Unbezahlte Überstunden  

erstellt am
24. 08. 12

 Heinisch-Hosek: Mehr als ein Viertel der Überstunden von Frauen nicht bezahlt
Unternehmen sind aufgefordert, sich an Gesetze zu halten
Wien (bpd) - "Österreichs Arbeitgeber haben im Jahr 2011 insgesamt 67 Millionen Überstunden nicht ausbezahlt. Auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird hier großflächig das Arbeitsrecht missachtet", so Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek in einer Reaktion auf die Veröffentlichung einer parlamentarischen Anfragebeantwortung des Sozialministers. Diese Anzahl sei verheerend und sollte sich dringend ändern. "Davon hätten nicht nur die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwas, sondern auch die Unternehmen", unterstrich die Frauenministerin.

Frauen sind häufiger als Männer von unbezahlten Überstunden betroffen. "Mehr als ein Viertel der Überstunden leisten Frauen gratis. Das ist ein untragbarer Zustand. Ich fordere die säumigen Unternehmen mit Nachdruck auf, sich an geltendes Recht zu halten. Getätigte Überstunden sind entsprechend zu entlohnen", so Heinisch-Hosek abschließend.

 

 Oberhauser: Überstunden reduzieren, Arbeitszeit verkürzen
Frauen auch hier stärker benachteiligt - Armutszeugnis für Unternehmen
Wien (ögb) - "Die Anfragebeantwortung von Sozialminister Hundstorfer zum Thema Überstunden gibt den Forderungen des ÖGB zu Arbeitszeitverkürzung und einer zusätzlichen Urlaubswoche zu hundert Prozent recht", sagt ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser. "Einerseits klagen Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft ständig über das niedrige faktische Pensionsantrittsalter, und andererseits werden in Österreich Überstunden in horrendem Ausmaß geleistet - das passt nicht zusammen." Dass Frauen auch hier besonders benachteiligt sind, findet Oberhauser "ein Armutszeugnis"

"Überlange Arbeitszeiten machen krank, deshalb darf sich die Wirtschaft der Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten nicht länger entgegenstellen. Wer viel arbeitet, soll das erstens korrekt bezahlt bekommen und braucht zweitens auch Zeit zur Erholung", sagt Oberhauser. Der ÖGB fordert außerdem, dass auch freie DienstnehmerInnen einen gesetzlichen Urlaubsanspruch bekommen. Auch die geplante Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters werde nur gelingen, wenn die Menschen länger gesund bleiben.

Besonders bedenklich findet Oberhauser, dass Frauen auch in diesem Bereich die größeren Nachteile haben. "Niemand soll unbezahlte Überstunden leisten müssen", so Oberhauser. "Dass das aber vermehrt die Frauen trifft, wie aus der Beantwortung des Sozialministers hervorgeht, ist ein Armutszeugnis für die Unternehmen, die uns ja gerne weismachen, in Punkto Frauenförderung und Gleichstellung ohnehin schon so viel zu tun."

Als Einstieg in die Arbeitszeitverkürzung fordert der ÖGB, die Überstunden für die Arbeitgeber zu verteuern, um sie zu reduzieren. "Ein Euro mehr pro Überstunde, und der soll jeweils zur Hälfte an Arbeitslosen- und Krankenversicherung fließen." Der ÖGB und die Gewerkschaften raten allen ArbeitnehmerInnen, im Zweifel Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen, um in Streitfällen vor Arbeits- und Sozialgerichten Beweismaterial vorlegen zu können. "Überstunden nicht zu bezahlen grenzt an Diebstahl, denn die Firmen haben ja eine Leistung von ihren Beschäftigten bekommen."

 

 Gleitsmann: Überstunden sichern Arbeitsplätze
Verteuerung wäre kontraproduktiv - Österreichs Arbeitnehmer mit dem Ausmaß ihrer Arbeitszeit zufrieden
Wien (pwk) - Die Wirtschaft lehnt Vorstöße, Überstunden für die Arbeitgeber zu verteuern, klar ab. "Überstunden sind in Österreich schon jetzt im internationalen Vergleich sehr teuer. Zudem sichern Überstunden Arbeitsplätze: Es ist besser, Auftragsschwankungen mit Überstunden aufzufangen als mit kurzfristigem Stellenauf- oder abbau. Jede weitere Verteuerung würde Arbeitsplätze kosten und wäre damit kontraproduktiv", stellt Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), klar. Der in Österreich vorgesehene Überstundenzuschlag von 50%, vielfach sogar 100%, ist im internationalen Vergleich sehr hoch. Üblich sind im europaweiten Vergleich - etwa mit Deutschland, Frankreich oder der Schweiz - 25%.

"Da Überstunden vielfach pauschal oder mit Zeitausgleich vergütet werden, sind die nun vorgelegten Zahlen über die Überstundenvergütung zu hinterfragen", gibt Gleitsmann zu bedenken. Demnach würden im öffentlich dominierten Bereich "Erziehung und Unterricht" anteilig die meisten unbezahlten Überstunden anfallen.

Bei der Diskussion um die Verteuerung der Überstunden erinnert Gleitsmann daran, dass Überstunden für Arbeitnehmer nicht nur aufgrund des hohen Zuschlags lukrativ sind, sondern auch aufgrund der Steuerbefreiung - der Gesetzgeber fördert damit Überstunden. "Klagen zur Arbeitszeit sind fehl am Platz. Denn nach einer Umfrage sind 84% der Arbeitnehmer und sogar 88% der Teilzeitbeschäftigten mit dem Ausmaß ihrer Arbeitszeit zufrieden", betont Gleitsmann.
     

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