Wehrpflicht-Debatte im Nationalrat  

erstellt am
19. 09. 12

Darabos: Maximum an Sicherheit erfordert Profis
Bedrohungsszenarien haben sich grundlegend verändert
Wien (sk) - "Wenn es um die Sicherheit geht, haben die Österreicherinnen und Österreicher verdient, dass wir unser Bestes geben. Unser erklärtes Ziel muss es sein, das absolute Maximum an Sicherheit zu gewährleisten. Das ist nur möglich, wenn wir die allgemeine Wehrpflicht beenden und auf ein modernes Profiheer umstellen" betonte Verteidigungsminister Norbert Darabos am 19.08. im Nationalrat im Rahmen der Aktuellen Debatte "Mehr Profis, mehr Sicherheit - Österreich braucht ein Berufsheer".

Der Minister plädierte dafür, ganz sachlich von den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen auszugehen und nach Lösungen zu suchen, wie den aktuellen Gefahren bestmöglich begegnet werden kann. "Ich bin der Meinung, dass wir nur mit einem modernen Profiheer auf die immer komplexeren Herausforderungen reagieren können", erklärte Darabos. Denn die Sicherheitslage in Europa habe sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Die Bedrohungsszenarien für Österreich seien heute völlig andere als noch vor einigen Jahren. "Heute sind internationaler Terrorismus, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, das Scheitern von Staaten oder Cyberattacks sicherheitspolitische Herausforderungen, denen wir begegnen müssen", führte der Verteidigungsminister aus.

Um auf diese neuen Bedrohungsszenarien angemessen reagieren zu können, haben mittlerweile 21 von 27 EU-Staaten ein Profiheer. "Sicherheit braucht Profis. Wir brauchen bestausgebildete Soldaten und keine 'Kurzzeitsoldaten', die dreimal jährlich ausgewechselt werden und aus dem Heer ausscheiden, bevor sie richtig einsetzbar sind," erklärte Darabos und fragte: "Glauben Sie, die Polizei könnte ihre Arbeit sinnvoll erledigen, wenn sie alle vier Monate ihr Personal auswechseln würde?" Unverständlich ist für den Minister daher auch, dass die ÖVP in ihrem Modell die Ausbildungszeit für Wehrdiener noch weiter verkürzen möchte.

Das derzeitige System der Wehrpflicht weise unzählige Probleme auf. 60 Prozent des Personals werden nicht im militärischen Betrieb, sondern beispielsweise als Köche und Kellner eingesetzt. "Ist das der Beitrag zur Landesverteidigung, den wir uns rund 300 Millionen Euro kosten lassen und für den wir jungen Männern sechs Monate ihres Lebens stehlen?", stellte der Minister den momentanen Zwangsdienst in Frage.

"Ich will bestens ausgebildete Spitzenkräfte in anspruchsvollen Funktionen. Mein Modell sieht 8.500 Berufssoldaten und -soldatinnen, 7.000 Zeitsoldaten und -soldatinnen, 9.300 Profimilizsoldaten und -soldatinnen und eine Mobilmachungsstärke von 55.000 Personen vor. Damit können wird den aktuellen Herausforderungen treffsicher begegnen und alle Aufgaben, die das Österreichische Bundesheer zu leisten hat, hervorragend erfüllen. Mein Modell garantiert, dass wir 12.5000 Soldaten und Soldatinnen im Katastrophenfall bereitstellen können und 1.100 Soldatinnen und Soldaten für Auslandseinsätze zur Verfügung stehen", sagte der Verteidigungsminister.

"Am 20. Jänner steht eine Richtungsentscheidung bevor, was die Zukunft des Österreichischen Bundesheeres und der österreichischen Sicherheitspolitik im Allgemeinen betrifft. Ich werde die kommenden Monate nutzen, um für mein Modell eine breite Mehrheit zu finden. Ich werbe für ein modernes Heer mit Profisoldaten, weil ich davon überzeugt bin, dass wir mit diesem Modell den Herausforderungen der Zukunft am besten begegnen können", unterstrich Minister Darabos im Nationalrat.

 

Klikovits: Wir fühlen uns Österreich verpflichtet
ÖVP-Wehrsprecher für Beibehaltung des bewährten Mischsystems aus Wehrpflicht und Zivildienst
Wien (övp-pk) - Wir wollen ein reformiertes Bundesheer aus dem Volk für das Volk. Wir wollen Sicherheit für Österreich und stehen daher weiter zu Wehrpflicht, Zivildienst und Katastrophenschutz. Das erklärte ÖVP-Wehrsprecher Abg. Oswald Klikovits am 19.08. in der aktuellen Stunde im Nationalrat und stellte sich damit klar gegen die Vorstellungen der SPÖ.

"Traurig" mache es ihn, wie die SPÖ - so wie die Vorredner Cap und Darabos - die heutigen Soldaten sehe, fuhr Klikovits fort. "Wir haben ein motiviertes Bundesheer und wir haben nach wie vor motivierte Grundwehrdiener und Zivildiener, die gute und wichtige Arbeit leisten und die Österreich braucht."

"Daher müssen wir jetzt die Österreicherinnen und Österreich davon überzeugen, bei diesem bewährten Mischsystem zu bleiben und sich bei der Volksbefragung am 20. Jänner 2013 für das Bundesheer und den Zivildienst zu entscheiden", betonte Klikovits und erinnerte beispielhaft an die Bewältigung des katastrophalen Hochwassers vor zehn Jahren in Niederösterreich, "bei dem gut ausgebildete Rekruten und Zivildiener wesentlich mitgeholfen haben."

"Der Zivildienst ist ein wesentlicher Wehrersatzdienst. Durch die Zivildiener können bedürftige Menschen in Altenheimen gepflegt werden, durch die Zivildiener funktionieren das Rote Kreuz und viele andere Freiwilligenorganisationen. Das Ehrenamt ist ein wichtiger und funktionierender österreichischer Weg, den wir aufrechterhalten müssen und durch den Zivildienst auch aufrechterhalten können", unterstrich Klikovits.

"Dass ein Profiheer nicht mehr kosten würde als das jetzige System, ist lediglich ein Wunschdenken des Verteidigungsministers. Die Realität sähe anders aus: mindestens das Doppelte würde es kosten", führte der ÖVP-Wehrsprecher auch finanzielle Argumente ins Treffen. "Das ist zu teuer. Das wollen wir nicht. Wir wollen bei unserem bewährten Mischsystem bleiben, das Bundesheer beibehalten und reformieren."

Dass dieses Mischsystem funktioniere und das Bundesheer alle In- und Auslandseinsätze hervorragend bewältige, habe Minister Darabos vor einigen Monaten selbst noch gesagt. "Aber offensichtlich fühlt sich Darabos nun dem Wiener Bürgermeister mehr verpflichtet und hat seine Meinung entsprechend geändert. Wir von der Österreichischen Volkspartei fühlen uns Österreich verpflichtet", betonte Klikovits abschließend.

 

Strache: Wehrdienst ist Dienst an der Heimat
Klares "Ja" zur Wehrpflicht
Wien (fpd) - "Für die FPÖ ist die Wehrpflicht Dienst am Heimatland", so der freiheitliche Bundesparteiobmann HC Strache, der diesen Dienst auch als wichtigen Bestandteil der Gesellschaft und Beitrag zur eigenen Bewusstseinsbildung im Sinne der umfassenden Landesverteidigung hervorhob. "Mit einer Berufsarmee geht die Identifikation des Staatsbürgers mit der Landesverteidigung verloren", so Strache.

"Die FPÖ bekennt sich zur Wehrpflicht und zum derzeitigen Mischsystem aus Grundwehrdienst, Zeit- und Berufssoldaten sowie einem Miliz- und Reserveanteil auf Basis der allgemeinen Wehrpflicht als vernünftige und bewährte Form für ein Österreichisches Bundesheer", so Strache. Strache betonte auch die Bedeutung des den Zivildienstes, der bei Wegfall der Wehrpflicht ebenfalls entfallen würde. "Die gegenwärtig etwa 14.000 Zivildiener pro Jahr sind ein fester Bestandteil in den Blaulichtorganisationen und in den Sozialdiensten. Deren Wegfall zu kompensieren, würde wahrscheinlich bis zu einer Milliarde Euro pro Jahr kosten", warnte Strache. Ein "verpflichtendes Sozialjahr" als Ersatz für den Zivildienst sei aufgrund der europäischen Menschenrechtskonvention Artikel 4 (Verbot der Zwangsarbeit), welche im Verfassungsrang steht, gar nicht möglich und somit eine reine Augenauswischerei, so Strache.

"Die allgemeine Wehrpflicht ist der Garant für die Einbindung und Integration der jungen Menschen in das soziale Gefüge unserer Gesellschaft und verhindert die mögliche Gefahr der Bildung eines Staates im Staat durch ein Berufsheer und damit der Verlust der Integration in Österreich", erläuterte Strache.

Selbstverständlich müsse das Bundesheer dringend reformiert und optimiert werden. "Der Wehrdienst im Bundesheer muss durch die Grundwehrdienstleistenden als sinnvoll erfahren werden", forderte Strache. "Leider verfügt Österreich mit Norbert Darabos aber über einen Verteidigungsminister, der völlig planlos und staatspolitisch unverantwortlich agiert und diesen Anforderungen in keinster Weise gewachsen ist. Darabos war von Anfang an eine Fehlbesetzung, das erweist sich auch jetzt wieder. Anstatt sinnvolle Reformen anzukurbeln, fühlt er sich einzig und allein der jeweils geltenden SPÖ-Meinung verpflichtet und nicht dem Bundesheer. Das Experiment, einen Zivildiener zum Verteidigungsminister zu machen, kann jedenfalls als gescheitert betrachtet werden", so Strache.

 

Bucher verlangt sicherheitspolitisches Gesamtkonzept
Rot-schwarze Bundesregierung hat genug geschlafen
Wien (bzö) - "Der Blick auf die heutige Tagesordnung zeigt, dass diese rot-schwarze Bundesregierung am Hungertuch der Ideen nagt. Keine einzige Gesetzesinitiative nach einem zweimonatigen Sommerurlaub zustande zu bringen, ist ein Armutszeugnis. Das Einzige, was Rot und Schwarz noch zusammenhält, ist die Aufklärung der Missstände zu unterbinden und den U-Ausschuss abzudrehen. Und das, obwohl das Land vor schwierigen wirtschaftlichen Zeiten steht und die Arbeitslosigkeit immer weiter ansteigt". Das BZÖ sagt daher: "Genug geschlafen. Gehen Sie endlich die Arbeit an und machen Sie, für was Sie bezahlt werden, nämlich das Land zu regieren und Maßnahmen gegen die dramatischen wirtschaftlichen Entwicklungen zu setzen", so BZÖ-Chef Klubobmann Abg. Josef Bucher im Rahmen der Aktuellen Stunde im Parlament.

Bucher erinnerte SPÖ-Klubobmann Cap an dessen Aussagen im Jahr 2001, wonach die SPÖ für die Wehrpflicht eintrete, ein Berufsheer nicht leistbar sei und automatisch einen NATO-Beitritt bedeute. "Heute ist bei der SPÖ alles anders. Dies zeigt, dass die Wehrpflichtdebatte ein reines Ablenkungsmanöver ist und vertuschen soll, dass SPÖ und ÖVP die Hausaufgaben in Österreich und auf europäischer Ebene nicht bewältigen können", kritisierte der BZÖ-Chef.

Bucher wies weiters darauf hin, dass Rot und Schwarz im Jahr 2010 vor den Wiener Landtagswahlen von einem sicherheitspolitischen Gesamtkonzept und einer neuen Sicherheitsdoktrin gesprochen hätten. "Jetzt gibt es wieder kein Gesamtkonzept und SPÖ sowie ÖVP reduzieren die Debatte auf die simple Frage "Wehrpflicht Ja oder Nein". Die zentralen Fragen - wohin sich Österreich in den nächsten Jahren sicherheitspolitisch hin entwickeln soll - werden nicht gestellt und die Bevölkerung bleibt im Ungewissen. Das BZÖ ist für eine neue Sicherheitsdoktrin und hat ein klares Konzept, das sich SPÖ-Verteidigungsminister Darabos durchlesen soll, damit er einmal eine Handlungsanleitung hat", betonte Bucher.

 

 Pilz hofft auf Gemeinsamkeit
Wien (pk) - Abgeordneter Peter Pilz bedauerte, dass die österreichische Sicherheitspolitik seit etwa einem Jahr zur reinen Spielwiese parteipolitischer Taktik verkommen ist. Zum Glück findet nächstes Jahr eine Volksbefragung statt, da sich erwiesen hat, dass die BürgerInnen in vielen wichtigen Fragen vernünftiger entscheiden als die Bundesregierung und ihre Abgeordneten, merkte Pilz an. Sollte es dann zu einer Abschaffung der Wehrpflicht kommen, dann hoffe er, dass die Regierung auf die anderen Parteien zugeht und gemeinsam Gesetzesänderungen in Angriff genommen werden. Wenn man sich aber die heutige Vorgangsweise der Regierung in Bezug auf den Untersuchungsausschuss ansehe, der offensichtlich per Fristsetzung abgedreht werden soll, dann habe er seine Zweifel. Dies bedeute nämlich in der Praxis, dass der Bundeskanzler im Ausschuss nicht erscheinen wird.
(Quelle: Parlamentskorrespondenz)

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