Georg Friedrich Haas erhält Musikpreis Salzburg 2013   

erstellt am
09. 08. 12

Brenner: Internationaler Kompositionspreis an renommierten Komponisten / Förderungspreis an Aureliano Cattaneo
Salzburg (lk) - Der 1953 in Graz geborene Komponist Georg Friedrich Haas erhält den 2013 zum vierten Mal vergebenen Musikpreis Salzburg – Internationaler Kompositionspreis des Landes Salzburg. Das gab Kulturreferent Landeshauptmann-Stellvertreter Mag. David Brenner am 09.08. bei einem Informationsgespräch in Salzburg bekannt.

Der Würdigungspreis ist mit 60.000 Euro dotiert. Der mit 20.000 Euro dotierte Förderungspreis geht an den 38-jährigen Italiener Aureliano Cattaneo. Das Preisträger-Konzert und die offizielle Preisverleihung finden auch diesmal wieder bei der Salzburg Biennale am 3. März 2013, 18.00 Uhr, im Großen Saal des Mozarteums statt.

"Das Land Salzburg hat diesen Preis im Mozartjahr 2006 bewusst etabliert, um einen künstlerischen Bogen von der Vergangenheit bis zur Gegenwart zu spannen. Bei allem Bemühen um die Pflege des musikalischen Erbes darf die zeitgenössische Kunst nicht ins Hintertreffen geraten", erklärte Kulturreferent Brenner. Salzburg genieße einen internationalen Ruf als Kulturland. "Damit verbunden ist der Auftrag, sich nicht nur auf den Lorbeeren der Vergangenheit auszuruhen, sondern sich permanent weiterzuentwickeln. Wir wollen Salzburg weiterhin als bedeutendes Zentrum der Gegenwartskunst positionieren. Von Initiativen wie dem Musikpreis Salzburg, der einer der weltweit höchstdotierten in der Neuen Musik ist, soll ein Impuls für die breitere Öffentlichkeit ausgehen, um der Neuen Musik und ihren Protagonistinnen und Protagonisten einen höheren Stellenwert zu geben", so Brenner weiter.

Bisherige Preisträger waren Salvatore Sciarrino aus Italien (2006), der Schweizer Klaus Huber (2009) sowie im Jahr 2011 Friedrich Cerha. "Georg Friedrich Haas ist ein Komponist der jüngeren Generation und begeistert vor allem durch sein bereits jetzt vorhandenes, enorm umfangreiches und einzigartiges Werk. Dieses deckt ein großes Spektrum zwischen Kammermusik und Musiktheater ab und findet weltweit Anerkennung", so Kulturreferent Brenner. Einige seiner Kompositionen gehören bereits jetzt zu den meistaufgeführten Stücken und zum Kanon der Weltliteratur Neuer Musik, wie zum Beispiel "In Vain" oder das 3. Streichquartett. Georg Friedrich Haas gilt auch als herausragender Opernkomponist, besonders zu erwähnen sind "Melancholia" und "Bluthaus".

Langjährige Verbundenheit mit Salzburg
Georg Friedrich Haas ist seit vielen Jahren mit Salzburg eng verbunden. Er war in den 1980er Jahren Gast beim Festival Aspekte, wo viele seiner Werke erstmals zur Aufführung kamen. 1993 war er Stipendiat bei den Salzburger Festspielen. Haas-Werke wurden in Salzburg regelmäßig beim Zeitfluss-Festival aufgeführt oder bei der Kontinente-Reihe der Salzburger Festspiele. Auch für die Internationale Stiftung Mozarteum war Haas immer wieder tätig. So erhielt er beispielsweise einen Kompositionsauftrag für das Dialoge-Festival "Klangräume" im Jahr 2005. Im vergangenen Jahr erhielt er von der Stiftung Mozarteum den Kompositionsauftrag für sein 6. Streichquartett. Diese Komposition entstand speziell für das Jubiläum des Hagenquartetts, mit dem Georg Friedrich Haas seit vielen Jahren eng verbunden ist. Auch mit dem oenm (Österreichisches Ensemble für Neue Musik) und dem Stadler Quartett arbeitet Haas regelmäßig zusammen.

Das jüngste Salzburger Projekt: Am 25. August 2012 kommt es zur Uraufführung eines Auftragswerks der Salzburger Festspiele bei den Mozart-Matineen. Es spielt das Mozarteumorchester Salzburg.

Unverwechselbar unter den Komponisten der Gegenwart
In der Jurybegründung heißt es: "Georg Friedrich Haas gehört heute mit 59 Jahren zu den unverwechselbaren Persönlichkeiten unter den Komponisten der Gegenwart. Unabhängig von allen kompositorischen Moden hat er sich – menschlich still und künstlerisch unbeirrbar – über die Jahrzehnte seines Schaffens hinweg eine herausragende künstlerische Eigenständigkeit erarbeitet. Haas hat früh die wohltemperierte Tonskala als eine Beschränkung seiner Klangfantasie empfunden und sich dem offenen Feld der Mikrotonalität zugewandt, mit Ober- und Teiltönen experimentiert und die Bedeutung der Klangfarbe gegenüber der Tonhöhe akzentuiert. Seine Musik bewegt sich seitdem abseits der tradierten, kompositorischen Pfade, ist hochelaboriert – und bleibt trotzdem für den Hörer auf unmittelbare Weise erfahrbar."

Und weiter: "Haas zieht sich in seinen Kompositionen nicht auf ein geschlossenes System zurück und gibt sich mit dem einmal Entwickelten und Erreichten nicht zufrieden, sondern stellt, geprägt von Skepsis gegenüber jeder Form von Dogmatik, die zentralen Fragen nach Klang, Form und Struktur in seinem Werk immer wieder neu. Haas hat sich so zu einem unermüdlich Suchenden in der Gegenwartsmusik entwickelt. Zentrales Kennzeichen seiner kompositorischen Handschrift ist neben der Fähigkeit zu skrupulöser, rigoroser Materialbefragung, ein untrüglicher Klangsinn. Georg Friedrich Haas hat in nahezu allen wichtigen musikalischen Gattungen substanzielle Beiträge geliefert, von der Kammermusik (erwähnt sei sein in völliger Dunkelheit zu spielendes 3. Streichquartett von 2003) über große Ensemblestücke (etwa sein die Wahrnehmung gleichermaßen verwirrende und schärfende Komposition "In vain") bis hin zum Musiktheater, wo ihm im vergangenen Jahr mit der Uraufführung seiner Oper "Bluthaus" ein durchschlagender Erfolg gelang. Haas ist kein der Welt abgewandter Komponist. Er reagiert mit seiner Musik auf Gegenwart und gesellschaftliche Aktualität, auch politische. Sein umfangreiches Oeuvre ist facettenreich. Und es spricht bei aller Komplexität immer emphatisch zum hörenden Menschen."

Komponist voller Eigensinn, Klangfantasie und Vielseitigkeit
Die Jurybegründung für den Förderpreisträger Aureliano Cattaneo lautet: "Aureliano Cattaneo ist ein Komponist voller Eigensinn, Klangfantasie und Vielseitigkeit. Er hat mit Werken in verschiedensten Gattungen, vom Streichquartett über die große Orchesterform bis zur Oper, seine Begabung unter Beweis gestellt und gehört zu den hoffnungsvollsten Vertretern seiner Generation. Der 38-jährige Italiener hat in Piacenza und Mailand Komposition und Klavier studiert und unter anderem Meisterkurse bei Gerard Grisey und Mauricio Sotelo besucht. Er lebt und arbeitet in Madrid."

Hochkarätige, internationale Jury wählte Preisträger aus
"Für den Musikpreis Salzburg spielen Staatsbürgerschaft oder Wohnort keine Rolle. Würdigungspreis- und Förderungspreisträger werden über Vorschlag einer international besetzten, hochkarätigen Jury vergeben. Die Vergabe der Preise an Georg Friedrich Haas und Aureliano Cattaneo geht auf Vorschläge der Jury zurück", erläuterte Brenner. Mitglieder der Jury waren heuer Markus Hinterhäuser, Claus Spahn und Pierre Laurent Aimard.

Markus Hinterhäuser ist derzeit Intendant der Wiener Festwochen. Der langjährige Konzertchef der Salzburger Festspiele fungierte im Jahr 2011 erfolgreich auch als deren Intendant. Insbesondere sind seine Verdienste für die Neue Musik hervorzuheben: Von 1993 bis 2001 zeichnete er verantwortlich für die Organisation und Programmierung des Zeitfluss-Programms der Salzburger Festspiele. Er ist international renommierter Pianist und Interpret Neuer Musik.

Claus Spahn wird zur Spielzeit 2012/2013 neuer Chefdramaturg am Opernhaus Zürich. Seit 1998 schreibt Spahn als Redakteur im Feuilleton der Wochenzeitung Die Zeit.

Pierre Laurent Aimard ist international gefeierter Pianist und Interpret speziell der zeitgenössischen Musik. Seit mehr als 30 Jahren setzt er sich intensiv mit Neuer Musik auseinander und ist eine der Schlüsselfiguren.

Biografie Georg Friedrich Haas
Georg Friedrich Haas wurde 1953 in Graz geboren und verbrachte seine Kindheit in Vorarlberg in den Bergen – eine Landschaft und eine Atmosphäre, die ihn nachhaltig prägten. Studiert hat er in seiner Geburtsstadt bei Ivan Eröd und Gösta Neuwirth und später in Wien bei Friedrich Cerha.

Bei allen Kontrasten, die man in der Musik von Georg Friedrich Haas ausmachen kann, gibt es eine Klammer, die sein kompositorisches Denken bestimmt: Der sinnliche Reiz des lebendigen Instrumentalklangs steht für den österreichischen Komponisten im Mittelpunkt. Schon während seines Studiums hat sich Haas mit Konzeptionen mikrotonaler Systeme beschäftigt und dafür die Werke von Komponisten wie Wyschnegradsky, Hába, Tenney, Nono und Grisey eingehend befragt. Mikrotonalität bestimmte schon früh sein kompositorisches Schaffen, so zum Beispiel in der Kammeroper "Nacht", die 1996 mit großem Erfolg bei den Bregenzer Festspielen uraufgeführt wurde. Nach anfänglichen Experimenten mit Vierteltönen erforscht er seit Mitte der 1980er Jahre den Klang als Komplex von schillernden Zwischenwerten. In Werken wie seinem 1. Streichquartett (1997) arbeitet er intensiv mit Obertonkonstellationen – am konsequentesten in dem Ensemblestück "In vain" (2000).

Seit Ende der 1990er Jahre ist Georg Friedrich Haas mit seinen Werken bei den wichtigsten Festivals neuer Musik vertreten. Bei den Salzburger Festspielen erregte er als Next Generation Komponist 1999 große Aufmerksamkeit. Eine zweite Kammeroper bei den Bregenzer Festspielen (Die schöne Wunde) wurde 2003 vom Klangforum Wien zur Uraufführung gebracht. Im gleichen Jahr spielte das SWR Sinfonieorchester (Südwestrundfunk) bei den Donaueschinger Musiktagen "Natures mortes", und 2006 folgte der große Erfolg von "Hyperion. Konzert für Lichtstimme und Orchester" ebenfalls in Donaueschingen. In der Konzertsaison 2010/2011 wurde das Werk "limited approximations" für sechs Klaviere und Orchester in Donaueschingen viel beachtet und ausgezeichnet.

Viele bedeutende Symphonieorchester haben Werke von Georg Friedrich Haas zur Uraufführung gebracht, darunter das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (Cellokonzert, 2004), das Mozarteumorchester Salzburg (Sieben Klangräume, 2005), das Cleveland Orchestra (Poème, 2006), die Münchner Philharmoniker (Bruchstück, 2007), das Radio-Symphonieorchester Wien (Klavierkonzert, 2007), das WDR-Sinfonieorchester des Westdeutschen Rundfunks (Saxofonkonzert, 2008), das Gewandhausorchester Leipzig (Traum in des Sommers Nacht, 2009) und das Münchener Kammerorchester (chants oubliés, 2011; amerikanische Erstaufführung durch das Los Angeles Philharmonic Orchestra). Seine Oper "Melancholia" wurde seit ihrer erfolgreichen Uraufführung an der Opéra National de Paris 2008 an mehreren Opernhäusern gespielt. "Bluthaus", die nach einem Libretto von Händl Klaus entstandene zweite Oper von Georg Friedrich Haas, wurde 2011 sehr erfolgreich bei den Schwetzinger SWR Festspielen zur Uraufführung gebracht.

Darüber hinaus arbeitet Haas intensiv mit dem Klangforum Wien, dem Ensemble Recherche, dem Kairos Quartett, dem Hagen Quartett, der musikFabrik und dem Ensemble Phoenix Basel und vielen mehr zusammen. Er unterrichtet als Professor an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Graz und seit 2005 als Professor für Komposition an der Musikhochschule Basel. Georg Friedrich Haas wurde für seine Werke mit zahlreichen Kompositionspreisen sowie 2007 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. Seit Mai 2011 ist Haas Mitglied des Österreichischen Kunstsenats und seit Mai dieses Jahres Mitglied der Berliner Akademie der Künste.

Informationen zu Georg Friedrich Haas
http://www.karstenwitt.com
Werkliste
http://www.universaledition.com

Biografie Aureliano Cattaneo
Aureliano Cattaneo wurde 1974 in Codogno (Italien) geboren. Er studierte Klavier bei Vincenzo Balzani am Konservatorium Piacenza und Komposition bei Carlo Alessandro Landini, Pippo Molino und Sonia Bo am Konservatorium in Mailand. Meisterkurse besuchte er bei Gerard Grisey, Toshio Hosokawa, Cristóbal Halffter und Mauricio Sotelo. Bei verschiedenen Kompositionswettbewerben gewann er den ersten Preis, so unter anderem 1999 beim "Progetto Giovani Compositori" in Mailand, 2000 beim "Campo de Composiciòn" in Madrid und 2001 beim 4. internationalen Kompositionswettbewerb "Valcarel" in Santander.

Seine Werke wurden unter anderem bereits in Rom, Turin, Boston, Madrid, Cannes, Paris, London, Kiew, und Basel aufgeführt. Er kann auf Kooperationen beziehungsweise Aufführungen durch international renommierte Ensembles wie das Klangforum Wien, das Ensemble Intercontemporain, die Neuen Vocalsolisten Stuttgart, das Ensemble 2e2m, das Alter Ego und das Nieuw Ensemble verweisen.

Aufträge erhielt Cattaneo unter anderem auch durch das Berliner Konzerthaus, Musica Straßburg, das Französische Kulturministerium, CDMC Madrid, die Region Andalusien, den Saarländischen Rundfunk und das Festival Suena in Toledo. Seine Kammeroper "la philosophie dans le labyrinthe", die er zusammen mit dem Dichter Edoardo Sanguineti schrieb, wurde 2006 bei der Münchener Musiktheaterbiennale uraufgeführt. 2004 war Cattaneo Finalist der Gaudeamus Muziek Week und 2005 Stipendiat der Akademie der Künste Berlin. Aureliano Cattaneo lebt und arbeitet in Madrid.

Informationen zum Komponisten: http://www.aurelianocattaneo.com
Informationen zum Musikpreis Salzburg:
http://www.musikpreis-salzburg.org
     
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