Industrie: Konjunkturabkühlung hält an 

 

erstellt am
19. 10. 12

IV-GS Neumayer: Arbeitszeitflexibilisierung als Maßnahme zum Beschäftigungserhalt
Wien (pdi) - Das zurückliegende dritte Quartal war von zunehmenden Konjunktursorgen geprägt. Zwar fiel das erste Quartal des heurigen Jahres noch recht expansiv aus, doch verminderte sich die Dynamik in den Folgequartalen erheblich, sodass die Industriekonjunktur derzeit stagniert. Eine spürbare konjunkturelle Belebung ist aus heutiger Sicht nicht vor dem zweiten Quartal 2013 zu erwarten, so die zentralen Ergebnisse des aktuellen Konjunkturbarometers der Industriellenvereinigung (IV) aus dem 3. Quartal 2012.

„Die Eurozone ist erneut von einer Rezession betroffen. Das für die USA gefürchtete Double Dip-Szenario ist nicht jenseits, sondern vielmehr diesseits des Atlantiks Realität geworden“, so der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Mag. Christoph Neumayer. „Es ist die überdurchschnittlich starke Verflechtung der heimischen Industrie mit der deutschen sowie der mittel- und osteuropäischen Wirtschaft, welche Österreich bis dato vor einem Abgleiten in die Rezession bewahrt hat. Wir erleben dennoch die weitere Abkühlung der heimischen Industriekonjunktur.“

Der Wert des IV-Konjunkturbarometers, welches als Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt wird, reflektiert die Abschwächung und fällt von +17 Punkten im zweiten auf nur noch +2 Punkte im dritten Quartal 2012 zurück.

Die Ergebnisse im Detail
Das außereuropäische Umfeld bietet in den kommenden Monaten nur geringe Impulse für eine Belebung der Exportnachfrage. Zwar hat sich die US-amerikanische Wirtschaft knapp oberhalb der Stagnation eingependelt und der Immobilienmarkt scheint an Stabilität zu gewinnen, doch geht die Erholung größtenteils am dortigen Arbeitsmarkt vorbei. Mangels einer kurzfristigen Erholungsperspektive hat sich die US-Notenbank daher zu einer erneuten Runde massiver geldpolitischer Intervention (Quantitative Easing 3) entschlossen. In China wiederum hält die Abschwächung des Wirtschaftswachstums weiterhin an, sodass die chinesische Wirtschaftspolitik nunmehr neben einer expansiven Geldpolitik auch auf zusätzliche fiskalpolitische Impulse durch Infrastrukturinvestitionen setzt, um die Wachstumsziele zu erreichen.

Der südeuropäische Euroraum befindet sich hingegen in einer hartnäckigen Rezession. Noch dazu hat sich der finanzpolitische Stress in Spanien sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor in den vergangenen Monaten weiter verschärft. Neben dem Zentralstaat ist auch die regionale Ebene mit wachsenden budgetären Schwierigkeiten konfrontiert. Noch düsterer ist die Lage in Griechenland, wo die Schuldentragfähigkeit des Landes ohne zusätzliche Maßnahmen neuerlich zweifelhaft erscheint.

Dennoch sind makroökonomische Lichtblicke festzustellen. Im südeuropäischen Euroraum sind einerseits Fortschritte bei der Lohnstückkostenentwicklung und damit bei der Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit erreicht worden. Andererseits hat sich, bedingt durch die konjunkturelle Schwäche, die Importnachfrage verringert, sodass sich die Handelsbilanzen der betreffenden Länder zum Teil erheblich verbessert haben.

„In starkem Gegensatz dazu hat die österreichische Wirtschaft schon im Vorjahr das Vor-Krisen-Hoch aus dem Jahr 2008 übertroffen“, so IV-Chefökonom Dr. Christian Helmenstein. „Dies gilt für die Ausbringungsleistung ebenso wie für die Exporte, für die Bruttoverdienste von Arbeitern und Angestellten ebenso wie für die Beschäftigung. Letztere erreicht in Österreich einen historischen Höchststand – mehr als achtzigtausend zusätzliche unselbstständig Beschäftigte gibt es derzeit bundesweit.“

In Österreich berichtet angesichts des zunehmenden konjunkturellen Gegenwindes nur noch etwas mehr als ein Drittel (35 Prozent) der Unternehmen von einem guten Geschäftsverlauf. Mit einem dezidiert schlechten Geschäftsgang sind 11 Prozent nach zuvor 7 Prozent der Unternehmen konfrontiert, sodass die Einschätzung der derzeitigen Geschäftslage in der Industrie mit +24 Punkten auf den niedrigsten Stand seit 10 Quartalen fällt.

Noch erheblichere Einbußen sind bei der Einschätzung des weiteren Konjunkturverlaufs zu verzeichnen. Die Erwartungskomponente mit Sechs-Monats-Horizont verschlechtert sich auf -21 Punkte, den niedrigsten Wert seit dem vierten Quartal 2008 (-38 Punkte).

Die für den weiteren Konjunkturverlauf besonders wichtigen Auftragsbestände nehmen weiter auf ein inzwischen erheblich unter der Normalauslastung liegendes Niveau ab. Der betreffende Saldo sinkt von +39 Punkten auf +28 Punkte, bleibt aber deutlich oberhalb der Nulllinie. Dieses Ergebnis ist auf eine erhebliche Streuung zwischen den Respondenten zurückzuführen. Während zwei von fünf Unternehmen nach wie vor von über das saisonübliche Maß hinausgehenden Auftragsbeständen berichten, ist umgekehrt jedes achte Unternehmen bereits mit einer erheblichen Unterauslastung konfrontiert. Im Durchschnitt verringert sich die Auftragsreichweite in der österreichischen Industrie jedoch mit zunehmendem Tempo.

Die schwache Importnachfrage aus weiten Teilen Europas schlägt sich bei dem Saldo der Auslandsaufträge kräftig nieder – der Rückgang fällt hier auf einen Wert von +19 Punkten nach +31 Punkte noch ausgeprägter als bei den Gesamtauftragsbeständen aus.

Dementsprechend gestalten die Unternehmen ihre Produktionsplanung auf Sicht der nächsten drei Monate weiterhin mit Zurückhaltung. In saisonbereinigter Betrachtung bildet sich der Saldo für die Ausbringungsmenge von +6 Punkten auf +2 Punkte zurück. Die österreichische Industrieproduktion stagniert.

Wurde trotz abklingender Konjunkturdynamik vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels der Beschäftigtenstand bis in die Sommermonate hinein auf hohem Niveau aufrecht gehalten, wirkt sich die konjunkturelle Schwäche nunmehr auch erheblich auf die Einstellungsneigung aus. Lediglich noch jedes vierzehnte Unternehmen beabsichtigt seinen Beschäftigtenstand zu erhöhen, wohingegen circa jedes dritte Unternehmen diesen zu verringern plant.

Bei der Ertragslage wirken einerseits die Rückgänge bei Rohstoff-, Rohöl- und Vorproduktpreisen stabilisierend. Andererseits schlägt die globale Nachfrageschwäche auf die erzielbaren Verkaufspreise durch (Saldo -11 Punkte nach -6 Punkten im Vorquartal), sodass die Erträge unter erheblichen Druck geraten (Saldo +6 nach +16). Weniger als ein Viertel der Unternehmen kategorisiert die Ertragslage noch als gut, hingegen bereits fast jedes fünfte als schlecht.

Mit Blick auf den Sechs-Monats-Horizont verdüstern sich die Ertragsaussichten noch weiter – der Saldo fällt auf -8 Punkte nach zuvor -1 Punkt. Auch dieses Ergebnis reflektiert die äußerst verhaltenen Konjunkturaussichten für das nächste Semester.

Die IV-Konjunkturumfrage: Zur Befragungsmethode
An der jüngsten Konjunkturumfrage der Industriellenvereinigung beteiligten sich 431 Unternehmen mit rund 279.100 Beschäftigten. Bei der Konjunkturumfrage der IV kommt folgende Methode zur Anwendung: den Unternehmen werden drei Antwortmöglichkeiten vorgelegt: positiv, neutral und negativ. Errechnet werden die (beschäftigungsgewichteten) Prozentanteile dieser Antwortkategorien, sodann wird der konjunktursensible „Saldo“ aus den Prozentanteilen positiver und negativer Antworten unter Vernachlässigung der neutralen gebildet.

 

 

 

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