Österreichisches Finanzsystem unter dem Einfluss der Spannungen auf den internationalen Finanzmärkten   

erstellt am
09. 07. 12

Präsentation des 23. Finanzmarktstabilitätsberichts der Oesterreichischen Nationalbank
Wien (oenb) - Die anhaltende Staatsschuldenkrise prägt weiterhin die internationalen Finanzmärkte. Die österreichischen Banken haben sich in diesem Umfeld vergleichsweise gut gehalten. Auch aufgrund der Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) konnten die österreichischen Institute ihre Refinanzierungskosten senken, wenngleich die Teilnahme aller heimischen Banken insgesamt an den EZB-Tendern im Vergleich gering ausfiel, sagte Gouverneur Uni.-Prof. Dr. Ewald Nowotny anlässlich der Präsentation der 23. Ausgabe des Finanzmarktstabilitätsberichts der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB).

Die wirtschaftliche Entwicklung des Euroraums war auch im ersten Halbjahr 2012 von der anhaltenden Staatsschuldenkrise geprägt. Auf die Region Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE) hatte die Staatsschuldenkrise hingegen bislang vergleichsweise geringe Effekte, obwohl die anhaltenden Spannungen im Kontext der Schuldenkrise im Euroraum auch zu einer Verschlechterung der Risikobewertung der Region führten. Allerdings wies die wirtschaftliche Entwicklung in den einzelnen Ländern der Region eine beträchtliche Heterogenität auf.

Die österreichischen Unternehmen finanzierten sich dank einer günstigen Gewinnsituation im Jahr 2011 zu einem hohen Maß aus der Innenfinanzierung, während die Außenfinanzierung um rund ein Drittel sank. Etwas mehr als ein Viertel trugen im vergangenen Jahr die Kredite der Banken zur Außenfinanzierung bei. Eine leichte Verschärfung der Kreditpolitik der Banken im zweiten Halbjahr 2011 tat der Wachstumsbeschleunigung der Bankkredite 2011 und in den ersten Monaten 2012 keinen Abbruch. Besonders hoch war im Jahr 2011 der Beitrag der Anleiheemissionen zum Mittelaufkommen der Unternehmen, der jenen der Bankkredite um mehr als die Hälfte übertraf.

Nach wie vor werden Unternehmen und private Haushalte kostenseitig durch niedrige Kreditzinsen entlastet. Die Verschuldung der Unternehmen und der privaten Haushalte wuchs im Jahr 2011 nur moderat, bezogen auf die Einkommen liegt der Verschuldungsgrad aber noch immer über den Vorkrisenniveaus. Ein wesentlicher Risikofaktor für die privaten Haushalte (und für den Bankensektor) ist der nach wie vor hohe Fremdwährungskreditanteil. Im ersten Quartal 2012 waren knapp 28% des gesamten Kreditvolumens des Haushaltssektors in fremder Währung denominiert.

Die Profitabilität des österreichischen Bankensektors verminderte sich im Jahr 2011 angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen deutlich. Zwar erwiesen sich die konsolidierten Betriebserträge der Banken dank ihres Retail-Fokus als vergleichsweise widerstandsfähig, steigende Aufwendungen aus Abschreibungserfordernissen belasteten jedoch das Gesamtergebnis der österreichischen Kreditinstitute.

Die Exponierung der mehrheitlich in österreichischem Besitz stehenden Banken gegenüber CESEE belief sich Ende 2011 auf rund 216 Mrd. EUR und blieb weiterhin breit diversifiziert. Entgegen der im Raum stehenden Befürchtung, dass international tätige – und somit auch die österreichischen – Banken ihr Exposure in der Region deutlich reduzieren, zeigen bisher verfügbare Daten kein Deleveraging. Im Gegenteil, seit dem ersten Quartal 2009 haben österreichische Banken ihr wechselkursbereinigtes Exposure in der Region um rund 10 Prozent ausgeweitet. Es liegt die Vermutung nahe, dass dies mit dem nach wie vor wichtigen Beitrag des CESEE-Engagements zum Gesamtergebnis der österreichischen Banken zusammenhängt. Die höhere Profitabilität geht allerdings mit einem deutlich erhöhten Kreditrisiko einher. Die Forderungen gegenüber Euroraum-Ländern mit erhöhten Risikoaufschlägen wurden hingegen 2011 weiter reduziert.

Die österreichischen Banken konnten auch 2011 ihre aggregierte Kernkapitalquote erhöhen, was nicht zuletzt bei den aktuellen OeNB-Stresstests – trotz einer hypothetischen zweijährigen Rezession – zu einem soliden Ergebnis beitrug. „Angesichts der noch stärker steigenden Kapitalisierungsquoten der anderen in CESEE tätigen internationalen Banken, der Unabwägbarkeiten im Falle einer Verschärfung der europäischen Schuldenkrise sowie der Implementierung von Basel III auf europäischer Ebene sind österreichische Großbanken weiterhin angehalten, ihre Kapitalquoten zu verbessern“, führte Direktor Mag. Ittner aus.
     
zurück