Svenia Deininger  

erstellt am
31. 07. 12

15.07 bis 30.09.2012 in der Kunsthallte Krems/Factory
Krems (kunsthalle) - Kontrastreiche Schichtungen geometrischer Formen und Farbflächen unterschiedlichster Oberflächenqualität charakterisieren die Gemälde der Malerin Svenja Deininger. In einer Zeit des globalisierten Kunstbetriebes, in der sich der künstlerische Diskurs in unterschiedlichsten Medien weitestgehend über Narrative und Kontexte definiert, sieht sich der Betrachter angesichts Deiningers stringenter malerischer Position zurückgeworfen auf das Sehen und visuelle Erfassen. Ihre Reflexion über die Grenzen und innerhalb der Möglichkeiten des Mediums artikuliert sich im spezifischen Umgang mit der Materialität des Trägers, der Grundierung oder der form- und raumgebenden Kraft der Farbe, die sich prozesshaft in ihre Bilder einschreibt. Eine Prozesshaftigkeit allerdings, deren Spuren im fertigen Kunstwerk nicht sichtbar werden; kein Pinselstrich und kein malerischer Gestus erinnert an den schöpferischen Akt als solchen. Einzig gezielt gesetzte Markierungen im Bild - absichtlich erzeugte oder bewusst belassene Fehler - generieren eine dialektische Öffnung, einen transitorischen Moment. Deininger arbeitet in verschiedenen Formaten von vertikalen bemalten Papierbahnen bis zu kleinen hochkonzentrierten Gemälden in denen sie eine bemerkenswerte räumliche Präzision und kompositorische Verdichtung erreicht. Bild für Bild, Schritt für Schritt, Entscheidung für Entscheidung arbeitet Deininger sich kontinuierlich an den Grundfragen der Malerei ab, erprobt Leinwände, Grundierungen, Techniken, Farbaufträge und -wirkungen. Wenn es etwas Organisches in ihren Werken gibt, dann ist es ihr Arbeitsprozess, der in seinem Schichtenaufbau, im Schleifen, Abtragen und Hinzufügen von Farbschichten an geologische Vorgänge erinnert. Wie bei diesen lässt die Oberfläche lediglich erahnen, was in verborgenen Ebenen das Geheimnis und den Illusionismus eines nahezu sakral gleißenden Weiß ausmacht, das sich aus einem tiefen Blau erhebt, die Opazität einer schellackartig glänzenden schwarzen Fläche oder die flüchtige Transparenz eines luziden, rosa-weißen Streifens entlang der Bildkante, der diese scheinbar auflöst und endgrenzt. Indem das Gezeigte sowohl in seinem materiellen wie rein visuellen Wert zur Wirkung gelangt, entstehen Räume zusammenhängender Oberflächenwerte.

Dass sich die Malerin nicht am Gesehenen orientiert, sondern den Bedingungen unseres Sehens nachspürt, macht die, für ihre Arbeit zentrale Verwendung der Farbe Weiß deutlich. Als Farbauftrag oder Grundierung betont diese die Materialität des Bildträgers. Als opaker Lichtwert fingiert sie gleichzeitig optische Phänomene wie durch Hell-Dunkel-Übergänge erzeugten Tiefenraum oder die Modellierungen von Formen. In einer kürzlich in Brüssel gehaltenen Lecture formulierte Svenja Deininger Gedanken zu ihren Bildern und deren Entstehung "…when two areas […] hit each other they suddenly form a theme…". Umgesetzt in den schöpferischen und rhythmisierten Prozess reflektieren Gedanken wie dieser den Versuch im dialektischen Aufeinandertreffen von Farben, Formen, Oberflächen- und Materialbeschaffenheit einen Moment zu evozieren in dem sich das Nicht-Kalkulierbare, das Unvorhersehbare im Bild manifestiert, das Zerrissene versöhnt und der Flüchtigkeit und Unbeständigkeit der Wahrnehmung widersteht.

In Deiningers Gemälden der letzten Jahre, wenngleich durchwegs abstrakt, hat eine Verschiebung stattgefunden. Wo früher noch vereinzelt Spuren des Erzählerischen und gegenständlich Lesbaren an die Oberfläche drangen, findet die Künstlerin in ihren neueren Werken einen völlig freien Umgang, losgelöst von jeglicher Referenz zur sichtbaren Außenwelt oder klassischen Topoi der Malereitradition: Farbe und Fläche gewinnen an Gewicht gegenüber Form und Raum. Den Raum indes vermag Deininger zu erobern indem ihre Bilder nicht an deren Bildkante zu enden scheinen, sondern fortwirken in die von ihr präzise inszenierten Ausstellungsdisplays. In diesem Sinne erwartet die Besucher der Factory der Kunsthalle Krems ab dem 15. Juli ein Erlebnis der besonderen Art: nicht bloß eine Ausstellung der neuesten Gemälde Svenja Deiningers, sondern ein räumliches Konzept, dass im Wechselspiel von Harmonien und Dissonanzen, dem Sprechzwang standhält und im Wahrnehmen wortlos Ausdruck findet.
     
Informationen: http://www.kunsthalle.at/factory    
     
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