Lopatka soll Österreichs Außenpolitik stärken   

erstellt am
05. 10. 12

Vorstellung des neuen Staatssekretärs im Bundesrat
Wien (pk) - Der Bundesrat begann seine Herbstberatungen am 04.10. mit außenpolitischen Themen. Vor Beginn der Debatten brachte die FPÖ eine Dringliche Anfrage an den Bundeskanzler betreffend "Inseratenkeiler Werner Faymann" ein. Laut Tagesordnung wurde der neue Außenstaatssekretär Reinhold Lopatka dem Bundesrat vorgestellt und nahm gleich zum Außen- und Europapolitischen Bericht 2011 Stellung.

Vizekanzler Michael SPINDELEGGER präsentierte den neuen Staatssekretär als erfahrenen Abgeordneten der sich intensiv mit Fragen der Außen- und Europapolitik befasst habe, und stellte fest, Reinhold Lopatka sei genau der richtige Mann, um Österreich in der Außenpolitik zu vertreten.

Spindelegger: Vertrauenskrise in Europa bekämpfen
Spindelegger nahm die Mitteilung über die Ernennung des Staatssekretärs aber auch zum Anlass, auf die aktuellen Herausforderungen der Europapolitik hinzuweisen. Zunächst gehe es darum, die Vertrauenskrise zu bekämpfen und Instrumente zur Stabilisierung des Euro zu schaffen, mahnte er. Darüber hinaus müsse aber auch wieder die Zukunft Europas im Sinne eines Europäischen Reformkonzepts in den Mittelpunkt der Debatte gerückt werden, betonte Spindelegger, der vor allem auch dafür eintrat, die Bürger in die Europadiskussion stärker einzubinden. Fest stand für den Außenminister, dass Europa "mehr Biss" brauche. So sollte etwa an einer Vertragsreform gearbeitet werden, die dem Währungskommissar mehr Rechte gibt, schlug Spindelegger vor. Schließlich sah er Europa auch aufgefordert, den Bereichen Innovation und Wachstum mehr Augenmerk zu schenken, dies insbesondere unter dem Aspekt von Initiativen für die kleineren und mittleren Betriebe.

Bundesrat Bert KRUSCHE (F/St) replizierte auf die Ausführungen Spindeleggers, Vertrauen könne man nicht schaffen, indem man die Krise in Europa wegdiskutiert. Krusche forderte den Vizekanzler vor allem auf zu verhindern, dass Europa noch zentraler und bürokratischer wird. Kritisch stellte er in diesem Zusammenhang fest, im Widerspruch zu sämtlichen Verträgen habe bereits eine Kehrtwendung in Richtung Schulden- und Transferunion stattgefunden. Zur Diskussion über den Euro bemerkte er, die FPÖ sei nicht für die Wiedereinführung des Schilling, es sei aber ein Fehler gewesen, Staaten in die Währungsunion aufzunehmen, die dafür nicht reif sind. Anliegen des Redners war überdies eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes durch eine auch auf den außereuropäischen Bereich gerichtete Außenpolitik. Wenn Lopatka es schafft, als Österreicher nicht mit Kängurus in Verbindung gebracht zu werden, dann habe er eine erfolgreiche Außenpolitik betrieben, umschrieb Krusche schließlich die auf den neuen Staatssekretär zukommenden Herausforderungen.

Länderkammer kann zu vertiefter Zusammenarbeit in Europa beitragen
Bundesrat Gottfried KNEIFEL (V/O) sah in der Wettbewerbsfähigkeit Europas, der Absicherung des Modells der sozialen Marktwirtschaft und der Eindämmung der internationalen Finanzspekulation die zentralen Fragen in der Europapolitik. Er trat auch für die Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer zumindest in den 17 Staaten der Eurozone ein und brach insgesamt eine Lanze für vertiefte Zusammenarbeit und eine stärkere Besinnung auf die gemeinsamen Werte und Ziele in Europa. Er begrüßte die Mitwirkung des Bundesrates in EU-Angelegenheiten und zeigte sich überzeugt, dass die Länderkammer auch bei der Diskussion über neue Organisationsstrukturen in Europa ihren Beitrag leisten werde.

Viel Erfolg wünschten dem neuen Außenstaatssekretär Lopatka die Bundesräte Gerald KLUG (S/St), Marco SCHREUDER (G/W)und Günther KÖBERL (V/St). Alle drei hoben hervor, dass Außen- und Europapolitik nicht von parteipolitischen Haltungen geprägt sein dürfe. In diesem Zusammenhang wies Bundesrat Klug kritische Anmerkungen zur Europapolitik von Bundeskanzler Werner Faymann auf das Schärfste zurück. Dem Regierungschef solle nicht mangelnde Überzeugung als Europapolitiker vorgeworfen werden, habe dieser doch immer auf eine "differenzierte" Europapolitik gedrängt und sich klar gegen die europaweite "Spardoktrin" gestellt. Österreichs Weg des sinnvollen Sparens in Kombination mit wirtschaftspolitischen Impulsen habe sich immerhin als der richtige bewiese, so Klug, das belege etwa die geringe Jugendarbeitslosigkeit im Land. Der S-Bundesrat meinte allerdings ebenso wie Marco Schreuder, die außenpolitischen Herausforderungen reichten über Europas Grenzen hinaus, wie die Krisen im Arabischen Raum oder der Krieg in Syrien zeigten.

G-Bundesrat Schreuder plädierte außerdem für eine neue Organisationsstruktur der Europäischen Union. Derzeit werde die Europapolitik vor allem von nationalen Regierungen gesteuert, das Europäische Parlament habe zu wenig Einfluss. Die EU solle sich nicht als reine Wirtschaftsunion sehen, befand Schreuder und wies auf die Bedeutung der kulturellen und sozialen Union hin. Die notwendigen Finanzmitteln für eine Sozialunion könnten beispielsweise durch eine Finanztransaktionssteuer generiert werden, schlug der Redner vor. Bundesrat Köberl sprach sich für ein starkes und stabiles Europa aus. Notwendig dafür sei jedoch, dass alle EU-Mitglieder ihren Beitrag zur Weiterentwicklung der Union leisteten. Letztendlich könnten Entscheidungen über Sicherheit und Wohlstand in der EU nur gemeinsam mit anderen Mitgliedsländern getroffen werden. Köberl appellierte zudem dafür, die transatlantischen Beziehungen zu Staaten wie Brasilien oder Indien im Sinne des Exportlandes Österreich zu pflegen und er sah die ungekürzten Mittel für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) bei Staatssekretär Lopatka in guten Händen.

Lopatka: nicht bei internationalen Aufgaben sparen

Staatssekretär Reinhold LOPATKA erklärte, Außenminister Spindelegger habe die Rücknahme der geplanten Kürzungen des EZA-Budgets erreicht, wodurch Österreich seiner Verpflichtung zur Hilfe bei Katastrophen und Krisen im Ausland nachkommen könne. Generell sprach sich Lopatka klar gegen Einsparungen beim Außenministerium aus, da die umfassenden Aufgaben dieses Ressorts dann nicht in der bisherigen Weise erfüllt werden könnten. Lopatka führte dazu unter anderem Österreichs Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat und den friedenssichernden Einsatz österreichischer Soldaten im Ausland an.

Als Schwerpunkt seiner Tätigkeit skizzierte der Außenstaatssekretär die Europapolitik, wobei es zum einen gelte, für Österreichs Interessen in Brüssel einzutreten, beispielsweise bei den Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen auf europäischer Ebene. Zum anderen müsse den BürgerInnen erklärt werden, weswegen Österreich seine Beiträge an die EU leistet. Aus diesem Grund kündigte der Staatssekretär an, in den Regionen Kontakt mir den BürgerInnen zu suchen. Lopatka hielt fest, man werde auf einen sorgsamen Umgang bei den Ausgaben achten und sich dafür einsetzen, dass spezifische Anliegen Österreichs wie die Regionalförderungen unterstützt würden.

Österreich habe eine Expertenstellung innerhalb der EU hinsichtlich der Regionen Donauraum und Westbalkan inne, erläuterte Lopatka weiter. Nun müssten auch Schritte für die Kontaktaufnahme mit den BRIC-Staaten gesetzt werden, bestätigte er den Appell seines Vorredners Köberl.

Europa benötige allerdings mehr Wettbewerbsfähigkeit, betonte der Staatssekretär, dann nur dadurch könnten die EU-Staaten ihre weltweit einzigartigen sozialen Rahmenbedingungen erhalten. Zwar müssten sich die EU-Mitglieder solidarisch verhalten, doch verlange diese Bereitschaft zur Hilfeleistung, dass die EU Eingriffsmöglichkeiten hat, falls Krisenstaaten verlangte Restrukturierungen nicht erfüllen.

Bezüglich KMUs in Österreich meldete sich Bundesrat Reinhard PISEC (F/W)zu Wort. Aus seiner Sicht sei die derzeitige Kreditklemme auf die Unfähigkeit der Banken in Europa zurückzuführen. Pisec zufolge würde das von der EZB emittierte Geld von den Banken "aufgesaugt", daher drängte der F-Mandatar auf eine Bankeninsolvenzordnung. Angesichts des Sinkens der verfügbaren Einkommen, das aus den steigenden Lebenserhaltungskosten resultiere, solle die Regierung endlich ein ausgeglichenes Budget vorlegen, schloss Pisec.

Außenpolitischer Bericht - viel Europa, wenig Entwicklungszusammenarbeit

Zwar gebühre den konsularischen MitarbeiterInnen, die ÖsterreicherInnen weltweit unterstützen, Lob, gab Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V) zu. Dennoch könne ihre Fraktion den vorliegenden Bericht nicht zur Kenntnis nehmen, da die politische Haltung des Außenministeriums von der FPÖ nicht befürwortet werde. Als Beispiel erwähnte Michalke die Ausführungen zur Finanzkrise im Bericht, wobei sie kritisierte, mit den angeführten "Kriseninstrumenten" wie dem ESM werde man nicht alle Probleme lösen. Sie wünsche sich ein "Europa der Vaterländer", so die F-Mandatarin, wodurch die Nationalstaaten mehr Einfluss bekämen. Im internationalen Zusammenhang bekrittelte Michalek die aus ihrer Sicht untragbaren Geldkürzungen der italienischen Regierung in Südtirol und warf die Frage auf, wie sich Österreich angesichts der vermehrten Anschläge gegen christliche Kirchen weltweit verhalte. Bezüglich Österreichs Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat zeigte sich die Bundesrätin interessiert, welche Akzente dort gesetzt würden und welche Kosten daraus resultierten. Außerdem fragte sie nach der österreichischen Strategie gegenüber den Ländern des Arabischen Frühlings.

Bundesrat Edgar MAYER (V/V) bedankte sich für den "imposanten Bericht" des Außenministeriums, der zudem ein Erfolgsbericht sei. Seine Vorrednerin habe daran nur "fadenscheinige Kritik" üben können. Während der Krisen des Arabischen Frühlings habe sich das Außenministerium schnell und effizient an der Evakuierung österreichischer StaatsbürgerInnen beteiligt. Die Eurokrise habe ebenfalls rasches Handeln erfordert, Österreich bringe sich hier positiv ein. Europapolitik bedeute heute Krisenbewältigung. Ein Teil davon sei die Erweiterungspolitik. Im Falle Kroatiens habe Österreich einen wichtigen Beitrag dazu geleistet.

Die Arbeit von Außenminister Spindelegger werde im Ausland anerkannt, vor allem auch in Südosteuropa, betonte Mayer. Österreich verfolge eine besondere Donauraumstrategie, um die vorhandenen Ressourcen und die Instrumente der EU für diese Region optimal zu nützen. Auch der Bundesrat sei dabei impulsgebend tätig. Europa könne nur erfolgreich sein, wenn es von allen mitgetragen werde, sagte Mayer in Richtung von Bundesrat Krusche. Auch die FPÖ solle hier nicht abseits stehen.

Bundesrätin Muna DUZDAR (S/W) meinte, es sei verständlich, wenn ein Schwerpunkt des Berichts auf der Europapolitik liege. Allerdings träten dadurch Themen wie Entwicklungszusammenarbeit in den Hintergrund. Österreich müsse sich im humanitären Bereich engagieren, forderte Duzdar und erinnerte daran, dass Jordanien an die Grenzen seiner Möglichkeiten stoße. Der Bericht zeige auch die zunehmende Verschlechterung der Menschenrechtslage im Iran auf. Leider finde sich im Bericht nicht dieselbe Ausführlichkeit im Falle Saudi Arabiens, bedauerte sie.

Der Konflikt in Syrien weite sich aus und werde immer eindeutiger zu einem internationalen Stellvertreterkrieg, stellte die Bundesrätin fest. Österreich müsse sich daher zusammen mit anderen Staaten für eine Deeskalation und vor allem für die atomare Abrüstung in der Nahostregion einsetzen. Duzdar sprach abschließend die demographische und soziale Situation der arabischen Staaten an. Leider lasse diese eine Radikalisierung und Destabilisierung zu befürchten. Europa müsse hier dasselbe Engagement zeigen, das Westeuropa in der Demokratisierung Osteuropas an den Tag gelegt habe.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) sah einen prinzipiell guten Bericht. Trotz seines Umfangs seien aber einige Bereiche zu kurz gekommen. So finde sich darin nichts zum bilateralen Verhältnis zwischen Österreich und Ungarn. Die Regierung sollte auch hier Menschenrechtsfragen ansprechen. Der Bericht gehe auch nicht auf die sozialen Auswirkungen der Sparpolitik in Griechenland ein. Hier sei die Europäische Union gefordert, dafür zu sorgen, dass die Sparmaßnahmen am richtigen Ort erfolgen und ihre sozialen Auswirkungen berücksichtigt werden.

Bundesrätin Kerschbaum kritisierte weiter, dass die österreichische Haltung in der Frage der Atomenergie in den Organisationen Euratom und der Internationalen Atomenergiebehörde offenbar nicht konsequent vertreten werde. Es zeige sich auch, dass jene Länder, die Atomenergie verwenden, auch meist eine schlechte Menschenrechtslage aufwiesen. Das Außenministerium hätte hier also viel zu tun. Zur Entwicklungszusammenarbeit meinte Kerschbaum, im Bericht sollte deutlicher dargestellt werden, wie diese mit Fragen der Menschenrechte und der Umweltpolitik zusammenhänge.

Bundesrat Günther KÖBERL (V/St) erinnerte an die Kernaufgabe der österreichischen Außenpolitik. Sie bestehe darin, Beziehungen zu allen Ländern zu pflegen und die österreichischen Interessen in internationalen Organisationen zu vertreten. Der Bericht zeige eine eindrucksvolle Leistungsbilanz der österreichischen Außen- und Europapolitik, sagte Köberl und dankte allen MitarbeiterInnen des Ressorts für die professionelle Arbeit. Die großen Krisen des Jahres 2011 hätten auch die österreichischen Vertretungen im Ausland vor große Herausforderungen gestellt. Sie hätten sich vor allem während des Arabischen Frühlings und nach der atomaren Katastrophe in Japan bewährt.

Österreich trete für eine starke Rolle der UNO und der OSZE ein. Minderheitenrechte messe man große Bedeutung bei. Die derzeitige Lage bestätige gerade wieder die Wichtigkeit der österreichischen Schwerpunkte in der Außenpolitik wie Schutz der Zivilbevölkerung, Bereitstellung medizinischer Versorgung und Hilfe beim Wiederaufbau. Zur Syrienkrise und dem Iran meinte er, es sei zu hoffen, dass Vernunft und Diplomatie sich letztlich durchsetzen werden. Köberl lobte abschließend die Hilfe Österreichs in der Sahelzone.

Staatssekretär Reinhold LOPATKA sagte in seiner abschließenden Stellungnahme, der Bericht gebe einen sehr guten Überblick über die vielfältigen Leistungen des Ministeriums und sei ein Nachschlagewerk für alle an außen- und europapolitischen Fragen Interessierten. Wenn einzelne Bereiche nur knapp dargestellt seien, so sei das auch eine Frage der Lesbarkeit. Österreich habe diplomatische Beziehungen zu 134 Staaten, sei in dutzenden internationalen Organisationen vertreten und selbst ein wichtiger Sitz solcher Organisationen und ziehe auch neue internationale Einrichtungen an. Wien und Österreich gewinnen damit auf der Weltkarte der Diplomatie immer mehr an Bedeutung, betonte Lopatka.

Zur Frage nach den Kosten des Menschenrechtsengagements im Rahmen der UNO meinte Lopatka, dass dadurch keine zusätzlichen Kosten entstehen. Österreich habe im Menschenrechtsrat aber Schwerpunkte setzen können, etwa zugunsten des Schutzes von JournalistInnen. In der demokratischen Entwicklung arabischer Staaten setze Österreich eigene Akzente, etwa durch Hilfe in der Ausbildung libyscher Diplomaten. Österreich helfe auch in Jordanien. Nicht zuletzt leisteten die österreichischen Soldaten im Ausland einen wichtigen Beitrag in Krisenregionen.

Der Außen- und Europapolitische Bericht 2011 wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.
     
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