Heimische Landwirtschaft mit optimistischen Zukunftsaussichten 

 

erstellt am
13. 11. 12

Positive Entwicklung in den letzten beiden Jahren: Agrareinkommen wachsen 2010 und 2011 um rund ein Drittel auf 2,6 Milliarden Euro
Wien (unicredit) - Die österreichische Landwirtschaft hat zwei sehr erfolgreiche Jahre hinter sich: Die Agrarein­kommen in Österreich sind im Jahr 2010 und 2011 um fast ein Drittel auf insgesamt 2,6 Milliar­den Euro gestiegen. Vor allem im letzten Jahr erhöhte sich die Produktion stark, ebenso kletterten die Erzeugerpreise in vielen Segmenten nach oben und konnten damit auch die hohen Vorleistungskosten und die Einbußen bei den Agrarsubventionen ausgleichen. Diese positive Entwicklung wird sich im laufenden Jahr jedoch wieder etwas eintrüben denn 2012 werden die Einkommen trotz weiter steigender Erzeugerpreise wieder sinken. Wie der aktuelle Branchen­bericht der Bank Austria Ökonomen zur Landwirtschaft zeigt, dämpfen stark rückläufige Erntemengen die Ergebnisse im laufenden Jahr.

„Das sehr gute Ergebnis des Vorjahres war Folge von hohen Produktions- und sehr hohen Preissteigerungen. In diesem Jahr sind jedoch Einkommenseinbußen zu erwarten, denn auch die höheren Erzeugerpreise werden die teilweise stark rückläufigen Erntemengen nicht kompensieren können“, analysiert Bank Austria Ökonom Günter Wolf die Agrarkonjunktur. Laut den Ergebnissen der aktuellen Ernteerhebung wurden 2012 bisher bereits 12 Prozent weniger Gemüse und rund 20 Prozent weniger Getreide erzeugt. Bei Schweine- und Rindfleisch können die leichten Produktionsrückgänge mit höheren Preisen ausgeglichen werden: Bis August legten die Preise für Schlachtschweine um durchschnittlich 10 Prozent zu, für Schlachtrinder um 16 Prozent. Damit werden die Rindfleischpreise im Jahresdurchschnitt 2012 erstmals wieder über dem Niveau vor dem EU-Beitritt liegen. Auch die Milchwirtschaft muss in diesem Jahr mit leichten Einnahmeneinbußen rechnen. Wolf hierzu: „Nach einem sehr guten Milchjahr 2011 sind die Milchpreise von April bis September um rund 13 Prozent gefallen, wobei vor allem die schwächere Nachfrage nach höher verarbeiteten Milchprodukten bremst. Seit August sind auch die an die Molkereien gelieferten Milchmengen zurückgegangen. Langfristig wächst der Milchkonsum in Österreich jedoch aufgrund der steigenden Anzahl an Konsumenten – daher sind Absatzprobleme nicht zu erwarten.“

Die hohen Produktpreise der letzten zwei Jahre zeigen, dass die heimische Landwirtschaft indirekt von deutlich gestiegenen Weltmarktpreisen profitiert. Dennoch liegen die Erzeugerpreise in wichtigen Segmenten noch immer unter dem Niveau Mitte der 90er Jahre. Beispielsweise wurden für Schlachtschweine im Durchschnitt der ersten neun Monate 2012 um 5 Prozent weniger als 1994 bezahlt, Weizen ist je nach Qualität zumindest um 25 Prozent billiger.

Einkommen steigen, Subventionen sinken
Rund zwei Drittel der landwirtschaftlichen Einkommen in Österreich werden aus Subventionen gespeist. Diese dienen nicht nur der Versorgungssicherheit der Bevölkerung und der Agrar­marktstabilisierung entsprechend dem EU-Gründungsvertrag. Letztendlich sind sie auch Entgelt für die nicht über den Markt regulierten Leistungen des Sektors wie den Erhalt ländlicher Strukturen oder die Bereitstellung regionalspezifischer Lebensmittel. Von den 1,6 Milliarden Euro, die im Vorjahr an die Landwirtschaft in Form von Subventionen ausgeschüttet worden sind, stammt der Hauptteil von 1,3 Milliarden Euro aus EU-Töpfen – dies entspricht 2,3 Prozent des EU-Agrarbudgets. Bank Austria Ökonom Günter Wolf: „Österreichs Bauern profitieren aufgrund der schwierigen strukturellen Bedingungen deutlich vom EU-Agrarregime. Der Sektor erhält im Vergleich zu seinem Anteil an der EU-Agrarproduktion von 1,9 Prozent einen überdurchschnittlich hohen Anteil am Agrarbudget. Auch die geplanten Änderungen der gemeinsamen Agrarpolitik in der nächsten Budgetperiode 2014 bis 2020 werden das System nicht grundsätzlich verändern: Zwar wird der Subventionsanteil am Agrareinkommen weiter sinken, die Verluste werden aber moderat bleiben, da das EU-Agrarbudget voraussichtlich nominell wenig gekürzt wird.“ Damit muss Österreichs Landwirtschaft voraussichtlich nur geringe Fördereinbußen befürchten. Die hohen Einkommenszuwächse in den letzten beiden Jahren von 17 Prozent 2010 und 15 Prozent 2011 waren dennoch subventionsunabhängig. Die Förderanteile an den Agrareinkommen sind schon seit Jahren rückläufig. In den letzten zehn Jahren ist der Subventionsanteil von durchschnittlich 75 Prozent auf 62 Prozent gesunken. Auch die ausbezahlten Beträge sind in den letzten fünf Jahren zurückgegangen.

Österreichs Nahrungsmittel punkten mit Regionalität und Frische
„Die Perspektiven der heimischen Landwirtschaft sind erfreulich. Die Nahrungsmittelnachfrage wächst langsam aber stabil: Kurzfristig weil der Regional- und Frischefaktor ein zentrales Motiv für die Kaufentscheidung bei frischen Lebensmitteln ist – deutlich vor dem Preis. Und langfristig aufgrund der kontinuierlich wachsenden Zahl der Konsumentinnen und Konsumenten“, so Wolf über die positiven Zukunftsaussichten der österreichischen Landwirtschaft. Kurz zusammen­gefasst: Österreichs Konsumentinnen und Konsumenten kaufen österreichische Waren. Die nachgefragte Regionalität und Frische der Lebensmittel ist auch ein Grund, weshalb der Selbst­versorgungsgrad mit heimischen Produkten bei Fleisch, Milchprodukten und Gemüse seit Jahren gleichbleibend zunimmt. Auch die langfristige Nachfrage nach „Made in Austria“ ist mit der steigenden Zahl der Konsumenten abgesichert. In den nächsten zwanzig Jahren soll diese in Österreich um 600.000 auf mehr als 9 Millionen Menschen zunehmen.

Seit dem Höchststand 1997 ist Österreichs Handelsdefizit mit Nahrungsmitteln um rund 200 Millionen Euro auf 1 Milliarde Euro 2011 gesunken. In Summe wurden im Vorjahr Lebensmittel aus Österreich im Wert von 6,4 Milliarden Euro exportiert und um 7,4 Milliarden Euro importiert. Branchenanalyst Wolf über die Konkurrenzfähigkeit österreichischer Lebensmittel: „Letztendlich ist die Gefahr gering, dass die heimische Landwirtschaft in Zukunft Marktanteile an ausländische Konkurrenten in stärkerem Ausmaß verliert. Auch wenn die Nahrungsmittelbilanz 2012 wieder etwas weiter ins Minus rutschen wird, bleiben heimische Nahrungsmittel unverändert konkurrenzfähig. In den letzten zehn Jahren hat sich die Außenhandelsbilanz mit Nahrungsmittel nur in den drei Warengruppen Fische und Krebstiere, Obst und Gemüse sowie mit Kaffee und Gewürzen verschlechtert.“ Wettbewerbsrelevant für die heimischen Erzeuger sind allerdings nur Obst und Gemüse und die daraus verarbeiteten Produkte, da Fisch, Kaffee, Tee und Gewürze überwiegend importiert werden. Wie aber der seit Jahren wachsende Selbstversorgungsgrad in dieser Warengruppe zeigt, kann auch bei Obst und Gemüse von keiner nennenswerten Konkurrenzverschärfung gesprochen werden.

Nachfrage nach biologischen Lebensmitteln wächst weiterhin
Mit einem Anteil von rund 16 Prozent an biologisch wirtschaftenden Landwirtschaftsbetrieben, zählt Österreich bereits zu den relativ größten Bio-Ländern sowohl in Europa als auch weltweit. Angesichts des wachsenden Drucks auf die Agrarbudgets und damit auch auf die Agrarein­kommen bietet die Umstellung auf biologische Produktion noch immer eine langfristig Erfolg versprechende Alternative. Die Nachfrage nach biologisch erzeugten Nahrungsmitteln ist in den vergangenen Jahren jedenfalls kräftig gewachsen; im Vorjahr stiegen die Umsätze mit Bioprodukten um 8 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Österreichs Konsumentinnen und Konsumenten geben pro Kopf im Jahr rund 118 Euro für Bioprodukte aus und liegen damit in Europa an vierter Stelle hinter der Schweiz, Dänemark und Luxemburg. „Gemessen an den gesamten Nahrungsmittelausgaben österreichischer Haushalte von insgesamt 14 Milliarden Euro sind die Ausgaben für Bioprodukte noch relativ gering und werden weiter zunehmen. Wir gehen davon aus, dass auch der Markt für Bio-Frischwaren – der im Lebensmitteleinzelhandel in den letzten Jahren bei rund 300 Millionen Euro an eine Wachstumsgrenze gestoßen ist – wieder wächst. Dafür muss allerdings das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten in die Produktqualität gestärkt werden“, so Wolf abschließend.

 

 

 

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