftepotenzial stärker nutzen. Dazu kommt, dass Mehrsprachigkeit ein Wettbewerbsvorteil ist und die Exportstärke der österreichischen Wirtschaft unterstützt", so Mitterlehner. Eine wichtige Maßnahme für die stärkere Einbindung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sei das 2012 anlaufende Coaching-Programm für Betriebe und Jugendliche. Darüber hinaus spricht sich Mitterlehner für eine verpflichtende Berufsorientierung in der 7. und 8. Schulstufe aus.
Die zentralen Ergebnisse des Berichts im Überblick

  • Österreich weist im Vergleich der EU 27-Länder in allen im Rahmen des Berichts untersuchten Indikatoren vergleichsweise günstige Werte auf. Beispielsweise betrug die Jugendarbeitslosenquote gemäß EUROSTAT im Vorjahr 8,3 Prozent, in den EU-27-Ländern aber im Schnitt 21,4 Prozent. Österreich lag damit 2011 innerhalb der EU an zweitgünstigster Stelle knapp hinter den Niederlanden.
  • Als ein wesentlicher Grund für die vergleichsweise gute Integration der Jugendlichen in das Beschäftigungssystem gilt insbesondere das österreichische System der beruflichen Erstausbildung (Lehrlingsausbildung, berufsbildende mittlere und höhere Schulen). In Österreich sind dabei sowohl die Ausbildungsbeteiligung als auch der Anteil der beruflichen Bildung in der Sekundarstufe II relativ hoch. Unstrittig ist, dass insbesondere das duale System eine gute Position im internationalen Vergleich schafft. Nicht zuletzt ist die duale Ausbildung (durch die Ausbildungsbeteiligung der Betriebe) jene Ausbildungsform in der Sekundarstufe II, die mit großem Abstand die geringsten öffentlichen Mittel erfordert.
  • Gezielte Förderung der betrieblichen Lehrlingsausbildung: Für die betriebliche Lehrstellenförderung (Basisförderung, qualitätsbezogene Förderungen für Ausbildungsverbundmaßnahmen, Weiterbildungen für Ausbilder/innen, Nachhilfekurse, Lehre mit Matura, Vorbereitungen auf die Lehrabschlussprüfung, gleichmäßiger Zugang von Männern und Frauen zu Lehrberufen) wurden 2011 für 146.741 Förderfälle ein Fördervolumen von insgesamt 156,22 Millionen Euro aus Mitteln des Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) ausbezahlt. Für 2012 sind prognostiziert 164,7 Millionen Euro für Zwecke der betrieblichen Lehrstellenförderung verfügbar.
  • Lehrlingszahlen: Während die Gesamtzahl der Lehrlinge krisenbedingt und aufgrund des demographischen Wandels eine rückläufige Tendenz aufweist, ist die Zahl der betrieblichen Lehrlinge im ersten Lehrjahr zuletzt wieder leicht (um 1,5 Prozent) gestiegen. Ende 2011 befanden sich 35.638 Lehrlinge im ersten Lehrjahr.
  • Überbetriebliche Lehrausbildung: Die Zahl der Teilnehmer/innen an überbetrieblichen Ausbildungen im Auftrag des AMS im Ausbildungsjahr 2010/11 betrug insgesamt 12.702 Personen und ist damit von 2010 bis 2011 in etwa gleich geblieben bzw. leicht gestiegen. Im Ausbildungsjahr 2010/11 waren es insgesamt 12.702 Teilnehmer/innen (Personen im Programm), im Ausbildungsjahr 2009/10 12.432. Die Zahl der Jugendlichen, die mit einer überbetrieblichen Ausbildung beginnen, ist aber bereits deutlich rückläufig.


Neues Maßnahmenpaket 2012
Das Wirtschaftsministerium hat in Abstimmung mit dem Sozialministerium ein neues Berufsausbildungspaket erarbeitet, das zusätzliche Unterstützungen für die betriebliche Ausbildung bringt:

  • Mit dem neuen Programm "Coaching und Beratung für Lehrlinge und Lehrbetriebe" werden vorerst in einer Pilotphase ab Herbst 2012 sowohl die Jugendlichen als auch die Ausbilder/innen in den Betrieben bei Bedarf unterstützt und begleitet. Die Coaches stehen individuell abgestimmt für kurze Zeit oder, wenn erforderlich, bis zum Ausbildungsabschluss ("Case Management") zur Verfügung. Durch diese Maßnahme soll die Drop-Out-Quote von Jugendlichen aus der Lehrausbildung gesenkt werden.
  • Zur Unterstützung der Ausbilder/innen in den Betrieben werden (zunächst für zehn zentrale Lehrberufe) Ausbildungsleitfäden als praxistaugliche Unterlage zur Gestaltung der Ausbildung, Hilfsmittel zur Reflexion und Handhabung der Vermittlung von Berufsbildpositionen erstellt. Der erste Leitfaden für den Lehrberuf "Bürokaufmann" wird demnächst fertig; im Herbst wird der Leitfaden für den "Gastronomiefachmann" erstellt.
  • Die Prüfungsfragen und Beispiele für Lehrabschlussprüfungen werden zukünftig durch eine "Clearingstelle" im BMWFJ einer Qualitätskontrolle unterzogen und bei Bedarf ergänzt. Heuer liegt der Überprüfungsschwerpunkt auf den touristischen Lehrberufen.
  • Unternehmen, die ihren Lehrlingen Auslandspraktika ermöglichen, werden verstärkt unterstützt, indem die Lehrlingsentschädigung, die während des Auslandsaufenthaltes anfällt, ersetzt wird (ergänzend zur Förderung der Anreise- und Aufenthaltskosten der Lehrlinge durch das EU-Programm Lebenslanges Lernen/Leonardo da Vinci).
  • Nachholen eines Lehrabschlusses: Mit der am 1.1.2012 in Kraft getretenen neuen Bestimmung des § 23 Abs. 11 Berufsausbildungsgesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, dass informell und non-formal erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen von qualitätsgesicherten Qualifizierungsprojekten bei Personen ab dem 22. Lebensjahr auf die Lehrabschlussprüfung angerechnet werden können. Dadurch wird das Nachholen von Lehrabschlüssen (und somit das Erreichen der Qualifikation und des Status einer Fachkraft) strukturell erleichtert werden. Zur Umsetzung dieser Bestimmung in ganz Österreich gab es am 6. Juni 2012 eine Informationsveranstaltung im BMWFJ.
     
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