CEE bleibt trotz konjunktureller Abschwächung der Wachstumsmotor Europas   

erstellt am
28. 09. 12

CEE 2012 mit einem BIP-Wachstum von 2,4 Prozent – BIP-Wachstum der Eurozone schrumpft 2012 auf minus 0,5 Prozent
Wien (rzb) - “Wir stellen fest, dass Zentral- und Osteuropa (CEE) generell und insbesondere seine Währungen für Investoren immer attraktiver werden – vor allem im Vergleich mit der Eurozone und dem Euro,“ erklärt Gunter Deuber, Leiter des CEE-Research von Raiffeisen Research, einer Einheit der Raiffeisen Bank International AG (RBI). Er sieht die Gründe für diese Entwicklungen darin, dass seit 2009 die meisten CEE-Länder massive Reformprogramme umgesetzt haben, um sich an das neue Finanz- und Wachstumsumfeld anzupassen, während die Peripheriestaaten in der Eurozone viel zu lange damit zugewartet haben. „Ein Punkt, dem man besondere Aufmerksamkeit schenken muss, ist der starke Einbruch der inländischen Endnachfrage, der beim radikalen Abbau der nicht tragbaren Leistungsbilanzdefizite half“, erklärt Deuber, der diese langfristige Verbesserung auch durch flexible Arbeitsmärkte und die gemessen an der Produktivität nach wie vor günstigen Kostenstrukturen unterstützt sieht. Der Analyst betont, dass die Kreditklemme in der Eurozone die CEE-Länder nicht wesentlich beeinträchtigt hat.

Nichtsdestoweniger sieht Raiffeisen Research auch in CEE aufgrund der globalen Wachstumsproblematik einen Trend zu einer schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung. Konkret wurden die Balkanländer, Ungarn, die Tschechische Republik und Slowenien von einer Rezession getroffen. „Russland, Polen und die Slowakei weisen bessere Wachstumszahlen auf, allerdings geht auch in diesen Ländern das Wachstum zurück“, so Deuber.

Im Vergleich zur Eurozone zeigt sich, dass CEE nach wie vor die Wachstumsregion Europas ist: laut Raiffeisen Research wird CEE 2012 insgesamt ein reales BIP-Wachstum von 2,4 Prozent und 2013 eines von 2,9 Prozent aufweisen. Im Vergleich dazu wird das BIP-Wachstum in der Eurozone 2012 aller Voraussicht nach auf minus 0,5 Prozent fallen und 2013 nur eine mäßige Wachstumsrate von 0,2 Prozent erreichen.

Polens Stabilität wieder auf dem Prüfstand
Obwohl die polnische Wirtschaft ihre Wachstumsdelle, die seit kurzem sichtbar ist, in den kommenden Quartalen wahrscheinlich nicht ausbügeln können wird, gehen die RBI-Analysten davon aus, dass Polen es wie schon 2009 leicht schaffen wird, eine Rezession zu vermeiden. Sie sagen sowohl für 2012 als auch 2013 im Vergleich zum Vorjahr ein BIP-Wachstum von 2,5 Prozent voraus. „Es ist wichtig, hervorzuheben, dass Polen auch im Bereich der öffentlichen Finanzen ein Outperformer ist“, sagt Marta Petka-Zagajewska, Chefanalystin der Raiffeisen Bank Polska. Zusammen mit Deutschland ist Polen eine der wenigen großen europäischen Wirtschaften mit einem recht liquiden Staatsschuldenmarkt. Die öffentliche Verschuldung im Verhältnis zum BIP wird demnächst ihren einen Höchststand erreichen, und für die kommenden Jahre ist mit einem Rückgang der Staatsschulden zu rechnen. „Daher ist es nicht verwunderlich, dass Polen es geschafft hat, sich als „sicherer Hafen“ auf regionaler Ebene, also in CEE, und bis zu einem gewissen Grad auch auf einer breiteren europäischen Ebene, zu etablieren“, fügt sie hinzu.

Österreichische Wirtschaft von den Entwicklungen in der Eurozone erfasst

Auch die österreichische Wirtschaft bekommt die schlechten Entwicklungen in der Währungsunion zu spüren. Die RBI-Analysten sagen für Österreich für 2012 ein BIP-Wachstum von 1 Prozent und für 2013 eines von 0,9 Prozent voraus. Grundsätzlich gehen sie davon aus, dass die wirtschaftliche Dynamik im Jahr 2013 wieder zunehmen wird. Mit diesem Ergebnis ist Österreichs Wirtschaft in einer deutlich besseren Verfassung als die Eurozone insgesamt.

Die Analysten von Raiffeisen Research haben ihre Inflationsprognose für 2012 von 2,3 Prozent auf 2,5 Prozent im Jahresvergleich und für das kommende Jahr auf 2,3 Prozent im Jahresvergleich (ursprünglich 2,0 Prozent im Jahresvergleich) revidiert. Das resultiert hauptsächlich in den gestiegenen Öl- und Lebensmittelpreisen – ein Trend der auch klar ersichtlich ist, wenn man sich die Preise der wöchentlichen Einkäufe des Durchschnittskonsumenten ansieht.

Vorübergehende Korrekturen für CEE-Währungen decken sich mit niedrigeren Zinsen
Mit der allmählich einsetzenden Erholung des Euros werden einige CEE-Währungen bis Ende 2012 möglicherweise an Boden verlieren. Trotzdem sehen die Raiffeisen-Analysten das nur als vorübergehende Unterbrechung, da für 2013 wieder mit einem Anstieg der Wechselkurse gerechnet wird, wenn die Wirtschaft wieder an Schwungkraft gewinnt. Raiffeisen Research erwartet, dass die Zentralbanken in den CEE-Ländern ihre Währungspolitik entschärfen und die meisten von ihnen folglich auch die Zinssätze senken werden. Dadurch soll auch das Kreditwachstum in CEE angekurbelt werden.

Ausgewählte Investment-Möglichkeiten auf den Aktienmärkten
Die Analysten von Raiffeisen Research gehen davon aus, dass sich der CEE-Anleihemarkt im kommenden Quartal leicht abschwächen wird. Allerdings ist damit zu rechnen, dass durch die Intervention der EZB auf den Staatsanleihemärkten die stärksten Bewegungen nun vorbei sein sollten. „Für Polen, Ungarn, die Tschechische Republik und Russland prognostizieren wir einen leichten Anstieg der Renditen“, erklärt Deuber.

Im Hinblick auf Aktien erwartet Deuber noch Gegenwind von der Wirtschaft, allerdings sollte sich die steigende Risikotoleranz bei Aktien-Investments in etablierte Märkte auch spürbar auf die CEE-Märkte auswirken. Kurzfristig empfiehlt er einen defensiveren Ansatz gegenüber Märkten und Sektoren, mittel- und langfristig sieht er nach wie vor gute Chancen für einen weiteren zyklischen Aufschwung in CEE. Davon sollten wachstumsstarke Märkte wie Russland und Polen profitieren. „Für das dritte Quartal rechnen wir mit einer schwächeren Umsatzentwicklung, erwarten aber positive Effekte in Bezug auf die Profitabilität aufgrund der stärkeren Lokalwährung. Für 2012 rechnen wir mit einer aggregierten Gewinnentwicklung im WIG20 von minus 12 Prozent, das entspricht einem Index-KGV von 11“, erläutert Stefan Maxian, Chefanalyst der Raiffeisen Centrobank AG (RCB). Für 2013 erwarten die RCB-Analysten eine flache Gewinnentwicklung (plus 1 Prozent). Ihr WIG20 Indexziel für Dezember 2012 lautet 2.500. Das entspricht aktuell einer „Halten“-Empfehlung. Auf 12-Monatssicht wird ein Indexstand von 2.650 erwartet. Die RBI-Analysten sind der Ansicht, dass die Aussichten für Anleihen im Vergleich zu Eigenkapitalinvestments ein wenig schlechter sind.

ATX-Ziel 2.250 Punkte für Dezember 2012
Während die Q2 Ergebnisse in Österreich im Schnitt den Erwartungen entsprachen, wurden die meisten Unternehmen in ihrem Ausblick vorsichtiger. Daher haben die Analysten der RCB ihr um Einmaleffekte bereinigtes ATX-Gewinnwachstum für 2012 von 9 Prozent auf rund 6 Prozent reduziert. „Für 2013 rechnen wir mit einem Gewinnwachstum von rund 12 Prozent, getrieben durch niedrigere Risikokosten bei Banken, einem derzeit starken Auftragsbestand bei Andritz und SBO, sowie positiven Effekten aus Immobilienverkäufen bei Immofinanz,“ so die Einschätzung von RCB-Chefanalyst Stefan Maxian. Das resultiert in einem geschätzten Kurs/Gewinnverhältnis (KGV) von 11,1 für 2012, und auf 12 Monate von 9,9. Das KGV liegt damit nach wie vor unterhalb des historischen Durchschnitts von rund 12.

Das ATX Indexziel der RCB für Dezember 2012 lautet 2.250. Das entspricht aktuell einer „Halten“-Empfehlung für den österreichischen Markt. Auf 12-Monatssicht erwarten die Analysten einen Indexstand von 2.420. Marktbestimmend sind weiterhin politische Aktionen auf EU-Ebene sowie Maßnahmen der Notenbanken in Bezug auf die Schuldenkrise in der EU. Während wie oben erwähnt in den nächsten Monaten konjunkturseitig ein stärkerer Gegenwind zu erwarten ist, spricht besonders das nachhaltig tiefe Zinsniveau weiterhin für Aktienmärkte. Es gilt hervorzuheben, dass die Dividendenrendite (3,6 Prozent) weiterhin deutlich über der Rendite für 10-jährige Anleihen (2,1 Prozent) liegt.

Österreichische Favoriten: RHI, Immofinanz, AT&S

Unter den Kaufempfehlungen des RCB Company Research werden in Österreich RHI aufgrund der aktuellen Ertragslage und der günstigen Bewertung, sowie Immofinanz aufgrund der Dividendenstärke (5,7 Prozent) sowie der Gerüchte einer Abspaltung des Österreich- und Deutschlandgeschäfts, bevorzugt.

AT&S erscheint ebenfalls interessant aufgrund der die aktuell hohen Auslastung sowie der starken Positionierung bei Leiterplatten für Smartphones und Tablet-PCs aufgrund der Kapazitätserweiterung in China.

Favoriten in Polen und CEE: Eurocash, Cyfrowy Polsat, Magnit

In Polen geht die RCB im Gegensatz zu 2009 nicht davon aus, dass die Abschwächung des Wirtschaftswachstums von einer signifikanten Abwertung des Zloty begleitet wird, allerdings erwarten die Analysten auch keinen Rückenwind durch stimulierende Maßnahmen. Daher wird eine eher „defensive“ Portfolioausrichtung bevorzugt. Anders gesagt, das Company Research der RCB würde Unternehmen übergewichten, die von einer relativ starken Lokalwährung profitieren, wie beispielsweise Cyfrowy Polsat. Besonders Eurocash sehen die Analysten aufgrund zu erwartender Marktanteilsgewinne, der Synergien aus der Tradis-Akquisition sowie positiver Indexeffekte durch den höheren Streubesitz interessant. In Russland stehen aktuell die lokalen Aktien der Einzelhandelskette Magnit aufgrund des erfolgreichen Expansionskurses, sowie Rostelecom und Rosneft auf der Empfehlungsliste.
     
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