Wachstumstreiber in CEE intakt…

 

erstellt am
20. 02. 13
14.00 MEZ

… für Konvergenz 2.0 ist allerdings ein Innovationsschub nötig – Der Bestand an ausländischen Direktinvestitionen (FDI) ist auf hohem Niveau stabil
Wien (erste bank) - Seit dem Ende des Kommunismus hat sich Zentral- und Osteuropa durch Integration in die EU zu einem Lehrbeispiel für wirtschaftliche Konvergenz entwickelt. Die Finanzkrise hat diese Entwicklung allerdings gebremst. Die 20.02. von der Erste Group veröffentlichte Studie mit dem Titel „Konvergenz 2.0“ kommt zu dem Schluss, dass die Wachstumstreiber zwar intakt sind, CEE aber nach dem klassischen, auf Imitation beruhenden Aufholprozess im Lauf des kommenden Jahrzehnts den Schritt zu einem wissensbasierten System mit höherer Wertschöpfung und stärkerer Exportdiversifizierung vollziehen müsse. „Kostenvorteile allein reichen nicht aus, wenn Länder sich der technologischen Grenze nähern. Die CEE-Länder werden durch eigene Anstrengungen die Produktivität von Kapital und Arbeit erhöhen müssen. Dafür sind aber Investitionen in Bildung und F&E eine wesentliche Voraussetzung“, erklärt Birgit Niessner, Chief Analyst of CEE Macro Research bei der Erste Group.

Aus der Studie geht hervor, dass die Tschechische Republik, die Slowakei und Polen bei Konkurrenzfähigkeit und Know-how führend sind, während Ungarn gegenüber dieser Ländergruppe zurückbleibt. Rumänien und Serbien machen Fortschritte, können jedoch noch weitere Effizienzreserven ausschöpfen, bevor sie sich zu innovativen Volkswirtschaften entwickeln. Kroatien muss wettbewerbsfähiger werden, um sein relativ hohes Einkommensniveau halten zu können, während die Türkei den Weg in eine Wissensgesellschaft beschreiten muss.

Der FDI-Bestand ist auf hohem Niveau stabil, die Exporte laufen immer noch gut, aber CEE muss mehr als niedrige Kosten bieten
Die CEE-Länder konnten von der Reintegration Europas wirtschaftlich profitieren. Ausländische Anleger haben die Region als Standort für Investitionen entdeckt. Die Länder der Region haben ihre relativen Kostenvorteile zur Modernisierung ihrer Industrie unter Einsatz ausländischer Technologien genutzt. Dies wird durch die hohen Bestände an FDI und die hohen Anteile der Exporte am BIP, die auch die Finanzkrise überdauert haben, belegt. Zwar riss im Krisenjahr 2008 der Zuwachs an ausländischen Direktinvestitionen ab, doch konnten sich die FDI-Bestände in sämtlichen Ländern stabilisieren. Den stärksten negativen Trend im FDI-Bestand verzeichnete Ungarn: In nur zwei Jahren sackte dieser von dem im Jahr 2009 erreichten Höchststand von 75% des BIP um mehr als 10 Prozentpunkte ab. Ein weiterer wesentlicher Wachstumsbeitrag kommt in CEE nicht zuletzt von der ausgezeichneten Exportleistung. Bei Betrachtung der Exportanteile am BIP werden die Unterschiede innerhalb der CEE-Region sofort deutlich: Die CEE-3-Länder konnten von einem bereits hohen Niveau aus ihren Exportanteil in den Krisenjahren noch weiter steigern. Polen, Kroatien und Rumänien liegen zum Teil wegen der Größe ihrer Märkte (größere Länder exportieren tendenziell weniger), aber auch wegen nicht wettbewerbsfähiger Strukturen im Mittelfeld. Dennoch übertraf ihre Leistung jene der südeuropäischen Länder.

Die EU-Integration hat sich somit als Erfolg erwiesen und war für den wirtschaftlichen Aufholprozess der CEE-Region von entscheidender Bedeutung. Nun stellt sich die Frage, wie das Integrationswachstumsmodell reformiert werden kann. „Laut World Economic Forum (WEF) besteht die Herausforderung nun darin, höhere Konkurrenzfähigkeit nicht mehr nur durch Effizienz, sondern auch durch Innovationskraft zu erzielen. Um noch weiter voranzukommen, muss der Import von Wissen durch in den CEE Ländern geschaffene innovative neue Produkte abgelöst werden. Wettbewerb, eine hochwertige tertiäre Bildung und die Verfügbarkeit von Venture-Kapital werden an Bedeutung gewinnen“, meint Niessner.

Der Anteil der Bevölkerung mit tertiärem Bildungsabschluss ist in CEE von Land zu Land sehr unterschiedlich. Im Allgemeinen erreichen etwa 20% der Altersgruppe von 30 bis 34 Jahren dieses Niveau. Dieser Anteil liegt jedoch weit unter dem EU-Ziel (40%) und jenem Niveau, das für eine in hoch innovativen Sektoren tätige Erwerbsbevölkerung erforderlich ist.

CEE ist deutlich stärker industrialisiert als der Euroraum (BIP-Anteil 30% gegenüber 19%), hat bei der Wettbewerbsfähigkeit aber noch aufzuholen

In den CEE-Volkswirtschaften dominiert noch der sekundäre Sektor. Der Anteil der Industrie an der Gesamtwirtschaft liegt bei etwa 30%, während im Euroraum nur 19% des BIP auf den Industriesektor entfallen.

Ausblick: Im kommenden Jahrzehnt hat CEE die Chance, zu den Hochtechnologieländern aufzuschließen
Die Frage ist, wie viel Zeit den CEE-Volkswirtschaften noch bleibt, um bei der Produktivität, die neben der langfristigen Entwicklung der Erwerbsbevölkerung das Produktionsspotenzial einer Volkswirtschaft bestimmt, aufzuholen. Das Produktionspotenzial ist als das maximale BIP definiert, das längerfristig aufrecht erhalten werden kann und erlaubt eine von der Konjunktur unabhängige Beurteilung einer Volkswirtschaft. Während der Finanzkrise verringerten sich in den meisten europäischen Ländern sowohl das tatsächliche Wirtschaftswachstum als auch das Potenzialwachstum. In Portugal, Griechenland, Italien und Irland entwickelte sich das Produktionspotenzial sogar negativ (im Durchschnitt von 2009 bis 2012). „Außer in Ungarn sollte sich das Potenzialwachstum in den CEE-Ländern 2013 und 2014 wieder erholen und höhere Niveaus erreichen. Dies bedeutet, dass die CEE-Länder kurz- bis mittelfristig ihre Anstrengungen, an die technologische Grenze vorzustoßen, fortsetzen werden. Sobald die Lücken im Technologiebereich und beim Humankapital geschlossen sind, wird sich das Produktivitätswachstum jedoch verlangsamen. Dann werden die erwähnten Defizite in der inländischen Innovationskraft schlagend“, resümiert die Verfasserin der Studie. Endogene Produktivitätsquellen können ebenfalls an Bedeutung gewinnen, da – bei Fortdauern der Krise – Impulse aus FDI und Exporten in den kommenden Jahren unter Umständen bescheidener ausfallen könnten.

CEE-4 behält Wachstumsvorteil gegenüber Westeuropa bis 2050
Die Herausforderung für Zentral- und Osteuropa besteht im Allgemeinen darin, zunehmend endogene Innovationsquellen anstelle importierter Produktivitätsgewinne als Wachstumstreiber einzusetzen. Laut Analystenschätzungen wird selbst sehr langfristig das Potenzialwachstum vor allem durch Produktivitätszuwächse getrieben werden, da nur sehr wenige europäische Länder – wie die Türkei – mit einer positiven demografischen Dynamik rechnen können. Gemäß OECD-Prognosen werden die CEE-Länder nicht in der Lage sein, ihr Produktionspotenzialrascher als nicht-OECD-Länder (z.B. China und Indien) zu steigern. Dies liegt daran, dass die CEE-Länder bereits ein höheres Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung erreicht haben. Allerdings werden die Tschechische Republik, Ungarn, die Slowakei, Polen und die Türkei bis 2050 auch weiterhin mehr Wachstum als die westlichen Länder verzeichnen können.

 

 

 

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