Arbeit darf nicht krank machen! 

 

erstellt am
25. 01. 13

Die Zahl der Krankenstandstage wegen psychischer Erkrankungen hat sich seit 1995 mehr als verdoppelt
Eisenstadt (blms) - Seit 1995 haben sich die Krankenstandstage infolge von psychischen Erkrankungen in Österreich mehr als verdoppelt, jährlich entstehen dadurch messbare gesamtwirtschaftliche Kosten von 3,3 Milliarden Euro. Der verursachte gesamtwirtschaftliche Schaden ist erschreckend hoch, aber am wichtigsten ist, das Leid der Betroffenen zu mildern - so der Grundtenor einer hochkarätig besetzten Referentenrunde zum Thema „Arbeit und psychische Gesundheit“ im Rahmen des Neujahrsempfangs von pro mente Burgenland und pro mente Reha im Reha-Hotel Sonnenpark Neusiedlersee in Rust am 24.01. „Psychisch Kranken wird in den pro mente Häusern Lackenbach und Kohfidisch Betreuung und Begleitung in die Selbständigkeit geboten – basierend auf dem dreistufigen Betreuungsmodell: Wohnhaus mit 24-Stundenbetreuung, Betreutes Einzelwohnen mit Betreuung im individuell benötigten Ausmaß sowie der Betreuung in einem Tageszentrum. Wichtig sind aber auch Präventivmaßnahmen, wie zum Beispiel das Programm fit4work. Fit4work bietet Beratung – im Laufe dieses Jahres flächendeckend im Burgenland – für beide Seiten, für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Geboten werden gezielte Wege und Lösungen, um Arbeitsplätze so zu gestalten, dass psychische Belastungen minimiert und im Idealfall ganz vermieden werden können. Wir erwarten uns bis Jahresende rund 1000 Beratungen. Wir wollen ein frühzeitiges, krankheitsbedingtes Ausscheiden aus dem Erwerbsleben verhindern bzw. die erfolgreiche Wiedereingliederung nach langen Krankenständen sichern“, betont Gesundheitslandesrat Dr. Peter Rezar.

Die Krankenstandstage wegen psychischer Probleme steigen seit Jahren, während die Zahl der Arbeitsunfälle zurückgeht. Der Rückgang der Arbeitsunfälle sei auch ein Erfolg des 1994 beschlossenen Arbeitnehmerinnenschutzgesetzes, dem unter anderem verbesserter technischer Arbeitnehmerschutz zu verdanken sei, sagt AK Burgenland-Präsident Alfred Schreiner. Zahlen und Fakten würden aber heute belegen, dass „psychische Belastungen für einen Großteil der Krankenstandstage verantwortlich sind. Psychische Belastungen sind auch vermehrt die Ursache für Pensionierungen. Stetig steigender Druck am Arbeitsplatz, fehlende Anerkennung und soziale Unterstützung, fehlende Eigenkontrolle und Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes sind dafür verantwortlich“, so der AK-Präsident. Der österreichischen Volkswirtschaft entstünden dadurch enorme Kosten von mittlerweile 3,3 Milliarden Euro jährlich, betont Schreiner, aber: „Vielmehr geht es darum, dem großen Leid der Betroffenen entgegen zu wirken. Dafür sind neben fairer Entlohnung auch Anerkennung und Mitbestimmung im Betrieb wesentlich.“

Tätigkeiten an die Fähigkeiten der Mitarbeiter anpassen
Für Dr. Eva Höltl, leitende Arbeitsmedizinerin bei der Erste Bank Group, ist die Prävention psychischer Erkrankungen sowie die Wiedereingliederung psychisch erkrankter Menschen in das Erwerbsleben ein zentrales Thema der Betrieblichen Gesundheitsförderung. Psychische Erkrankungen seien für etwa 13% der Gesamtkrankenstände in Österreich verantwortlich und der häufigste Grund für krankheitsbedingte Frühpensionierungen, so Höltl. „Berufliche Teilhabe, Reintegration sollte das zentrale Ziel der medizinischen und beruflichen Rehabilitation sein.“ Die Erhaltung, die Förderung und Sicherung der Erwerbsfähigkeit seien dafür der entscheidende Faktor, sagt die Arbeitsmedizinerin. „Wir müssen betroffene Mitarbeiter beim Wiedereinstieg in die Arbeit begleiten, indem wir Arbeitsplätze flexibler gestalten. Nicht jeder der gesundgeschrieben ist, ist gleich wieder voll einsatzfähig. Die Arbeitsorganisation muss so gestaltet sein, dass die Tätigkeiten an die Fähigkeiten der Mitarbeiter angepasst werden.“

Dantendorfer: „Betroffene früher erreichen“
„Aufgrund entsprechender psychiatrischer Diagnosen werden mittlerweile die meisten Erwerbsunfähigkeitspensionen anerkannt. Dies ist kein österreich-spezifisches Phänomen, vielmehr sieht sich die gesamte westliche Arbeitswelt mit dieser Tatsache konfrontiert“, erklärt Univ.Prof. Dr. Karl Dantendorfer, Psychiatriekoordinator des Burgenlandes. „Deutschland präsentiert ganz ähnliche Zahlen wie Österreich. Daher ist es extrem wichtig, Menschen die psychiatrische Hilfe brauchen, früher zu erreichen. In der Regel erhält der Patient, bevor er um Berufsunfähigkeitspension ansucht, schon sieben Jahre zuvor das erste Medikament aufgrund einer psychiatrischen Diagnose. Hier muss noch viel früher angesetzt werden, da Heilung am Beginn einer Erkrankung noch leichter zu erzielen ist oder z.B. solange Umschulungsmaßnahmen noch möglich sind.“

Pro mente Reha Sonnenpark Neusiedlersee behandelt pro Jahr 900 PatientInnen in sechswöchigen Turnussen mit vorwiegend depressiven oder Angstsymptomen, oft verbunden mit burn out artigen Entwicklungen und Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, sagt Prim. Dr. Paul Kaufmann, ärztlicher Leiter des Sonnenparks Neusiedlersee.

Die Anzahl an Neuerkrankungen aufgrund psychischer Belastungen am Arbeitsplatz ist 2012 erstmals nicht angestiegen. Dantendorfer: „Das ist das Ergebnis verschiedener Präventivmaßnahmen, wie zum Beispiel des Programmes fit4work.“

 

 

 

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