Forscher finden wichtiges Molekül, das an der Entstehung von bösartigen Hirntumoren beteiligt ist 

 

erstellt am
06. 12. 12

Hochkarätige Hirntumorforschung an der Medizinischen Universität Graz
Graz (meduni) - Eine der spannenden Fragen in der modernen Tumorforschung ist, durch welche Mutationen aus einer gesunden Zelle eine Tumorzelle wird. Mittlerweile wurde bei zahlreichen Tumoren nachgewiesen, dass in diesem Prozess kleine RNA-Moleküle (so genannte MicroRNAs oder miRs) eine entscheidende Rolle spielen. Das gilt offensichtlich auch für maligne Gliome, eine besonders aggressive Form von Hirntumoren. In Kooperation mit einem Forschungsteam aus Singapur konnte der Grazer Neuropathologe Assoz.-Prof. DDr. Johannes Haybäck in einer aktuellen Arbeit zeigen, dass die MicroRNA-138 bei der Gliomentstehung tumorfördernd wirkt und ihre erhöhte Expression ein molekulares Merkmal von Gliomstammzellen ist. Die Bedeutung dieser Entdeckung liegt darin, dass die miR-138 nicht nur als prognostischer Biomarker verwendet werden könnte, sondern auch ein mögliches Zielmolekül für die Behandlung von malignen Gliomen ist.

Maligne Gliome sind die häufigsten und aggressivsten bösartigen Hirntumoren bei Erwachsenen. Betroffene haben eine mittlere Überlebenszeit von weniger als einem Jahr. Im Schnitt verlängern auch Operation, Bestrahlung und Chemotherapie das Leben nur um wenige Monate. Man geht heute davon aus, dass für die Entstehung und die Rezidivneigung des Tumors spezifische Gliomstammzellen verantwortlich sind, die besonders resistent gegenüber unterschiedlichen Therapieansätzen sind: Je höher die stammzellige Komponente des Tumors, desto aggressiver ist sein Wachstum und desto höher die Rezidivneigung.

Johannes Haybäck, Institut für Pathologie der Medizinischen Universität Graz, und seine Forscherkollegen gingen nun der Frage nach, was Gliomstammzellen auf molekularer Ebene charakterisiert. Insbesondere interessierten sie sich dabei für MicroRNAs. Diese kurzen RNAMoleküle werden nicht in Proteine umgesetzt, sondern regulieren die Aktivität von Genen. Wird dadurch die Entstehung und Progression von Tumoren beeinflusst, bezeichnet man die beteiligte miR auch als OncomiR.

Erhöhte miR-138-Expression in Gliomstammzellen
Im angesehen Wissenschaftsjournal "Cell Reports" berichten die Wissenschafter nun, dass humane Gliomstammzellen und gesunde neuronale Stammzellen tatsächlich ein unterschiedliches Expressionsmuster von MicroRNAs aufweisen. Am deutlichsten war der Unterschied in der vorliegenden Studie bei der Expression von miR-138: Die Anschaltung von miR-138 in Gliomstammzellen hatte zur Folge, dass sich ein aggressiver Tumor entwickelte. Die miR-138 fungierte also bei der Gliomentstehung als OncomiR. Entsprechend der Stammzell- Hypothese zeigten Gliome mit verstärkter miR-138-Expression eine größere Aggressivität und Rezidivneigung. "Die klinische Bedeutung dieser Befunde liegt darin, dass die miR-138 bei Patienten mit Gliomen als prognostischer Biomarker verwendet werden könnte", erklärt Prof. Haybäck.

Mindestens ebenso interessant ist die miR-138 als mögliches Angriffsziel für neue Therapieansätze. "Die miR-138 ist sicher nicht die alleinige Ursache der Tumorentstehung, aber aus unserer Sicht eine wichtige Triebfeder des aggressiven Wachstums", so der Neuropathologe. Unterstützt wird diese Annahme auch durch Tiermodelle: Dort konnte nachgewiesen werden, dass im Fall einer miR-138-Blockade durch eine künstliche Anti-miR das Tumorwachstum in der Zellkultur und die Tumorentstehung in vivo verhindert werden. Bevor eine derartige Therapie auch bei Gliompatienten mit starker Stammzellkomponente klinisch getestet werden kann, gilt es aber noch eine Reihe von Hindernissen, wie die Blut-Hirn- Schranke zu überwinden. Anti-miR-basierte Behandlungsansätze mit kleinen Molekülen, die ganz spezifisch auf bestimmte MicroRNAs wirken und daher kaum Nebenwirkungen haben, gehören aber zweifellos zu den spannendsten Therapiekonzepten der näheren Zukunft.

 

 

 

Informationen: http://www.medunigraz.at

 

 

 

 

 

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