WIFO und IHS: Prognosen für 2012 und 2013  

erstellt am
28. 09. 12

Erhöhte Unsicherheit dämpft Konjunktur
Wien (wifo) - Die Aussichten für die österreichische Wirtschaft haben sich gegenüber der Juni-Prognose zwar verschlechtert, doch ist das Risikoumfeld mitunter sehr differenziert: Außenwirtschaftliche Abwärtsrisiken überwiegen leicht gegenüber inländischen Aufwärtsrisiken. Die heimische Wirtschaft sollte unter diesen Rahmenbedingungen 2012 um 0,6% und 2013 um 1,0% wachsen, wobei die Unsicherheit für 2013 besonders hoch ist.

Das Wachstum der Weltwirtschaft schwächte sich nach einer Belebung zum Jahresbeginn im Frühjahr wieder spürbar ab. Davon war im II. Quartal die Mehrzahl der großen Industrie- und Schwellenländer betroffen. Die Vertrauens- und Schuldenkrise im Euro-Raum ist für diese Entwicklung nur teilweise maßgebend. Auch viele Industrieländer außerhalb des Euro-Raumes sind von einem hohen Maß an makroökonomischen Ungleichgewichten geprägt und haben in ähnlicher Form wie die südeuropäischen Länder gesamtwirtschaftliche Fehlentwicklungen zu bewältigen. Zudem sind in einigen Schwellenländern zuletzt interne Probleme deutlicher in den Vordergrund getreten.

Der Abschwung der Weltkonjunktur und eine erneute Zuspitzung der Staatsschuldenkrise im Euro-Raum prägten seit dem Frühjahr das Geschehen auf den internationalen Finanzmärkten. Im Mittelpunkt standen für Europa die Besorgnis über Spaniens Bankensystem und die öffentlichen Haushalte in einigen Euro-Ländern. Während sich die Finanzierungsbedingungen für Banken und Staaten auf den südeuropäischen Kapitalmärkten zunächst weiter verschlechterten, drückten "Safe-Haven"-Kapitalflüsse die Renditen vor allem in Deutschland, Finnland, den Niederlanden und Österreich. Diese Entwicklung zeigte sich in Form von außergewöhnlich hohen Risikoprämien auf dem Sekundärmarkt für Staatsanleihen. Als Reaktion darauf beschloss die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang September die Möglichkeit zu unbeschränkten Staatsanleihekäufen im Rahmen von Outright Monetary Transactions (OMT). Unmittelbar nach der Ankündigung dieser Maßnahme verringerten sich die Zinssätze auf dem Sekundärmarkt für Staatsanleihen südeuropäischer Länder deutlich. Die unbeschränkten OMT der EZB werden wohl das Vertrauen in den Euro als stabile Währung zumindest vorübergehend stärken und das Ausmaß der Kapitalflucht aus Südeuropa dämpfen. Unter diesen Rahmenbedingungen könnte sich das wirtschaftliche Umfeld so verändern, dass auch in Europa im Jahr 2013 leicht aufwärtsgerichtete Kräfte zunehmen. 2012 erwartet das WIFO im Euro-Raum insgesamt einen Rückgang der Wirtschaftsleistung. 2013 sollte sich ein verhaltener Anstieg ergeben.

Österreichs Wirtschaft kann sich von der internationalen Dynamik nicht ganz entkoppeln, wie die Stagnation der Exporte seit Mitte 2011 zeigt. Im Gegensatz zum Krisenjahr 2009 blieb jedoch die Inlandsnachfrage verhältnismäßig stabil. Das WIFO geht in der vorliegenden Prognose von einem Wachstum der österreichischen Wirtschaft im Jahr 2012 von 0,6% aus. Auch 2013 wird Österreich mit einer Rate von +1,0% zu den Wachstumsmotoren im Euro-Raum zählen. Gegenüber der Prognose vom Juni 2012 revidiert das WIFO seine Einschätzung für das Jahr 2013 aufgrund der Verschlechterung des internationalen Umfeldes leicht nach unten.

Die Aussichten für die österreichische Wirtschaft haben sich gegenüber der Juni-Prognose zwar verschlechtert, doch ist das Risikoumfeld mitunter sehr differenziert. Vor allem aktuelle internationale Entwicklungen bedeuten ein hohes Risiko sowohl für den heimischen Finanzsektor als auch für die Realwirtschaft. Verhältnismäßig gut entwickelt sich die Arbeitskräftenachfrage in Österreich. Aufgrund des Verlaufes seit Jahresbeginn ist 2012 insgesamt mit einer Ausweitung der Beschäftigung um 1,5% zu rechnen. 2013 dürfte sich die Dynamik auf +0,5% verlangsamen. Die Arbeitslosenquote wird im Jahr 2012 nach nationaler Berechnungsmethode auf 7,0% steigen und sich 2013 weiter erhöhen.

Methodische Hinweise und Kurzglossar
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Text wird auf "saison- und arbeitstägig bereinigte Veränderungen" Bezug genommen.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.

Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich

Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone.

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden knapp 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2010) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at/ ). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis: Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, sowie Präsenz- und Zivildiener mit aufrechtem Beschäftigungsverhältnis. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

Aufschwung verzögert sich
Wien (ihs) - Die Weltkonjunktur hat im zweiten Quartal 2012 deutlich an Schwung verloren. Die Wirt-schafts- und Staatsschuldenkrise im Euroraum hat sich zugespitzt und belastet über die Han-delsverflechtungen die restliche Weltwirtschaft. Die Anspannungen auf den Finanzmärkten haben in den Sommermonaten zugenommen. Nach einer Stagnation im ersten Quartal ver-ringerte sich das BIP im Euroraum um 0.2 %. Die Wirtschaftsschwäche erfasst immer mehr Staaten in Europa. Das Vereinigte Königreich, Italien und Spanien befinden sich in der Rezession, in Frankreich stagniert die Wirtschaftsleistung bereits seit drei Quartalen. In den USA hat die Wirtschaft im zweiten Quartal um 0.4 % zugelegt. Auch in China hat sich die Konjunktur verlangsamt. Die vorlaufenden Konjunkturindikatoren deuten darauf hin, dass das Wachstum der Weltwirtschaft im dritten Quartal weiter abgenommen hat. Für die zweite Jahreshälfte ist mit einer Rezession im Euroraum zu rechnen. In den letzten Wochen hat sich die Lage auf den Finanzmärkten wieder etwas entspannt und die Aktienkurse sind gestiegen. Die Entscheidung der EZB, allenfalls Staatsanleihen notleidender Staaten unter der Bedin-gung eines EFSF/ESM-Anpassungsprogramms aufzukaufen, und die politischen Entschei-dungen über den europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) haben dazu beigetragen. Das Institut geht daher weiterhin davon aus, dass sich die Vertrauenskrise im Euroraum langsam zurückbildet und der notwendige Strukturwandel in den Krisenländern vorankommt. Die vor-liegenden Informationen deuten aber darauf hin, dass die Konjunkturbelebung frühestens im Jahresverlauf 2013 einsetzen wird. Die Einschätzung der internationalen Konjunktur hat sich gegenüber der Juni-Prognose verschlechtert. So dürfte etwa die Wirtschaft in Deutschland aufgrund der geringeren Welthandelsdynamik und der ungünstigen Stimmungsindikatoren langsamer wachsen als zuletzt erwartet.

Nach einem kräftigen Wachstum von 0.5 % im ersten Quartal 2012 konnte die österreichische Wirtschaft im zweiten Quartal nur noch mit einer Rate von 0.1 % gegenüber dem Vorquartal zulegen. Das schwache internationale Umfeld und die Entwicklung der Stimmungsindikatoren legen eine Stagnation der Wirtschaft im dritten und vierten Quartal (jeweils gegenüber dem Vorquartal) nahe. Somit erwartet das Institut weiterhin ein Wirtschaftswachstum von 0.8 % für den Jahresdurchschnitt 2012. Aufgrund der ungünstiger eingeschätzten Weltkonjunktur nimmt das Institut die Wachstumsprognose für 2013 auf 1.3 % zurück.

Dieser Prognose liegt folgendes internationales Konjunkturbild zugrunde. Nach einem Rück-gang der Wirtschaftsleistung im Euroraum um 0.4 % in diesem Jahr wird für nächstes Jahr ein Wachstum von 0.5 % erwartet. Das Wachstum der deutschen Wirtschaft wird auf 0.8 % und 1.2 % eingeschätzt. Für die USA wird ein Wirtschaftswachstum von 2.3 % bzw. 2 % erwartet. In den Industriestaaten insgesamt wird das Bruttoinlandsprodukt um 1.4 % bzw. 1.6 % zulegen.

Das größte Risiko der Prognose stellen weiterhin die Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise im Euroraum und deren Folgen für Nachfrage und Finanzmärkte dar. Auch wenn die jüngsten Interventionen für eine gewisse Beruhigung gesorgt haben, sind die Unsicherheiten über einen Austritt einzelner Länder oder gar ein Auseinanderbrechen des Euroraums mit einer starken anschließenden Rezession noch nicht vollständig gebannt. Eine deutlich restriktivere Finanzpolitik in den USA im nächsten Jahr würde die internationale Konjunktur ebenfalls spür-bar belasten. Dämpfend für die Weltkonjunktur wäre auch eine länger andauernde Wachs-tumsschwäche in China. Es bestehen aber auch Aufwärtsrisiken. Verbessert sich die Wirt-schaftslage schneller als erwartet, dann könnte sich das Vertrauen der Marktteilnehmer festi-gen und das Wachstum nächstes Jahr kräftiger ausfallen. Letztlich ist dafür eine konsequente Politik zur Beseitigung der fiskalischen und ökonomischen Ungleichgewichte im Euroraum unerlässlich.

Traditionellerweise stabilisiert der private Konsum in Österreich die Konjunktur. Dies zeigt sich auch in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Schwächephase. Für heuer wird ein reales Kon-sumwachstum von 0.8 % erwartet, wozu die gute Beschäftigungsentwicklung und der nach-lassende Preisdruck beitragen. Nächstes Jahr sollte der private Konsum um 1.1 % zulegen. Diese Prognose impliziert einen Rückgang der Sparquote um rund ¼ Prozentpunkt in beiden Jahren.

Im Vorjahr entwickelten sich die Investitionen äußerst kräftig. Im Prognosezeitraum hingegen trüben die schwache Konjunktur und die Unsicherheit über die weiteren Entwicklungen im Euroraum das Investitionsklima markant. Sowohl Ausrüstungen als auch Bauten wachsen mit 1.5 % bzw. 1 % nur sehr verhalten. Aufgrund des Lagerabbaus gehen die Bruttoinvestitionen sogar leicht zurück (-0.5 %). 2013 bleibt die Investitionstätigkeit schwach. Die Bruttoinvesti-tionen werden um 1.2 % zunehmen. Ausrüstungen und Bauten legen dabei um 1.8 % bzw. 1 % zu.

Die verhaltene Weltkonjunktur drückt auf den internationalen Handel. Dieser wächst 2012 nur um 2.8 %, besonders träge verläuft die Handelsentwicklung im Euroraum. Von den Export-märkten gehen folglich nur sehr geringe Impulse auf die heimische Exportwirtschaft aus. Die realen Warenexporte werden laut Prognose um 1.1 % zulegen, die Gesamtexporte laut VGR steigen um 1.6 %. Nächstes Jahr sollte sich die Exporttätigkeit im Einklang mit der konjunk-turellen Aufhellung im Euroraum wieder etwas beleben. Mit rund 4 % bleibt das Wachstum der Warenexporte und der Gesamtexporte allerdings vergleichsweise verhalten. Die geringe Exportdynamik und die schwache Binnennachfrage bringen eine deutliche Verlangsamung des Importwachstums mit sich. Das Institut erwartet im Prognosezeitraum ein Wachstum der Warenimporte von 0.3 % bzw. 3.5 %. Die gesamten Importe laut VGR werden um 1.1 % bzw. 3.6 % wachsen. Die Außenwirtschaft liefert somit in beiden Prognosejahren trotz der Exportschwäche einen positiven Wachstumsbeitrag.

Im Vergleich zum Vorjahr hat der Inflationsdruck merklich nachgelassen. Österreich gehört heuer wieder zu den preisstabilsten Ländern im Euroraum. Von der Abwertung des Euro und den steigenden Importpreisen von Energie- und Nahrungsmittelrohstoffen gehen jedoch preistreibende Wirkungen aus. Vor diesem Hintergrund rechnet das Institut mit einer Infla-tionsrate von 2.3 % für den Jahresschnitt 2012 bzw. von 2 % für 2013.

Der Wirtschaftsabschwung schlägt sich am Arbeitsmarkt nieder, im internationalen Vergleich stellt sich die Lage allerdings weiterhin günstig dar. Im Laufe des Prognosezeitraums wird sich die überraschend kräftige Beschäftigungsdynamik abschwächen und die Zahl der vorge-merkten Arbeitslosen wird weiter ansteigen. Ausgehend von 6.7 % im Vorjahr wird die Arbeits-losenquote heuer auf 7 % und auf 7.3 % im nächsten Jahr klettern. Die Arbeitslosenquote laut Eurostat-Definition sollte im laufenden Jahr 4.4 % und im kommenden Jahr 4.6 % betragen.

Die Lage der öffentlichen Haushalte wird durch die schwache Konjunktur und das Konsolidie-rungspaket der Bundesregierung bestimmt. Das Institut erwartet für die Jahre 2012 und 2013 eine Defizitquote von 2.9 % bzw. 2.3 %. Wie die Entwicklung gezeigt hat, ist eine nachhaltige Budgetpolitik notwendig, um das Vertrauen auf den Finanzmärkten zu erhalten und niedrige Finanzierungskosten für die Staatsschuld sicherzustellen. Aus mittelfristiger Sicht ist die Um-setzung weiterer Strukturreformen (etwa in den Bereichen Verwaltung, Finanzausgleich, Ge-sundheit und Pensionen) zur Absenkung der Staatsschuldenquote notwendig. Ein strukturell ausgeglichener Haushalt im Verein mit einer geringen Staatsschuld ermöglicht eine adäquate fiskalische Reaktion bei Konjunktureinbrüchen und die Bereitstellung von Mitteln zur Anhe-bung des Bildungsniveaus und der F&E-Quote sowie einer Senkung der überdurchschnittlich hohen Steuerquote.

 

Mitterlehner lädt Unternehmen und Ökonomen zu Konjunkturgespräch
Österreichs Unternehmen erwirtschaften Wachstumsvorsprung, aber Schuldenkrise dämpft Realwirtschaft - Konjunkturgespräch mit Leitbetrieben, KMU und Ökonomen im Wirtschaftsministerium
Wien (bmwfj) - "Wir wachsen heuer und 2013 deutlich stärker als die Eurozone. Allerdings schlägt das durch die Schuldenkrise ungünstige Konjunkturklima zunehmend auf die Realwirtschaft durch. Daher werden die nächsten Monate für die Unternehmen nicht einfach werden", sagt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner angesichts der Konjunkturprognosen von Wifo und IHS. "Trotzdem besteht weiter Grund für Optimismus, weil wir aus der Krise der Jahre 2008 und 2009 die richtigen Schlüsse gezogen haben. Unsere Wirtschaft ist heute insgesamt stärker, innovativer und breiter aufgestellt", so Mitterlehner.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen hat Mitterlehner für Donnerstag, den 4. Oktober, zu einem Konjunkturgespräch ins Wirtschaftsministerium eingeladen. Mit dabei sind Vertreter der Leitbetriebe und von Klein- und Mittelbetrieben aus zahlreichen Branchen - von der Metall- und Fahrzeugindustrie über Handel, Dienstleistungen und Energie bis hin zum Tourismus. Dazu kommen führende Ökonomen wie IHS-Chef Christian Keuschnigg. "Uns geht es vor allem um eine Einschätzung zur derzeitigen Auftrags-, Investitions- und Arbeitsmarktlage sowie um die Aussichten für das vierte Quartal 2012 und das Jahr 2013", so Mitterlehner.

Gegenüber Juni belässt das Wifo die BIP-Prognose für 2012 bei einem Plus von 0,6 Prozent, während das IHS ein Wachstum von 0,8 Prozent erwartet. Nächstes Jahr gewinnt die Wirtschaft wieder an Fahrt: Für 2013 prognostiziert das Wifo ein Plus von 1,0 Prozent und das IHS von 1,3 Prozent. Sowohl heuer als auch nächstes Jahr wächst Österreich deutlich stärker als die Eurozone, deren BIP laut Wifo heuer um 0,4 Prozent schrumpfen und 2013 um 0,4 Prozent steigen soll.

 

Schieder: WIFO-Prognose zeigt Notwendigkeit europäischer Wachstumsinitiativen
ESM ist zentraler Beitrag zur Stabilisierung der Eurozone und wichtig für österreichische Konjunkturentwicklung
Wien (sk) - "Die aktuelle Konjunkturprognose des Wifo zeigt einmal mehr, wie groß unser volkswirtschaftliches Interesse an einer stabilen Entwicklung der Eurozone ist. Die Einrichtung des ESM und der zunehmende Fokus auf Wachstumsinitiativen der europäischen Politik sind dringend notwendig", sagte Finanzstaatssekretär Andreas Schieder zur Veröffentlichung der vierteljährlichen Konjunkturprognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO).

Für das Gesamtjahr 2012 prognostiziert das WIFO eine europaweite Wachstumsrate von -0,4 Prozent. "Die Entwicklung unserer Exportmärkte schlägt sich selbstverständlich unmittelbar in der Entwicklung der österreichischen Konjunktur nieder. Schon allein deshalb haben wir ein zentrales Interesse daran, dass die europäische Wirtschaft wieder anspringt. Mit einem einseitigen Spardiktat wird das kaum gelingen. Was wir jetzt brauchen, sind europäische Wachstumsimpulse und Programme zur Erhöhung der Jugendbeschäftigung", so Schieder.

Die im internationalen Vergleich positive Entwicklung am österreichischen Arbeitsmarkt führt Finanzstaatssekretär Schieder darauf zurück, dass man in Österreich seit Krisenausbruch eben nicht auf einseitige Sparprogramme gesetzt habe, sondern mit richtigen Konjunktur- und Beschäftigungsprogrammen reagiert habe. "Diesen Geist des Investierens gegen die Krise und für Arbeitsplatzsicherung gilt es auch in Europa durchzusetzen", so Schieder.

 

 Leitl: Rasch und überlegt Wachstumsimpulse setzen!
Arbeitsplätze und Budgetkonsolidierung nicht gefährden - Investitionszuwachsprämie Neu und Ausbau der thermischen Sanierung diskutieren
Wien (pwk) - Vor dem Hintergrund einer sich abzeichnenden Stagnation der heimischen Wirtschaft und den aktuellen Wachstumszahlen, betont der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, dass es nun gelte "rasch und überlegt Wachstumsimpulse" zu setzen. "Wir müssen nun alle Hebel in Bewegung setzen, damit die nun immer stärker spürbare Krise im Euroraum keine nachhaltig negativen Folgen für den heimischen Wirtschaftsstandort hat. Sollte Österreich tatsächlich in eine Rezession abgleiten, gefährdet dies nicht nur Arbeitsplätze sondern auch die nötige Budgetkonsolidierung", so der WKÖ-Präsident. 2012 rechnet das WIFO mit einem realen BIP-Wachstum von 0,6 Prozent, das IHS mit 0,8 Prozent. 2013 gehen die beiden Institute von 1,0 (WIFO) und 1,3 Prozent (IHS) Wachstum aus.

Man müsse sich nun "gemeinsam an einen Tisch setzen", Regierung wie Sozialpartner, und gezielt Prioritäten setzen, um Arbeitsplätze und den Standort Österreich in dieser schwierigen Situation abzusichern. Aus Sicht der Wirtschaft zählt hierzu die rasche Einführung einer Investitionszuwachsprämie. Eine zehnprozentige Prämie bei einer Prämienhöchstgrenze von 100.000 Euro würde bei Kosten von ca. 80 Millionen Euro rund 7000 zusätzliche Arbeitsplätze bedeuten. Weiters soll die thermische Sanierung ausgebaut werden, was etwa durch eine neuerliche Zweckbindung der Wohnbauförderung realisiert werden könnte. Um vor allem KMU den Zugang zu günstigen Finanzierungen zu erleichtern, sollte es eine zwischen der EU und der nationalen Ebene akkordierte Garantieaktion geben. "Unsere Unternehmen sind vom Standort Österreich überzeugt. Trotz der sehr moderaten Konjunkturaussichten bauen die Betriebe die Beschäftigung aus. Hier müssen wir ansetzen", so Leitl. Laut WIFO-Prognose soll 2012 die Zahl der unselbständig Beschäftigten um 1,5 Prozent, 2013 noch immer um 0,5 Prozent steigen.

Aufmerksam beobachtet Leitl aber nicht nur die aktuellen Wachstumsprognosen sondern auch die sich abzeichnende Entwicklung der Exporte sowie die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Das WIFO spricht von einer deutlich schwächeren Exportentwicklung als noch in der Juni-Prognose. So sollen die Warenexporte nur mehr um 0.8 Prozent im Jahr 2012 und um 4,3% im Jahr 2013 steigen. Auch die Investitionen werden zurückhaltend eingeschätzt. Die Bruttoanlageinvestitionen steigen im Jahr 2012 laut WIFO Prognose real um 1,1 Prozent und 2013 um 1,5 Prozent.

Die Institute betonen, dass diese gedämpften Aussichten vor allem auf eine spürbare Verschlechterung des internationalen Umfeldes zurückzuführen sind. Der Grund für diese liegt zum einen in der weiterhin bestehende Vertrauens- und Schuldenkrise im Euroraum und zum anderen in den gesamtwirtschaftlichen Fehlentwicklungen in vielen Volkswirtschaften. Auch wenn die zuletzt gesetzten Interventionen für eine gewisse Beruhigung gesorgt haben, sei der Ausblick in der Eurozone leicht negativ. Denn die BIP-Prognose für Eurozone betrage für 2012 minus 0,4 Prozent und für das kommende Jahr 0,4 Prozent. "Österreich wird über den Prognosezeitraum ein höheres Wachstum als der Durchschnitt der Eurozone unter Beweis stellen. Deshalb muss Österreich seine Hausaufgaben weiterhin konsequent erledigen und gleichzeitig die Strukturreformen - wie in anderen EU-Mitgliedsländern auch - vorantreiben", so Leitl abschließend.

 

 Tumpel: WIFO-Prognose belegt: mehr für Beschäftigung tun
Jeder Euro muss jetzt besonders gut investiert werden - sofort jene Maßnahmen umsetzen, die Arbeitsplätze schaffen und sichern
Wien (ak) - Den sozialen Wohnbau ausweiten, mehr in Kindergärten, Ganztagsschulen und Pflege investieren, mehr für den Arbeitsmarkt tun: Das fordert die Arbeiterkammer (AK) anlässlich der WIFO-Konjunkturprognose. "Die WIFO-Zahlen zeigen, dass wir sofort mehr Maßnahmen brauchen, um zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen und bestehende Jobs zu sichern", fordert Herbert Tumpel, Präsident der Arbeiterkammer Wien (AK). Zuletzt ist die Konjunktur in Österreich zwar besser gelaufen als in anderen EU-Ländern, das Wachstum ist jedoch merklich geringer als vor Beginn der Finanzkrise und reicht nicht aus, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Und noch immer ist das Risiko durch die unsicheren Finanzmärkte hoch. Durch die hohen Kosten der Bankenrettung ist der Spielraum für Investitionen relativ gering. Jeder von der Regierung ausgegebene Euro muss deshalb besonders gut genützt werden, um den Arbeitsmarkt zu stützen. Folgende von der AK geforderten Maßnahmen können dazu beitragen:

  • Offensivprogramm für den sozialen Wohnbau Der soziale Wohnbau bleibt wichtig, auch deshalb, weil die Bevölkerung wächst. Derzeit werden aber zu wenige geförderte Wohnungen gebaut, dadurch steigen die Mieten. Wenn es mehr leistbaren Wohnraum gibt, entlastet das vor allem junge, einkommensschwache Haushalte. Zudem wird direkt Beschäftigung geschaffen. Ein höheres Wohnungsangebot stellt ein griffiges Instrument zur Verhinderung einer Preisblase auf den Immobilienmärkten der Ballungsräume dar. Dabei ist die Finanzierung von Wohnbauinvestitionen so günstig wie nie zuvor, weil die Zinssätze langfristiger Anleihen so niedrig sind.
  • Ausweitung sozialer Dienstleistungen, Investitionen in Bildung Hier zu investieren ist das effizienteste Instrument, um Arbeitsplätze zu schaffen, und das beste Instrument, um die Chancen und Lebensumstände von Frauen zu verbessern. Soziale Dienstleistungen - vor allem in den Bereichen Kindergärten, Ganztagsschulen und Pflege - werden stark nachgefragt. Notwendig sind zusätzliche Bundesmittel, die von den Ländern um Finanzierungszusagen ergänzt werden. Die Effekte dieser Zusatzmittel wären besonders hoch.
  • Ausweitung der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik Aktive Trainings- und Qualifizierungspolitik ist besonders gut geeignet, die durch einen temporären Konjunkturabschwung entstehenden Probleme auf dem Arbeitsmarkt abzufedern. Schwerpunkt muss die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit von neu auf dem Arbeitsmarkt auftretenden Personen sein: Jugendausbildungs- und Jugendbeschäftigungsgarantien müssen ausreichend finanziell dotiert sein. Zudem muss ein Schwerpunkt auf Personen mit geringem Qualifikationsniveau und Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen gelegt werden.
  • Sicherstellung des Vertrauens in den Sozialstaat Stabile Erwartungen der privaten Haushalte und aktive Beschäftigungspolitik verhindern das konjunkturell so gefährliche "Angstsparen". Deshalb müssen alle Signale der Verunsicherung etwa in Bezug auf die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Altersvorsorge vermieden werden. Zudem gilt es bei konjunkturell bedingt nachlassender Zugkraft des Exports, die Expansion der Binnennachfrage zu gewährleisten. Vor allem die stetige Ausweitung der realen Masseneinkommen sichert die Stabilität der Konsumnachfrage.
  • Kurswechsel in der europäischen Budgetpolitik In der Eurozone fällt die Konjunktur nach zwei Jahren matter Erholung schon wieder in eine Rezession zurück und die Arbeitslosigkeit steigt auf Rekordniveau. Das ist auch ein Ergebnis der falschen, weil zu harten Konsolidierungspolitik, zu der die Krisenländer gezwungen werden. Sie verstärkt den Abschwung, erhöht die Arbeitslosigkeit und erzielt, wie alle Beispiele von Griechenland, über Portugal bis Spanien und Italien belegen, nicht die erwarteten Konsolidierungserfolge, da ein erheblicher Teil der Staatsausgabenkürzungen durch den konjunkturell bedingten Rückgang der Steuereinnahmen kompensiert wird. Diese Misserfolge der europäischen Politik bremsen auch die Konjunktur in Österreich.


Konsolidierungspolitik braucht einen langen Atem und muss die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen und auf eine stabile Entwicklung von Konjunktur und Arbeitsmarkt setzen. Deshalb sind zusätzliche aggressive Sparprogramme in den Krisenländern falsch. Stattdessen müssen Spielräume zur steuerlichen Beteiligung von Vermögenden und Finanzsystem ausgeschöpft werden, um damit offensive Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramme finanzieren zu können, die von der EU koordiniert und mitfinanziert werden sollen.

     

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern (bis zum frühen Nachmittag) vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet
sich in der Regel nach deren Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der
Personen. Die Redaktion

Die Verantwortung der Inhalte liegt bei den Aussendern. Die Redaktion.

 
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