Wiener Gemeinderat zum Rechnungsabschluss 2012

 

erstellt am
26. 06. 13
14.00 MEZ

Zusammenfassung der General- sowie Spezialdebatten zu den acht Ressorts am 24. und 25. Juni 2013
Wien (rk) - Die 40. Sitzung des Wiener Gemeinderates zum Rechnungsabschluss 2012 startete am 24.06. um 9.00 Uhr mit dem Bericht von Vizebürgermeisterin Finanzstadträtin Renate Brauner. Auf drei Säulen habe ihre Finanzpolitik beruht, sagte sie: Investitionen gegen die Wirtschaftskrise, ein Konsolidierungskurs zur Steigerung der Effizienz sowie Maßnahmen für die soziale Gerechtigkeit. Wien habe ein Bruttorealprodukt (BRP) von 77 Milliarden Euro erwirtschaftet, der aktuelle Schuldenstand der Stadt betrage 5,3 Prozent dessen. Die Stadt werde ihre Neuverschuldung sukzessive reduzieren und strebe 2016 ein Nulldefizit an, kündigte Brauner an.

Die Grünen strichen Errungenschaften ihrer Regierungsbeteiligung hervor: Öffi-Jahreskarten um 365 Euro, Solaroffensive und Ausbau der Radwege. Sie forderten eine "Neuverteilung des Reichtums" und daher eine Vermögenssteuer.

Zuwanderung koste mehr als sie bringe, meinten die Freiheitlichen. Die Finanzpolitik der Stadt sei gescheitert, Brauner eine "Meisterin der Schönfärberei". Das Gesundheitssystem brauche Investitionen statt Einsparungen.

Die ÖVP sprach Brauner "finanzpolitisches Geschick" ab. Von Konsolidierung des Budgets könne angesichts dieser Zahlen keine Rede sein. Beide Oppositionsparteien beklagten den Rückgang der Wirtschaftsförderung.

Spezialdebatte GGr. Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke
Die FPÖ ortete in steigenden Gebühren eine "quasi-Steuer", welche ins allgemeine Budget fließe, um dort "Löcher zu stopfen". Die europäische Wirtschaftslage dürfe nicht alleinig als Ausrede für den Wiener Schuldenstand verwendet werden.

Die Grünen widersprachen der Opposition: Weniger als zehn Prozent des Wiener Gesamtbudgets spiesen sich aus Steuern, auf welche die Gemeinde Einfluss habe; der Rest passiere auf Bundesebene. Eine Reichensteuer sei sinnvolles Mittel.

Auch RednerInnen der SPÖ betrachteten eine Millionärssteuer als "dringend notwendig". Arbeitslosigkeit könne man nur bessere Bildungsmöglichkeiten entgegnen. Ausbildungsgarantie und Qualifikationsplan 2020 seien dafür die richtigen Werkzeuge. 58 Millionen Euro seien im letzten Jahr in die Arbeitsmarktpolitik geflossen.

Die Volkspartei monierte, dass sich der Schuldenstand der Stadt innerhalb der letzten Jahre verdreifacht habe. Gesunde Wirtschaft führe zu Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung. Von diesen Begriffen hätte sich die Stadtregierung verabschiedet.

Spezialdebatte GGr. Gesundheit und Soziales
Dass rund ein Viertel des Gesamtbudgets 2012 für Gesundheit und Soziales aufgewendet worden sei, war für die ÖVP gerechtfertigt. Nicht einverstanden war die Volkspartei jedoch mit den Aspekten Sparsamkeit, Effizienz, Transparenz und Wirtschaftlichkeit.

Die Grünen hoben die Restrukturierungen im Gesundheitsbereich hervor. Mit Spitalskonzept 2030 sowie Geriatriekonzept würden wesentliche Verbesserungen erreicht. Sie versicherten, dass das Gesundheitswesen auf hohem Niveau bleiben werde.

Die FPÖ forderte, die "Kostenexplosion" im Gesundheitssystem einzudämmen. Nur durch teils "unmenschliche Leistungen" von ÄrztInnen und des Personals funktioniere das System immer noch. Die Freiheitlichen regten eine Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen an.

Idealerweise sei Sozialpolitik gar nicht notwendig, meinte die SPÖ. Natürlich sei es Ziel, dass niemand Unterstützung brauche. Die Realität sehe aber anders aus, in ganz Europa erkenne man den hohen Stellenwert von Sozialpolitik. In Wien werde Pflege in hoher Qualität angeboten, und die Dienste des Fonds Soziales Wien (FSW) zum Großteil als "gut" bis "sehr gut" bewertet.

Spezialdebatte GGr. Umwelt
Die Volkspartei betrachtete 2012 als "Jahr ohne umweltpolitische Impulse". Außerdem könne "der Markt" nicht "100 Prozent Bio" vertragen, denn "grün sein" müsse man sich auch leisten können.

Die Grünen wiederum betonten die Steigerung des öffentlichen und Radverkehrs bei gleichzeitigem Rückgang des Autoverkehrs. Weiters sei der Öko-Businessplan positiv zu erwähnen, zudem sei im Bereich "Anti-Atom" viel geleistet worden.

Maßnahmen zur Rettung der Bienen dürften nicht auf den Bundes-Umweltminister abgewälzt werden, forderte die FPÖ. Die Freiheitlichen äußerten sich weiters zur "schlechten Behandlung" der MitarbeiterInnen der MA 48, täglich kämen Beschwerdebriefe. Zu viel Geld werde außerdem für Werbung ausgegeben, in dem Zusammenhang kritisierten sie die Mülltrennungskampagne.

Die SPÖ sprach zahlreichen Projekten Lob aus: So seien viele Baustellen realisiert worden, die U-Bahn-Linien U1 und U2 verlängert, eine Neuregelung der Straßenkunst festgelegt. Des Weiteren erwähnt wurden die Projekte Wasserspielplatz Favoriten, Hauptbahnhof und Krankenhaus Nord. Außerdem sei erheblich in den Hochwasserschutz investiert worden.

Spezialdebatte GGr. Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung
Für die ÖVP sei "betrüblich", dass "deutlich weniger" Wohnungen gebaut worden seien als geplant. Kritik gab es an der geplanten Infrastrukturabgabe. In Floridsdorf wiederum entstünden "enorm viele Wohnungen", aber der öffentliche Verkehr käme nicht nach.

Die SPÖ nannte es eine "große Herausforderung", der wachsenden Bevölkerung gerecht zu werden. Mit derzeit rund 5.000 bis 6.000 neuen Wohnungen pro Jahr liege Wien im internationalen Spitzenfeld. Wiener Wohnen sei "größter Hausverwalter Österreichs", die Stadt habe in den letzten Jahren Milliarden in Neubau und Sanierung investiert. Gemeindebauten würden "sicher nicht verkauft", versicherte die SPÖ.

Die FPÖ bezeichnete die Wohnbauinitiative als "Flop": Die dafür vorgesehenen Mittel von 300 Millionen Euro seien nur zu rund einer Hälfte genutzt worden. Hauptpreistreiber bei Mieten seien stetig steigende Betriebskosten. Die Freiheitlichen traten ein für eine sofortige Aussetzung der Wasser-, Müll- und Kanalgebühren.

Die Grünen meinten: Die Opposition beklage, dass im Wohnbau zu wenig passiere - aber kein Stadtrat und keine Stadträtin würde "Nein" sagen zu mehr Budget fürs eigene Ressort. Sie machten sich stark für eine Mietzinsobergrenze, 14 Euro pro Quadratmeter in privater Miete seien "uferlos".

Spezialdebatte GGr. Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal
Die ÖVP kritisierte, dass für das Budget 2013 ein Rückgang der Frauenförderung vorgesehen sei und es für den Bereich Gewaltprävention nicht mehr Geld gebe. Das Geld sei vorhanden, werde aber nicht richtig eingesetzt. Geförderte Integrations-Vereine würden den MigrantInnen kaum Deutsch beibringen.

Etwa zwei Drittel der Frauenförderung würden für Frauenhäuser und Gewaltschutz aufgebracht, erklärten die Grünen. In Wien werde vieles umgesetzt: die Väterkarenz, die Wiener Charta, die Watchgroup gegen sexistische Werbung sowie die Erhöhung der Frauenquote in Aufsichtsräten von stadtnahen Unternehmen auf 40 Prozent. Sie forderten das Wahlrecht für Drittstaatsangehörige.

Es werde viel im Bereich Integration getan, aber das Falsche, behauptete die FPÖ. Die Fördergelder für Vereine seien "Geldverschwendung". Die Zuwanderungspolitik der Stadt habe für Probleme am Arbeitsmarkt gesorgt. Sie lehnte ein Wahlrecht für Drittstaatsangehörige ab.

Die SPÖ betonte die Wichtigkeit des Qualifikationsplans der Stadt Wien. Bildung sei die Basis für ein Fortkommen im Leben. Der Gratis-Kindergarten sei eine gute Bildungsbasis für die Kinder von ZuwanderInnen. Auch die Förderung der Sprachkenntnis sei von zentraler Bedeutung. Ein wichtiges Anliegen sei die Gleichberechtigung von Mann und Frau.

Spezialdebatte GGr. Bildung, Jugend, Information und Sport
Für die FPÖ entspräche Kindergarten ab dem ersten Lebensjahr "kommunistischer Ideologie". Das Werbebudget der Stadt flösse besser in die Sanierung von Schulen. Die Causa Stadthallenbad gehöre zu den größten Verfehlungen des Ressorts.

Die ÖVP bemängelte die Höhe der Ausgaben für den Presse- und Informationsdienst (PID). Es gäbe zu viele Containerklassen und leseschwache Kinder, zudem sei die Hauptschule in Wien gescheitert. Den Einsatz der Helige-Kommission zu den Vorfällen im Heim Wilhelminenberg hieß die ÖVP gut.

Die Grünen seien bestrebt, Möglichkeiten zur Verbesserung von Sprachkenntnissen zu schaffen. Auch Mehrsprachigkeit im Unterricht wurde begrüßt. Erneut sprachen sich die Grünen für die Gesamtschule aus. Erfreulich sei der Umstand, dass 1.500 Kindergartenplätze jährlich geschaffen würden.

Die SPÖ hob hervor, dass Wien im Spitzenfeld sei, was Kinderbetreuung betreffe. Auch nehme sich außer Wien kein Bundesland des Themas Leseschwäche an, man teste und setze Maßnahmen. Bewusst seien Schritte zur Armutsbekämpfung gesetzt worden, etwa mit der Erhöhung der Mindestsicherung für Kinder. Im Bereich Jugendwohlfahrt habe man die Verantwortung sehr ernst genommen, dies lasse sich am Umgang mit den Opfern ablesen.

Spezialdebatte GGr Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung
Die Grünen fanden Zahlen des Modal Splits erfreulich, der Autoverkehr in Wien sei auf 27 Prozent gesenkt worden. Dennoch brauche es mehr Zusammenarbeit mit Niederösterreich und dem Burgenland bezüglich PendlerInnenverkehrs, Investitionen in Schnellbahn, Bus und Park-and-Ride-Anlagen seien nötig.

Für die FPÖ waren die Färbung der Radwege, die Mobilitätsagentur, die Velo-city und Rasen am Ring "Geldverschwendung". Sie klagten über Parkplatzprobleme und forderten die Erhebung Grinzings und Steinhofs zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Die ÖVP nannte die Verkehrspolitik mit ihren Schwerpunkten Fahrrad und Parkraumbewirtschaftung "wenig komplex". Die Öffis seien mangelhaft ausgestattet, nur rund 14 Prozent der Straßenbahnen seien klimatisiert. Am Beispiel Mariahilfer Straße zeige sich, dass die Grünen ihre eigenen Partizipationsregeln missachteten.

Der Stadtentwicklungsplan 2025 hätte als Ziel und Aufgabe, strukturelle Veränderungen einer Stadt zu erkennen und die richtigen Weichenstellungen zu setzten, betonte die SPÖ dessen Wichtigkeit. Wohnraum werde geschaffen und der öffentliche Verkehr ausgebaut. Die Seestadt Aspern sei ein Vorzeigeprojekt.

Spezialdebatte GGr. Kultur und Wissenschaft
Die Überlegung zur Neuerrichtung des Wien Museums sah die ÖVP kritisch. Die Vereinigten Bühnen seien eine "Baustelle". Die ÖVP forderte die Vorlage eines Subventionsberichts der Stadt Wien. Betreffend jüdisches Erbe in Wien beklagte sie den Zustand des jüdischen Friedhofs Währing.

Die Grünen lobten das von der ÖVP initiierte Stadtfest als "richtiges Kulturfest". Das Kulturangebot sei stabil und habe in gewissen Bereichen zugenommen. Der Bund wurde kritisiert, sich immer mehr aus der Kultursubvention zurückzuziehen. Es sei "Vision", Wien zu einem Ballungszentrum von Wissenschaft und Forschung zu formen, auch aus arbeitspolitischen Gründen.

Die FPÖ präferierte einen Verbleib des Wien Museums am Karlsplatz. Das Areal des Hauptbahnhofs "belebe" man besser mit einer Veranstaltungshalle. Kritik gab es an Straßen-Umbenennungen, denn die Bevölkerung hätte die Kosten zu tragen.

Die SPÖ hielt fest, der Kulturstandort Wien werde weiter ausgebaut, die Stadt habe sich zu einer ausreichenden Kulturfinanzierung bekannt. Investiert worden sei in den ersten Abschnitt des neuen Wien Museums. In der Theaterlandschaft seien rund ein Dutzend neuer Spielorte eingerichtet worden.
Abstimmungen

Der Rechnungsabschluss für das Jahr 2012 wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien SPÖ und Grüne angenommen. Mit derselben Mehrheit angenommen wurden die Jahresabschlüsse für Krankenanstaltenverbund (KAV), Wien Kanal sowie Wiener Wohnen.

 

 

 

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