Deutscher Bundespräsident in Wien  

erstellt am
17. 08. 12

Pressekonferenz mit Präsidenten Joachim Gauck und Heinz Fischer
Thema des Gesprächs der beiden Staatsoberhäupter mit den Journalisten waren u. a. auch die Strategien zur Bewältigung der Euro-Krise
Wien (hofburg/apa) - "Das ist kein Dominanzstreben", mit diesen Worten hat der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Besuch in Wien am 16.08. die prononcierte Sparhaltung der Regierung in Berlin zur Bewältigung der gegenwärtigen Eurokrise verteidigt. Sein österreichischer Amtskollege Heinz Fischer überraschte mit einem Appell zur Aufrechterhaltung der intensiven deutsch-französischen Achse innerhalb der EU.

Präsident Gauck begründete die im europäischem Vergleich gesunde ökonomische Situation Deutschlands am Donnerstag mit einem bilateralen Vergleich. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich habe man "die Lasten früherer Reformen" - Gauck nannte explizit die SPD-Kanzlerschaft Gerhard Schröders - "in Vorteile umgewandelt" und die Volkswirtschaften "gerüstet". Das nunmehrige Beharren auf einen Sparkurs entspreche keinem "Dominanzstreben", sondern dem Bedürfnis nach "Solidität und Verlässlichkeit" - einem Status, den Deutschland und Österreich "unter Schmerzen" erreicht hätten und nun mit den anderen EU-Staaten "teilen" wollten.

Heinz Fischer, der im Unterschied zu Joachim Gauck die Gesetze über den Euro-Rettungsschirm und den EU-Fiskalpakt bereits unterzeichnet hat, verwies "Differenzen" zu Joachim Gauck, der mit seiner Unterschrift auf das Urteil des deutschen Verfassungsgerichtes am 12.9. wartet, ins Reich der Fabel: Im Gegensatz zu Deutschland sei in Österreich die Unterschrift des Bundespräsidenten unter dem Gesetz nötig, um - bereits angekündigte - Verfassungsbeschwerden erst zu ermöglichen.

Präsident Gauck wiederum wollte vor dem Spruch der Karlsruher Richter keinerlei inhaltliche Stellungnahme zu ESM und Fiskalpakt abgeben, sprach aber von seiner "Freude" darüber, dass die deutsche Bevölkerung nicht sofort "hysterisch" werde, wenn sich am europäischen Horizont Konfliktszenarien abzeichneten. "Noch stehen die Menschen zu Europa" mahnte Gauck aber indirekt, es gelte "die Prinzipien der Verlässlichkeit" in Europa darzustellen, um gegenüber den Bevölkerungen etwaige Autonomieabtretungen an die europäische Union argumentieren zu können.

Eine dieser Achsen der Verlässlichkeit innerhalb der EU stellte Heinz Fischer in den Vordergrund, indem er seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, die mittlerweile historische Zusammenarbeit zwischen Berlin und Paris im Rahmen der EU möge - auch angesichts der von Heinz Fischer nicht erwähnten politischen Richtungsänderungen in Frankreich - "aufrecht bleiben". Der Bundespräsident räumte die diesbezüglich zahlreichen kritischen Stimmen im europäischen Konzert ein, die sich daran stoßen, dass zwischen Berlin und Paris oft "Fakten und Tatsachen geschaffen" würden. Der positive Impetus dieser Achse sei aber "gar nicht hoch genug einzuschätzen".

Im Anschluss an ein gemeinsames Mittagessen mit Heinz Fischer und dessen Frau Margit stand auf dem Programm von Bundespräsident Gauck noch ein Treffen mit Bundeskanzler Werner Faymann und ein abschließender Besuch in der Nationalbibliothek.

 

Arbeitsgespräch mit Bundeskanzler Faymann über wirtschaftliche Situation in Eurozone und in Europa
Wien (bpd) - Bundeskanzler Werner Faymann empfing Joachim Gauck, den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, am Nachmittag des 16.08. zu einem Arbeitsgespräch in Wien. Im Mittelpunkt der Unterredung standen die Stabilität der Eurozone und Maßnahmen zur Bewältigung der Wirtschafts- und Schuldenkrise.

"Wir stimmen gemeinsam darin überein, dass die Maßnahmen der nächsten Monate entscheidend für die Stabilität der Eurozone und die Beschäftigungssituation in Europa sein werden", so Faymann. Der deutsche Bundespräsident habe sich dabei unter anderem nach der Position des Bundeskanzlers zu einer allfälligen Bankenkonzession für den Stabilitätsmechanismus ESM erkundigt.

"Zwischen Österreich und Deutschland gibt es traditionell eine sehr enge wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit. Im Mittelpunkt unserer Gespräche stand daher auch die Frage, wie man die Herausforderungen in der Eurozone und in der EU am besten bewältigen kann", so der Bundeskanzler.

"Wir waren uns einig, dass wir mit unseren Anstrengungen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und zur Steigerung von Wachstum und Produktivität nicht nachlassen dürfen, auch wenn unsere beiden Länder die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in der EU aufweisen", so Faymann abschließend.

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