"Catch Me If You Can"   

erstellt am
08. 10. 12

Ladendiebstahl von Kindern und Jugendlichen – Forschungsprojekt der JKU Linz
Linz (jku) - Rund 445 Millionen Euro "verschwinden" alljährlich aus Österreichs Geschäften. Den Unternehmen entgehen damit 0,97 Prozent des Umsatzes - das ist rund ein Viertel des Gewinns. Beeindruckende Zahlen, die zu mehr als der Hälfte (56,8 Prozent) auf Ladendiebstähle von Kunden zurückgehen. Im Rahmen eines Sparkling Science Projektes haben Schüler der HAK Traun, der HAK Perg und des BRG Fadingerstraße Linz gemeinsam mit Forschern der JKU sowie der FH Linz und Steyr dieses Phänomen untersucht und auch gleich Präventionsmaßnahmen entwickelt.

Das Phänomen Ladendiebstahl ist nur wenig erforscht. Rund 90 Prozent der Fälle kommen nie zur Anzeige. Die Polizei erfährt meist nur von den Dieben, die auf frischer Tat geschnappt wurden. Dass die Aufklärungsrate hoch ist, überrascht angesichts der hohen Dunkelfeldkriminalität nicht, bezieht sie sich doch nur auf angezeigte Fälle. Dennoch scheinen die Langfinger auf dem Rückzug zu sein: Gab es 2002 in Österreich noch 34.387 Anzeigen, waren es 2010 "nur" noch 14.977. Zurückzuführen ist diese Entwicklung zum einen auf verbesserte Sicherheitsmaßnahmen in den Geschäften, zum andern aber auch auf eine immer geringere Anzeigebereitschaft.

Geringe Beute
Im Rahmen des Sparkling Science Projektes wurden 2.911 Schüler aus 92 Schulen in OÖ und NÖ zu ihren Erfahrungen mit Ladendiebstahl befragt. Das Ergebnis: Obwohl 64 Prozent den Ladendiebstahl negativ finden und 94 Prozent ein schlechtes Gewissen hätten, haben 18 Prozent der 13-15jährigen mindestens einmal in ihrem jungen Leben bereits etwas mitgehen lassen, sechs Prozent gaben an, im letzten Jahr gestohlen zu haben. Doppelt so viele Jungs als Mädchen gaben das zu, wobei Sonderschüler dreimal öfter zugriffen als Schüler der AHS oder der Hauptschulen. Das Motiv ist nur zum Teil in Geldmangel zu sehen, der Kick und Anerkennung der Freunde spielen meist eine größere Rolle. Immerhin werden 72 Prozent der Delikte mit Freunden begangen. 68 Prozent der Beute hat einen Wert unter zehn Euro, was angesichts der Gesamtschadenssumme zeigt, dass es die Vielzahl der Fälle ist, die diesen enormen Schaden verursacht.

Originelle Ideen
Die am Projekt beteiligten Schüler selbst führten Befragungen durch. Von 792 Kunden in 21 Geschäften wollten sie wissen, welche Sicherungsmaßnahmen in den Geschäften bekannt sind und wie abschreckend diese wirken. Videoüberwachung und Vitrinen haben dabei einen guten Ruf, am meisten Sicherheit ist aber durch aufmerksames Personal zu erreichen.
Im Zuge des Projekts entwickelten die Schüler mit großer Kreativität selbst Präventionsstrategien, um junge Menschen von Ladendiebstählen abzuhalten. Von Handy-Apps über rollende Werbung auf LKWs bis hin zu einem Ladendiebstahls-Brettspiel reichten die Ideen.

Kriminalpolitische Auswirkungen
"Wichtig zur Verhinderung von Ladendiebstählen ist vor allem eine schnelle Reaktion", analysierte Prof. Alois Birklbauer vom Institut für Strafrechtswissenschaften an der JKU. "Man sieht im Ergebnis, dass das Unrechtsbewusstsein vorhanden ist. Angesichts der Überlastung unserer Gerichte ist es Zeit, neue Maßnahmen anzudenken, die nicht unbedingt in einer strafrechtlichen Reaktion bestehen müssen. Zeitnahe "Strafmandate" durch die Polizei in Kombination mit einer Verständigung der Eltern als Reaktionen auf einen Ladendiebstahl werden der Prävention wohl besser gerecht als unser heutiges Vorgehen."

Europaweit einzigartig
Bei der Abschlussveranstaltung des Projekts im Energie AG PowerTower wurden die Ergebnisse vor rund 100 Gästen präsentiert. Sparkling Science ist ein Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, das einen in Europa einzigartigen Weg der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung beschreitet. "Mittlerweile ist es das größte Projekt im Ministerium für Wissenschaft und Forschung. Das liegt vor allem daran, dass die Zusammenarbeit von Schülern und Forschern sehr gut funktioniert", lobte Dr. Marie Céline Loibl vom Wissenschaftsministerium. Seit 2007 wurden bereits 209 Projekte gestartet, weitere sind in Planung.
     
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