Schiefergas

 

erstellt am
22. 11. 12

EU-Abgeordnete fordern stabilen Rechtsrahmen für "Fracking"
Straßburg (europarl) - Die beginnende Exploration von Schieferöl und -gas in einigen EU-Ländern sollte einen stabilen Rechtsrahmen bekommen, forderte das Parlament in zwei Entschließungen, die es am 21.11. verabschiedete. Mitgliedstaaten sollten in Bezug auf nicht konventionelle fossile Brennstoffe Vorsicht walten lassen, bis die laufende Analyse des EU-Gesetzgebung abgeschlossen ist, sagten die Abgeordneten.

Jedes EU-Mitglied hat das Recht, selbst zu entscheiden, ob es Schiefergas fördert, heißt es in der Entschließung des Energieausschusses, die von Niki Tzavela (EFD, EL) verfasst und mit 492 Stimmen verabschiedet wurde, bei 129 Gegenstimmen und 13 Enthaltungen.

In jedem Fall sei ein "stabiler Rechtsrahmen" für alle Schiefergasaktivitäten nötig, auch für hydraulische Aufbrechverfahren. Umweltfreundliche Verfahren und die besten zur Verfügung stehenden Technologien sollten genutzt werden, um die höchsten Sicherheitsstandards zu erreichen, so die Abgeordneten.

In dem Text wird anerkannt, dass beträchtliche Investitionen zur Schaffung der notwendigen Infrastruktur erforderlich sind, doch müssten diese "vollständig von der Industrie getragen werden".

Energie(un)sicherheit
Die binnenländische Gasproduktion in Europa wird künftig sinken, die Nachfrage hingegen sollte ansteigen. Dadurch wird das Importvolumen sich in 2035 auf rund 450 Mrd. Kubikmeter erhöhen, so die Entschließung. Die Erschließung neuer Gasvorkommen, zusammen mit einer deutlichen Steigerung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen und die Verbesserung von Energieeffizienz können dabei helfen, die Energiesicherheit der EU zu gewährleisten, heißt es weiter in dem Text.

Obwohl die Europäische Kommission zu dem Schluss gekommen ist, dass EU-Gesetze alle Aspekte der Schiefergas-Lizenzierung, der frühzeitigen Exploration und der Produktion angemessen abdecken, empfehlen die Abgeordneten des Umweltausschusses eine "gründliche Analyse" des EU-Rechtsrahmens insbesondere hinsichtlich der Erschließung und Gewinnung von nicht konventionellen fossilen Brennstoffen. Die von Boguslaw Sonik (EVP, PL) für den Umweltausschuss verfasste Resolution wurde mit 562 Stimmen angenommen, bei 86 Gegenstimmen und 43 Enthaltungen.

Verwendung von Wasser und Chemikalien
Im Text der Entschließung wird außerdem unterstrichen, dass besondere Wasserversorgungspläne für das Hydrofracking erforderlich sind, und dass soviel Wasser wie möglich wiederaufbereitet werden sollte. Unternehmen müssen offenlegen, welche Chemikalien sie nutzen, um die Beachtung der EU-Gesetze zu gewährleisten.

Fracking-Verbot abgelehnt
Mit 391Stimmen, bei 262 dagegen und 37 Enthaltungen, lehnte das Parlament den Änderungsantrag einer Reihe von Abgeordneten verschiedener Fraktionen ab, die die Mitgliedstaaten dazu drängen wollten, keine neuen Fracking-Aktivitäten in der EU zu genehmigen. 


 

Kadenbach: Schiefergasbohrungen als hohes Risiko für die Umwelt
SPÖ-Europaabgeordnete kritisiert Verschleierungstaktik bei Lobbyingagenturen im Zusammenhang mit Schiefergas
Straßburg (sk) - Im Plenum des Europäischen Parlaments in Straßburg gab es am 21.11. in der Abstimmung zum Bericht über die Umweltauswirkungen von Tätigkeiten zur Gewinnung von Schiefergas und Schieferöl eine Mehrheit für strengere Regeln. Die SPÖ-Europaabgeordnete Karin Kadenbach, Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit, macht klar: "Der Nutzen von Schiefergas-Bohrungen steht in keinem Verhältnis zu den potenziellen Schäden für die Umwelt. Der Energiemix ist ausschließliche Kompetenz der Mitgliedsstaaten, wir brauchen daher strengste Umweltgesetzgebung auf EU-Ebene, was die Schiefergas- bzw. Schieferölgewinnung betrifft. Darüber hinaus muss konsequent der Ausbau alternativer Energien vorangetrieben werden, damit in Zukunft auf fossile Energie verzichtet werden kann."

Kadenbach sieht vor allem im übermäßigen Wasserverbrauch und der Gefahr der Grundwasserverschmutzung große Gefahren. Um Schiefergas zu fördern, muss Wasser unter sehr hohem Druck in mehrere hundert Meter tiefe Bohrlöcher gepresst werden. Allein für die Bohrung werden rund 2,3 bis 4 Millionen Liter Wasser benötigt, bei der anschließenden Gasförderung weitere 8 bis 14 Millionen Liter Wasser. "Da dem Bohrwasser bei herkömmlichen Verfahren Chemikalien zugesetzt werden, kann dabei auch Grundwasser verschmutzt werden. Misslingt das Abpumpen des Bohrwasser, könnten auch anliegenden Seen und Flüsse verschmutzt werden", erläutert die SPÖ-Europaabgeordnete. Wie bei Erdwärmebohrungen könne es auch zu lokalen Erdbeben kommen.

Die SPÖ-Europaabgeordnete macht aber auch noch auf eine "neue Strategie in der Lobbyingarbeit" aufmerksam, die auch hier bei Schiefergas zu beobachten war. Kadenbach: "Konzerne gründen mithilfe von PR- und Lobbyingagenturen Organisationen, die in der öffentlichen Diskussion als BürgerInnen-Initiativen pro Schiefergas ausgewiesen werden. Erst bei näherer Recherche stellt sich dann heraus, dass die Schiefergasunternehmen selbst die Auftraggeber sind."


 

 Seeber/Rübig: Negative Nebeneffekte von Schiefergas verhindern
EU-Parlament sieht Schiefergas-Abbau in Europa kritisch
Straßburg (övp-pd) - Jedes EU-Mitgliedsland soll die Wahl haben, ob es Schiefergas fördert oder nicht. Wenn es sich dazu entschließt, müssen die Umweltvorschriften so streng sein, dass ökologische Schäden vermieden werden. Dies hat am heutigen Mittwoch das Europäische Parlament in Straßburg beschlossen. Der Umweltsprecher der ÖVP, Richard Seeber, und der Industriesprecher der ÖVP im EU-Parlament, Paul Rübig, begrüßen das Votum: "Schiefergas-Bohrungen müssen von Fall zu Fall abgewägt werden. Wir wollen eine Diversifizierung der Energiequellen und weniger Abhängigkeit von Energieimporten. Andererseits dürfen die Bohrungen nur dann durchgeführt werden, wenn alle Umweltfragen restlos geklärt werden können", so die beiden Europaabgeordneten.

"Schiefergas ist langfristig keine Energie der Zukunft, weil die negativen Nebeneffekte zu groß sind", betont Seeber. Deshalb sei die Entscheidung der OMV "absolut richtig" gewesen, die Probebohrungen im Weinviertel einzustellen und die Schiefergaspläne auf Eis zu legen. "Trotzdem muss man Ländern, die Schiefergas gewinnen möchten, dies ermöglichen, unter der Bedingung, dass vor allem der Schutz des Grundwassers gewährleistet wird", so Seeber, der auch Präsident der überparteilichen "Wasser-Gruppe" im EU- Parlament ist.

Rübig betont die Chancen von Schiefergas vor allem in Ländern, die sehr stark auf Gas- und Ölimporte angewiesen sind: "Je nachdem wie der Energiemix in einem Land bisher ist, kann Schiefergas die Umweltbilanz des Energieverbrauches erheblich verbessern, weil Kohlekraftwerke ersetzt und damit CO2 reduziert werden kann. Außerdem sind die Länder dann weniger erpressbar", so Rübig. Gas sei eine "Brückentechnologie" auf dem Weg zu einer noch saubereren Energiegewinnung in Europa. Auch bei der gemeinsamen Nutzung von Schiefergas und Erdwärme gebe es noch viele Entwicklungsmöglichkeiten. Deshalb sei weitere Forschung und Entwicklung notwendig, um die negativen Nebeneffekte der Schiefergasgewinnung zu minimieren. "Ziel ist es, Energieversorgungssicherheit zu gewährleisten, die Zahlungsbilanz zu verbessern und die Preise für die Endverbraucher zu senken", so der Europaparlamentarier.


 

 Lunacek/Lichtenberger: Europaparlament warnt vor Risiken der Schiefergasförderung
Grüne: OMV auf ökologischem Auge blind
Straßburg (grüne) - "Das Europaparlament hat sich von den Schalmeientönen der Energieindustrie nicht beirren lassen und heute zur Vorsicht gegenüber der Schiefergasförderung aufgerufen. Solange die Folgen der Förderung von Schiefergas für Gesundheit und Umwelt noch nicht vollständig untersucht sind, darf es keine nur wirtschaftlichen Gesichtspunkten geschuldete Ausweitung dieser Technik in Europa geben. Mitgliedsstaaten sollten es sich sehr gut überlegen bevor sie Genehmigungen für diese umstrittene Technologie erteilen. Viele Mitgliedsstaaten haben deshalb bereits ein Moratorium erlassen. Leider fand der Antrag der Grünen auf ein EU-weites Moratorium für die Schiefergasförderung keine Mehrheit, aber immerhin hat sich das Parlament für ein Verbot von Fracking in besonders sensiblen Gebieten ausgesprochen", kommentieren Ulrike Lunacek, Europasprecherin der Grünen und ihre Fraktionskollegin Eva Lichtenberger, die Berichterstatterin für eine Stellungnahme zu diesem Thema im Rechtsausschuss (JURI) des Europaparlaments, die beiden abgestimmten Berichte zu dem Bereich. Die Grünen stimmten dabei für den vom Umweltausschuss eingebrachten Bericht zur Förderung von Schiefergas, jedoch gegen den Bericht des Industrieausschusses zum gleichen Thema.

Lichtenberger: "Schon jetzt sind die katastrophalen Folgen bekannt, die beispielsweise die Anwendung giftiger Chemikalien auf das Grundwasser haben kann. Auch die Kommission hat die Vereinbarkeit von Fracking mit EU-Gesetzgebung zur Wasserqualität infrage gestellt. Wir sind der Auffassung, dass genügend Risiken bekannt sind, um die Förderung von Schiefergas zu verbieten Wenn das nicht geschieht, muss zumindest die existierende EU-Gesetzgebung umfassend auf diese riskante Technologie angewendet werden. Das hat auch das Parlament heute gefordert. Zudem sollen Schiefergasfirmen vollständig für entstandene Schäden haftbar gemacht werden können."

In diesem Sinn kritisiert Lunacek auch OMV-Chef Gerhard Roiss, der kürzlich laut Medienberichten einen europäischen "Weg ins Schiefergas" gefordert hat und die Meinung vertritt, "für die OMV führe langfristig daher kein Weg an Schiefergas vorbei". Diese schiefergasfreundliche Position gleicht dem von uns heute abgelehnten Berichtes des Industrieausschusses.

Lunacek: "So wie die Mineralölindustrie verwechselt auch dieser Bericht noch immer Hoffnung und Realität und ist auf dem ökologischen Auge blind. Der Bericht behauptet, das gegenwärtige europäische Regelwerk reiche für Schiefergas aus. Nur bei einer umfassenden Ausbeutung dieser unkonventionellen Energiequelle sei eine mögliche Anpassung nötig. Allerdings kommen zahlreiche neue Studien zu einem anderen Ergebnis. Das europäische Regelwerk zu Schiefergas muss rasch um Umweltverträglichkeitsprüfungen ergänzt werden. Wir bedauern, dass der Antrag der Grünen auf ein generelles Moratorium für die Schiefergasförderung vom Plenum nicht angenommen wurde. Wir werden dafür weiter kämpfen!"

 

 

 

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