Formalisierung der Landschaft

 

erstellt am
27. 05. 13
14.00 MEZ

Hölzel, Mediz, Moll u. a. – Meisterwerke im Fokus im Oberen Belvedere
Wien (belvedere) - Mit der Ausstellung Formalisierung der Landschaft - Hölzel, Mediz, Moll u. a. widmet sich das Belvedere in der Reihe Meisterwerke im Fokus erstmals nicht dem Schaffen eines einzelnen in der Sammlung vertretenen Künstlers, sondern thematisiert ein Phänomen in der Landschaftsdarstellung des späten 19. Jahrhunderts, das sinnbildhaft die Schwelle zur Flächenkunst des Jugendstils markiert: die Reduktion und Formalisierung landschaftlicher Motive. Das wachsende künstlerische Interesse am Japonismus einerseits, eine veränderte Sicht auf die Landschaft andererseits förderten jene gattungsübergreifende Tendenz, die um 1900 einen Weg zur Entwicklung aus dem Impressionismus heraus wies. Sie lässt sich insbesondere im Werk von Adolf Hölzel sowie in jenem seiner Freunde und Schüler, wie Carl Moll, Karl Mediz, Emilie Mediz-Pelikan oder Theodor von Hörmann, nachvollziehen. Inspiriert von der Umgebung, fand Hölzel in Dachau zu jener neuen Landschaftsauffassung, aus der er die Konsequenz eines gewandelten Kunstverständnisses zog.

Formen der Landschaft - geformte Landschaft
Bei der Wahl ihrer Motive fokussierten die Künstler weniger auf die Materialität und die Räumlichkeit spezifischer Landschaften als vielmehr auf ornamentale Flächigkeit. Dieser Neuorientierung kamen die für Maler wie Fotografen reizvollen Formen im Dachauer Moos bei München entgegen. So wurde die Region um 1850 zum Ziel zahlreicher Landschaftsmaler, die die Überzeugung teilten, dass die reine, unberührte Natur ihre beste Lehrmeisterin sei. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Umland zu einem weithin bekannten Zentrum der Freilichtmalerei - vor allem dank dreier Künstler, die als Neu-Dachauer ihren Platz in der Kunstgeschichte fanden: Adolf Hölzel, Ludwig Dill und Arthur Langhammer. Die in der Künstlerkolonie übliche Malerei unter freiem Himmel stellte den damals verbindlichen Kunstbegriff infrage; das Skizzieren in der Natur war zwar üblich, normalerweise blieb es aber bei Studien, die erst im Atelier auf die Leinwand übertragen wurden.

Durch eine neue Landschaftsauffassung zum gewandelten Kunstverständnis
Mit seinem Umzug von München nach Dachau änderte Adolf Hölzel, dessen Geburtstag sich heuer im Mai zum 160. Mal jährt, seine Malweise trotz anfänglicher Empörung vieler Kollegen grundlegend. Für ihn wurde Malerei zur Forschung an den künstlerischen Mitteln. "Der Entwicklung jener Auf- und Erfassung der Natur ging eine bewusste, nahezu wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Zweidimensionalität der Bildfläche voran, der Hölzel bei seiner Umsetzung des Bildmotivs folgte. Hierin lag der gemeinsame Grundgedanke, der für die Entwicklung moderner Flächenkunst innerhalb der Wiener Secession ein entscheidender Faktor werden sollte", erläutert Agnes Husslein-Arco, Direktorin des Belvedere. "Hölzel richtete seinen Fokus auf den elementaren Aufbau der Bildkomposition, weg von der Abbildhaftigkeit eines Landschaftsausschnitts. Die mehrmalige Wiedergabe des Baummotivs wandelte sich von der illusionistischen Valeurmalerei durch eine Kontrastierung von hellen und dunklen Flächen zur ornamental anmutenden Reduktion der Formen. Aus dieser Landschaftsauffassung zog Hölzel die Konsequenz eines gewandelten Kunstverständnisses, das er 1901 in seiner Schrift Über Formen und Massenvertheilung im Bilde festhielt, die in der viel rezipierten, äußerst einflussreichen Zeitschrift der Wiener Secession, Ver Sacrum, veröffentlicht wurde", ergänzt Alexander Klee, Kurator der Ausstellung. In seiner Abhandlung manifestierte Hölzel die Betrachtung von ornamentalisierter Natur als Wiedergabe in der Fläche sowie die damit verknüpften formalen und strukturellen Anforderungen an den Bildaufbau. Landschaft sollte die Ausgangslage für etwas dauerhaft Gültiges, universal Anwendbares in seiner Kunst werden. Jene Publikation verlieh der neuen Bildauffassung eine programmatische Form, deren Nachhall in der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts vielfach erkennbar wird. Bald reichte Hölzels Ruf weit über Dachau hinaus, und viele Künstler besuchten die von ihm begründete Malschule.

Formalisierung als medienübergreifendes Phänomen
In Malerei, Grafik und Fotografie kam es trotz individueller künstlerischer Unterschiede zu vergleichbaren Ergebnissen, die ein gemeinsames Ziel verfolgten - die Entfernung von der Abbildhaftigkeit eines Landschaftsausschnitts zugunsten eines methodischen, konzeptuellen Aufbaus der Bildkomposition. Bei Malern wie Adolf Hölzel, Ludwig Dill oder Walter Leistikow erweist sich die Betonung von Silhouette und Flächenhaftigkeit als gemeinsamer Fokus. In Werken einiger am Impressionismus orientierter Künstler treten formalisierende Elemente hinzu, die etwa bei Carl Moll, Theodor von Hörmann, Rudolf Jettmar, Karl Mediz und Emilie Mediz-Pelikan eine ornamentale Wendung erkennen lassen. Zeitgleich begeisterten sich Fotografen wie Heinrich Kühn, Hugo Henneberg und Hans Watzek für eine gezielte Unschärfe des Bildes und Hell-Dunkel-Kontraste. Franz Stucks stimmungsvolles Gemälde Abendlandschaft von 1891, das nachweislich mithilfe von Fotografien entstand, dient als herausragendes Beispiel für die Interessenkongruenz in beiden Medien. Die Ausstellung Formalisierung der Landschaft - Hölzel, Mediz, Moll u. a. zeigt erstmals auf, welch zentrale Rolle die ornamentale Form in der Landschaftsmalerei um 1900 einnahm. Zudem werden jene Einflüsse erkennbar, die aus Dachau in die Wiener Kulturszene hineinwirkten, sowie die Reaktionen und Impulse, die in der Folge besonders von der Wiener Secession ausgingen. Vor allem anhand des Motivs markanter Bäume bzw. Baumgruppen lässt sich die Entwicklung von der anfänglich illusionistischen Wiedergabe der Landschaft zu einer Konzentration auf ornamental anmutende Formen nachvollziehen. Es wird deutlich, wie sich das Landschaftsbild letztlich zu einem rhythmischen Wechsel von Hell- und Dunkelflächen wandelte.

 

 

 

Informationen: http://www.belvedere.at

 

 

 

 

 

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