Eurozone  

erstellt am
17. 08. 12

Faymann kann einen "Rauswurf" nicht empfehlen
Die Staaten der Europäischen Union und der Eurozone haben bereits eine Reihe von Maßnahmen gesetzt…
Wien (bpd) - "Die negativen Folgen des Zerbrechens der Eurozone würden allfällige Vorteile für einzelne Länder bei weitem übersteigen", betont Bundeskanzler Werner Faymann zur aktuellen Diskussion über die Möglichkeiten zum Ausschluss einzelner Mitgliedsstaaten aus der Währungsunion. "Einen Rauswurf kann ich daher nicht empfehlen." Darüber hinaus bedürfe es einer EU-Vertragsänderung mit Volksabstimmung, wollte man die Möglichkeit schaffen, ein Land gegen dessen Willen aus der gemeinsamen Währungszone zu drängen, so der Bundeskanzler mit dem Hinweis auf die rechtliche Situation in der EU.

Die Staaten der Europäischen Union und der Eurozone haben bereits eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um die gemeinsame Währungszone in der Finanz- und Wirtschaftskrise zu schützen und zu stabilisieren. "Würden die Regierungen der Eurozone sich entscheiden, einem Mitgliedsland keine Hilfe mehr zu gewähren, wäre es de facto bereits jetzt gezwungen, aus der Währungszone auszuscheiden. Ein Staatsbankrott eines Eurolandes hätte aber unabsehbare Folgewirkungen für ganz Europa, damit auch für Österreich, und liegt nicht in unserem Interesse", unterstreicht der Bundeskanzler.

Vielmehr seien nun weitere gemeinsame Maßnahmen zur Stabilisierung der Eurozone sinnvoll, vor allem eine strengere Bankenaufsicht mit Durchgriffsrechten, die weitere Regulierung der Finanzmärkte sowie die Finanztransaktionssteuer und Schritte zu einer gemeinsamen Schuldenbewirtschaftung.

 

Spindelegger: Härtere Regeln in der EU 
Länder, die sich nicht an die Regeln halten, sollen künftig aus der Eurozone ausgeschlossen werden können. Michael Spindelegger setzt sich daher für eine Vertragsänderung ein
Wien (övp-pd) - Eine härtere Gangart in der Eurozone strebt ÖVP-Chef Michael Spindelegger an: „Bei Ländern, die sich nicht an Verpflichtungen halten, braucht man die Möglichkeit, dass man sie aus der Währungsunion rausschmeißt.“ Gemeint sind dabei Länder, die sich nicht an die Regeln und an den beschlossenen Sparkurs halten. Spindelegger: „Ich bin strikt gegen eine Schuldenunion.“

EU braucht neuen Vertrag
Zum Ausschluss eines Landes aus dem Euro-Raum ist aber eine Vertragsänderung nötig. Diese Änderung braucht jedoch Zeit – ungefähr fünf Jahre. Michael Spindelegger ist dennoch zuversichtlich, denn das Vertrauen in die Währung würde allein schon durch das Bemühen um eine Vertragsänderung steigen.
„Ich bin fest davon überzeugt, dass es durchzubringen ist“, stellt Spindelegger im Gespräch mit dem „Kurier“ klar. Bei Gesprächen in der EU haben einige Länder wie Deutschland, Luxemburg Finnland und die Niederlande ihre Unterstützung zugesprochen.

Kritik an Stronachs Anti-EU-Kurs
Heftige Kritik äußert Spindelegger an Frank Stronachs Anti-EU-Kurs. „Es ist mir völlig unverständlich, wie jemand, der so lange in der Wirtschaft tätig war, den Schilling zurück haben möchte. Jeder zweite Arbeitsplatz ist abhängig vom Export“, unterstreicht Spindelegger im Interview mit „Österreich“ seine Kritik.

 

Strache warnt vor Sinken der Euro-Titanic
Umstieg in rot-weiß-rotes Rettungsboot darf keinem Denkverbot unterliegen
Wien (fpd) - In einer Pressekonferenz nahm FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache am 17.08. Stellung zum Zustand der Währungsunion. "Primärer Lösungsansatz wäre aus meiner Sicht immer noch, dass jene Länder, die makroökonomisch zu schwach sind und mit den Anforderungen einer Hartwährungsunion nicht Schritt halten können, umgehend auszuscheiden haben - auf welchem Wege auch immer", so Strache. "Eine Rest-Währungsunion wäre sicherlich vorzuziehen. Dies nicht zuletzt deshalb, da in dieser Konstellation die traditionellen Hartwährungsländer des ehemaligen D-Mark-Blocks eine erdrückende Mehrheit besäßen und folglich eine entsprechende Geldpolitik machen könnten."

Nach Straches Einschätzung dürfte diese längst notwendige Reduktion allerdings am internationalen Druck auf Deutschland scheitern. Man müsse leider annehmen, dass Deutschland entweder zu schwach, zu feige oder aus sonstigen Gründen unwillig sei, jene Schritte zu setzen, die nicht nur vernünftig seien, sondern auch von einer erdrückenden Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung gewollt würden.

"Und die Frage, die sich dann stellt und die keinem Denkverbot unterliegen darf, wäre eben der Umstieg von der Euro-Titanic ins rot-weiß-rote Rettungsboot", erklärte Strache. Zu vermuten sei, dass von Seiten der Euro-Sektierer sofort der Einwurf komme, dass der neue Schilling ja sofort gegenüber dem Euro aufwerten würde, was Österreichs Wettbewerbsposition schwächen und darüber hinaus den Tourismus wegen für Euro-Ausländer gestiegener Preise beeinträchtigen würde. Das wiederum würde unsere Leistungsbilanz ins Negative drehen. Das sei a priori auch nicht mal so falsch. Allerdings gelte es, drei Dinge abzuwägen.

Erstens, so Strache, sollte sich die Aufwertung des Schillings in Grenzen halten - der Schweizer Franken, im Unterschied zum Schilling aber seit vielen Jahrzehnten bewährte Fluchtwährung, musste eine Aufwertung von ca. 20 Prozent hinnehmen. Das sei nicht einfach, aber zu managen. "Das heißt, mit einer Aufwertung von ca. 10 Prozent auf eine gewisse Frist - sagen wir ein Jahr - zu rechnen, wird wohl in etwa hinkommen."

In diesem Zusammenhang sollte man aber nicht vergessen, dass der Schilling seit Ende der 1970er Jahre aufgrund seiner Bindung an die D-Mark laufend aufgewertet hat. Die Realwirtschaft musste sich daran ständig anpassen - mit hervorragenden Produkten und schlanken Unternehmensorganisationen. "Diese Wirkung wurde früher "Strukturpeitsche" genannt und hat Österreichs Volkswirtschaft offensichtlich äußerst widerstandsfähig gemacht, wie unser noch halbwegs gutes Standing in der derzeitigen Krise beweist. Diese Strukturpeitsche würde durch den neuen Schilling wieder eingeführt, kurzfristig sicher mit gewissen Schmerzen, keine Frage, aber längerfristig zum Nutzen aller", so der FPÖ-Bundesparteiobmann.

"Das bedeutet aber auch, dass wir eine entscheidungsfreudige Regierung brauchen, die nötige Reformen zwecks Hebung der Produktivität endlich umsetzt", betonte Strache. Die Zeiten Faymannscher und Spindeleggerscher Nichts-Tun-Politik wären dann wohl vorbei.

Zweitens zeitige eine starke Währung natürlich auch Vorteile. So würde etwa die Inflation in Österreich stark sinken, da Importgüter wie Rohstoffe deutlich billiger würden. Dasselbe gelte natürlich auch für Vorprodukte zu unseren Exportgütern, die ihrerseits aus dem Ausland, vor allem aus Osteuropa und dem Fernen Osten, eingeführt würden. "Das heißt, die Exportgüter würden nur bedingt teurer, da ja die Vorprodukte (= importierten Vorleistungen) wiederum billiger wären. Auch diese Effekte steigern die Produktivität spürbar, wie man an guten Beispielen wie der Schweiz, Dänemark oder Schweden ersehen kann", erklärte Strache.

"Und drittens muss die augenscheinlichste Überlegung angeführt werden: Was ist für uns besser? Grenzenloses Geldscheffeln nach Südeuropa, um sozusagen einen erweiterten Heimatmarkt zu behalten (da Italien &Co nicht abwerten können), bei dem allerdings der Konsum krisenbedingt ohnehin stark schrumpft, oder Investitionen ins eigene Land, in unsere Bildung, Forschung, Infrastruktur und Familien, um die eigene Stärke zu forcieren", fragte Strache.

Diese Entscheidung müsse letzten Endes politisch gefällt werden. "Die FPÖ ist gegen diese Transferunion, die den Norden demotiviert, ohne den Süden zu motivieren und so am Ende ganz Europa den wirtschaftlichen Anschluss an die Zukunft und seinen Reichtum verliert", so Strache.

 

Bucher: Österreich auf Auseinanderbrechen der Euro-Zone vorbereiten!
Unglaubwürdiger Spindelegger-Schwenk - BZÖ wird Spindelegger-Forderungen erneut beantragen
Wien (bzö) - "Österreich muss sich endlich auf das leider kommende Auseinanderbrechen der Euro-Zone vorbereiten. Das BZÖ verlangt ein Exit-Szenario mittels einer Parallelwährung der starken Volkswirtschaften. Das ist umsetzbar und praktikabel", verlangt BZÖ-Chef Josef Bucher am 17.08. von der Bundesregierung endlich zu handeln. Der orange Klubobmann, der sich selbst als bekennenden Europäer bezeichnet, analysiert, dass sich Europa derzeit an einer entscheidenden Weggabelung befinde und beruft sich auf Finnlands Außenminister Erkki Tuomioja der in einem Interview erklärt hat, dass Finnland bereits einen "Handlungsplan" für ein Auseinanderbrechen der Währungsunion erstellt habe. Bucher unterstützt auch die Aussage des finnischen Außenministers, dass "ein Auseinanderbrechen des Euro nicht das Ende der Europäischen Union bedeuten würde. Es könne der EU sogar helfen, besser zu funktionieren." - "Dem ist nichts hinzuzufügen", so Bucher.

Bucher kritisiert insbesondere "den Scheinschwenk von ÖVP-Obmann Spindelegger", der in Interviews die Schaffung einer Rauswurfmöglichkeit für Mitglieder der Währungsunion verlangt und sich gegen die Schuldenunion ausspricht. "Die ÖVP hat das BZÖ für diese Forderungen immer zutiefst kritisiert und als schlechte Europäer verunglimpft, jetzt kopiert sie in ihrer Umfragenverzweiflung die Linie des BZÖ. Als Nagelprobe für Spindelegger wird das BZÖ in der nächsten Sitzung des Nationalrates einen Antrag auf Vertragsänderung nach Wunsch Spindeleggers und gegen die Schuldenunion einbringen und ist gespannt, ob die ÖVP-Abgeordneten ihrem Obmann folgen werden", kündigt Bucher an.

Es sei auch zutiefst gefährlich, dass man bei Kritik am derzeitigen Weg, sofort als Anti-Europäer verteufelt werde, so Bucher. Die Transferunion bedeute nichts anderes als die Schaffung der "Vereinigten Schulden von Europa". Gleichzeitig staue sich in der Bevölkerung ein gewaltiger Unmut an. "Ich will nicht, dass sich die Politik auf die Straße verlagert, wenn die Politik die Sorgen der Menschen in keinster Weise ernst nimmt", warnte der BZÖ-Chef. Expertenberechnungen gehen mittlerweile von bis zu einer halben Billion Schaden für Österreich im Worst Case aus, beruft sich Bucher auf eine Studie des renommierten deutschen Wirtschaftsprofessors Ramb, die dieser auf Ersuchen des BZÖ erstellt hat. "Das BZÖ steht gegen diese "Vereinigten Schulden von Europa", gegen das Drüberfahren über die Bevölkerung".

 

 Lunacek: Spindeleggers Euro-Raus-Populismus ist unverantwortlich
Grüne orten Angst vor Stronach-Abtrünnigen in ÖVP
Wien (grüne) - Als unverantwortlich und kontraproduktiv für Österreich und für die EU bezeichnet die Europasprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek die Forderung von Michael Spindelegger, Euro-Länder, die sich nicht an Vereinbarungen halten, aus der Eurozone rauszuschmeißen: "Ein so stark vom Export abhängiges Land wie Österreich sollte sich vor derartigen Ideen hüten."

"Der ÖVP-Chef biedert sich mit dieser Euro-Rausschmiss-Ansage an den Populismus von FPÖ und Stronach an", betont Lunacek und wittert in Spindeleggers Statement nackte Angst der ÖVP vor "möglichen Stronach-Abtrünnigen" innerhalb der Volkspartei.

"Die neuen Töne" des ÖVP-Chefs sind wohl nicht zufällig kurz nach Stronachs Parteigründungsansage zu hören. "Den Anspruch, Europapartei zu sein, gibt die ÖVP damit endgültig auf. Viel wichtiger wäre es - und da ist Spindelegger als Europaminister mehr als säumig - endlich den Aufbau der Vereinigten Staaten von Europa voranzutreiben, gemeinsame Wirtschafts- und Steuerpolitik auf EU-Ebene zu machen und die Steueroasen - auch Österreich ist immer noch eine - trocken zu legen," so Lunacek.

Griechenland und Spanien sowie andere Euro-Ländern seien nur durch eigene wie gemeinsame Anstrengungen, neue Investitionen und strengere Kontrollen der Vereinbarungen zu retten: "Wir Grüne haben uns immer schon für Solidität und Solidarität eingesetzt", betont Lunacek. "Die Forderung nach einem Konvent, auf dessen Basis Vertragsänderungen formuliert werden, ist von Spindelegger nicht zu hören", kritisiert Lunacek die offensichtlich innenpolitisch motivierten Aussagen des Vizekanzlers und ÖVP-Chefs.
     

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