Urheberrecht  

erstellt am
13. 07. 12

EU-Kommission schlägt einfachere Nutzungsrechte für Musik auf dem EU-Binnenmarkt vor
Die Europäische Kommission hat am 11.07. Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen die Verwertungsgesellschaften modernisiert und Anreize zur Förderung ihrer Transparenz und Effizienz geschaffen werden sollen.
Brüssel (ec.europe) - Neue digitale Technologien eröffnen Kulturschaffenden, Verbrauchern und Unternehmen gleichermaßen vielversprechende Möglichkeiten. Die erhöhte Nachfrage nach online verfügbaren kulturellen Gütern (Musik, Filmen, Büchern usw.) kennt keine Ländergrenzen oder nationalen Beschränkungen. Gleiches gilt für die Online-Dienste, die diese anbieten. Hier kommen nun die Verwertungsgesellschaften ins Spiel: Insbesondere im Musiksektor verwalten sie kollektiv die Lizenzvergabe für die Online-Nutzung urheberrechtlich geschützter Musikstücke im Namen der Liedtexter und Komponisten, erheben die entsprechenden Nutzungsgebühren und schütten die Nutzungsgebühren an sie aus.

Einige Verwertungsgesellschaften haben jedoch Mühe, sich den Anforderungen der Verwaltung von Online-Nutzungsrechten an Musikstücken anzupassen, vor allem in einem länderübergreifenden Kontext. Der heutige Vorschlag wird auch zur Folge haben, dass diejenigen Verwertungsgesellschaften, die bereit sind, multiterritoriale Nutzungsrechte für ihr Repertoire zu vergeben, entsprechende europäische Standards einhalten müssen. Dies würde es Diensteanbietern einfacher machen, die erforderlichen Nutzungsrechte für Musik, die EU-weit online angeboten werden soll, zu erwerben und zu gewährleisten, dass die Gebühren ordnungsgemäß erhoben und den Liedtextern und Komponisten gerecht zugeschlagen werden.

Generell müssten die Verwertungsgesellschaften aller Sektoren neue europäische Standards einhalten, die ein besseres Management und eine größere Transparenz bei der Durchführung ihrer Tätigkeiten vorsehen. Wie nötig Änderungen sind, zeigten jüngste Fälle, in denen Gelder aus Nutzungsgebühren, die im Auftrag der Rechteinhaber erhoben wurden, aufgrund einer schlechten Investitionspolitik verloren gingen, aber auch Beispiele stark verspäteter Auszahlungen an die Rechteinhaber.

Hierzu der für Binnenmarkt und Dienstleistungen zuständige EU-Kommissar Michel Barnier: „Wir brauchen einen digitalen europäischen Binnenmarkt für Urheber, Verbraucher und Diensteanbieter. Effizientere Verwertungsgesellschaften würden den Anbietern die Einführung neuer grenzüberschreitender Dienste erleichtern – und das dient sowohl den europäischen Verbrauchern wie der kulturellen Vielfalt." Er fügte hinzu: „Generell sollten die Verwertungsgesellschaften gewährleisten, dass die Urheber für ihre Arbeit schneller bezahlt werden, und sie sollten transparent arbeiten. Dies ist entscheidend, um die Investition in Kreativität und Innovation zu stärken, wodurch wiederum zusätzliches Wachstum und mehr Wettbewerb entsteht.“

Kernpunkte der vorgeschlagenen Richtlinie
Der Vorschlag verfolgt zwei, einander ergänzende Ziele:

  • Mehr Transparenz und ein verbessertes Management der Verwertungsgesellschaften durch verstärkte Berichterstattungspflichten und Kontrolle der Rechteinhaber über deren Tätigkeiten zu fördern, sodass Anreize für mehr Innovation und eine bessere Qualität der Dienste geschaffen werden.
  • Ausgehend davon insbesondere die multimultiterritoriale und repertoireübergreifende Vergabe von Urhebernutzungsrechten an Musikstücken für die Online-Verbreitung in der EU/im EWR zu fördern und zu erleichtern.


In der Praxis hieße dies:

  • Die Rechteinhaber hätten ein direktes Mitspracherecht bei der Verwaltung ihrer Rechte, würden schneller vergütet und erhielten ein gesetzlich verankertes Anrecht auf die Wahl der für ihre Zwecke am besten geeigneten Verwertungsgesellschaft. Dies würde zu einem besseren Schutz der Interessen der Rechteinhaber führen und auch zu einer verbesserten Verfügbarkeit kultureller Güter für Verbraucher.
  • Die neuen Vorschriften würden die Arbeitsweise der Verwertungsgesellschaften in Europa verändern, zum Beispiel durch neue Anforderungen wie eine verbesserte Verwaltung der Repertoires, schnellere Auszahlungen an die Mitglieder, Transparenz bei den Einnahmen aus der Verwertung von Rechten, ein jährlicher Transparenzbericht und zusätzliche spezifische Informationen für die Rechteinhaber und ihre Geschäftspartner (z. B. andere Verwertungsgesellschaften). Die Mitgliedstaaten würden Mechanismen zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Verwertungsgesellschaften und Rechteinhabern einrichten. Verbesserte Standards und Verfahren sollten zu effizienteren Verwertungsgesellschaften führen und das Vertrauen in ihre Tätigkeiten erhöhen.
  • Die multiterritoriale Vergabe von Urhebernutzungsrechten für die länderübergreifende Verbreitung von Musik über das Internet würde auf diese Weise erleichtert werden, aber auch der Notwendigkeit des Nachweises der technischen Kapazitäten für eine effiziente Umsetzung unterworfen. Dies würde den Urhebern, den Internet-Diensteanbietern und den Bürgern gleichermaßen zu Gute kommen.


Hintergrund
Die Verwertungsgesellschaften fungieren als Mittler zwischen den Rechteinhabern in der Musikindustrie aber auch in anderen künstlerischen Bereichen wie Büchern oder Filmen und den Diensteanbietern, die ihre Werke nutzen möchten. Sie vergeben Nutzungsrechte, ziehen Nutzungsgebühren ein und schütten Einnahmen an die Rechteinhaber aus, wo ein individuelles Aushandeln von Nutzungsrechtvergaben wenig sinnvoll wäre und hohe Transaktionskosten nach sich ziehen würde. In der EU gibt es mehr als 250 Verwertungsgesellschaften, die jährlich Einnahmen von rund 6 Mrd. EUR verwalten. Auf Urheberrechte im Musikbereich entfallen dabei etwa 80 % der gesamten Einnahmen der Verwertungsgesellschaften.

Die kollektive Verwaltung der Rechte ist außerdem wichtig für die Erteilung der Nutzungsrechte an Online-Musikanbieter (Musik-Downloads, „Streaming“-Angebote). Dies gilt insbesondere für die Rechte derer, die Musik komponieren oder Liedtexte schreiben. Online-Anbieter möchten häufig ein großen geografischen Bereich und eine große Auswahl an Musik abdecken. Und sie möchten neue Geschäftsmodelle erproben. All dies macht die Vergabe von Online-Nutzungsrechten sehr anspruchvoll. Viele Verwertungsgesellschaften sind für diese Herausforderungen nicht gewappnet und so sehen sich die Diensteanbieter mit Schwierigkeiten konfrontiert, wenn sie Online-Nutzungsrechte für Musik erwerben möchten, die sie für den Start eines EU-weiten Online-Musikangebots benötigen. Das führt dazu, dass den Verbrauchern in der EU weniger Online-Musikdienste zur Verfügung stehen und innovative Dienste langsamer Fuß fassen.


 

Regner/Weidenholzer: Endlich Bewegung im UrheberInnenrecht
Vorschläge von Kommissar Barnier stärken KünstlerInnen gegenüber den Verwertungsgesellschaften
Wien (sk) - EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier präsentierte diese Woche neue Vorschläge zum UrheberInnenrecht in Europa. Einerseits soll Musik in einem Verfahren für alle 27 EU-Staaten lizenziert werden, andererseits sollen die Verwertungsgesellschaften strengeren Regeln unterworfen werden. "Dadurch werden die KünstlerInnen gegenüber den Verwertungsgesellschaften in Hinblick auf das Urheberrecht gestärkt. Wir werden im Rechtsausschuss des EU-Parlaments die Vorschläge genau prüfen und entsprechend nachbessern", erläutert die SPÖ-Europaabgeordnete Evelyn Regner, stv. Vorsitzende im Rechtsausschuss, am 13.07.

Für SPÖ-Europaabgeordneten Josef Weidenholzer, Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, sind die beiden Vorschläge - einheitliche Lizenzierung und Stärkung der KünstlerInnenrechte gegenüber den Verwertungsgesellschaften - ein "erster Schritt in die richtige Richtung". Er begrüßt, dass die Kommission "endlich einen Vorschlag präsentiert, der nicht einschüchtern will, sondern konstruktiv an das Problem herangeht". Es sei wichtig, über Alternativen nachzudenken, denn das derzeit geltende UrheberInnenrecht diene mehr den Geschäftsinteressen großer Konzerne als den Interessen von KünstlerInnen und VerbraucherInnen.

Als nächsten konkreten Schritt fordern die SPÖ-Europaabgeordneten daher mehr Transparenz bei den Ausschüttungsmodellen. Nach wie vor werden 40 Prozent der von AKM, GEMA und anderen nationalen Agenturen eingenommenen Gelder an Verlage und Labels ausgeschüttet und nicht an die eigentlichen UrheberInnen. Deshalb sei es wichtig, dass KünstlerInnen die Gelder schneller erhalten und sich eine neue Agentur europaweit aussuchen können.
     

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