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erstellt am
19. 10. 12

ForscherInnen suchen nach optimierten Methoden des Stickstoffeinsatzes in der Landwirtschaft
Graz (universität) - Pflanzen brauchen Stickstoff, um zu wachsen. In der Landwirtschaft wird ihnen das „Nitrogenium“ vor allem durch Kunstdünger zugeführt, der vor etwa hundert Jahren entwickelt wurde und seit den 1950er Jahren in steigendem Maß eingesetzt wird. Was Pflanzen sprießen lässt, kann für die Umwelt jedoch schädlich sein: „Überdüngung verursacht Nitratbelastung in Grund- und Trinkwasser und Algenblüte in Gewässern, sowie indirekt eine Versauerung des Bodens. Außerdem wird ein Teil des Düngers im Boden zu Lachgas umgewandelt, das in die Atmosphäre entweicht und dort als besonders starkes Treibhausgas wirkt“, erklärt Univ.-Prof. Dipl-Ing. Dr. Wilfried Winiwarter vom Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung (ISIS) der Karl-Franzens-Universität Graz. In dem gemeinsam mit der BOKU Wien eingereichten und dort koordinierten Projekt „Farm-Clim“ suchen ForscherInnen nun nach dem optimalen Einsatz von Stickstoff bei der Düngung und in der Produktion von Tierfutter.

Von 100 Kilogramm Stickstoff werden im globalen Durchschnitt nur 30 Kilogramm von Pflanzen aufgenommen; der Rest wird in Grundwasser und Oberflächengewässer ausgewaschen oder gelangt in die Atmosphäre. Winiwarter erklärt die großen Mengen von beigefügtem Stickstoff so: „Um Arbeitsschritte zu sparen, wird Kunstdünger meist einmalig pro Saison und dafür in reichem Maß zugegeben. Damit soll sichergestellt werden, dass auch bei guten Wachstumsbedingungen ausreichend Dünger vorhanden ist, sodass keine Ernteeinbußen entstehen.“ Eine den regionalen Erfordernissen und individuellen Bedürfnissen der Pflanzen angepasste Düngung wäre dabei nicht nur schonend für die Umwelt, sondern auch für die Geldbörse – denn Düngemittel sind nicht billig.

Hier setzt „Farm-Clim“ an: „Wir erforschen in diesem Projekt, wie Stickstoff zeitlich besser eingesetzt werden kann - bei gleichzeitiger Rücksichtnahme auf die lokalen Gegebenheiten, wie zum Beispiel Bodenqualität oder Wetterverhältnisse“, so der Systemwissenschafter. Das Problem: Die Variabilität des Bodens ist groß. „In Tests wurde gezeigt, dass Proben, die nur wenige Meter voneinander entfernt gezogen wurden, sich auch im Stickstoffgehalt stark voneinander unterscheiden können“, unterstreicht Winiwarter. Bei der Fütterung der landwirtschaftlichen Nutztiere spielt der Stickstofffluss ebenfalls eine wichtige Rolle: „Ideal wäre eine Abstimmung der Inhaltsstoffe der Nahrung mit Alter und Größe des zu fütternden Tieres.“ So könnte genauer abgeschätzt werden, wie viel Stickstoff die Tiere benötigen, um stickstoffhaltiges Protein in Produkten wie Fleisch, Milch oder Eiern zu liefern.

Ziel von „Farm-Clim“ ist, ein Maßnahmenpaket für den optimierten Einsatz von Stickstoff in Ackerbau und Viehzucht zu entwickeln, das praktikabel und durchführbar ist. Die ForscherInnen des Instituts für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung der Uni Graz sind als wichtige KooperationspartnerInnen der BOKU Wien für die Erstellung von Stickstoffbilanzen und für Szenarienentwicklungen verantwortlich. Außerdem sind das Umweltbundesamt Wien, die AGES, die Bundesanstalt für Wald und die Landwirtschaftskammer Niederösterreich in das Projekt involviert. „Farm-Clim“ hat im Mai 2012 begonnen und läuft für zwei Jahre. Dieses Projekt ist Teil des Forschungsschwerpunkts „Umwelt und globaler Wandel“ der Karl-Franzens-Universität Graz.

 

 

 

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