Europa I  

erstellt am
12. 09. 12

ESM: Entscheidung des Deutschen Bundesverfassungsgerichts
Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verhinderung der Ratifikation von ESM-Vertrag und Fiskalpakt überwiegend erfolglos
Karlsruhe (BVerfG) - Das Bundesverfassungsgericht hat am 12.09. sein Urteil über mehrere Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verkündet. Die Anträge sind vor allem darauf gerichtet, dem Bundespräsidenten bis zur Entscheidung über die jeweilige Hauptsache zu untersagen, die am 29. Juni 2012 von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Gesetze auszufertigen und damit die Voraussetzung für die Ratifikation der mit ihnen gebilligten völkerrechtlichen Verträge - des Vertrages zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM-Vertrag) und des Vertrages über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (sog. Fiskalvertrag) - zu schaffen.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat die Anträge mit der Maßgabe abgelehnt, dass eine Ratifizierung des ESM-Vertrages nur zulässig ist, wenn völkerrechtlich sichergestellt wird, dass 1. durch die in Art. 8 Abs. 5 Satz 1 des ESM-Vertrages (ESMV) geregelte Haftungsbeschränkung sämtliche Zahlungsverpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus diesem Vertrag der Höhe nach auf ihren Anteil am genehmigten Stammkapital des ESM (190.024.800.000 Euro) begrenzt sind und keine Vorschrift dieses Vertrages so ausgelegt werden darf, dass für die Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung des deutschen Vertreters in den Gremien des ESM höhere Zahlungsverpflichtungen begründet werden, 2. die Regelungen des ESM-Vertrages über die Unverletzlichkeit der Unterlagen des ESM (Art. 32 Abs. 5, Art. 35 Abs. 1 ESMV) und die berufliche Schweigepflicht aller für den ESM tätigen Personen (Art. 34 ESMV) einer umfassenden Unterrichtung des Bundestages und des Bundesrates nicht entgegenstehen.

Die Bundesrepublik Deutschland muss zum Ausdruck bringen, dass sie an den ESM-Vertrag insgesamt nicht gebunden sein will, falls sich die von ihr geltend zu machenden Vorbehalte als unwirksam erweisen sollten.

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen.html

 

Faymann: Wichtiger Schritt für Europa
Auch Österreich profitiert von den gemeinsamen Stabilisierungsmaßnahmen.
Wien (bpd) - Bundeskanzler Werner Faymann nennt das veröffentlichte Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) "einen wichtigen Schritt für die Stabilität des Euro und wesentlich für die Zukunft Europas".

"Auch Österreich profitiert von den gemeinsamen Stabilisierungsmaßnahmen. Der ESM ist eines der wichtigsten Instrumente, mit dem die Staaten der Eurozone für Stabilität sorgen. Damit zeigen wir Verantwortung für das gemeinsame Europa. Der ESM ist eine Investition in die Zukunft und soll gemeinsam mit den vor kurzem beschlossenen geldpolitischen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank dazu beitragen, dass das Vertrauen in Staatsanleihen insgesamt wieder gestärkt wird", betont Bundeskanzler Faymann. Rund eine Million Arbeitsplätze in Österreich hängen von der Exportwirtschaft ab, 70 Prozent der aus Österreich exportierten Waren gehen in die Eurozone.

Mit dieser Entscheidung ist nunmehr der Weg dafür frei, dass auch die Bundesrepublik Deutschland den Ratifikationsprozess des Europäischen Stabilitätsmechanismus mit der Unterschrift des Bundespräsidenten abschließt, womit der ESM gemäß Vertrag in Kraft treten kann. Österreich hat den Prozess bereits abgeschlossen und die Urkunden hinterlegt. Die Kundmachung im Bundesgesetzblatt erfolgt, sobald der ESM-Vertrag selbst in Kraft tritt. Das ist der Fall, wenn Länder, deren Kapitalanteile am ESM mindestens 90 Prozent erreichen (Deutschland hält rund 27 Prozent, Österreich knapp 2,8 Prozent) ihre Urkunden hinterlegt haben.

Die nächsten Schritte in der Eurozone müssten aus Sicht des Bundeskanzlers nun die Umsetzung der gemeinsamen Bankenaufsicht, eines Bankeninsolvenzrechtes - sowohl in Österreich wie auch entsprechende Lösungsansätze auf der Ebene der Eurozone - sowie vor allem die Umsetzung der Finanztransaktionssteuer im Rahmen einer "Koalition der Willigen" sein.

 

Spindelegger begrüßt ESM-Urteil in Karlsruhe
Endgültiges Startsignal für den Euro-Rettungsschirm - Weg jetzt frei zur raschen Umsetzung
Wien (övp-pd) - "Das Urteil ist keine Überraschung. Wir sind immer davon ausgegangen, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus verfassungskonform ist, sowohl in Österreich als auch in Deutschland. Dennoch ist das eine gute und wichtige Entscheidung für Deutschland und für Europa. Das ist das endgültige Startsignal für den Euro-Rettungsschirm. Der Weg ist nun frei, damit der Europäische Stabilitätsmechanismus rasch umgesetzt wird." Mit diesen Worten reagierte Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger auf das Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, mit dem der ESM-Vertrag genehmigt wurde.

"Für Österreich steht bereits außer Frage, dass eine Erhöhung des Haftungsrahmens nur mit vorheriger parlamentarischer Zustimmung möglich ist", unterstrich Spindelegger im Hinblick auf den von Karlsruhe formulierten Vorbehalt, dass eine Überschreitung der Haftung Deutschlands über 190 Milliarden Euro hinaus nur mit einer solchen Zustimmung möglich sei. Dem österreichischen Parlament wurden im Rahmen des parlamentarischen Genehmigungsverfahrens bereits umfassende Mitwirkungsrechte auf Verfassungsebene eingeräumt.

Die österreichische Bundesregierung erwarte, dass nun rasch die notwendigen innerstaatlichen Schritte gesetzt werden, damit Deutschland als letztes Euro-Mitglied die Ratifikation des Vertrags über den Europäischen Stabilitätsmechanismus abschließt.

 

Strache: Bedauerliche ESM-Entscheidung in Karlsruhe
Freiheitliche setzen Widerstand fort – Vorbehalte sind Arbeitsauftrag an österreichische Bundesregierung
Wien (fpd) - Die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts über den ESM sei zwar enttäuschend und bedauerlich, aber leider zu erwarten gewesen, erklärte FPÖ- Bundesparteiobmann HC Strache. Dies werde die Freiheitlichen aber nicht daran hindern, ihren Widerstand gegen ESM und Fiskalpakt in Österreich entschieden und nachdrücklich fortzusetzen und auf dem Weg über die Kärntner Landesregierung eine Verfassungsklage gegen den ESM einzubringen.

Der ESM sei ein Enteignungs- und Infektionsmechanismus, so Strache weiter. In seiner Kritik sei das Verfassungsgericht identisch mit der Kritik der FPÖ gewesen, dass die Höhe des ESM unbegrenzt sei, was alle Lügen strafe, die anderes behauptet hätten. Es sei daher umso bedauerlicher, dass die Richter in Karlsruhe nicht den Mut gehabt hätten, diesen Unrechtsschirm als Ganzes zu kippen. Dass der Gerichtshof Vorbehalte formuliert habe, ändere nichts an der grundsätzlichen Fehlkonstruktion. Die Zustimmung gehe klar am Willen der Bevölkerung vorbei, die den ESM weder in Deutschland noch in Österreich wolle.

Nichtsdestoweniger seien die vom Karlsruher Gericht formulierten Vorbehalte ein Arbeitsauftrag an die österreichische Bundesregierung, so Strache. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat nämlich eine Grenze für die Zulässigkeit von Haftungen auf 190 Milliarden Euro festgelegt, darüber hinausgehende Zahlungen in den ESM sollen nur mit Zustimmung des Bundestags möglich sein. In Österreich gebe es hingegen keine Obergrenze, die derzeit vereinbarte Summe von rund 20 Milliarden Euro könne jederzeit ohne Beschluss des Nationalrats überschritten werden, das Worst-Case-Szenario betrage 386 Milliarden Euro. Für Strache zeigt dies einmal mehr, wie sträflich die rot-schwarze Bundesregierung mit ihren grünen Helfershelfern die österreichischen Interessen hintangestellt habe, um einem üblen Konglomerat aus Eurokraten, Großbanken und Spekulanten dienstbar zu sein. Es sei jetzt das Mindeste, dass Österreich auch völkerrechtlich sicherstelle, dass unsere Haftungen nicht erhöht werden könnten. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass das Limit nicht derart umgangen werde, indem die EZB einen Freifahrtsschein für den unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen erhalte. Dies wäre dann nämlich quasi ein ESM mit anderem Namen.

"Grundsätzlich ist der ESM eine Konstruktion, die schnurstracks in die Schulden- und Transferunion führt", so Strache. Damit werde der Weg in einen zentralistischen EU-Superstaat ohne Souveränität der Mitgliedsvölker geebnet.

 

Bucher: Ein schwarzer Tag für Europa!
Der "Europäische Selbstmord-Mechanismus" kommt
Wien (bzö) - "Das ist ein schwarzer Tag für Österreich und für ganz Europa", kommentiert BZÖ-Chef Josef Bucher die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichtes zum ESM. Heute sei die letzte Hoffnung auf einen Stopp des "Europäischen-Selbstmord- Mechanismus" gestorben. "Österreich bekommt damit eine Haftungsunion, die den Euro endgültig zur neuen EU-Lira - also einer instabilen Weichwährung - macht. Diese Entwicklung ist grundfalsch und bedroht das finanzielle Überleben aller stabilen Volkswirtschaften der Eurozone", so Bucher.

Jetzt helfe nur mehr die Bildung einer Hartwährungszone der noch wirtschaftlich starken Länder. Diese müsse sofort vorbereitet werden. "Das BZÖ verlangt ein Exit-Szenario mittels einer Parallelwährung der starken Volkswirtschaften. Das ist umsetzbar und praktikabel", so der BZÖ-Chef.

 

 Leitl begrüßt Karlsruher Urteil zu ESM
Wichtiges Signal für bessere und stabilere Eurozone – Eurorettungsschirm und Fiskalpakt rüsten Europa für Schlechtwetterphasen
Wien (pwk) - "Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat den Weg frei gemacht für das Inkrafttreten des permanenten Eurorettungsschirms ESM und setzt damit ein wichtiges Signal für eine bessere und stabilere Eurozone", begrüßt Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl das Urteil der deutschen Verfassungsrichter in Karlsruhe, wonach der ESM - wenn auch mit Vorbehalten - mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar ist. "ESM und Fiskalpakt ergänzen unsere europäischen Krisenmanagementinstrumente und sorgen dafür, dass die EU nicht nur für Schönwetterphasen gerüstet ist. Für ein exportorientiertes Land wie Österreich, dem EU-Mitgliedschaft und Euro so sehr genützt haben wie kaum sonst jemand, ist es ganz besonders wichtig, dass die Eurozone so schnell wie möglich wieder aus dem schwierigen Fahrwasser herauskommt."

Zugleich mahnte Leitl, dass Europa noch stärker alle Kräfte bündeln muss, um bei der Bewältigung der europäischen Krise erfolgreich zu sein - ähnlich wie das auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso in seiner heutigen Rede zur Lage der EU deutlich gemacht hatte. Leitl: "Barroso fordert zu Recht, dass neben kurzfristigen Maßnahmen zur Bewältigung der Krise auch mutige und entschlossene Schritte in Richtung einer verstärkten Integration der Finanz-, Budget- und Wirtschaftspolitiken gesetzt werden müssen. Dies würde das Vertrauen in die politische Struktur, die Institutionen und somit in die langfristige Stabilität des Euro stärken."

Nur gemeinsam und als gestärktes Europa könne die Krise bewältigt werden. Um die strengeren Regeln im Rahmen einer Fiskalunion tatsächlich durchzusetzen, müssten daher beispielsweise gewisse nationale Kompetenzen an Brüssel übertragen werden. "Europäische Probleme können nicht mit nationalen Instrumenten gelöst werden", so der WKÖ-Präsident. "Eines darf dabei aber nicht vergessen werden: Wir müssen Europas Bürger mit ins Boot holen. Ohne ihre Unterstützung wird es uns nicht gelingen, die Wirtschafts- und Währungsunion auf ein gestärktes, krisenfestes Fundament zu stellen."

Zudem brauche Europa Impulse für Wachstum und Beschäftigung: "Angesichts der sich eintrübenden Wachstumsprognosen muss Europa dringend kluge Investitionsimpulse setzen - etwa in Zukunftsbereiche wie F&E, Bildung und Infrastruktur", so Leitl. "Den Worten müssen jetzt Taten folgen: verbesserter Zugang zu Finanzierung vor allem für KMU, gut ausgebildete und flexible Arbeitskräfte, reduzierter Verwaltungsaufwand sowie die Beseitigung von Handelshemmnissen im Binnenmarkt sind die Rahmenbedingungen, die unseren Unternehmen dabei helfen, wieder durchzustarten", so der WKÖ-Präsident.
     

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