Neues EU-Asylrecht

 

erstellt am
11. 06. 13
14.00 MEZ

 Pirker: Neues EU-Asylrecht hilft denen, die tatsächlich Schutz brauchen
EU-Parlament beschließt umfassende Neuregelung des europäischen Asylrechts / Asyl-Fingerabdruck-Datenbank soll auch zur Verfolgung von schweren Straftaten genutzt werden
Straßburg (övp-pd) - Nach knapp fünfjährigen Verhandlungen beschließt das EU-Parlament diese Woche eine umfassende Reform des europäischen Asylrechts. "Asylverfahren werden in Zukunft schneller. Missbrauch und Asyl-Shopping werden bekämpft. Der Arbeitsmarktzugang und die Verwahrung von Asylbewerbern werden erstmals eindeutig geregelt", fasst der Innen- und Sicherheitssprecher der ÖVP im EU-Parlament, Hubert Pirker, die Einigung zusammen. "Unser Ziel ist, dass denen rasch geholfen wird, die tatsächlich Schutz vor Verfolgung brauchen", so der ÖVP-Europaabgeordnete. Nach der Parlamentsdebatte in Straßburg am 11.06. soll der endgültige Beschluss am Nachmittag des 12.06. erfolgen.

"Schnelle Asylverfahren sind faire Verfahren", fasst Pirker die geplanten Verfahrensvereinfachungen zusammen. "Im Normalfall müssen Asylverfahren in Zukunft binnen sechs Monaten erledigt werden. Nur bei sehr komplizierten Fällen oder einem Ansturm von Asylanträgen ist ausnahmsweise eine einmalige Verlängerung um neun Monate möglich", erläutert Pirker. Zu den Verfahrensvereinfachungen gehört auch, dass Antragsteller, die offensichtlich zu täuschen versuchen oder nach einer Ablehnung einen neuen Antrag mit neuen, unbegründeten Tatsachen stellen, einfacher abgeschoben werden können. Außerdem wird festgelegt, dass Asylbewerber in Verwahrung genommen werden können, um ihre Identität feststellen zu können. "Auch das ist eine Maßnahme, um Asylverfahren rasch abschließen zu können."

Teil der neuen Regelung ist außerdem, die existierende Asyl-Fingerabdruck-Datenbank EURODAC auch zur Verfolgung von schweren Straftaten wie Mord, Menschenhandel oder Terroranschlägen zu nutzen. Bisher dient die Datei zur Identifikation und zur Überprüfung, ob ein Asylsuchender bereits in einem anderen Land einen Asylantrag gestellt hat. Die Ausweitung der Nutzungsmöglichkeit sei ein "Sieg der Vernunft", so Pirker. "Die gespeicherten Daten nicht zur Bekämpfung schwerer Verbrechen nutzen zu können wäre ein Schildbürgerstreich", erklärt der ÖVP-Europaabgeordnete. Ein vierstufiges Verfahren mit mehreren Sicherheitschecks und unabhängiger Kontrolle sorge dafür, dass der Datenschutz jedenfalls gewahrt werde.

Das Prinzip, dass das sogenannte Erstkontaktland in der EU zuständig für das Asylverfahren ist, bleibt bestehen. Auch sollen Asylbewerber, deren Verfahren die Mitgliedstaaten nicht innerhalb von neun Monaten abschließen, Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen. Dabei ist den eigenen Staatsbürgern Vorrang zu geben. Ein neuer Frühwarnmechanismus und ein Krisenmanagement sind für den Fall vorgesehen, dass in einem EU- Mitgliedsland eine besonders hohe Zahl von Asylsuchenden eintrifft oder das Asylsystem nicht ordnungsgemäß funktioniert. In diesem Fall kann der betreffende Staat oder die EU-Kommission alle Mitgliedsländer damit befassen, um Hilfe bitten und einen Aktionsplan ausarbeiten. "Damit bekommen wir geeignete Instrumente für ein besseres Krisenmanagement", erklärt Pirker.


 

Mölzer: Wenn schon einheitliche EU-Asylregeln, dann nach Schweizer Vorbild!
Geplante einheitliche EU-Asylstandards tragen Handschrift des Gutmenschentums - Asylwesen darf kein Vehikel für ungezügelte Massenzuwanderung sein
Wien (fpd) - Die gemeinsamen EU-Asylstandards seien entschieden abzulehnen, sagte der freiheitliche EU-Delegationsleiter Andreas Mölzer am 11.06. im Vorfeld der Aussprache zu diesem Thema im Europäischen Parlament. "Das ganze Regelwerk trägt die Handschrift des Gutmenschentums. Wichtige bisherige Grundsätze wie Dublin II, der den Asyltourismus zwischen den Mitgliedstaaten verhindert, sollen aufgeweicht werden. Die neuen einheitlichen EU-Asylstandards werden daher die Massenzuwanderung nach Europa fördern", kritisierte Mölzer.

Grundsätzlich sei zwar ein einheitliches EU-Asylrecht nicht abzulehnen, so der freiheitliche Europaabgeordnete. "Aber ein solches hat sich ausschließlich an den Interessen der europäischen Völker zu orientieren. Und als Vorbild könnten die verschärften Schweizer Asylgesetze dienen, die am Sonntag von den Eidgenossen bei einer Volksabstimmung mit klarer Mehrheit bestätigt wurden. Das zeigt übrigens einmal mehr den Unterschied zwischen Brüsseler Zentralbürokratie und direkter Demokratie", fügte Mölzer hinzu.

Wenn zu konsequenten Regeln gegen Asylmissbrauch innerhalb der Europäischen Union keine Bereitschaft bestehe, dann müsse das Asylwesen in der ausschließlichen Kompetenz der Mitgliedstaaten liegen, forderte der freiheitliche EU-Mandatar. "Denn es muss unbedingt verhindert werden, dass das Asylwesen zu einem Vehikel der ungezügelten Massenzuwanderung wird, wie es den Brüsseler Multikulti-Fanatikern offenbar vorschwebt", schloss Mölzer.


 

 Lunacek: Neues EU-Asylsystem ist vertane Chance für besseren und einheitlichen Flüchtlingsschutz
Grüne Kritik am Abschreckungssystem und einer Vielzahl an einschneidenden Verschlechterungen
Straßburg (grüne) - "Das neue Asylsystem ist eine vertane Chance für einen besseren und einheitlichen Flüchtlingsschutz in Europa. Von den großen Plänen für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem, die die Kommission ursprünglich vorgeschlagen hat, ist praktisch nichts übrig geblieben. Die Mitgliedsstaaten haben alles abgeblockt. Die vier Asylrichtlinien und -Verordnungen, die im Paket verhandelt wurden, führen zu einschneidenden Verschlechterungen. Verbesserungen dagegen muss man mit der Lupe suchen. In einigen Bereichen wird der Flüchtlingsschutz regelrecht durchlöchert: Die Polizei bekommt zur Verfolgung von Straftaten künftig Zugriff auf die Fingerabdrücke von Asylsuchenden. Das lehnen wir Grüne genauso entschieden ab wie die Inhaftierung von Flüchtlingen, die künftig aus einer Vielzahl von Gründen möglich ist. Dafür reicht es schon, dass sie ohne Einreiseberechtigung in die EU kommen. Nicht einmal die Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen im Gefängnis ist ein Tabu. Die EU schafft damit kein Schutzsystem, sondern ein Abschreckungssystem. Mit der Verfahrensrichtlinie werden neue Regeln für den "massiven Zustrom von Asylbewerbern" eingeführt, während sich die wichtigste Verbesserung darauf beschränkt, dass unbegleitete Minderjährige und Flüchtlinge mit besonderen Bedürfnissen, wie etwa schwangere Frauen, nicht im Flughafenverfahren abgefertigt werden dürfen. Das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, entscheidende Verbesserungen sind das aber nicht", erklärt Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin der Grünen im Europaparlament und Europasprecherin der österreichischen Grünen, zur heutigen Debatte im Plenum des Straßburger Europaparlaments über das neue europäische Asylsystem.

Im Plenum abgestimmt wird morgen nur noch die EURODAC-Verordnung. Die anderen zu diesem Asyl-Paket gehörenden drei Rechtsakte gelten mit der Abstimmung gestern abend im Innenausschuss und der Verkündung morgen im Plenum als angenommen.

Lunacek: "Die neuen Regelungen schaffen gemeinsame Standards bestenfalls auf dem Papier. In der Praxis lassen sie den EU-Ländern aber viel zu viele Schlupflöcher, um davon abzuweichen. Beim umstrittenen Dublin-System waren die Mitgliedsstaaten nicht einmal zu Trippelschritten hin zu mehr Solidarität zu bewegen. In der EU Asyl zu beantragen, gleicht deshalb auch in Zukunft einem Lotteriespiel, je nachdem in welchem Land Flüchtlinge zuerst EU-Boden betreten. Wir Grüne hätten uns vom gemeinsamen europäischen Asylsystem weit mehr versprochen. Wir wollten ein starkes europäisches Asylsystem und kein Abschreckungssystem. Davon sind wir in der EU mit diesem neuen Asylsystem weiterhin meilenweit entfernt. "

Grünes Abstimmungsverhalten: Aufnahmerichtlinie: dagegen Dublin-Verordnung: Enthaltung. Die Grünen lehnen das Dublin-System insgesamt zwar ab. Die Neufassung der Verordnung ist aber an einigen Stellen besser als die bestehende Regelung. Eine Ablehnung hätte das Dublin-System nicht abgeschafft, sondern nur die alte Regelung beibehalten. Asylverfahrensrichtlinie: Enthaltung. Hier gibt es einige kleinere Verbesserung gegenüber der bestehenden Richtlinie, die Neufassung führt aber weder zu gemeinsamen Standards noch korrigiert sie zentrale Schwachstellen der bisherigen Richtlinie. Bei der Abstimmung zu EURODAC am 12.06. im Plenum werden die Grünen dagegen stimmen.

 

 

 

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