JKU ist bei Medizinrecht und Altersforschung
 schon jetzt führend

 

erstellt am
08. 07. 13
14.00 MEZ

Mit der Medizinischen Fakultät werden diese Forschungsbereiche weiter ausgebaut
Linz (jku) - Oberösterreich hat eine traditionell enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft, also von Theorie und Praxis. Stärkefelder unseres Bundeslandes sind hier die Informationstechnologie, Kunststofftechnik und Mechatronik im technischen Bereich sowie die Gesundheitsökonomie und das Medizinrecht im sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Bereich. In all diesen Fächern zeichnet sich OÖ durch zwei entscheidende Faktoren aus: Spitzenforschung auf internationalem Niveau und nahtlose Verknüpfung der Forschung mit ihren wirtschaftlichen und industriellen Anwendungen.

Mit der Gründung einer Medizinischen Fakultät an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz ergeben sich nun hervorragende neue Kooperationsmöglichkeiten mit den bestehenden Forschungsbereichen. Sind dies an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät (TNF) die Nanotechnologie, Biophysik und Mechatronik, so sind es an der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät (SOWI) die Gesundheitsökonomen und an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät (RE) die Medizinrechtler, die eine Fülle von Kooperationsfeldern mit der neuen Medizinischen Fakultät vorfinden.

Landesrätin Hummer: "Dadurch entstehen wiederum neue Chancen für unsere Wirtschaft. Das Themenfeld Gesundheit ist in einer alternden Gesellschaft weltweit ein Big Business, das bisher an OÖ vorbeigegangen ist. Das soll sich ändern. In unserem neuen Forschungs- und Wirtschaftsprogramm "Oberösterreich 2020", das derzeit erstellt wird, stellt das Thema Gesundheit in einer ällter werdenden Gesellschaft daher einen zentralen Bestandteil dar. Mit der neuen Medizinischen Fakultät gehen wir über unsere bisherigen technischen und sozialwissenschaftlichen Stärkefelder hinaus und erschließen durch die Zusammenarbeit neuer Fachgebiete mit den bereits bestehenden, neue Chancen! So nutzen wir unsere vorhandenen Stärken und stellen uns für die Zukunft auch in der Forschung strategisch breiter auf."

Rektor Hagelauer: Neue Fakultät bringt enormes Innovationspotenzial
Der Rektor der JKU, Richard Hagelauer, betont, dass die JKU ideale Bedingungen für die Errichtung einer Medizinischen Fakultät bietet: "Die Medizinische Fakultät der JKU ist ein Beitrag zur Realisierung der Vision einer ‚breiten Spitze an leistungsstarken und international kompetitiven Einrichtungen', wie sie auch im Hochschulplan definiert ist. Der dezidiert kooperative Ansatz macht sie zu einer sinnvollen Ergänzung der medizinischen Hochschullandschaft in Österreich. Wir haben bereits vor einigen Jahren erkannt, dass die medizinnahe Wissenschaft für die Zukunft des Forschungs- und Wirtschaftsstandortes Österreich wichtig ist. Daher haben wir auf die Etablierung und Entwicklung der Gesundheitsökonomie, Altersforschung und des Medizinrechts gesetzt. In diesen Bereichen sind wir schon führend in Österreich. Mit der Medizinischen Fakultät entsteht ein enormes Innovationspotenzial, von welchem die gesamte JKU mit ihren drei bestehenden Fakultäten profitieren wird."

Gesundheitsökonomie ist wichtig für die Zukunft des Gesundheitssystems
Das Institut für Volkswirtschaftslehre der JKU nimmt schon seit mehreren Jahren die Spitzenposition in der angewandten Wirtschaftsforschung in Österreich - insbesondere in den Bereichen Arbeit, Gesundheit und Bildung - ein. Durch die Etablierung eines zweifach vom Österreichischen Wissenschaftsfonds finanzierten Nationalen Forschungsnetzwerkes unter dem Titel "The Austrian Center for Labor Economics and the Analysis of the Welfare State" wurde die Basis für eine international kompetitive Forschungsgruppe gelegt (siehe dazu www.labornrn.at). Unter Verwendung von anonymisierten administrativen Daten zum österreichischen Sozial- und Gesundheitssystem werden gesundheitsökonomische Forschungsarbeiten auf hohem wissenschaftlichem Niveau durchgeführt. Darüber hinaus erfolgt am volkswirtschaftlichen Institut der JKU die österreichische Koordination des "Survey on Health, Aging and Retirement in Europe", der in bisher fünf Wellen interdisziplinäre Information über die Alterung von 40.000 EuropäerInnen umfasst.

"Aus einer direkten Anbindung dieser Forschungsaktivitäten an eine medizinische Fakultät sind weitreichende Synergien zu erwarten: Zum einen liefert die medizinische Fakultät die für gesundheitsökonomische Projekte unverzichtbare Fachexpertise aus dem Gebiet der Medizin; umgekehrt sind die sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen in der Lage, die Wirksamkeit von Interventionen, die klinisch getestet wurden, auf ihre ‚Alltagstauglichkeit im Rahmen eines bestehenden Gesundheitssystems' zu überprüfen. Die Gesundheitsökonomie kann somit ergänzend sozio-ökonomische Faktoren und ihr großes methodisch-statistisches Potential einbringen", erklärt Prof. Gerald Pruckner vom Institut für Volkswirtschaftslehre.

Die gesundheitsökonomische Forschung an der von Prof. Pruckner geleiteten Abteilung für Gesundheitsökonomie an der JKU konzentriert sich auf zwei Bereiche:

  • Ökonomische Analyse des (ober-)österreichischen Gesundheitssystems
  • Auswirkungen von individuellen Verhaltensweisen (z.B. des persönlichen Lebensstils) auf das Entstehen von Krankheiten, auf die Mortalität sowie auf die Höhe der Gesundheits-ausgaben (ökonomische Epidemiologie)


Der Ausgestaltung und Finanzierung der intra- und extramuralen Krankenversorgung kommt angesichts der dynamischen Kostenentwicklung auch in den nächsten Jahren große Bedeutung zu. Für den Zweck einer möglichst kosteneffektiven Bereitstellung des ambulanten und stationären Angebotes wird u.a. analysiert, welche Leistungen auf welcher Ebene bereit gestellt werden sollen (Schnittstellenproblematik). Für die gleichzeitig notwendige Sicherstellung der medizinischen Qualität der Leistungen erwarten wir wichtige Inputs der MedizinerInnen an einer künftigen medizinischen Fakultät. Daneben ist die Frage des Zugangs zum Gesundheitssystem bzw. die Untersuchung von Verteilungseffekten in der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen nach sozioökonomischen und regionalen Kriterien ebenfalls Gegenstand der geplanten interdisziplinären Versorgungsforschung.

Die Frage nach den Bestimmungsfaktoren der Gesundheit eines Menschen ist nicht ausschließlich eine medizinische. Für die Verbesserung der Gesundheit bzw. deren Erhaltung bis ins hohe Alter sind die Erkenntnisse anderer Wissenschaftsdisziplinen unverzichtbar. Das im Rahmen einer Linzer Medizinischen Fakultät geplante Forschungsgebiet "Public Health" betont die Bedeutung der individuellen Lebensumstände eines Menschen für dessen gesundheitliche Entwicklung. Folgerichtig werden in ökonomischen, soziologischen oder psychologischen Studien jene Rahmenbedingungen untersucht, die neben der reinen Krankenversorgung den Gesundheitszustand und die Lebensqualität von Menschen beeinflussen. Die beruflichen Rahmenbedingungen und der Bildungshintergrund spielen hier ebenso eine Rolle wie die individuelle familiäre bzw. private Situation (Health in all policies).
Einen wichtigen Forschungsschwerpunkt bildet die Prävention. "An der Abteilung für Gesundheitsökonomie wurden und werden Projekte zur Bewertung von verschiedenen österreichischen Präventionsprogrammen durchgeführt. Zum einen wird untersucht, wie sich bereits etablierte Programme (z.B. die Vorsorgeuntersuchung) auf die Gesundheit der Menschen und die künftigen Gesundheitsausgaben auswirken. Andererseits untersuchen wir, ob finanzielle Anreize in der Lage sind, das Gesundheitsverhalten von Menschen positiv zu beeinflussen. In Kooperation mit SHARE sowie mit der an der Medizinischen Fakultät geplanten Klinik für Alterungsforschung wollen wir jene sozialen und/oder ökonomischen Lebenseinflüsse identifizieren, die das Entstehen von altersbedingten Erkrankungen (z.B. Demenz, Depression, Diabetes, …) fördern oder behindern und damit die Gesundheits- und Pflegeausgaben maßgeblich beeinflussen", so Pruckner.

Survey of Health, Ageing, and Retirement in Europe (SHARE)
SHARE ist ein internationales Forschungsprojekt, das 2002 gegründet und von der EU 2006 in die "Topliga", die "European Roadmap for Research Infrastructures", aufgenommen wurde: 35 herausragende Projekte aus den verschiedensten Disziplinen (darunter auch CERN) sollen in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren als zentral koordinierte Projekte mit Hilfe von Mitteln der EU und der Nationalstaaten vorangetrieben werden.

"SHARE ist ein exemplarisches Forschungsprojekt der Verzahnung von Medizin/Epidemiologie mit Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Mit einem interdisziplinären Team von fast hundert ForscherInnen arbeitet SHARE am Aufbau einer repräsentativen Längsschnittdatenbasis, mit der die individuellen Aspekte des Alterungsprozesses studiert werden können - hinsichtlich Gesundheit, Sozialversorgung, Lebensstandard und Wohlbefinden im Alter", erklärt Prof. Rudolf Winter-Ebmer, der den österreichischen Teil der Studie am Institut für Volkswirtschaftslehre an der JKU koordiniert. Die Basis besteht derzeit aus Informationen zu mehr als 60.000 Personen im Alter 50+, die gegenwärtig in 20 europäischen Ländern und Israel untersucht werden. Bisher sind im Rhythmus von zwei Jahren vier Datenerhebungswellen abgeschlossen worden. Die fünfte Befragungswelle in Österreich umfasst ca. 5000 Personen.

Die zentralen Vorteile von SHARE relativ zu anderen Studien sind die internationale Vergleichbarkeit (harmonisierte Interviews in allen Ländern), die Langfristperspektive (Änderungen von Lebensumständen, Gesundheit oder sozioökonomischen Gesichtspunkten derselben Personen können über lange Zeiträume direkt nachverfolgt werden) und die Interdisziplinarität (Wechselwirkungen zwischen Arbeitsumfeld, Gesundheit, soziale Beziehungen, Familie, Sozialsystem können untersucht werden).

"Bisher wurden in Österreich ca. drei Millionen Euro in das Projekt investiert, ein Vielfaches davon in Europa. Die aktuelle fünfte Befragungswelle in Österreich wird vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung und vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz finanziert", so Winter-Ebmer.

SHARE ist ein interdisziplinäres Projekt, das mit einer künftigen medizinischen Fakultät an der JKU sehr viele Anknüpfungspunkte haben wird: Im Zentrum stehen hier wie dort Geriatrie und Versorgungsforschung, SHARE ist klar epidemiologisch ausgerichtet, Gesundheit und Gesundheitsversorgung werden nach sozio-ökonomischen Kriterien untersucht, SHARE befasst sich insbesondere mit der Inanspruchnahme des Medizinsystems. In der künftigen Entwicklung von SHARE stehen nicht-invasive Diagnosemethoden, die für eine größere Bevölkerungsgruppe rasch und ohne Eingriff durchgeführt werden können, im Zentrum; z.B. Untersuchung der Atemluft, Griffstärke, Bewegungsstudien usw. Hier, wie auch bei der Altersmedizin, können von einer medizinischen Fakultät viele Impulse für dieses äußerst erfolgreiche Projekt erwartet werden. Darüber hinaus kann SHARE einen wichtigen Input für die geplante Professur in Epidemiologie und die klinische Altersforschung liefern. Mehr Informationen sind unter http://www.share-austria.at zu finden.

JKU ist bei Medizinrecht führend in Österreich
Das Institut für Recht der sozialen Daseinsvorsorge und Medizinrecht an der JKU ist in der österreichischen Medizinrechtswissenschaft sowohl im postgradualen Lehrbetrieb als auch bei seinen Forschungsaktivitäten führend. Basis dafür sind Kooperationen mit der Oberösterreichischen Ärztekammer sowie im Krankenversicherungsrecht mit der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse. Das Institut organisiert den postgradualen viersemestrigen Universitätslehrgang für Medizinrecht. Der bereits achte Lehrgang startet im Herbst 2013. Dieser Lehrgang adressiert sich an JuristInnen und MedizinerInnen und schließt mit einem Master of Law mit Schwerpunkt Medizinrecht ab. Abgehalten wird damit der in Österreich führende Medizinrechtslehrgang mit ausgewiesenen Vortragenden aus dem Lehrkörper der JKU und bekannten externen WissenschafterInnen und PraktikerInnen. Medizinrecht wird vom Institut überdies an der JKU als Freifach im Studium angeboten.

Der größte und bedeutendste wissenschaftliche Kongress aus Medizinrecht wird vom Linzer Institut organisiert und findet jährlich im Mai in Gmunden statt. Die Ergebnisse dieses "Gmundner Medizinrechtskongresses" werden in der führenden Fachzeitschrift "Recht der Medizin" veröffentlicht. Gemeinsam mit der Medizinischen Universität Graz organisiert das Institut jährlich einen rechtsvergleichenden deutsch-österreichischen Medizinrechtskongress unter dem Namen "Recht am See" (benannt nach den Tagungsorten).
Das Institut gibt das einzige umfassende wissenschaftliche Handbuch für Medizinrecht heraus, welches 2011 in erster Auflage erschienen ist und Anfang 2015 neu aufgelegt wird (Verlag Lexis Nexis Wien). Im Jahr 2016 gibt das Institut im Verlag Manz einen Sammelkommentar zum Gesundheitsrecht heraus, der die wesentlichen gesundheitsrechtlichen Normen in Österreich umfassen wird und eine wissenschaftliche Aufarbeitung dieser Gesetze bringen wird. Die am Institut tätigen WissenschafterInnen haben seit der Gründung des Instituts vor vier Jahren bereits eine beachtliche Anzahl bedeutender Publikationen veröffentlicht.

"Mit der Medizinischen Fakultät ergeben sich zahlreiche Synergien mit unserem Forschungsbereich. Zum einen kann im Bereich der Lehre das (Neben-)Fach Medizinrecht für Medizinstudierende angeboten werden. Zum anderen kann im Bereich der Forschung das Institut die wissenschaftliche juristische Begleitung praktisch aller - sehr zahlreich - auftretenden Rechtsfragen eines Universitätsspitals leisten. Diese Rechtsfragen sind u.a. Haftungsfragen in Bezug auf Patienten, Finanzierungsfragen, besondere krankenanstaltenrechtliche Probleme, die sehr komplizierte arbeitsrechtliche Konstruktion durch das Nebeneinander von Universitätsangestellten, Landes- und Gemeindebediensteten und Bediensteten von Ordensspitälern oder auch häufige und typische arbeitsrechtliche Probleme, wie Nebenbeschäftigungen in Privatordinationen", erklärt Prof. Reinhard Resch, der das Institut für Recht der sozialen Daseinsvorsorge und Medizinrecht an der JKU leitet.

 

 

 

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