Julian Rosefeldt. The Ship of Fools.    

erstellt am
03. 10. 12

17. Oktober bis 25. November 2012 in der Kunsthalle Wien
Wien (kunsthalle wien) - Julian Rosefeldts Kunst ist zeitgenössische Malerei mit der Kamera. Die pittoresken Bilder und poetischen Einstellungen übersetzen die farblichen Übergänge der Malerei in filmische Verläufe und zeitbildliche Impressionen. In den beiden Vier-Kanal-Arbeiten The Ship of Fools von 2007 und Meine Heimat ist ein düsteres, wolkenverhangenes Land von 2011 entwirft der deutsche Künstler eine emotional berührende, filmische Auseinandersetzung mit einem klassischen Genre der Malerei - der Landschaft. Der Film The Ship of Fools, von dem sich auch der Titel der Ausstellung ableitet, steht in einem losen Zusammenhang mit der reformatorischen Moralsatire Das Narrenschiff von Sebastian Brant, die der Welt durch eine unterhaltsame Schilderung ihrer Laster kritisch den Spiegel vorhält*.

Rosefeldts perfektionistische Filmprojekte, in denen der Ton stets eine zentrale Rolle einnimmt, verdichten sich beim Betrachten zu einem Netz aus Bedeutungen, Assoziationen und Anspielungen. Der Filmemacher, dessen Nahverhältnis zur Architektur stark spürbar ist, erschafft eine eindringliche Welt der Illusion, die im Neben- und Nacheinander der Bildeindrücke bzw. ihrer Überlagerung eine manchmal unheimliche Surrealität vermittelt. Die Übersteigerung des bildlichen Realismus transzendiert die Naturimpressionen zu laufbildlichen Artefakten, die die Form der Präsentation im Ausstellungsraum bereits vorwegnehmen. Rosefeldts filmische Choreografien aus Zeit-, Bild- und Raumkombinationen greifen kulturgeschichtliche Themen auf. Mittels Pathosformeln, einer Ästhetik der Erhabenheit und poetischen Einstellungen verweisen sie auf Motive der Literatur, Lyrik, der Oper und des Theaters und übersetzen sie in die Gegenwart.

Schauplatz der beiden in der Kunsthalle Wien ausgestellten Arbeiten ist immer wieder der Wald, der symbolisch die Ambivalenz deutschen Nationalgefühls und romantischen Naturerlebens umschreibt. In den unterschiedlichen Landschaftsszenerien stehen in sich versunkene, verloren wirkende Figuren, die der Künstler in Referenz an Caspar David Friedrich darstellt. Diese einsamen "Helden" vermitteln die Sehnsucht nach Freiheit, Wandel und Tod. Sie scheinen fehl an dem Platz, den sie innerhalb der überwältigenden Landschaft. Rosefeldts Filme zeigen, wenn auch symbolisch verkleidet, die Chiffren der Erzählkunst auf und versetzen den Betrachter in schwermütige und tiefsinnige Seelenlandschaften, die immer wieder von lichten Momenten unterbrochen werden.

In beiden ausgestellten Filmen verpflichtet sich Rosefeldt der Romantik und unterzieht die Epoche einer analytischen Betrachtung durch die Moderne. In Meine Heimat ... arbeitet Rosefeldt mit der kulturellen Vielschichtigkeit des Waldes, reinszeniert ein romantisches Naturerleben und thematisiert die bis heute bestehende Unsicherheit der Deutschen im Umgang mit ihrer nationalen Identität. Der Zwiespalt einer deutschen Befindlichkeit, die ideologische Naturüberhöhung, die Nostalgie, die mit einer kulturell reichen Vergangenheit verbunden ist, und eine mystische Naturerfahrung sind die filmischen Ingredienzien, die sich in einem dialektischen Spiel von Pathos und Tragik, Einsamkeit und Verbundenheit, Sehnsucht und Verlorenheit entfalten.

Kuratorin: Angela Stief

Julian Rosefeldt Rosefeldt, geboren 1965 in München, studierte Architektur in München und Barcelona. Seit 1999 lebt und arbeitet er in Berlin. 2009/2010 war er als Gastprofessor an der Bauhaus-Universität in Weimar. Seit 2010 ist er Mitglied der Abteilung Film- und Medienkunst an der Bayerischen Akademie der Schönen Künste; seit Oktober 2011 Professor für Digitale Medien an der Akademie der Bildenden Künste München.
     
Informationen: http://www.kunsthallewien.at    
     
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