Industrie startet 2013 mit schwachen Vorzeichen

 

erstellt am
12. 04. 13
14.00 MEZ

Gesteigerte Anforderungen an Wettbewerbsfähigkeit -Kritik an Energieeffizienzpaket - Lehrlingsstatistik und Entwicklung bei Lehrabschlussprüfungen noch positiv
Wien (pwk) - Die konjunkturelle Unsicherheit in der Industrie wird sich 2013 zunächst fortsetzen: "Auf Grund der vorliegenden Einschätzungen der Betriebe unserer Fachverbände startet die Industrie in diesem Jahr mit schwachen Vorzeichen", betonte der Geschäftsführer der Bundessparte Industrie, Manfred Engelmann, am 12.04. im Rahmen der Quartalspressekonferenz. Sowohl was die Produktion als auch die Einschätzung der Auftragseingänge betrifft, zeigt sich im Startquartal eine Stagnation der Industriekonjunktur. Zwei Fachverbände erwarten konkret einen Produktionsrückgang (Maschinen&Metallwaren und Stein/Keramik), bei den Auftragseingängen rechnet lediglich die Bauindustrie mit einem Plus. Bei der Beschäftigungsentwicklung wird von einem Gleichbleiben der Beschäftigtenstände ausgegangen. 2012 beschäftigte die Industrie 419.676 Arbeitnehmer und damit um 3.804 Beschäftigte mehr als 2011.

Die Industrieproduktion konnte 2012 wohl um nominell 3,7 % auf einen neuen Höchststand von 150 Mrd. Euro gesteigert werden, real wies die Steigerung jedoch nur mehr 1,1 % aus. "Rechnet man die von den Energiepreisen abhängigen Branchen Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen sowie die Mineralölindustrie von der Gesamtindustrie heraus, so lagen die verbleibenden Industriebranchen 2012 real um 2,3 % unter dem Vorjahresniveau", ergänzt Engelmann.

Strukturveränderungen im Export
Über die Auslandsaufträge prägen Österreichs Exporte, die traditionell zu drei Viertel von den Industriebetrieben stammen, entscheidend die heimische Industriekonjunktur. Die Struktur der Exporte bringt Licht in die Analyse von "Ursache" und "Wirkung". Im abgelaufenen Jahr 2012 gingen 80 % unserer Ausfuhren nach Europa bzw. 68 % (oder rd. 84 Mrd. Euro, was einem Rückgang von 0,8 % gegenüber 2011 entspricht) in den europäischen Binnenmarkt. Die Aufträge aus den anderen 26 EU Mitgliedstaaten sind somit für unsere Wirtschaft im höchsten Maß entscheidend für Auslastung, Wachstum und Beschäftigung. Eine 1 % Exportsteigerung nach Deutschland entspricht wertmäßig einer 5,5 % Erhöhung der Ausfuhren in die USA bzw. einem 12,5 % Exportplus nach China. Die Budgetkonsolidierungsmaßnahmen in nahezu jedem EU-Land, verknüpft mit einer Schwäche der öffentlichen Hand und einer Verunsicherung der Unternehmen sowie des Finanzsektors, machen Österreichs Exporten deutlich zu schaffen. Diese Rückgänge konnten durch Erfolge in Übersee noch wettgemacht werden. So kam es doch noch zu einer Steigerung des Exportvolumens auf den bisherigen Höchstwert von 123,5 Mrd. Euro (+ 1,4 %). Für die heimische Industrie waren die damit verbundenen konjunkturellen Auswirkungen jedoch mit einer de facto Stagnation der Produktionswerte, sofern man die Steigerung in der Energieproduktion nicht berücksichtigt, verbunden.

Konsequenzen für den Industriestandort
Angesichts dieser beunruhigenden Entwicklung ist eine Attraktivierung des österreichischen Industriestandorts dringend notwendig. Zur Vermeidung von Abwanderung und Produktionsverlagerungen sind Produktivitätssteigerungen und/oder Kostensenkungen erforderlich. Gerade eine Steigerung der Investitionen setzt jedoch Entlastungen voraus, die die Industrie aktuell massiv fordert. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Arbeitskosten und der Energiekosten. Bei der Arbeitskostenentwicklung der letzten Jahre liegt Österreich laut EU-Statistik mit 15,5 % Steigerung von 2008 bis 2012 an der Spitze der Euro-Zone. Insgesamt liegt Österreich mit den Kosten pro Arbeitsstunde auf Rang 8 im europäischen Vergleich. "Da wir nicht an eine Senkung der Bruttolöhne denken, müssen die Lohnnebenkosten ehestens gesenkt werden. Wir schlagen vor, zumindest bei der Unfallversicherung, beim Familienlastenausgleich, beim Insolvenzfonds und bei der Nachtschwerarbeit die Beiträge zu senken und die Auflösungsabgabe wieder zu streichen", präzisiert Engelmann die angestrebte Umsetzung bei den Lohnnebenkosten. "Die momentanen Forderungen der Ar-beitnehmerseite empfinden wir als Bedrohung des Industriestandorts, wie etwa eine sechste Urlaubswoche, den Überstunden-Euro oder bezahlte Arbeitszeitverkürzung durch Zeitgutschriften für bestimmte Arbeitsformen und lehnen diese Belastungen grundsätzlich ab", fordert Engelmann.

Konkurrenzfähige Rahmenbedingungen bei Umwelt und Energie
Auch bei den Kosten für Umweltaufwendungen und Energie ist größte Disziplin erforder-lich. So sieht die Industrie den am 3. April beschlossenen Ministerratsentwurf zum Energieeffizienzgesetz kritisch. "Wir sind grundsätzlich gegen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Energieeffizienz, da die Industrie bereits angesichts der Wettbewerbsfähigkeit schon sehr energieeffizient produzieren muss. Dazu drohen enorme Administrationsbelastungen, die den Standort etwa gegenüber dem Hauptkonkurrenten Deutschland weiter belasten", so Engelmann.

Konkret fordert die Industrie Verbesserungen insbesondere bei folgenden Punkten: Die Möglichkeit, dass Energielieferanten Einsparungen bei betrieblichen Verbrauchern "kaufen" können, womit der Unternehmenssektor unter Umständen seine Ziele nicht erreicht und es zu individuellen Verpflichtungen einzelner Unternehmen kommt, soll gedeckelt werden. Weiters sollen aus dem Ausgleichsfonds geförderte Maßnahmen als Energieeffizienzmaßnahme anrechenbar sein und die Förderbarkeit von ETS-Anlagen sowohl für anrechenbare Energieeffizienzmaßnahmen als auch für CO2-relevante Projekte im Rahmen der Umweltförderung Inland gesetzlich verankert werden.

Kritisch sieht die Industrie auch die Förderung von KWK-Anlagen auf Kosten der Endkunden, wodurch es zu erheblichen Mehrbelastungen kommt, die bei energieintensiven Betrieben bis über 100.000 Euro pro Jahr betragen können. "Ganz wesentlich ist auch, dass es zu keiner Deckelung des Energieverbrauchs kommt, weil dies eine Deckelung des Wirtschaftswachstums bedeuten und Investitionen zusätzlich verhindern würde", betont Engelmann.

Weiter zunehmender Fachkräftemangel droht
Während die offizielle Lehrlingsstatistik mit Jahresende 2012 125.228 Lehrlinge ausweist (minus 2,2 % gegenüber dem Vorjahr), ist in der Industrie erstmals seit dem Krisenjahr 2008 auch bei den Lehranfängern ein Rückgang von 1,3 % zu verzeichnen. Positiv zu vermerken ist, dass die Zahl der Lehrabschlussprüfungen in der Sparte Industrie seit vielen Jahren stetig steigt, zuletzt im Jahr 2012 um 0,4 % auf insgesamt 5.633 Prüfungen. Bei einer gleichmäßig hohen Erfolgsquote von ca. 88 % bedeutet dies, dass absolut gesehen mehr junge geprüfte Fachkräfte für die heimische Industrie zur Verfügung stehen.

"Tatsache ist, dass sowohl die demografische Entwicklung einer sinkenden Anzahl von Jugendlichen am Beginn der beruflichen Ausbildung bereits spürbar wirkt und weiter anhalten wird, was sowohl eine Verringerung der Lehrlingszahlen als auch der Absolventen im berufsbildenden höheren Schulbereich bewirken dürfte. Gerade diese Qualifikationen sind aber für eine Industrie mit zukunftsorientiert strukturierten Unternehmen dringend notwendig. Daher müssen verstärkt Maßnahmen der Bildungsförderung in der grundlegenden Schulausbildung gesetzt werden, um das Nachwuchspotenzial voll und ohne zusätzlichen Aufwand ausschöpfen zu können", unterstreicht der Industrie-Geschäftsführer.

 

 

 

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