Jeder fünfte Euro sofort verfügbar

 

erstellt am
23. 04. 13
14.00 MEZ

Finanzvermögen der Haushalte auf Liquiditätskurs – Daten der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung zum Finanzvermögen der Haushalte zum Jahresende 2012
Wien (oenb) - Rund 93 von insgesamt 484 Mrd Euro Finanzvermögen der österreichischen Haushalte bestanden zum Jahresende 2012 aus Bargeld und täglich fälligen Einlagen sowohl bei in- als auch bei ausländischen Banken. Der sich seit Ausbruch der Finanzkrise verstärkende Trend, dass die privaten Haushalte rasch über ihr Vermögen verfügen wollen, setzte sich 2012 fort.

Laut den Daten der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) betrug das Finanzvermögen der privaten Haushalte Ende 2012 484 Mrd Euro, das bedeutet einen Anstieg um 3,7% gegenüber dem Jahresanfang. Haushalte investierten 9,3 Mrd Euro in Finanzanlagen. Neuveranlagungen erklären zwei Prozentpunkte des Jahreswachstums, der Rest ist vor allem auf die positive Entwicklung der Kurse auf den Kapitalmärkten zurückzuführen, von der die Wertpapierbesitzer (15 % der Haushalte) im Jahr 2012 profitierten. Der Marktwert der handelbaren Wertpapiere (verzinsliche Wertpapiere, börsennotierte Aktien und Investmentzertifikate) erreichte damit wieder jenen Stand, den die Privatinvestoren schon Mitte 2007 und Ende 2010 auf ihren Kontoauszügen vorgefunden hatten.

Von der gesamten Geldvermögensbildung in Höhe von 9,3 Mrd Euro entfielen auf die Erhöhung des Bargelds und der täglich fälligen Einlagen 8,1 Mrd Euro (wovon 2,4 Mrd Euro durch den Anstieg der Gehalts- und Pensionskonten erklärt werden können). Der Wert aus diesen sofort verfügbaren Finanzanlagen betrug zum Jahresende 2012 rund 93 Mrd Euro. 18,3 Milliarden Euro davon entfielen auf Bargeldreserven, der Rest auf täglich fällige Einlagen bei Banken. Die Haushalte konnten somit über rund 20% des gesamten Finanzvermögens sofort verfügen. Dieser hohe Anteil an liquiden Finanzmitteln bedeutet die Fortsetzung eines Trends der letzten Jahre. Vor der Finanzkrise waren nur 15 Prozent rasch verfügbar gewesen. Auf Grund des hohen Verbreitungsgrades von Girokonten und Sparbüchern dürfte diese Erhöhung von einer Vielzahl der Haushalte getragen worden sein.

Zählt man zu den sofort fälligen Finanzmitteln auch noch Einlagen mit einer Bindungsfrist und Wertpapiere mit Restlaufzeit jeweils bis zu einem Jahr sowie Geldmarktfondsanteile, dann beliefen sich zum Jahresende 2012 die kurzfristig verfügbaren Finanzanlagen auf insgesamt 170 Mrd Euro. Der Wert entspricht knapp mehr als einem Drittel des gesamten Finanz­vermögens und würde rein rechnerisch damit die Konsumausgaben für das Jahr 2013 fast abdecken.

Die Gründe für die hohe Liquiditätspräferenz dürften mannigfaltig gewesen sein. Die Finanzkrise hat die Nachfrage nach liquiden Mitteln in den letzten Jahren verstärkt anwachsen lassen. Darüber hinaus mussten Interessenten mit einem maximalen Mindestgarantiezins in Höhe von 2% für Lebensversicherungen bei Neuabschlüssen rechnen. Hinzu kommt die Unsicherheit auf dem Goldmarkt als alternatives Investment. Nicht zuletzt dürfte auch die Arbeitsmarktsituation eher zu Veranlagungen in kurzfristig verfügbare Vermögenswerte geführt haben. Bei all diesen Überlegungen war offensichtlich die Inflationsentwicklung (HVPI 2012 – Veränderung zum Vorjahr: 2,6%) nicht maßgeblich, und Haushalte akzeptieren eine negative Realverzinsung für einen Teil ihres Finanzvermögens.

Die Konzentration auf liquide Finanzmittel im Jahr 2012 führte auch dazu, dass Haushalte ihr Portfolio umschichteten: Gebundene Einlagen gingen im Jahr 2012 um insgesamt 4,4 Mrd Euro zurück, davon entfielen auf Einlagen mit einer Bindungsfrist von mehr als zwei Jahren 1,9 Mrd Euro trotz des Zuwachses der Bauspareinlagen um 0,7 Mrd Euro ungeachtet der Verkürzung der Bausparprämie auf 1,5%.

Dass die Zunahme der liquiden Mittel keine Einbahnstraße für alle Haushalte war, zeigen die Nettokäufe von langfristig orientierten Finanzprodukten: Nicht zuletzt auf Grund von Ertragsüberlegungen veranlagten Privatinvestoren rund 1,1 Mrd Euro in langfristige Anleihen inländischer Unternehmen und ausländischer Emittenten sowie – nach Nettoverkäufen im Jahr 2011 – wieder in Investmentzertifikate in der Größenordnung von rund 0,8 Mrd Euro.

 

 

 

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