Bures/Leichtfried: Nein zu Gigalinern!

 

erstellt am
25. 06. 13
14.00 MEZ

Gigaliner-Zulassung bedeutet Milliardenkosten für Infrastruktur, weniger Verkehrssicherheit und Rückverlagerung von Schwerverkehr auf die Straße
Wien (bmvit) - Derzeit wird auf europäischer Ebene die grenzüberschreitende Zulassung von Gigalinern verhandelt. Bisher sind die Riesen-LKW (Länge von über 25 Metern und Gewicht bis zu 60 Tonnen) nur in Teilen Skandinaviens und den Niederlanden zugelassen sowie zu Testzwecken auch in einigen Bundesländern Deutschlands. Geht es nach dem Willen der EU Kommission, so sollen künftig die Gigaliner auch Grenzen passieren dürfen. Für Österreichs Verkehrssystem würde das im Endeffekt bedeuten: Milliardenkosten für die Infrastruktur, mehr Verkehrstote und eine massive Zunahme vom Schwerverkehr auf der Straße. Verkehrsministerin Doris Bures und der Delegationsleiter der SPÖ-Abgeordneten im EU-Parlament, Jörg Leichtfried, bekräftigen am 25,06, in einer gemeinsamen Pressekonferenz das absolute Nein Österreichs zu den Gigalinern.

Der Kommissionsvorschlag sieht vor, dass die überlangen LKW Grenzen überschreiten dürfen, wenn beide betroffenen Mitgliedstaaten zustimmen. Es ist jedoch zu befürchten, dass mit dieser Regelung der erste Schritt hin zu einer europaweiten Zulassung gesetzt wird. Denn jene Staaten, die sich gegen die Gigaliner aussprechen, würden wirtschaftlich schwer unter Druck kommen.

"Damit würde eine Hintertür für die EU-weite Zulassung der Gigaliner sperrangelweit aufgemacht. Gigaliner stehen in absolutem Widerspruch zu den europäischen und vor allem auch österreichischen Zielen einer nachhaltigen Verkehrspolitik", so die Verkehrsministerin. Sie sieht hier eine der wichtigsten verkehrspolitischen Weichenstellungen in Europa: "Setzen wir in Europa auf Verkehrssicherheit und umweltfreundlichen Verkehr, und damit auf Umweltschutz, Klimaschutz, Schutz der Bevölkerung vor Lärm, Stau und Abgasen - oder auf ungebremst wachsenden LKW-Verkehr? Meine Antwort darauf kennen Sie: Die heißt Verlagerung auf die Schiene, Priorität für die Bahn." Die Verkehrsministerin betont: "Wenn der Entwurf unverändert in den Verkehrsministerrat kommt, wird es von Österreich keine Zustimmung geben."

Jörg Leichtfried ist Chefverhandler des EU-Parlaments für die betreffende Richtlinie zur Festlegung der höchstzulässigen Abmessungen und Gewichte von LKW und Bussen. Er kritisiert, dass es die Kommission verabsäumt habe, eine Folgenabschätzung ("Impact Assessment") für den grenzüberschreitenden Einsatz der Megatrucks durchzuführen: "Hätte die Kommission eine solche Folgenabschätzung durchgeführt, wäre sie zum selben Schluss gekommen wie etliche andere Studien: Der grenzüberschreitende Einsatz von Gigalinern führt zu einer Rückverlagerung des Schwerverkehrs von der Schiene auf die Straße - das widerspricht diametral den verkehrs- und umweltpolitischen Zielen der Union!"

Milliardenkosten für die Infrastruktur, weniger Verkehrssicherheit, Gefährdung der Güterbahnen in ganz Europa
Drei vom Verkehrsministerium in Auftrag gegebene Studien kommen zu einem höchst kritischen Ergebnis, was den grenzüberschreitenden Verkehr von Gigalinern betrifft:

  • Milliardenkosten für Straßeninfrastruktur: 5,4 Mrd. Euro müssten in Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen investiert werden, um sie für die 60 Tonnen schweren und 25 Meter langen Megatrucks aufzurüsten. Brücken und Tunnel, die in Österreich einen überproportional hohen Anteil von 15 Prozent des hochrangigen Straßennetzes ausmachen, müssten speziell verstärkt bzw. adaptiert werden, z.B. im Hinblick auf Tragfähigkeit, Tunnelsicherheit und Brandschutz.
  • Existenzielle Gefährdung für die Güterbahnen in ganz Europa: Der kombinierte Verkehr würde bei EU-weiter Zulassung von Gigalinern 75 Prozent seines Volumens verlieren - eine wirtschaftliche Bedrohung für jede europäische Güterbahn.
  • Riesen-LKW als Sicherheitsrisiko für andere Verkehrsteilnehmer: Das Unfallrisiko nimmt zu, die Schwere von Unfällen und damit der Verletzungen steigt. Das Risiko für Pkw-Fahrer, bei einem Unfall mit einem 60-Tonnen-Lkw getötet zu werden, ist viermal so hoch wie bei einer Kollision mit einem 40-Tonner. Das Überholen dauert für PKW-Lenker länger und wird gefährlicher.


Die österreichische Politik ist sich in der Ablehnung der Gigaliner einig. Schon im Jahr 2009 gab es eine einstimmige Entschließung aller Parlamentsparteien gegen die Megatrucks. Vor wenigen Wochen hat auch der EU-Ausschuss im Bundesrat seine entschiedene Ablehnung der Gigaliner an die Europäische Kommission adressiert. Und auch im Europäischen Parlament treten die österreichischen Abgeordneten geschlossen gegen die grenzüberschreitende Zulassung auf.

Verbesserte Aerodynamik und Fahrsicherheit für normale LKW
Abgesehen von der Zulassung der umstrittenen Gigaliner finden sich in dem Vorschlag der Kommission aber auch einige positive Aspekte, erläutert Leichtfried. So ermöglicht die neue Richtlinie die Verbesserung der Aerodynamik von LKW, etwa durch die Anbringung von Luftleiteinrichtungen sowie die Ausstattung mit alternativen - hybriden oder elektrischen - Antriebssystemen. Auch die Straßenverkehrssicherheit von LKW soll erhöht werden, indem zum Beispiel die Form des Führerhauses verbessert und damit tote Winkel verringert werden. Zudem soll der intermodale Verkehr erleichtert werden, indem LKW künftig ohne extra Genehmigung die in der Schifffahrt üblichen 45-Fuß-Container vom Hafen zum Bestimmungsort transportieren können. Dafür werden die höchstzulässigen Maße und Gewichte geringfügig verändert. Darüber hinaus sollen LKW stärker auf Überladung kontrolliert und die Sanktionen dafür auf EU-Ebene harmonisiert werden.

Leichtfried: "Hier geht der Vorschlag von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas in die richtige Richtung, diese Teile der Richtlinie kann ich unterstützen. Aber gleichzeitig die Gigaliner durch die Hintertür einführen zu wollen, das kann ich nicht akzeptieren." Ziel sei es nun, eine verkehrspolitisch, wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Lösung auszuarbeiten, so Leichtfried, der seine Vorschläge im Herbst dem Verkehrsausschuss des EU-Parlaments präsentieren wird.

Zeitplan für die Behandlung des Gigaliner-Berichts im EU-Parlament

  • Vorschlag der EU-Kommission (bereits erfolgt)
  • Debatte des Berichts im Verkehrsausschuss (November 2013)
  • Abstimmung im Verkehrsausschuss (Februar 2014)
  • Abstimmung im Plenum des Europäischen Parlaments (April 2014)


Für die Rats-Arbeitsgruppen liegt noch kein Zeitplan vor. Nach letzten Informationen wird die litauische Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2013 dieses Dossier nicht mehr aufgreifen.

 

 

 

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