"Tirol – Leben mit Zukunft"   

erstellt am
03. 07. 12

Günther Platter hält Grundsatzrede zu nachhaltiger Gestaltung Tirols
Innsbruck (lk) - "Tirol – Leben mit Zukunft, zusammen Tirols Zukunft gestalten“ lautete der ambitionierte Titel einer Veranstaltung im Zeichen der Nachhaltigkeit am 02.07. in Igls, zu der LH Günther Platter eingeladen hatte. Über 250 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer aus Wirtschaft, Gemeinden, Politik und Öffentlichkeit waren dieser Einladung gefolgt.

Als Symbol für die Botschaft der Veranstaltung pflanzte LH Platter gemeinsam mit seinen Regierungskollegen LR Hannes Tratter und LR Bernhard Tilg eine Birke im Garten des Congresspark Igls.

In seiner Rede ging LH Platter zuerst auf die gute Entwicklung des Landes ein: Tirol hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem modernen, wirtschaftlich starken, ökologisch vielfältigen und sozial stabilen Land entwickelt: Tirol hat die geringste Arbeitslosigkeit, geringste Pro-Kopf-Verschuldung, die höchste Lebenserwartung und den stärksten Tourismus.

„Darauf sind wir zu Recht stolz. Aber die Entwicklung eines Landes ist ein lebendiger Prozess. Einwirkungen von außen bekommen in einer globalisierten Welt auch wir zu spüren. Um so mehr gilt es, unseren eigenen Lebensbereich, unser Land, auch in Zukunft aktiv zu gestalten, Schwerpunkte zu setzen und Spielräume zu schaffen“, sagte Platter.

Tirol ist von den Folgen der „Krise“ weitgehend verschont geblieben. Dies ist einerseits den Unternehmerinnen und Unternehmern aber auch der Politik zu verdanken, die umgehend mit einem Konjunkturpaket der Krise gegengesteuert hat.

Tirol hat aber auch schon viel weitergebracht: „Ich nenne hier bewusst den Brenner Basistunnel, für den die Verträge für die nördlichen Zulaufstrecken kürzlich unterzeichnet wurden und die Unterinntaltrasse, die heuer noch eröffnet wird. Wir haben erstmals für die Gemeindegutsagrargemeinschaften eine neue gesetzliche Basis geschaffen, die derzeit umgesetzt wird. Aber man muss auch erlauben, dass die Leute hier in die Instanzen gehen. Wir haben eine Kinderbetreuungsoffensive gestartet. Ein Meilenstein für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf; über 70 neue Einrichtungen sind entstanden. Wir haben wichtige Impulse für den Bildungs- und Wissenschaftsstandort gesetzt. Das Tiroler Gesundheitssystem bekommt beste Beurteilungen: Es ist schlank und effizient. Wir haben 470 neue Reha-Betten geschaffen“, nennt Platter nur einige Bereiche.

Die Voraussetzungen dafür sind Sparen, Reformieren und Investieren. „Wir hatten 2011 bereits ein Plus von 17 Millionen Euro im Budget. Wir sind am Weg zur Einführung der Landesverwaltungsgerichte und werden im Herbst die Verwaltungsreform präsentieren. Wir können mit Stolz behaupten: Tirol steht stärker und selbstbewusster da als je zuvor. Tirol braucht auch keinen Rettungsschirm. Der Landesbank Hypo haben wir mit Rekordgeschwindigkeit geholfen.“

Ausblick
„Jetzt geht es darum, unser Land so aufstellen, dass auch die nachkommenden Generationen jene Lebensqualität genießen können, die wir heute gewöhnt sind. Wir müssen uns bewusst sein, dass jede Entscheidung, die wir heute treffen, nicht ohne Auswirkungen für morgen ist: Um so wichtiger ist unser Weitblick.“

Auch hier ist Tirol Vorreiter: Als erste Bundesland hat die Tiroler Landesregierung eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie in Auftrag gegeben und damit einen Handlungsrahmen für eine zukunftsorientierte Landesentwicklung gegeben. Dem vorausgegangen ist ein umfassender Beteiligungsprozess. „Über 400 Personen waren eingebunden, haben mitdiskutiert und nachgeschärft“, informiert Platter.

„Wir müssen wirtschaftliche, ökologische und soziale Anliegen so aufeinander abzustimmen, dass nicht das eine auf Kosten des anderen wächst. Wir müssen unsere Ressourcen und unsere Lebensqualität sichern. Und zwar so, dass dadurch für die Nachwelt kein Schaden entsteht. Damit meine ich nicht nur technischen Fortschritt und Entwicklung oder politische Entscheidungen. Es geht vor allem auch um Bewusstseinsbildung: Das Streben nach Nachhaltigkeit muss zur Selbstverständlichkeit werden.“

Schwerpunkte (auszugsweise):
Für die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung heißt das, klare Schwerpunkte zu setzen. Das sind für den Landeshauptmann unter anderem:

Vollbeschäftigung, Forschung
„Durch das Setzen auf Zukunftsbranchen, durch Schwerpunkte in Aus- und Weiterbildung sowie Forschung und Entwicklung und durch Unternehmer mit Mut und Pioniergeist muss eine Vollbeschäftigung unser Ziel sein. Mit Billiglohnländern können wir in diesem Bereich nicht konkurrieren. Den Wettbewerb der Hände können wir nicht gewinnen, wohl aber jenen der Köpfe“, sagt Platter.

Naturschutz und Tourismus in Zusammenarbeit mit der heimischen Landwirtschaft
„Wir wollen zugleich ein Land sein, das vorbildlich erlebbar macht, dass Nutzung und Schutz der Natur keine Widersprüche sind, sondern Basis unseres erfolgreichen Wirtschaftens im alpinen Lebensraum. Die Notwendigkeiten des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel nehmen wir sehr ernst und entwickeln diesbezügliche Strategien und Aktionspläne. Im Tourismus wissen wir um die Grenzen des quantitativen Wachstums. Die Zukunft kann hier nicht in der Masse, sondern nur in der Qualität liegen. In einer engen Zusammenarbeit mit der heimischen Landwirtschaft sehen wir eine wichtige Zukunftschance für beide Bereiche“, erklärt der Landeshauptmann.

Energie, TIWAG, Photovoltaik
„In Bezug auf Energie setzen wir auf eine hohe Energieeffizienz etwa in Bezug auf den Wärmeenergiebedarf von Gebäuden und auf die forcierte Nutzung heimischer erneuerbarer Energieträger. Bezüglich Strom soll Tirol eine wichtige Aufgabe im europäischen Verbund der Stromerzeugung übernehmen. Wir wollen etwa 40 Prozent unseres Wasserkraftpotenzial verantwortungsvoll nutzen, um den heimischen Konsumenten und der Wirtschaft Versorgungssicherheit und beste Preise zu bieten. Wir brauchen mehr Kooperation mit Südtirol. Der überfällige Zusammenschluss der Stromleitungen am Brenner muss gemacht werden. Vor allem aber brauchen wir eine stärkere Förderung von Photovoltaik und Solar: Es kann nicht sein, dass innerhalb von einigen Sekunden via Computer die gesamte Photovoltaikförderung für ein Jahr weg ist. Das ist inakzeptabel und ich werde mich dafür einsetzen, dass es hier Änderungen gibt“, sagt Platter.

Heimische Lebensmittel
Der Landeshauptmann will zudem in Tirol den Wert der heimischen Lebensmittel erhalten und Tirol zu einer vorbildlichen Region in der Nahrungsmittelerzeugung machen. Das verlangt – bei Produzenten und Konsumenten – ein starkes Bewusstsein und die Bereitschaft, die Produktion natur- und menschengerechter Lebensmittel zu unterstützen.

Familien, Pensionen, Pflege
„Manche glauben, die Zeit der Familie ist vorbei. Das ist ein Irrtum. Wir wollen in einem Land leben, in dem die Generationen für einander Verantwortung tragen, wo niemand auf Kosten der anderen, vor allem nicht auf Kosten künftiger Generationen lebt. Ein leistungsfähiges und finanziell abgesichertes Gesundheitssystem und ein damit eng verknüpftes Pflegewesen soll unser Land für alle Generationen lebenswert erhalten. Wir werden jede nötige Kraftanstrengung unternehmen, dass wir diese wichtige Basis sicherstellen können“, erklärt der Landeshauptmann.

Raumordung
Der Begrenztheit des alpinen Lebensraums soll durch eine konsequente Raumordnung Rechnung getragen werden, die eine sparsame Bodennutzung gewährleistet und zugleich leistbares und qualitätvolles Wohnen ermöglicht.

Gemeindezusammenlegungen
Die Zusammenlegung von Gemeinden könne dabei nie von oben herab verordnet werden. Platter könne sich hier nur finanzielle Anreize vorstellen. „Wenn das nicht auf freiwilliger Basis geschieht, funktioniert es nicht.“

Tirols Position in der EU
Wo kann sich Tirol positionieren in der EU? „Unsere strategische Orientierung liegt auf der Nord-Süd-Achse, in enger Zusammenarbeit mit den historischen Teilen unseres Landes. Tirol liegt zwischen wirtschaftlichen und kulturellen Krafträumen im Norden und Süden. Auch im alpenweiten und europäischen Rahmen erlangt die Kooperation der drei Landesteile immer größere Bedeutung. Tirol, Südtirol und Trient haben gemeinsam mit anderen Regionen des Alpenraumes eine Initiative für die Entwicklung und Umsetzung einer makroregionalen Strategie für den Alpenraum gestartet: Die „Makroregion Alpen“ mit der Europaregion Tirol in ihrem Herzen wird daher immer größere Bedeutung bekommen.“

Schluss
„Das alles verstehe ich unter Nachhaltigkeit. Aber auch diese Vorstellungen sind in der Zeit einem steten Wandel unterworfen. Unter Nachhaltigkeit verstehe ich daher auch den Auftrag, immer wieder neu – unter Beteiligung der Tirolerinnen und Tiroler – herauszufinden und zu prüfen, was unser Land in der Zukunft tragen soll. Nachhaltigkeit ist somit ein offener Prozess, der uns immer neu fordert. Dieser Herausforderung wollen wir uns stellen“, sagt Platter abschließend.
     
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