Österreichs Emittenten genießen weiterhin höchstes Anlegervertrauen   

erstellt am
03. 08. 12

Staat und Unternehmen refinanzieren sich trotz Triple-A Verlusts historisch günstig
Wien (oenb) - Die österreichische Volkswirtschaft genießt trotz Aberkennung des Triple-A-Ratings durch die Ratingagentur Standard & Poor’s im Jänner 2012 bei internationalen Anlegern weiterhin großes Vertrauen. Wie einige andere Länder, lukriert auch die Republik Österreich dank ihrer hohen Bonität mit der Begebung von kurzlaufenden Staatsanleihen durch negative Renditen derzeit sogar geringe Einnahmen. Gleichzeitig drängen heimische Unternehmen angesichts günstiger Refinanzierungsbedingungen verstärkt auf den Anleihemarkt. Sie haben dort heuer brutto bereits mehr als 4 Mrd EUR aufgenommen. Neben staatlich dominierten Unternehmen entdecken zunehmend auch private Emittenten Anleihen als interessante Alternative zu Bankkrediten. Österreichs Anleiheverpflichtungen liegen überwiegend in ausländischer Hand.

Internationale Investoren beurteilen die Anleihemärkte des Euroraums derzeit äußerst differenziert: Während einige Mitgliedsländer infolge ihrer ökonomischen Schwierigkeiten hohe Risikoaufschläge für neubegebene Schulden akzeptieren müssen, können sich Länder wie Deutschland, Frankreich oder die Niederlande momentan deutlich günstiger als im langjährigen Durchschnitt refinanzieren. Bei kurzen Laufzeiten sind sogar teilweise negative Renditen zu beobachten. Auch Belgien, Finnland oder Österreich lukrieren mit der Begebung neuer Schulden derzeit geringe Erträge. Internationale Investoren betrachten weite Teile des Euroraums noch immer als stabile und attraktive Anlagealternative und sind daher bereit, historisch betrachtet geringe Zinsen für langfristige Investments zu akzeptieren. Um Liquidität kurzfristig sicher anlegen zu können, werden teilweise sogar negative Zinsen in Kauf genommen. Die aktuelle Situation an den europäischen Anleihemärkten zeigt, dass die schwierigen ökonomischen Gegebenheiten einiger Mitgliedsländer keineswegs auf den gesamten Euroraum projiziert werden.

Dieses Umfeld wirkt sich nicht nur auf die Refinanzierungskosten des österreichischen Staats, sondern auch auf jene der nicht-finanziellen Unternehmen günstig aus. Letztere mussten für die Begebung von Anleihen im ersten Halbjahr 2012 durchschnittlich nur 3,69% an Zinsen zahlen (2011: 4,51%). Selbst für private Unternehmen, die gegenüber staatlich beeinflussten Emittenten einen gewissen Bonitätsnachteil aufweisen, war Anleihekapital mit einer Laufzeit von 5 bis 10 Jahren um 4,16% und damit um fast ein Viertel günstiger zu haben als im Jahr 2011 (5,39%). Heimische Unternehmen nützten das günstige Umfeld, um brutto rund 4,5 Mrd EUR an neuem Kapital zu begeben. Anleihen werden somit als günstige Alternative zu Bankkrediten interessant. Langfristige Großkredite weisen gemäß OeNB-Zinssatzstatistik derzeit zwar noch geringere Zinskosten von knapp 3% auf, erfordern jedoch umfangreiche Sicherheiten durch den Kreditnehmer. Im Falle der Vergabe durch ein Konsortium weist die Kreditfinanzierung darüber hinaus längere Vorlaufzeiten und damit geringere Flexibilität auf. Bemerkenswert ist die derzeit rege Emissionstätigkeit privater nicht-finanzieller Unternehmen in Österreich. Zuvor waren Anleiheemissionen überwiegend auf staatlich dominierte Unternehmen beschränkt. Die Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) lassen erkennen, dass sich der Trend zur Anleihefinanzierung auch im Juli fortsetzen dürfte.

Die Anleiheverpflichtungen heimischer Unternehmen liegen überwiegend in ausländischer Hand. Allerdings variiert die Bedeutung des Auslands abhängig von der Größe des Unternehmens und des daraus resultierenden Refinanzierungsbedarfs. Staatlich beeinflusste Unternehmen platzieren üblicherweise größere Volumina, die sie derzeit nur im Ausland absetzen können. Demgemäß liegt der Anteil internationaler Gläubiger in diesem Unternehmenssegment bei über 80%. Der Rest entfällt auf österreichische Banken (rund 6%) sowie Versicherungen, Pensionskassen und Investmentfonds (10%). Österreichs private Unternehmen weisen im Vergleich dazu einen deutlich höheren Inlandsanteil auf. Nur 43% ihrer Verpflichtungen werden im Ausland gehalten. Da Emissionen privater Unternehmen häufig von inländischen Banken begleitet werden und überwiegend für den Inlandsmarkt bestimmt sind, halten österreichische Banken (20%) sowie inländische Privathaushalte (14%) einen deutlich höheren Anteil an Anleihen privater Unternehmen.

Im Gegensatz zu nicht-finanziellen Unternehmen traten österreichische Banken 2012 am Anleihemarkt bislang kaum in Erscheinung. Vergleichsweise ungünstige Refinanzierungs­bedingungen sowie die gute Liquiditätsversorgung durch die Europäische Zentralbank (EZB) sprechen derzeit gegen diese Form der Kapitalbeschaffung.
     
Informationen: http://www.oenb.at    
     
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