Von Banken über Steuern und Jugendarbeitslosigkeit
 bis hin zu Medien

 

erstellt am
23. 05. 13
14.00 MEZ

Fragestunde mit dem Bundeskanzler im Nationalrat
Wien (pk) - Das beim EU-Gipfel am 22.05. beschlossene Maßnahmenpaket gegen Steuerbetrug bedeute einen großen Fortschritt, betonte Bundeskanzler Werner Faymann am 23.05. in der Fragestunde des Nationalrats. Es gehe darum, auch auf Drittstaaten Druck auszuüben und in den Informationsaustausch Trusts und Steueroasen einzubeziehen. Den Abschluss für die entsprechenden Verhandlungen mit Nicht-EU-Ländern und zur Verschärfung der Zinsrichtlinie hält er bis Ende dieses Jahres für machbar. Das Bankgeheimnis für InländerInnen werde dabei nicht angetastet, versicherte er und sah dabei kein europarechtliches Problem. Die Gleichbehandlung werde gewahrt, da alle, die im Ausland leben, gleich behandelt würden. Faymann verteidigte auch die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria Bank. Man sei um Schadensminimierung bemüht, sagte er.

Vor Beginn der Fragestunde forderten die Abgeordneten Herbert SCHEIBNER (B) und Werner KOGLER (G) im Rahmen einer kurzen Geschäftsordnungsdebatte, Bundeskanzler Faymann möge eine Erklärung zu den Ergebnissen des gestrigen EU-Gipfels abgeben, zumal es dabei um äußert wichtige Themen für Österreich, wie etwa das Bankgeheimnis, gegangen sei. Demgegenüber wiesen die Abgeordneten Josef CAP (S) und Werner AMON (V) darauf hin, dass der Bundeskanzler beabsichtige, im Rahmen der Debatte zum Bundesfinanzrahmengesetz über die jüngsten Beschlüsse der Europäischen Rats zu informieren.

Der Kampf gegen Steuerbetrug und das österreichische Bankgeheimnis stand gleich bei der ersten mündlichen Anfrage zur Debatte.

Anfrage des Abgeordneten Kai Jan KRAINER (S): Was sollte Österreich auf europäischer Ebene unternehmen, um sich im Kampf gegen Steuerbetrüger und Steuerhinterzieher an die Spitze zu setzen?

Antwort: Beim gestrigen Europäischen Rat in Brüssel sei man im Kampf gegen Steuerbetrug ein großes Stück weitergekommen, bekräftigte Bundeskanzler Werner FAYMANN. Man habe sich darauf geeinigt, dass bis Ende des Jahres zwei Entscheidungen getroffen werden, informierte der Kanzler, einerseits soll es einen automatischen Informationsaustausch in Bezug auf ausländische Konten geben, andererseits sollen aber auch Länder, die außerhalb der EU liegen, in die Verhandlungen miteinbezogen werden. Das inländische Bankgeheimnis für österreichische Bürger und Bürgerinnen werde daher keinesfalls angetastet, unterstrich Faymann (Zusatzfragen der Abgeordneten Konrad STEINDL, V und Josef BUCHER, B). Eine weitere wichtige Einigung betreffe die Ausarbeitung von Regelungen für gewisse Finanzkonstruktionen, wie etwa Trusts, die für viele als gutes Steuerversteck gelten. Ein nächstes großes Projekt sei die Steuerharmonisierung in Europa, erläuterte der Kanzler, die aber nicht leicht zu erreichen sein werde. Auch was die weltweite Bekämpfung des Steuerbetrugs betrifft, so sei die EU gewillt, dieses Thema weiter voranzutreiben (Zusatzfrage von Abgeordnetem Roman HAIDER, F).

Anfrage des Abgeordneten Wolfgang GERSTL (V): Welche Maßnahmen zur Stärkung der direkten Demokratie werden Sie vorschlagen?

Antwort: Er unterstütze den Initiativantrag, den die Klubobleute Cap und Kopf dazu eingebracht haben, konstatierte Bundeskanzler Werner FAYMANN, da er einer Stärkung der direkten Demokratie sehr positiv gegenüberstehe. Die darin enthaltenen Vorschläge, wie etwa die verbesserte Einbeziehung der ProponentInnen von Volksbegehren in den parlamentarischen Prozess oder die zentrale Wählerevidenz seien wichtige Fortschritte. Er sei allerdings auch offen dafür, dass darüber hinausgehende Schritte, die dazu dienen, die Anliegen der BürgerInnen noch ernster zu nehmen, gesetzt werden. Grundsätzlich müsse bei der Erarbeitung eines Antrags im Parlament aber immer darauf geachtet werden, dass die Grund- und Freiheitsrechte gewahrt bleiben, betonte der Kanzler.

Anfrage des Abgeordneten Elmar PODGORSCHEK (F): Wie wollen Sie sicher stellen, dass nach dem Ende des österreichischen Bankgeheimnisses, keine Bankdaten von Sozialleistungsbeziehern, so wie derzeit in der Bundesrepublik Deutschland gehandhabt, von den zuständigen Sozialbehörden automatisch abgefragt werden dürfen?

Antwort: Bundeskanzler FAYMANN wies den Fragesteller darauf hin, dass hinsichtlich der Behandlung von ausländischen und inländischen Kontoinhabern der Verfassungsdienst zum Urteil gekommen ist, dass es de facto eine Gleichbehandlung gibt. Nur für jene Ausländer, die in Österreich ein Konto haben, aber in einem anderen Staat leben, gelte nicht das österreichische Bankgeheimnis. All diese Personen, egal aus welchem Land sie kommen, werden somit aber auch gleich behandelt. Was das Abkommen mit der Schweiz betrifft, das sich am Quellensteuermodell orientiert, so handle es sich dabei um eine gute Übergangsregelung, antwortete Faymann auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten Werner KOGLER (G). Solange es aber noch keine Einigung über einen gemeinsamen Datenaustausch gibt, "sei es ihm lieber, dass Österreich bis zum Zeitpunkt X etwas bekommt als dass wir nichts bekommen".

Auf eine Zusatzfrage des SPÖ-Mandatars Kai-Jan KRAINER hin merkte der Bundeskanzler an, dass eine Bekämpfung der Armut und ein Ankurbeln der Wirtschaft nur mit Investitionen in Bildung, Ausbildung, Forschung, Entwicklung und Infrastruktur möglich sei. Da es in Österreich besonders viele Zulieferbetriebe gibt und ein großer Teil der Wirtschaftsleistung vom Export abhängt, könne das Problem aber nur auf europäischer Ebene gelöst werden, war Faymann überzeugt.

Anfrage des Abgeordneten Werner KOGLER (G): Welche Aktivitäten setzen Sie auf österreichischer und europäischer Ebene, um das drohende Milliardendebakel durch die Abwicklung der Hypo Alpe Adria Bank zu entschärfen?

Antwort: Das Problem bei der Hypo Alpe Adria sei durch eine Landeshaftung von rund 20 Mrd. € entstanden, erklärte Bundeskanzler Werner FAYMANN. Diese Vorgangsweise des früheren Landeshauptmanns Haider sei im höchsten Maße unverantwortlich gewesen, zumal auch keine Kontrolle über die Entwicklung der Bank ausgeübt worden sei. Auch die besten Restrukturierungspläne können den enormen Schaden in Milliardenhöhe nicht mehr völlig ungeschehen machen. Er sei jedenfalls froh darüber, dass es mittlerweile Gesetze gibt, die verhindern, dass Länder solche Haftungen noch übernehmen können. Faymann ging davon aus, dass sich nun die Geschäftsführung der Bank voll dafür einsetzt, die bestmögliche Schadensminimierung zu erreichen. Er selbst habe sich intensiv auf europäischer Ebene dafür eingesetzt, noch zusätzlich Zeit dafür zu erhalten, eine gute Lösung zu finden.

FPÖ-Mandatar Gernot DARMANN entgegnete der Bundeskanzler, bei der Hypo Alpe Adria habe es sich zum Zeitpunkt der Notverstaatlichung bedauerlicherweise nicht um eine deutsche, sondern um eine österreichische Bankenlizenz gehandelt. Außerdem dürfe man nicht vergessen, dass der österreichische Staat zudem eine Ausfallshaftung für Beträge bis 100.000 € hat. Österreich habe daher aus gutem Grund dafür zu sorgen, dass dieser Schaden minimiert wird und dass ein solcher Fall nie wieder zustande kommt, betonte der Kanzler.

Anfrage des Abgeordneten Josef BUCHER (B): Wann kommt endlich eine spürbare Entlastung für den leistungsbereiten Mittelstand?

Antwort: Bundeskanzler Werner FAYMANN wies zunächst auf den Zusammenhang zwischen den Exporterfolgen der heimischen mittelständischen Unternehmen und der Wirtschaftslage in den Staaten der EU hin und betonte, Österreich müsse allein schon aus diesem Grund größtes Interesse an der Unterstützung der wirtschaftlichen Stabilität in der Eurozone haben. Die Entlastung des Faktors Arbeit sei jedenfalls "eine richtige Diskussion", meinte er überdies, gab aber zu bedenken, Arbeit werde durch wirtschaftliche Leistungen geschaffen und könne vom Steuersystem lediglich begleitet werden.

Von Abgeordneter Ruperta LICHTENECKER (G) auf die Ausgaben für Forschung und Entwicklung angesprochen, betonte der Kanzler, Österreich habe in diesem Bereich nicht wie andere Staaten mit dem Sparstift gekürzt, sondern seine Investitionen vielmehr ausgeweitet.

Auf die Kritik des Abgeordneten Bernhard THEMESSL (F) an der hohen Abgabenquote für KMU replizierte Faymann, eine Steuerreform müsse grundsätzlich aufkommensneutral sein. Sollte der Faktor Arbeit entlastet werden, dann müsste es im Gegenzug zu vermögensbezogenen Steuern kommen. Der Bundeskanzler sah darin ebenso wie Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) auch eine Frage der Steuergerechtigkeit und trat überdies für die Bekämpfung des Steuerbetrugs und für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ein. Klar war für Faymann allerdings, dass es bei der derzeitigen wirtschaftlichen Lage keine großen Spielräume für eine große Steuerreform gibt. Erbschafts- und Schenkungssteuer könnten nicht so wirtschaftsfeindlich sein, wenn sie sogar von Angela Merkel in Deutschland eingeführt wurden, entgegnete der Bundeskanzler auf diesbezügliche Bedenken der Abgeordneten Gabriele TAMANDL (V).

Anfrage des Abgeordneten Robert LUGAR (T): Mit der Griechenland- und Zypern-Hilfe hat Österreich den EU Vertrag gebrochen, der eindeutig festlegt, dass kein Land für das andere aufkommen darf. Auch im ESM- Vertrag steht, dass Zypern nicht geholfen werden darf, weil es nicht systemrelevant ist. Wir haben also in allen beiden Fällen gegen Verträge verstoßen. Wie rechtfertigen Sie eine widerrechtliche Hilfe, die noch dazu den Steuerzahler viel Geld kosten und wahrscheinlich zu höheren Steuern führen wird.

Antwort: FAYMANN widersprach dem Vorwurf der Verletzung rechtlicher Kriterien und bemerkte pointiert, wir sollten uns unserer europäischen Verantwortung nicht erst dann bewusst werden, wenn beim Bankomat nichts mehr herauskommt. Wenn ein Land aus der Euro-Zone herausbrechen würde, dann wären die Folgewirkungen auf ganz Europa jedenfalls dramatisch, bekräftigte er auch auf eine Frage des Abgeordneten Wolfgang GERSTL (V). Den Abgeordneten Gerald GROSZ (B) wies der Bundeskanzler überdies auf die Einlagensicherung mit 100.000 € hin, meinte aber, weit besser wäre es zu verhindern, dass eine Bank überhaupt insolvent wird, zumal die Schäden in einem solchen Fall verheerend wären. Mit Nachdruck wies der Bundeskanzler den Vorwurf des Abgeordneten Alois GRADAUER (F) zurück, die Zypern-Hilfe sei ein Raubüberfall auf Europa gewesen. Ein Raubüberfall würde dann passieren, wenn die Politik der FPÖ Platz greift, entgegnete Faymann. Österreichs Vorteil durch geringere Zinsen bei den Anleihen und höhere Exporte sei jedenfalls so groß, dass es unverantwortlich wäre, die Eurozone zu zerstören, unterstrich Faymann auch gegenüber der Abgeordneten Elisabeth GROSSMANN (S).

Zu der von Abgeordnetem Bruno ROSSMANN (G) kritisierten Sparpolitik bemerkte Faymann, die Politik in der EU sollte einen Kurs ermöglichen, der Spielraum für Wachstum schafft. Gleichzeitig liege es aber auch an den südeuropäischen Staaten, Rechtsstaatlichkeit sowie die Bekämpfung von Steuerbetrug in den Vordergrund zu stellen.

Anfrage der Abgeordneten Christine MUTTONEN (S): Sind die im EU- Finanzrahmen 2014-2020 für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa vorgesehenen 6 Mrd. Euro ausreichend?

Antwort: Für den Ausbau einer dualen Ausbildung und die Schaffung einer Ausbildungsgarantie für Jugendliche werde man mehr als die vorgesehenen 6 Mrd. € brauchen, gab der BUNDESKANZLER zu bedenken, zeigte sich aber optimistisch, dass noch zusätzliche Mittel gefunden werden können. Österreich werde dieses Thema jedenfalls weiter vorantreiben, versicherte er. Als beste Voraussetzungen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit bezeichnete Faymann wirtschaftliche Maßnahmen, wie Investitionen fördern, Beschäftigung schaffen und Wachstumsimpulse geben. Einer Meinung mit Abgeordnetem August WÖGINGER (V) war Faymann über die Notwendigkeit, das Image der Lehrlingsausbildung zu verbessern, wobei er in diesem Zusammenhang auch die Idee eines Ausbildungsfonds nach dem Beispiel Vorarlbergs begrüßte.

Von Abgeordnetem Gerhard HUBER (B) auf die Agrarsubventionen angesprochen, betonte Faymann, er sei grundsätzlich für die Beibehaltung der landwirtschaftlichen Förderungen und meinte, die entscheidende Frage sei dabei, ob das Geld auch jenen zugutekomme, die es brauchen.

Zu den von den Abgeordneten Karl ÖLLINGER (G) und Christian HÖBART (F) thematisierten beschäftigungspolitischen Konzepten für Europa stellte der Bundeskanzler fest, um aus der Krise herauszukommen sollten jene Kräfte unterstützt werden, die auf Betrugsbekämpfung, auf mehr Einnahmen, auf Schuldentilgung und auf Investitionen in Bildung und Ausbildung setzen. Abgeordneter Martina SCHENK (T) gegenüber bekräftigte Faymann überdies, er unterstütze die Initiativen von Sozialminister Hundstorfer zugunsten von Jugendlichen, die in Probleme geraten sind, und begrüßte im Einzelnen das Nachholen von Schulabschlüssen sowie die Ausbildungsgarantie.

Anfrage der Abgeordneten Silvia GRÜNBERGER (V): Welche budgetären und strukturelle Reformmaßnahmen zur Qualitätssicherung der österreichischen Medien schlagen Sie vor?

Antwort: Auch wenn überall gespart werden muss, bleibe die Sicherung der Vielfalt der österreichischen Medien ein prioritäres Anliegen, unterstrich FAYMANN, der sich gleichzeitig auch zur staatlichen Unterstützung des ORF bekannte. Abgeordnetem Stefan PETZNER (B) gegenüber betonte er in diesem Zusammenhang mit Nachdruck, die 160 Mio. € für die Gebührenrefundierung seien für die ganze Legislaturperiode vereinbar. In der nächsten Legislaturperiode werde die Frage wieder zu beraten sein, dies aber unter Berücksichtigung der Struktur des ORF.

Der Bundeskanzler trat grundsätzlich für eine Reform der Presseförderung ein, gab allerdings auf Fragen der Abgeordneten Dieter BROSZ (G) und Josef CAP (S) zu bedenken, diese dürfte nicht in Polemik versinken, sondern müsste sich mit qualitativen Kriterien beschäftigen. Zur Kritik des Abgeordneten Harald VILIMSKY (F) an der Qualität einzelner ORF-Programme stellte Faymann fest, er wolle sich nicht in die Frage von Wiederholungen im öffentlichen Rundfunk einmischen. Im Zusammenhang mit Qualitätssicherung plädierte der Kanzler aber für eine Verkleinerung des Stiftungsrates.

 

 

 

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