Neue Regeln für Ratingagenturen

 

erstellt am
16. 01. 13

Regner und Schieder: Spielregeln für Ratingagenturen werden verändert
Erstmals werden Schadenersatzansprüche gegen Ratingagenturen möglich
Wien (sk) - Am 16.01. hat das EU-Parlament über neue Regeln für Ratingagenturen abgestimmt. "Wir haben eine lange Liste für das Versagen von Ratingagenturen: Lehman Brothers, IKB Bank, Hypo Real Estate, Enron, WorldCom, Parmalat. Bei jedem dieser Debakel waren die Ratingagenturen dabei und haben für ihre Fehlentscheidungen nicht gehaftet. Daher ist es höchst an der Zeit, dass die Spielregeln verändert werden", so die SPÖ-EU-Abgeordnete Evelyn Regner gegenüber dem Pressedienst der SPÖ.

"Mit den neuen Regelungen wird die Macht der Ratingagenturen erstmals real eingeschränkt. Und vor allem können sie für fehlerhafte Ratings zur Verantwortung gezogen werden", sagte Finanzstaatssekretär Andreas Schieder zum heutigen Beschluss im EU-Parlament. Damit wird eine langjährige Forderung der europäischen Sozialdemokratie erfüllt.

"Die heutige Abstimmung ist ein weiterer wichtiger Schritt, um die Entflechtung von Ratingagenturen, Banken und Versicherungen voranzutreiben", sagt Regner. Für die Europaparlamentarierin, stv. Vorsitzende des Rechtsausschusses, hat der heute abgestimmte Bericht viele positive Elemente; sie nennt in diesem Zusammenhang vor allem das Fusions- und Übernahmeverbot für Ratingagenturen mit mehr als zwanzig Prozent Marktanteil und die Haftungsregeln. "Erstmals können nun gegen Ratingagenturen Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, denn sie sollten wie andere Dienstleistungen und Produkte behandelt werden. Das trägt mit Sicherheit zu mehr Sorgfalt bei Bewertungen bei", betont Regner.

"In den letzten Jahren haben wir gesehen, dass vor allem Länderratings zur Verschärfung der Wirtschaftskrise beigetragen haben. Oftmals wurden Urteile gefällt, ohne ausreichend die aktuellen Entwicklungen und politischen Maßnahmen zu berücksichtigen", sagt die Europaabgeordnete. Mit dem heutigen Beschluss dürfen die Ratingagenturen nicht mehr zu x-beliebigen Zeitpunkten bewerten, sondern müssen im Vorhinein für zwölf Monate zwei bis drei Termine festlegen. "Ebenso werden Gefälligkeitsgutachten eingeschränkt. Denn die Geschäftsbeziehungen zwischen der Ratingagentur und dem Auftraggeber werden auf maximal fünf Jahre festgelegt", so Regner abschließend.

"Es war ein langer Weg bis zum heutigen Beschluss und die strengeren Regeln sind ein großer Erfolg für die europäische Sozialdemokratie, die sich seit Jahren für eine strengere Regulierung der Finanzmärkte einsetzt", so Schieder. Auch Bundeskanzler Faymann hat sich in seiner Rede vor dem europäischen Parlament in dieser Frage gestern klar positioniert. Der Beschluss zeige, dass sich politische Beharrlichkeit auszahle. Abschließend betonte der Staatssekretär: "Was die Regulierung der Finanzmärkte angeht, haben wir noch viel vor uns. Heute haben wir einen wichtigen Teilerfolg erreicht", so Schieder.


 

 Karas: Jetzt wird Ratingagenturen stärker auf die Finger geschaut
EU-Parlamentsvizepräsident begrüßt heutigen Beschluss neuer Regeln für Ratingagenturen
Straßburg (övp-pd) - "Die heute beschlossenen neuen Regeln für Ratingagenturen bringen Transparenz, Haftung, klare Rechenschaftspflichten und mehr Wettbewerb bei Ratingagenturen", erklärt der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas. "Wer ganze Staaten mit seinen Ratings in die Krise bringen kann, dem muss noch stärker auf die Finger geschaut werden", so Karas. "Entscheidungen von Ratingagenturen betreffen auch normale Bürger unmittelbar und massiv, weil öffentliche Dienstleistungen auch davon abhängen, wie teuer es für den Staat ist, sich Geld zu leihen", erläutert der EU- Parlamentarier.

Die Neuregelung sieht vor, dass Betroffene in Zukunft vor Gericht Verluste einklagen können, wenn Ratings absichtlich oder grob fahrlässig gegen die Regeln zur Erstellung von Ratings verstoßen. Außerdem sollen Staaten nur dreimal jährlich zu bestimmten Stichtagen und nur außerhalb der Geschäftszeiten von Börsen bewertet werden dürfen. Auch sollen eigennützige Ratings und Interessenkonflikte dadurch vermieden werden, dass die Eigentümer von Ratingagenturen keine Anteile an den bewerteten Firmen mehr haben dürfen.

Karas lehnt aber die Forderung ab, eine EU-Ratingagentur zu schaffen: "Man kann eine europäische Ratingagentur nicht per Verordnung aus dem Boden stampfen, sondern muss erst Wettbewerb schaffen, damit sich die drei Großen nicht mehr den Markt aufteilen können. Eine öffentliche oder halb-staatliche Ratingagentur ist Unsinn. Dann hätten wir genau das, was wir nicht wollen, nämlich politisch motivierte Ratings", so Karas. "Ratingagenturen sollen neutrale Beobachter und Bewerter sein und dürfen nicht nach intransparenten Kriterien Trends verstärken. Der heutige Beschluss führt ganz klar in diese Richtung", so Karas abschließend.


 

 Lunacek: Neue EU-Regeln für Ratingagenturen können Marktmacht der Großen 3 nicht brechen
Grüne Forderung nach unabhängiger Europäischer Ratingstiftung bleibt aufrecht
Straßburg (grüne) - "Ratingagenturen werden in Zukunft zwar mehr an die Leine genommen, aber diese ist immer noch zu lang. Die Notwendigkeit von schärferen Regeln für diese Finanzmarktakteure ist in der Krise der Eurozone evident geworden. Die heute vom Europaparlament beschlossene Position erreicht dieses Ziel jedoch nur zum Teil. Für uns Grüne gilt deswegen im Bereich der Ratings weiterhin: Nach der Reform ist vor der Reform. An deren Ende muss die Abkehr von der Dominanz der drei großen Ratingagenturen bleiben. Moody's, S & P und Fitch werden mit den neuen Regeln zwar strenger reguliert, ihre Marktmacht bleibt aber weiterhin ungebrochen. Erst eine unabhängige Europäische Rating-Stiftung würde diese Monopol-Situation aufbrechen. Diese Grüne Forderung findet sich (leider in abgeschwächter Form) im neuen Regelwerk. Die Kommission ist damit aufgefordert alsbald einen Vorschlag für eine Ratingstiftung vorzulegen, die Bewertungen zukünftig in einen größeren Zusammenhang stellt und zum Beispiel auch Umweltrisiken berücksichtigt. Die Grünen wollten auch die gegenseitige Anteilsbeteiligung an von Ratingagenturen bewerteten Unternehmen verbieten und damit Interessenskonflikte ausschließen. Der Kompromiss erlaubt aber weiterhin eine gegenseitige Anteilsbeteiligung von bis zu 10 Prozent.", erklärt Ulrike Lunacek, Europasprecherin der Grünen und grüne Delegationsleiterin im Europaparlament, nach der Abstimmung der neuen Verordnung über Ratingagenturen, die am 16.01. mit großer Mehrheit vom Europaparlament in Straßburg angenommen wurde.

"Positiv ist jedenfalls", so Lunacek, "dass die aktuellen problematischen Ratings auf Buchstabenbasis (z.B. AAA) durch ein zusätzliches, logischeres und zahlenbasiertes System ergänzt werden. Basierend auf historischen Werten kann damit die Gefahr von Zahlungsunfähigkeit abgebildet werden. Eine vollständige Umstellung auf das neue System war leider nicht durchsetzbar." Dass Ratingagenturen künftig für grobe Fehlentscheidungen haftbar sind und ihre Urteile besser begründen müssen, ist für Lunacek ebenfalls begrüßenswert und "vor allem dem Druck aus dem Europaparlament zu verdanken - gleichzeitig wurde die Chance zur tiefgreifenden Reform aufgrund der Blockadehaltung im Rat vertan".

 

 

 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament vertretenen Parteien –
sofern (bis zum frühen Nachmittag) vorhanden! Die Reihenfolge der Beiträge richtet
sich in der Regel nach deren Mandatsstärke im Parlament bzw. nach der Hierarchie der
Personen. Die Redaktion

Die Verantwortung der Inhalte liegt bei den Aussendern. Die Redaktion.

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin
"Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl
finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at