Europaforum Wachau

 

erstellt am
17. 06. 13
14.00 MEZ

LH Pröll: Gemeinsames Europa braucht selbstbewusste Regionen
St. Pölten (nlk) - "Jenseits der Krise - Umrisse eines neuen Europas" lautet das Thema des 18. Europa-Forums Wachau, das am 15.06. im Stift Göttweig eröffnet wurde. Im Zuge der Plenarveranstaltung im Altmann Saal des Stiftes kamen heute im Anschluss an die Begrüßung durch den Abt von Göttweig, Mag. Columban Luser, und durch die Präsidentin des Europa-Forums, Landesrätin Mag. Barbara Schwarz, Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, der Autor und Schauspieler Miguel Herz-Kestranek, EU-Kommissar Dr. Johannes Hahn sowie der Minister für auswärtige Angelegenheiten des Fürstentums Andorra, Gilbert Saboya Sunyé und der Premierminister von Lettland, Valdis Dombrovskis, zu Wort. Moderiert wurde die Veranstaltung durch Prof. Paul Lendvai.

Seit dem Jahr 1995 komme man auf dem Göttweiger Berg zusammen, um im Rahmen des Europa-Forums Wachau "die Facetten der europäischen Entwicklung zu begleiten", dabei aber auch "mit ehrlichen Argumenten Unangenehmes anzusprechen", sagte Landeshauptmann Pröll.

Viele meinten derzeit, Europa sei ein Sanierungsfall, so der Landeshauptmann, der dem entgegen hielt: "Sehr vieles ist viel besser, als es in der öffentlichen Diskussion derzeit erscheint. Halten wir uns vor Augen: Noch nie hat es in Europa so viel Freiheit und so viele Chancen gegeben wie jetzt. Noch nie zuvor hatten wir eine so lange Friedensperiode wie jetzt. Europa ist für seine Wirtschaftsdynamik und sein Gesellschaftsmodell in aller Welt anerkannt." Europa sei "mit Sicherheit nicht am Ende", auch wenn Europa immer "eine Reise" sein werde: "Europa bleibt ein Projekt, an dem andauernd gearbeitet wird und wo jeder seine Aufgabe zu erfüllen hat."

Seine Überzeugung sei klar, so Pröll: "Wir brauchen nicht mehr Europa, sondern wir brauchen mehr Europa am richtigen Platz." So brauche man etwa "mehr Europa, wenn es darum geht, sich in einer globalisierten Welt durchzusetzen", betonte er. Angesichts der aktuellen Hochwassersituation der letzten Tage wünsche er sich die verstärkte Anwendung des Solidaritäts- und Subsidiaritätsprinzips, zum einen durch den Einsatz von EU-Mitteln, um bei der Abgeltung der Schäden zu helfen, aber auch dadurch, dass "Investitionsgelder für den Hochwasserschutz verfügbar gemacht werden". Man müsse in Europa "enger zusammenrücken, um Katastrophenpläne zu entwickeln und um voneinander zu lernen", so Pröll. Eine gute Chance biete dafür die Donauraumstrategie, im Zuge dieser soll der Katastrophenschutz "wesentlich klarer bearbeitet" werden.

Das gemeinsame Europa brauche "selbstbewusste Regionen", sagte der Landeshauptmann weiters, denn "wir profitieren gegenseitig - das Große vom Kleinen, das Kleine vom Großen". So habe Niederösterreich von der EU sehr profitiert, informierte Pröll: "Jeder Euro, der von Niederösterreich nach Brüssel abgegeben wird, kommt dreifach zurück. Wir haben in Niederösterreich um 80 Prozent mehr Unternehmen als 1995, ausländische Unternehmen investieren bei uns sieben Mal so viel wie 1995."

Das 18. Europa-Forum Wachau solle sich damit beschäftigen, "welchen Weg Europa jenseits der Krise gehen wird", hielt Landesrätin Schwarz fest. Für das Verständnis der EU bei der Bevölkerung sei das Europa der Regionen ein "ganz wichtiger Ansatz", sagte die Landesrätin: "Denn nur die kleine Einheit ist tatsächlich in der Lage, die Bürger zu erreichen." Zum diesjährigen Europa-Forum habe man vor allem auch die Jugend eingeladen, hob sie hervor: "Weil wir gerade der Jugend zeigen wollen, dass es ihr Europa ist."

Miguel Herz-Kestranek forderte "Herzblut für die Vision Europa" ein und plädierte für "Leidenschaft und Emotion". Der Autor und Schauspieler: "Es braucht kein neues Europa, sondern es braucht den Mut, mit Leidenschaft, mit Emotion und mit Herz für das laufende Projekt einzutreten." Es gehe darum, "Europa vorzuleben, und zwar mit Verstand und mit Herz - von den Parlamenten bis zu den Gemeindestuben, von den Universitäten bis zu den Volksschulen, von den Symposien bis zu den Stammtischen."

EU-Kommissar Hahn sagte, seine "Vision von der Weiterentwicklung Europas" bestehe in einem "Zusammenleben mit Freundschaft, mit gegenseitigem Respekt und wenn es notwendig ist mit Solidarität." Die Donauraumstrategie sehe als einen ihrer elf Schwerpunkte die Auseinandersetzung mit der Risikoprävention vor, bezog sich auch Hahn auf die Hochwasserproblematik: Es gelte hier, gemeinsame Standards zu entwickeln", denn es brauche in diesem Bereich eine "europäische Abstimmung und Koordination". Seine Bitte an Niederösterreich, das das Hochwasser "bei allen Problemen bravourös gemeistert" habe, sei, "diese Erfahrungen innerhalb der Donauraumstrategie einzubringen."

Gilbert Saboya Sunyé aus Andorra betonte: "In Andorra fühlen wir uns zutiefst in Europa verwurzelt - nicht nur geographisch, sondern vor allem auch in Bezug auf Werte und Grundsätze." Es gehe ihm um eine "Vertiefung unserer Beziehungen mit Europa und einer Teilhabe an Europa", so Sunyé.

Der lettische Premierminister Valdis Dombrovskis bedankte sich für die Möglichkeit, über "die lettische Perspektive auf die europäische Entwicklung" zu sprechen. Lettland werde mit dem 1. Januar 2014 dem Euro-Raum beitreten: "Wir haben Vertrauen zum Euro und wir stellen dieses Vertrauen unter Beweis."


 

Schwarz: Subsidiarität ist unerlässlich für solidarische Gemeinschaft
18. Europa-Forum Wachau beleuchtet die Umrisse eines neuen Europas jenseits der Krise
St. Pölten (nöi) - Die Präsidentin des Europa-Forum Wachau, Landesrätin Mag. Barbara Schwarz, ging in ihrer Begrüßungsrede auf die Wechselwirkung von Solidarität und Subsidiarität ein: "Europa wird sich im Großen neue gemeinschaftliche Regeln überlegen müssen - beispielsweise in der Finanzpolitik oder in der gemeinsamen Sicherheitspolitik. Wir müssen aber darauf achten, dass wir im Kleinen das Prinzip der Subsidiarität aufrechterhalten und mit Leben erfüllen. Denn regionale Strukturen bedeuten für den Bürger bessere Mitsprache und Mitentscheidungsmöglichkeit und für den Politiker bessere Erklärungsmöglichkeit."

Europa werde bei der Überwindung der derzeitigen Herausforderungen die Unterstützung der Bürger und vor allem der Jugendlichen brauchen, meinte Schwarz weiter, "denn sie müssen die notwendigen Schritte - die auch Verzichte für sie persönlich bedeuten - mittragen. Daher brauchen wir dringend eine Stärkung der solidarischen Gemeinschaft in Europa. Das kann wiederum nur im direkten Umfeld in den Vereinen, in den Gemeinden, in den Regionen beginnen. Denn nur wer Solidarität im Kleinen gelebt und erlernt hat, begreift auch, warum Europa solidarisch handeln muss", so Schwarz, die als Beispiel das Hochwasser der letzten Tage und Wochen anführte.


 

"Balkangipfel"
LH Pröll: Schrittmacherdienste für Zukunft des gemeinsamen Europas
St. Pölten (nlk) - Zu einem bemerkenswerten Zusammentreffen der Regierungschefs von Serbien und Kosovo kam es am zweiten Tag des Europa-Forums Wachau (16.06.). Nach dem einleitenden Referat von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll sprachen auch der Premierminister der Republik Kosovo, Hashim Thaci, sowie der Premierminister der Republik Serbien, Ivica Dacic zum Plenum. Weiters kamen auch der Außenminister der Republik Mazedonien, Nikola Poposki, der Außenminister Rumäniens, Titus Corlatean, und Vizekanzler Außenminister Dr. Michael Spindelegger zu Wort.


 

Spindelegger: Erwarte klares Signal vom EU-Gipfel Ende Juni zu Serbien und Kosovo
Vizekanzler beim Europaforum Wachau mit Premierministern aus Serbien und Kosovo; klares Bekenntnis zur EU-Erweiterung am Balkan
Wien (bmeia) - In seiner Rede am Europaforum Wachau, welches in diesem Jahr unter dem Motto "Jenseits der Krise - Umrisse eines neuen Europas" stattfand, lud Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger am 16.06. die Teilnehmer zu einem Gedankenexperiment ein: "Lassen sie uns die letzten Krisenjahre einmal aus der Perspektive künftiger Generationen betrachten: Diese werden feststellen, dass sich die EU in einer schwierigen wirtschaftlichen Phase in denkbar kurzer Zeit auf nie dagewesene Instrumente zur gemeinsamen wirtschaftspolitischen Kontrolle und Steuerung, sowie auf die Vertiefung ihrer Wirtschafts- und Währungsunion verständigen konnte." Denn, so ergänzte der Vizekanzler, man müsse anerkennen, dass die EU heute besser aufgestellt sei, als am Anfang der Krise. Daher dürfe man jetzt bei der Umsetzung nicht an Konsequenz verlieren.

Den Schwerpunkt seiner Rede legte der Vizekanzler auf die Erweiterungspolitik der Europäischen Union: "Der Erweiterungsprozess demonstriert eindrucksvoll die ungebrochene Attraktivität der EU als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Er ist für die Kandidatenländer der entscheidende Antrieb, um den jeweiligen innerstaatlichen Reformprozess voranzutreiben."

Mit dem Westbalkan bestünde ein besonders dichtes Netzwerk aus gemeinsamer Geschichte sowie politischer, wirtschaftlicher, kultureller und zwischenmenschlicher Beziehungen, betonte Spindelegger. "Österreich tritt daher mit allem Nachdruck dafür ein, dass sämtliche Länder des Westlichen Balkans ehestmöglich Mitglieder der EU werden. Ohne den Westbalkan bleibt das Projekt Europa Stückwerk. Lasst uns den EU-Beitritt Kroatiens in zwei Wochen als Initialzündung für die weitere EU-Annäherung der Region sehen!" Der Vizekanzler unterstrich, dass Österreich sich weiter für die ehestmögliche Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien, für den Kandidatenstatus Albaniens und einen glaubhaften Beitrittsantrag Bosnien-Herzegowinas einsetze. Dazu müssten die politischen Eliten in diesen Balkanstaaten aber über ihre Schatten springen und ihre Hausaufgaben machen. "Erst wenn dies geschieht, wird Österreich jene Argumente in die Hand bekommen, um als Anwalt der Region Überzeugungsarbeit in anderen EU-Hauptstädten leisten zu können", so Spindelegger.

In diesem Zusammenhang begrüßte der Vizekanzler besonders die Anwesenheit der Premierminister von Serbien und des Kosovos, Ivica Dacic und Hashim Thaci, die in Göttweig erstmals außerhalb des UNO- oder EU-Rahmens in New York oder Brüssel zusammenkamen. Beide sind die Architekten der schon jetzt vielfach als historisch bezeichneten Vereinbarung zwischen Belgrad und Pristina, die vor wenigen Wochen zustande kam. "Natürlich ist uns allen bewusst, dass das auf dem Papier Vereinbarte mit Leben zu füllen und zügig umzusetzen ist. Erste Ergebnisse sind schon erzielt. Weitere werden folgen", so Spindelegger und ergänzte: "Ich bin von der Unumkehrbarkeit des Prozesses überzeugt. Deshalb setze ich mich klar und deutlich für eine Anerkennung und Ermunterung Serbiens und des Kosovo ein. Ich erwarte mir dazu ein klares Signal vom EU-Gipfel Ende Juni. Das bedeutet ein konkretes Zieldatum für die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen mit Serbien und für den Beginn von Verhandlungen zu einem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit dem Kosovo." Dieses Zieldatum könnte - so Spindelegger - aus seiner Sicht noch heuer, spätestens aber im Jänner 2014 liegen.

Abschließend betonte Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger einmal mehr, die wichtig es für die Rolle der Europäische Union in Zukunft sei, mit einer Stimme zu sprechen: "Wir dürfen uns nicht in unser europäisches Schneckenhaus verkriechen. Gemeinsam sind wir stärker, um uns den globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu stellen. Wir brauchen diese nicht zu scheuen. Denn Europa hat eine starke Basis."

Hashim Thaci, Premierminister der Republik Kosovo, sprach im Zusammenhang mit dem Brüsseler Abkommen zwischen Kosovo und Serbien von einer "historischen Leistung" und einem "historischen Erfolg": "Wir haben damit eine neue Situation geschaffen, und wir haben damit begonnen, ein neues Kapitel der Geschichte aufzuschlagen."

Der westliche Balkan habe großen Einfluss auf den Frieden und den Wohlstand am europäischen Kontinent, betonte Ivica Dacic, Premierminister Serbiens. Auch er sprach im Zusammenhang mit den Verhandlungen mit dem Kosovo von "historischen Schritten". Die EU sei "sicherlich das wichtigste Friedensprojekt in der Geschichte Europas", so Dacic.

Vizekanzler Spindelegger bezeichnete die diesjährige Veranstaltung als ein "außergewöhnliches Europa-Forum". Er bedankte sich im Blick auf das Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo bei den Premierministern, "dass beide diese historische Chance genutzt haben." Zum Außenauftritt der Europäischen Union hielt er fest: "Wir brauchen eine starke Position Europas in der Welt."

Nikola Poposki, Minister für auswärtige Angelegenheiten der Republik Mazedonien, nahm in seinem Referat zur gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union Stellung, diese werde in Zukunft "immer mehr an Bedeutung gewinnen".

Titus Corlatean, Minister für auswärtige Angelegenheiten von Rumänien, meinte, das Europa-Forum Wachau habe "im Laufe der Jahre sehr an Prestige gewonnen". Österreich und Rumänien verbinde "eine ganz besondere Partnerschaft", so Corlatean.

Das diesjährige Europa-Forum Wachau, das auch heuer wieder von Paul Lendvai moderiert wurde, stand ganz im Zeichen des Themas "Jenseits der Krise - Umrisse eines neuen Europas". Im Zuge der heutigen abschließenden Plenarveranstaltung wurden auch die Resumées der Arbeitskreise präsentiert. Getagt wurde zu den Themen "10 Jahre Gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik", "Subsidiarität - Solidarität", "Wirtschaft - Wachstum und Budgetsanierung" sowie "Mehr Europa durch mehr Kultur - Die Rolle der Kultur bei der europäischen Integration und in den EU-Außenbeziehungen".

 

 

 

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