Nationalrat bewertet Universitäts- und Forschungspolitik 

 

erstellt am
16. 11. 12

Töchterle: Bundesregierung investiert offensiv in Bildung
Wien (pk) - Studienbeiträge, Studienplatzfinanzierung und die Situation heimischer Universitäten und Forschung prägten die Debatte über das Budget Wissenschaft und Forschung, das am Ende der heutigen Tagesordnung des Nationalrats stand. Der Bundesvoranschlag 2013 sieht für diesen Bereich Gesamtauszahlungen von 4,022 Mrd. € vor. Bundesminister Karlheinz Töchterle betonte, dass sein Budget um 4,5% steige. Mit der kapazitätsorientierten Studienplatzfinanzierung würden nun Schritte gesetzt, um etwa die Betreuungsqualität an den Universitäten zu verbessern. Der Minister zeigte sich auch zuversichtlich, den F&E-Anteil von 2% am BIP erreichen zu können.

Pro und Contra Studiengebühren
Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) rief Bundesminister Töchterle auf, die Rücklagen des Ressorts für die Universitäten einzusetzen, forderte einen Ausbau der Online-Studien und plädierte für eine studienplatzorientierte Finanzierung. In einem Entschließungsantrag verlangte Deimek die Verankerung des Herkunftslandprinzips für ErstinskribentInnenen, wobei er argumentierte, es sei nicht einzusehen, dass Studierende, die in ihrem Land Studiengebühren zahlen müssten, in Österreich gratis studieren können. Ein weiterer Entschließungsantrag Deimeks hatte die Forderung nach einer jährlichen Valorisierung der Studienbeihilfe und der Zuverdienstgrenze zum Inhalt.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-Schlager (V) bekräftigte, durch dieses Budget sei Zukunft möglich und werde Konsolidierung machbar. Es sei gelungen, mehr Mittel für Wissenschaft und Forschung zur Verfügung zu stellen. Mit Nachdruck trat die Rednerin für die Einführung von Studiengebühren in der Höhe von 500 € pro Semester bei gleichzeitiger Befreiung der sozial schwachen Studierenden ein. Dadurch könnten 230 Mio. € an Einnahmen erzielt werden, rechnete sie vor. 40 Mio. € sollten aus diesem Topf künftig in die Finanzierung von Studienbeihilfen fließen, mit dem restlichen Geld wäre es u.a. möglich, bis zu 90 Professuren zu bezahlen, erklärte Cortolezis-Schlager.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) betrachtete die Wirkungsziele in Bezug auf die Akademikerquote und die BezieherInnen von Studienbeihilfe sowie hinsichtlich der Betreuungsrelation als wenig ambitioniert. Er kritisierte unter anderem Doppelgleisigkeiten bei Universitätskliniken, forderte überdies mehr Objektivität bei den Berufungen an Kliniken und regte Einsparungen bei den Nebentätigkeiten von Professoren an.

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) erkannte im vorliegendem Budget erste Schritte zu einer Universitätsreform. Die wichtigsten Aspekte aus ihrer Sicht wären eine Verbesserung der Studienbedingungen durch den Ausbau der Lehrveranstaltungen, die Freiheit von Studiengebühren für den Großteil der Studierenden sowie eine Verbesserung der Studienförderung durch Anhebung der Arbeitnehmerfreibeträge.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) zeigte sich hingegen enttäuscht und stellte fest, mit diesem Budget sei fast gar nichts erreicht worden. Es fehle vor allem an Strukturänderungen und an einer Absicherung der Forschungsförderung. Klar war für den Redner auch, dass es in Österreich nicht zu wenig Studierende, sondern zu wenig erfolgreiche AbsolventInnen gibt. Widmann kritisierte weiters, die Fachhochschulen würden im Budget zu kurz kommen, und forderte unter Hinweis auf deren große Bedeutung für die Wirtschaft und die Zukunft des Landes verstärkte Investitionen in den FH-Ausbau. Ziel sollte seiner Meinung nach eine Erhöhung des Anteils an FH-Studierenden auf 20 % der Gesamtzahl der Studierenden in Österreich sein. Schließlich forderte Widmann auch die Einführung von Studiengebühren bei gleichzeitigem Ausgleich durch Studienbeihilfen.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) sprach von der Notwendigkeit, mehr private Mittel für die Universitäten zu lukrieren, und plädierte für die Einführung von Studienbeiträgen in Kombination mit einem sozial gerechten Studienbeihilfensystem. Auch Franz hob den hohen Stellenwert der Fachhochschulen hervor und sah in diesen auch eine Vorbildwirkung für die Universitäten.

Töchterle: Start in die kapazitätsorientierte Studienplatzfinanzierung
Bundesminister TÖCHTERLE zeigte sich erfreut über den Konsens der Parlamentarier darin, dass Investitionen in die Bildung wichtig für Zukunft und Wohlstand des Landes sind. Der Wissenschaftsminister merkte an, dass Bildung neben ihrer ökonomischen Bedeutung auch einen wichtigen ideellen Wert darstellt. Österreich sei eines der wenigen Länder, die offensiv in Bildung investieren, informierte der Minister. Gezielt investiert werde auch in das Institut für Wissenschaft und Technologie Österreich, das als Exzellenz-Institut mit einer längeren Finanzierungsperspektive gegründet wurde. Der Vergleich mit Universitäten sei nicht zutreffend, weil diese per Gesetz von einer langfristige Finanzierungssicherheit ausgehen können.

Die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung steigen um 4,5 % auf 4,022 Mrd. €. Der Minister erläuterte die Zusammensetzung und Verwendung der Hochschulmilliarde, wobei bei der Vergabe von 450 Mio. € als wichtigste Leistung die Aktivierung von Studierenden ist, weil es gelte, die AbsolventInnenzahlen zu erhöhen.

Es gehe in der Wissenschaft und Forschung aber nicht nur um das Geld, sondern auch um Rahmenbedingungen. Mit den Ergebnissen der Regierungsklausur starten wir in die Zeit der kapazitätsorientierten Studienplatzfinanzierung, sagte der Minister. Es gehe dabei um die Verbesserung der Betreuungsqualität, durch Erhöhung der Zahl der Professuren in fünf stark nachgefragten Fächern und durch das Einziehen einer Obergrenze, um diesen Effekt nicht wieder verpuffen zu lassen. Studienplätze würden ausgebaut und die Betreuungsqualität verbessert. Das neue Finanzierungsmodell für die Universitäten soll im Laufe von drei Leistungsvereinbarungsperioden implementiert werden, teilte der Minister den Abgeordneten mit.

Mit seinem Gesetzesvorschlag für die Studienbeiträge sei er nicht durchgekommen, räumte Töchterle ein, er fühle sich nach dem Kompromiss mit dem Koalitionspartner aber nicht gescheitert, sondern zufrieden, hoffe aber darauf, nach einer Verbesserung der Studienförderung über Studienbeiträge noch einmal diskutieren zu können.

Über ein steigende Budget verfüge auch der FWF, der seine Aufgabe als Institut zur Förderung von Spitzenforschung hervorragend erfülle. Besonders am Herzen lag dem Wissenschaftsminister die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Universitäten. Hier sei ein Paradigmenwechsel vollzogen, um NachwuchswissenschaftlerInnen eine längerfristige Perspektive auf der Basis von Qualität und Leistung zu geben. Zudem würden zusätzliche Doktoratskollegs mit über 100 Stellen geschaffen.

Die öffentliche Seite der Forschungsförderung liege deutlich über dem europäischen Durchschnitt, auch vor Deutschland oder Frankreich, beim privaten Anteil der Forschungsausgaben hinke Österreich aber weit nach, erläuterte der Minister. "Wir strengen uns aber auch bei den Rahmenbedingungen für private Forschung an und sind mit unserem Budgetpfad auf dem Weg zu den angestrebten 2 %-Anteil am BIP."

Diskussion um ausländische Studierende
Abgeordneter Martin GRAF (F) sah es positiv, dass im Zukunftsbereich Wissenschaft und Forschung zumindest nominell mehr Mittel zur Verfügung stehen als im letzten Budget, was in Zeiten einer Finanzkrise anzuerkennen sei. Kritisch sah der Redner die Prioritätensetzungen in der Wissenschafts- und Universitätspolitik. Der Minister sei seinen Vorschusslorbeeren als angesehener Professor und Rektor nicht gerecht geworden. Nach wie vor sei es möglich, dass Studierende aus dem Ausland ÖsterreicherInnen einen Studienplatz wegnehmen, obwohl sie in ihrem Heimatland keine Studienberechtigung haben, kritisierte Graf und verlangte an dieser Stelle einen nationalen Schulterschluss.

Weiters kritisierte der Redner die starre Haltung des Ministers in der Frage der Studienbeiträge. Durch den Verzicht auf die Einhebung von Beiträgen von "nicht fleißigen StudentInnen" entgingen dem Minister 60 Mio. €, rechnete Graf vor. "Wir müssen damit aufhören, den jungen Menschen Chancen für die Zukunft zu rauben", formulierte Graf drastisch und forderte den Minister auf, als Speerspitze für die Interessen der Studierenden zu agieren.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) befasste sich mit den Wirkungszielen und den Gender-Zielen zur Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Frauen und Männern in universitären Führungspositionen. Forschung und Lehre soll für Männer und Frauen gleichermaßen zugänglich gemacht werden - eine weibliche Rektorin in der medizinischen Universität Innsbruck sei ein guter Schritt auf diesem Weg, sagte Oberhauser und appellierte an den Minister, sich für mehr Frauen in Führungspositionen einzusetzen.

Abgeordneter Kurt LIST (B) bedauerte, dass keine generellen Studiengebühren eingeführt wurden und damit die deutschen Numerus Clausus-Flüchtlinge in Österreich nicht zur Kasse gebeten werden können. Das sei eine Katastrophe und ein Zeichen der gescheiterten Politik der Bundesregierung. Die Träume der studierenden Jugend werde den jungen Menschen zum Nachteil Österreichs bereits bei der Immatrikulation geraubt, klagte List. Es fehle jedes Konzept für eine langfristige Finanzierung der Universitäten, kritisierte der Redner und meinte, die Universitäten brauchten einen handlungsfähigen Minister, der Vorschläge der Rektoren ernst nimmt. "Österreich braucht einen Rettungsschirm für seine Universitäten". Die Rettung der Universitäten könnte aber scheitern, weil ein frustrierter Wissenschaftsminister am Gängelband von Parteistrategen hänge und sich vom Koalitionspartner vorführen lasse. Daher fallen die österreichischen Universitäten im internationalen Ranking zurück, sagte der Redner und kritisierte das Verschleppen von Oppositionsanträgen durch die Koalitionsparteien ÖVP und SPÖ.

Abgeordnete Karin HAKL (V) dankte dem Bundesminister dafür, beim Thema Studienbeiträge für Rechtssicherheit an den Universitäten gesorgt zu haben, wobei sie allerdings bedauerte, dass es nicht gelungen sei, an den Universitäten mit Studienbeiträgen für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Die Tatsache, dass an Fachhochschulen relativ mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten studieren, widerlege Argumentationen gegen Studienbeiträge. Denn es sei sozial ungerecht, dass Arbeiter mit ihren Steuerbeiträgen Universitäten finanzierten, während ihre Kinder Studienbeiträge an Fachhochschulen bezahlen müssen.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) teilte den Abgeordneten zunächst bestürzt mit, dass die erste Kammer des italienischen Parlaments demnächst über eine Verfassungsreform abstimmen wird, die die Südtiroler Autonomie aufhebe. Dann wandte sich Huber dem Forschungsbudget zu sowie der Bedeutung der Unterstützung von Forschungsprojekten in kleinen und mittleren Unternehmen. Huber erinnerte an Erfolge österreichischer Unternehmen bei der Entwicklung bahnbrechender neuer Technologien in der Elektromobilität. Mittel, die in die Entwicklung der E-Mobilität investiert werden, fließen vielfach wieder in das Budget zurück, sagte er. Wichtig wäre es auch, im Bezirk Lienz eine Fachhochschule zu errichten, sagte der Osttiroler Abgeordnete. Denn nach wie vor müssten AbsolventInnen der HTL Lienz abwandern, wenn sie ihre hervorragende Ausbildung fortsetzen wollen. Die Abwanderung aus den Regionen sei zu stoppen, sagte Abgeordneter Huber.

Abgeordnete Laura RUDAS (S) wandte sich dagegen, junge Menschen mit Zugangsbeschränkungen und Studienbeiträgen vom Studium an Universitäten abzuhalten. Die Politik habe sich in den letzten Jahren viel zu sehr mit dem Thema Studiengebühren beschäftigt, nun sei es angesichts einer zu niedrigen Akademikerquote in Österreich angebracht, darüber zu diskutieren, wie man mehr Studierende an die Universitäten bringe, insbesondere auch junge Menschen aus bildungsfernen Schichten. Dies sei die Aufgabe eines verbesserten Studienförderungssystems, sagte Abgeordnete Rudas und gratulierte der Regierung zu den diesbezüglich erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen.

Abgeordneter Peter MAYER (V) zeigte sich erfreut über die Erhöhung der Mittel für Wissenschaft und Forschung und nannte dabei insbesondere die Hochschulmilliarde, die ab 2013 wirksam werde. Anders als viele andere Länder gehe Österreich im Bereich Wissenschaft und Forschung in die Offensive. Bei der öffentlichen Förderung der Forschung sei Österreich gut unterwegs, weniger gut allerdings bei privaten Forschungsinvestitionen, hier gelte es, die Rahmenbedingungen zu verbessern.

Dann befasste sich Abgeordneter Elmar MAYER (S) mit dem Thema PädagogInnenausbildung, einem zentralen bildungspolitischen Projekt, zu dem nun ein gemeinsam von dem MinisterInnen Töchterle und Schmied verabschiedetes Papier vorliege, das darauf abzielt, die Qualität der PädagogInnenausbildung anzuheben, die Pädagogischen Hochschulen aufzuwerten und Synergien mit den Universitäten zu nutzen. Dazu gehöre ein neues Berufsbild für Elementarpädagogen samt Bachelor- und Master-Ausbildung. Dieses Konzept ziele darauf ab, die Elementarpädagogik auf neue Beine zu stellen, lobte Elmar Mayer.

Abgeordnete Eva-Maria HIMMELBAUER (V) konzentrierte sich auf die Forschungsförderung und dabei insbesondere auf das Österreichische Institut für Wissenschaft und Technologie in Klosterneuburg, das sich in der qualitativ hochwertigen Forschung engagiere und zur Internationalisierung der Grundlagenforschung beitrage, sagte die Rednerin. Bis zu 1.000 WissenschaftlerInnen sollen in diesem Institut in 90 Arbeitsgruppen zusammenarbeiten. Das diene dem internationalen Ansehen Österreichs, lobte die Rednerin und dankte dem Bundesminister für dessen klares Bekenntnis für Wissenschaft und Forschung in Österreich.

Abgeordneter Erwin PREINER (S) bekannte sich zur Absicherung des Forschungs- und Wissenschaftsstandorts Österreich und gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass Wissenschaft und Forschung zu den High lights im Budget 2013 zählen. Der Redner lobte die Bundesregierung für die Budgetierung von Offensivmitteln, von denen erfreulicherweise auch die Fachhochschulen im Burgenland profitierten. Es sei wichtig, die Zahl der Studienplätze und der AbsolventInnen im Fachhochschulbereich zu erhöhen. Der Redner zeigte sich erfreut, dass es zu keiner generellen Einführung von Studiengebühren komme und brach eine Lanze für den Zugang aller WU-Studierenden zum Masterstudium.

Abgeordneter Harry Rudolf BUCHMAYR (S) bekannte sich zur Erhöhung der Freibeträge für nicht selbständige Arbeit bei der Zuerkennung von Studienförderungen. Diese Erhöhung entlaste mehr als 20.000 Studierende, die während ihres Studiums einer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen. Gegenüber der Opposition stellte der Abgeordnete fest, zwischen den Koalitionsparteien herrsche in der Wissenschaftspolitik nicht Streit, sondern ein überaus konstruktives Verhandlungsklima.

 

 

 

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