Fremde Zellen im menschlichen Körper

 

erstellt am
29. 05. 13
14.00 MEZ

Graz (med-uni) - Die an der Med Uni Graz entwickelte Methode zur eindeutigen Identifizierung des genetischen Ursprungs einzelner Zellen im menschlichen Körper spielt eine entscheidende Rolle bei der Erforschung fremder Zellen, dem Chimärismus bzw. wenn diese fremden Zellen vergleichsweise selten sind: Mikrochimärismus. Diese eindeutige Identifizierung ist essentiell, um die Rolle der fremden Zellen im eigenen Körper untersuchen zu können. Das Überleben fremder Zellen im menschlichen Körper und die daraus resultierenden Erkenntnisse sind das Thema einer international hochkarätig besetzten Tagung, welche von 30. Mai bis 01. Juni 2013 an der Med Uni Graz stattfinden wird. Wissenschafter aus der ganzen Welt treffen sich in Graz, um über Kooperationen und neueste Erkenntnisse zu sprechen.

Mikrochimärismus - Fremde Zellen im Körper
Der Ausdruck Mikrochimärismus beschreibt die Tatsache, dass wir im Körper fremde Zellen tragen, die oft einige bis viele Jahre überleben können. Diese Zellen können während der Schwangerschaft durch einen wechselseitigen Austausch über die Plazenta (den Mutterkuchen) zwischen Mutter und Kind in den Körper gelangen, aber auch nach Transfusionen noch lange im Wirtsorganismus weiterleben und sich wie die körpereigenen Zellen zu spezifischen Gewebszellen entwickeln.

Genetischer Fingerabdruck auf Einzelzellbasis
Die eindeutige Identifizierung von fremden seltenen Einzelzellen im menschlichen Körper ist DI Dr. Thomas Kroneis, Leiter der Forschungseinheit für Einzelzellanalyse in der Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Peter Sedlmayr am Institut für Zellbiologie, Histologie und Embryologie der Med Uni Graz gelungen, dies in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Erwin Petek vom Institut für Humangenetik. Diese Vorgehensweise orientiert sich an forensischen Methoden und ermöglicht es jede einzelne Zelle eindeutig zu identifizieren. Die Rückverfolgung geht sogar so weit, dass festgestellt werden kann, von welchem der leiblichen Kinder eine bestimmte fremde Zelle in der Mutter stammt. Wie Dr. Kroneis zusammen mit Assoz.-Prof. Dr. Jochen Geigl vom Institut für Humangenetik der Med Uni Graz zeigte, können seltene fremde Einzelzellen nicht nur identifiziert, sondern auch weiteren molekulargenetischen Untersuchungen unterzogen werden, um so zum Beispiel Mutationen nachweisen zu können.

Was tun die fremden Zellen im Körper?
Die fremden Zellen werden vom Immunsystem erkannt und in den meisten Fällen auch toleriert, koexistieren friedlich mit den Zellen des Wirtsorganismus. Jedoch weisen etliche Forschungsergebnisse darauf hin, dass der Mikrochimärismus für die Entstehung von Krankheiten mitverantwortlich sein kann, zB. bei der Entstehung entzündlich rheumatischer Krankheiten und anderer Autoimmunerkrankungen. In diesen Fällen wird das Immunsystem gegen körpereigene Antigene aktiv. Fremde Zellen können, sofern sie Teil des Immunsystems sind, an dieser Schädigung mitwirken.

Andererseits können fremde Zellen auch an Regenerationsprozessen des Körpers Anteil haben. So wird an der Tagung eine Forschungsgruppe aus Bristol ihre Untersuchungen der Bauchspeicheldrüse präsentieren, in denen sie gemeinsam mit den Wissenschaftern der Med Uni Graz von der Mutter stammende mikrochimäre Zellen identifizierte. Diese mütterlichen Zellen übernehmen die Funktionen typischer normaler Zellen der Bauchspeicheldrüse wie auch zB. die Insulinproduktion, was im Zusammenhang mit Diabetes mellitus von Interesse ist. Eine weitere Forschungskooperation der Med Uni Graz besteht mit einer Gruppe aus Seattle, die sich mit der Rolle fremder Zellen in Zusammenhang mit Sklerodermie, einer zu Versteifung von Haut und Speiseröhre führenden Erkrankung, beschäftigt.

Diese und weitere Forschungsleistungen werden auf der an der Med Uni Graz stattfindenden Tagung von internationalen Spezialisten auf dem Gebiet des Mikrochimärismus präsentiert und diskutiert werden. Der gemeinsame Erfahrungsaustausch soll zu einem besseren Verständnis der Rolle von Mikrochimärismus bei Krankheiten führen und weitere internationale Forschungskooperationen ermöglichen.

 

 

 

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