Deutschkenntnisse auf dem Prüfstand  

erstellt am
17. 09. 12

 Kurz fordert eigene Deutschklassen für Migranten
Wien (oe1.orf) - Integrations-Staatsekretär Sebastian Kurz (ÖVP) will, dass Schulkinder, bevor sie ihre reguläre Schullaufbahn beginnen, ausreichend Deutsch können, wie er am 17.09. in der ORF-Radiosendung "Morgenjournal" sagte. Sechsjährige sollen deshalb in einer Vorschulklasse die Landessprache erlernen. Und ältere Kinder sollen in einem jeweils drei bis viermonatigen Sprachkurs Schulfit gemacht werden, so die Pläne des Staatssekretärs.

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Ausreichende sprachliche Fähigkeiten eines Kindes sind eine der Voraussetzungen für die Schulreife in Österreich. Doch das laut Kurzist nicht die Realität .

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Für die älteren neu zugewanderten Quereinsteiger im fortgeschrittenen Kindesalter sollen je nach Sprachkenntnissen drei- bis sechsmonatige Kurse angeboten werden. Wer in eine Regelklasse will, muss vorher Deutsch lernen.

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Und Kurz wappnet sich schon gegen den Vorwurf, hier Ghetto-Vorschulklassen oder -kurse einrichten zu wollen: "Ganz im Gegenteil, es kommt nicht darauf an, woher man kommt. Sondern es kommt darauf an, ob man Sprachdefizite hat oder nicht. Auch rund zehn Prozent der "urösterreichischen" Kinder haben Sprachdefizite und haben Sprachförderbedarf beim Schuleintritt.

 

Brandsteidl: Kurz' Forderung hinkt der Wiener Realität hinterher
Ebenso verhalte es sich mit der Forderung des Staatssekretärs, dass ältere Kinder, eigene Deutsch-Kurse bräuchten.
Wien (pid) - "Wenn ÖVP-Staatssekretär Sebastian Kurz nun fordert, dass Kinder ohne ausreichenden Deutsch-Kenntnissen vor Eintritt in eine 1. Klasse Volksschule Deutsch in der Vorschule lernen sollten, beweist er eine gewisse Ahnungslosigkeit, da dies in Wien längst Realität ist. So werden derzeit in 119 Vorschulklassen wienweit Kinder mit mangelnder Schulreife in genau solchen Vorschulklassen betreut und fit für den Regelschulunterricht gemacht", stellte Wiens Amtsführende Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl fest.

Ebenso verhalte es sich mit der Forderung des Staatssekretärs, dass ältere Kinder, eigene Deutsch-Kurse bräuchten. Brandsteidl: "Auch hier gilt: Kurz fordert, was in Wien längst realisiert ist. Die Sprachförderkurse in der Volksschule sowie in der Haupt- und Polytechnischen Schule, aber auch die nur in Wien angebotenen "Neu in Wien"-Kurse für SeiteneinsteigerInnen bieten schon jetzt eine intensive Förderung für Kinder, die der Unterrichtssprache Deutsch nicht ausreichend folgen können, an."

 

Rädler: Deutsch vor Schuleintritt - damit nicht Herkunft, sondern Leistung zählt
ÖVP unterstützt Deutschförderjahr vor Schuleintritt und Crash-Kurse für zugewanderte Quereinsteiger
Wien (övp-pk) - "Wir sind für Deutsch vor Schuleintritt. Damit künftig nicht mehr so oft die Herkunft über den Bildungserfolg entscheidet, sondern die Leistung und das Talent. Kinder, die nicht ausreichend die Unterrichtssprache beherrschen, werden in Mathematik und Sachunterricht unterrichtet – das ist Realität an Österreichs Schulen. Und das ist Unsinn. Daher unterstützt die ÖVP die Forderung nach einem Deutschförderjahr vor Schuleintritt für Kinder mit Deutschproblemen sowie Deutsch-Crash- Kurse für neu zugewanderte Kinder ohne Deutschkenntnisse", betont ÖVP-Integrationssprecher Johann Rädler zu den Aussagen von Staatssekretär Sebastian Kurz.

Sechsjährige, die noch nicht ausreichend Deutsch können, sollen es in einer Vorschulklasse erlernen. Und ältere Kinder sollen in einem jeweils drei- bis viermonatigen Sprachkurs schulfit werden. Rädler: "Wenn wir Kinder ohne entsprechende Sprachkenntnisse in die Schulklassen setzen, lassen wir früh eine Benachteiligung zu, die später nur schwer wieder auszumerzen ist." Der ÖVP- Integrationssprecher abschließend: "Die ÖVP steht für Integration durch Leistung, aber diese Leistung muss man auch ermöglichen. Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz setzt die richtigen Schritte, die in den nächsten Jahren ihre volle Wirkung entfalten und das Zusammenleben für alle Seiten erleichtern werden."

 

Rosenkranz begrüßt Kurz' Übernahme der FPÖ-Forderung
Profitieren werden alle Kinder
Wien (fpd) - FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz zeigt sich vom Vorschlag von Staatssekretär Kurz, Kinder sollten vor Eintritt in das Regelschulwesen ausreichend Deutsch können, positiv überrascht: "Schön, wenn sich die ÖVP mit Verzögerung von ein paar Jahren endlich den Forderungen der FPÖ anschließt. Wir verlangen nämlich schon seit Jahr und Tag, das Gleiche."

Gerne gebe Rosenkranz Kurz jedenfalls noch mehr Tipps, wie er das heimische Bildungswesen reformieren könne. Die Entstehung von Ghetto-Klassen sehe Rosenkranz nicht: "Von einer solchen Regelung profitieren nicht nur Kinder mit mangelnden Deutschkenntnissen, hauptsächlich Zuwanderer, sondern auch die Kinder, die in den Regelklassen rascher im Stoff weiterkommen", so Rosenkranz. "Auf lange Sicht werden so auch homogenere Klassengemeinschaften gebildet. Integration läuft eben am besten über die gemeinsame Sprache."

 

Bucher: BZÖ wird "Deutsch vor Schuleintritt" beantragen
VP-Kurz übernimmt BZÖ-Vorschlag und agiert mit politischem Weitblick
Wien (bzö) - "Ich bin sehr erfreut, dass ÖVP-Integrationsstaatsekretär Sebastian Kurz endlich den BZÖ-Vorschlag übernimmt und nun selbst vorschlägt, dass Kinder mit Deutschdefiziten schon vor dem Schuleintritt Deutschkurse besuchen müssen. Es darf nicht länger usus sein, dass Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache in die Schule eintreten und dort Deutsch von Grund auf erlernen müssen und mit diesem Rückstand auch die anderen Schüler am Lernfortkommen behindern", so BZÖ-Chef Klubobmann Abg. Josef Bucher.

"Staatssekretär Kurz ist aber in der ÖVP eine positive Ausnahme, der Sachpolitik betreibt und mit Weitblick agiert. Das BZÖ hat bereits zahlreiche parlamentarische Initiativen im Bildungsbereich gesetzt. Wir werden den Staatssekretär bei der Umsetzung der Maßnahme "Deutsch vor Schuleintritt" unterstützen und einen Antrag im Parlament einbringen", kündigt Bucher an.

 

 Walser/Korun: Kurz' Vorschlag bedeutet Ausgrenzung statt Integration
Grüne: Ja zu Förderung, Nein zu Trennung von Anfang an
Wien (grüne) - "Wir unterstützen jeden sinnvollen Vorschlag zur Förderung von SchülerInnen und Chancengleichheit, aber die heutigen Vorschläge von Sebastian Kurz bedeuten Trennung der SchülerInnen von Kleinkindalter an statt Integration", kritisiert Alev Korun, Integrationssprecherin der Grünen, die Aussagen des Integrationsstaatssekretärs, wonach Kinder mit Sprachdefiziten ein verpflichtendes Vorschuljahr besuchen sollten. Kurz beruft sich dabei auf Finnland und Kanada.

"Gerade in Kanada findet keine permanente Trennung von 'sprachschwachen' Kindern von anderen statt wie es Kurz leider missverstanden hat, sondern Förderung durch zusätzliche Lehrkräfte in der Klasse und höchstens stundenweise getrennte Förderung in Kleingruppen. Statt Kinder mit Sprachdefiziten vom ersten Tag ihrer Schullaufbahn an faktisch in 'Problemklassen' zu stecken, braucht es mehr Lehrkräfte in ein und derselben Klasse", fordert Korun.

"Gerne lade ich den Staatssekretär zu einer gemeinsamen Studienreise nach Finnland ein", zeigt sich Walser zwar erfreut über das pädagogische Vorbildland von Sebastian Kurz, aber wenig erbaut über dessen aktuelle Forderungen. "In Finnland werden nur Kinder, die dem Unterricht überhaupt nicht folgen können, für einige Wochen in speziellen Kursen gefördert, für alle anderen erfolgt die Förderung durch zusätzliche Lehrkräfte oder Assistenzen in der Klasse", verweist Walser auf die von Kurz unvollständig wiedergegebenen Fakten: "In Finnland ist genau das umgesetzt, was wir seit Jahren fordern und was insbesondere von der ÖVP seit Jahren verhindert wird".

Der Grüne Bildungssprecher verweist darauf, dass im skandinavischen Pisa-Siegerland etwa 22 Prozent der Kinder Unterstützung brauchen, neben Kindern mit Sprachdefiziten auch solche, die etwas langsamer lernen oder etwas nicht verstanden haben. Sie bekommen den Unterrichtsstoff durch die zusätzliche Lehrkraft nochmals erklärt: "Eine spezielle Förderung im Sonderunterricht in Kleingruppen bekommen etwa neun Prozent der Kinder. Das ist das Geheimnis des finnischen Erfolgs und nicht vorzeitiges Aussortieren." "Gerade das Notwendige, nämlich mehr LehrerInnen auch zur Sprachförderung kehrt Kurz aber unter den Teppich und sagt, bessere Förderung würde nicht mehr kosten. Genau das wäre eine Mogelpackung", meint Korun.

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