SPÖ-Bienenschutz-Enquete

 

erstellt am
13. 05. 13
14.00 MEZ

Gaßner für Verbot von Neonicotinoiden
SPÖ-Klub-Enquete zum Thema "Bienen schützen - Pestizide verbieten!": Imker, Wissenschafter und Agrarsprecher über Einsatz und Auswirkung von Neonicotinoiden
Wien (sk) - Der SPÖ-Parlamentsklub hat am 13.05. zu einer Enquete zum Thema "Bienen schützen - Pestizide verbieten!" ins Parlament geladen. Dabei diskutierten Imkervertreter, Obstbauern und -bäuerinnen, Wissenschafter und die Agrarsprecher der im Parlament vertretenen Parteien den Einsatz und die Auswirkungen von Neonicotinoiden. SPÖ-Klubobmann Josef Cap eröffnete die Enquete, die nur ein Beispiel für den Einsatz des Parlaments im Kampf gegen Pestizide sei. Der Vorschlag der EU-Kommission zum Teilverbot von Neonicotinoiden sei "ganz in unserem Sinn". Cap bedankte sich für den Einsatz aller, die - wie SPÖ-Landwirtschaftssprecher Kurt Gaßner, der die Enquete moderierte - unermüdlich für den Bienenschutz im Einsatz seien, denn: "Ein funktionierendes ökologisches System ist ohne Bienen undenkbar."

Kurt Gaßner betonte in seinem Einleitungsstatement, dass das Thema nicht nur wegen der aktuellen Medienberichterstattung wichtig sei, sondern eine lange Vorgeschichte habe. Bienen seien wesentlich für das Ökosystem, was der Mensch ihnen antue, sei nicht "sauber", sagte Gaßner. Die Ergebnisse der Enquete sollen bei der parlamentarischen Entscheidungsfindung helfen und dazu beitragen, zu einem Sechs-Parteien-Antrag für ein Verbot von Neonicotinoiden zu kommen. "Am Anfang wurden unsere Forderungen belächelt, jetzt wird schon auf EU-Ebene gegen Neonicotinoide, die unsere Bienen vernichten, vorgegangen."

Maximilian Liedlbauer, Präsident des OÖ Landesverbands für Bienenzucht, berichtete über seine Erfahrungen mit Neonicotinoiden und erklärte, dass diese ein schweres Nervengift seien, das die Reizweiterleitung stört. Die Biene ist bei Exposition über Pollen oder Beizstaub entweder sofort tot oder reagiert mit Verhaltensstörungen wie Flugunfähigkeit, Krabbeln oder Orientierungslosigkeit. Das Beizmittel wird über die Feuchtigkeit in der Erde über die Wurzeln der Pflanze aufgenommen und durchdringt die gesamte Pflanze. "Das Insektizid macht also die gesamte Pflanze giftig", erklärte Liedlbauer. Der Anteil mit Beizmitteln belasteter Bienenstände und -völker in Österreich wird immer höher, erklärte der Imker. In einigen Ländern Europas wie Slowenien sind die Gifte schon verboten, schließlich ist die Biene durch ihre Bestäubungsleistung das drittwichtigste Nutztier.

Im Jahr 2012 wurde eine Studie des Europäischen Parlaments veröffentlicht, die belegt, dass Neonicotinoide für die Bienenverluste mitverantwortlich sind und schwerwiegende Verhaltensstörungen bewirken. Im Jänner 2013 schließlich identifizierte auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA das Risiko der Gifte für die Bienen. Experten aus den Zulassungsbehörden aus 20 Mitgliedstaaten arbeiteten an der Studie mit.

Der niederösterreichische Imker Roland Netter erklärte, dass Bienen Maispollen nur aufnehmen, wenn es in der Umgebung kein besseres Angebot gibt. Daher seien Gegenden, in denen vorwiegend Mais angebaut wird, besonders gefährlich für die Tiere. "In einem Maiskorn ist die Neonicotinoid-Konzentration so hoch, dass innerhalb von 48 Stunden 108.000 Bienen getötet werden könnten", sagte Netter.

Der Präsident des Europäischen Berufsimkerverbandes Walter Haefeker erklärte, dass die EU-Kommission die EFSA mit der Neonicotinoid-Studie beauftragt hatte, weil die Gifte in einigen Mitgliedstaaten bereits verboten wurden. Der Kommissionsvorschlag, gegen den sich vor kurzem im Berufungsausschuss keine qualifiziert Mehrheit fand, ist jetzt von den Mitgliedsländern umzusetzen. "Es gibt keinen Spielraum, den Vorschlag zu unterschreiten, aber es dürfen über den Vorschlag hinausgehende Maßnahmen ergriffen werden." Die Bewertung weiterer Neonicotinoide laufe bereits; auch die Zulassung gefährlicher Nachfolgeprodukte werde erschwert. Durch den Kommissionsvorschlag werde auch der Druck in Nordamerika erhöht, ähnliche Maßnahmen umzusetzen.

 

 

Weninger und Gartner fordern Bienenprogramm und rasches Neonic-Verbot
Weg von Monokulturen und Giften hin zu nachhaltiger Bioproduktion
Ein rasches Verbot von Neonicotinoiden und ein umfassendes Programm zur gesunden Entwicklung von Bienen fordern SPÖ-Umweltsprecher Hannes Weninger und der Dritte Präsident des NÖ-Landtags Franz Gartner. "Die aktuelle Diskussion um das Bienensterben und das Verbot von Neonicotinoiden birgt eine große Chance für die österreichische Landwirtschaft und den Umweltschutz in sich. Jetzt müssen die Weichen für eine umwelt- und gesundheitsbewusste Landwirtschaft, für nachhaltige Produktionsweisen und gegen Monokulturen gestellt werden", betont Weninger gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. "Da kleine und mittlere bäuerliche Betriebe, die nicht auf Monokulturen setzten, auf einen Einsatz schädlicher Beizmittel weit weniger angewiesen sind, muss der Umstieg auf biologische Alternativen stärker gefördert werden als die große Agroindustrie", fordert Gartner.

Da die Problematik des Bienensterbens weit über die Verwendung von Neonicotinoiden hinausgeht, fordern die beiden niederösterreichischen SPÖ-Mandatare ein umfassendes Programm inklusive Monitoring und Förderung, um eine gesunde und nachhaltige Entwicklung der Bienen und anderer Bestäuberinsekten langfristig zu sichern. "Das Verbot der Neonics und ein Bienenprogramm müssen auf Bundes- und Länderebene rasch umgesetzt werden", so Weninger und Gartner.

   

Jarolim: Schon derzeit geltende Regeln verpflichten zum Handeln
SPÖ-Justizsprecher erläutert bei SPÖ-Klub-Enquete die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Pflanzenschutz
SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim erläuterte in einem Impulsreferat, welche rechtlichen Rahmenbedingungen es beim Verbot gefährlicher Neonicotinoide gebe. "Allein die schon geltenden Regeln hätten den Landwirtschaftsminister zu einem frühen und entschlossenen Handeln verpflichtet", analysiert Jarolim.

In der Verordnung 1107/2009 des europäischen Parlaments wird beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln klar der Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier als Ziel definiert. "Die Verordnung ist hier sehr streng und unmissverständlich: Mittel, die dem nicht entsprechen, sollen nicht eingesetzt werden." Ist ein Mittel bereits in Umlauf, das im Nachhinein durch wissenschaftliche Erkenntnisse als gefährlich eingestuft wird, gibt es eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten. "Von Widerruf bis Einschränkungen ist alles möglich. Wir kennen das auch aus anderen Bereichen, wo bei den leisesten Bedenken Produkte zurückgezogen werden. In diesem Fall gibt es eine Studie der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit - und die ist ja kein Niemand, sondern eine wichtige europäische Behörde", erklärt Jarolim.

Diese Verordnung allein zwinge Berlakovich zum Handeln. NGOs etwa könnten die Umsetzung der Verordnung, die auch ins österreichische Pflanzenschutzmittelrecht übernommen wurde, einfordern. Einzelne Staatsbürgerinnen und Staatsbürger können über den Rechtszug der Verwaltungsgerichtsbarkeit Schadensersatz einklagen, wenn sie direkt durch die Auswirkungen gefährlicher Neonicotinoide betroffen seien. "Das ist ein starkes Argument, und letztendlich muss der Verwaltungsgerichtshof hier ein Urteil fällen. Im Endeffekt hilft nur der rechtliche Weg, denn durch massive Schadensersatzzahlungen lohnen sich auch die Zuwendungen etwa der chemischen Industrie nicht mehr, wenn die gleich wieder abgegeben werden müssen", sagt der Justizsprecher.

Die Imkerin Waltraud Schmid ist Initiatorin der Petition "Neonicotinoide in Österreich verbieten!" und stellte das Ergebnis vor. Innerhalb weniger Tage unterzeichneten über 15.000 Menschen die Petition für ein bienenfreundlicheres Österreich.

 

 

 

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