Neuer Biomarker zur Prognose von
 Weichteilsarkomen entdeckt

 

erstellt am
08. 08. 13
14.00 MEZ

Graz (meduni) - Wissenschafter der Med Uni Graz haben einen neuen entzündlichen Biomarker entdeckt, mit dem der Verlauf von Weichteilsarkomen besser vorhergesagt werden kann. In einer retrospektiven Studie konnten die Forscher nachweisen, dass bei Betroffenen sowohl das Gesamtüberleben als auch das erkrankungsfreie Überleben mit dem präoperativen Verhältnis von neutrophilen Granulozyten zu Lymphozyten - beides Subtypen der weißen Blutkörperchen - assoziiert ist. Als kostengünstiger und einfach zu bestimmender Marker könnte die N/L-Ratio in Zukunft wertvolle Zusatzinformationen für die Vorhersage des Krankheitsverlaufes liefern.

Weichteilsarkome - heterogen und schwer zu behandeln
Weichteilsarkome sind eine Gruppe von seltenen bösartigen Tumoren, die vom Weichteilgewebe - zum Beispiel Muskel-, Fett- oder Bindegewebe - abstammen und je nach Diagnosezeitpunkt einen unterschiedliche Krankheitsverlauf nach sich ziehen. 60% der Tumore entstehen in den Extremitäten. Nicht zuletzt auf Grund der vielen unterschiedlichen Ursprungsgewebe und des heterogenen Erscheinungsbildes werden heute etwa 70 Unterarten gezählt. Angesichts dieser Vielgestaltigkeit ist ein einheitliches Vorgehen, wie man es von vielen anderen Tumoren kennt, schwierig. Die Mediziner versuchen daher zunehmend, individuellere Therapien für die jeweiligen Subtypen und maßgeschneiderte Behandlungen für die einzelnen Patienten zu entwickeln. Eine wichtige Voraussetzung dafür sind verlässliche Prognoseparameter, mit deren Hilfe der Verlauf der Erkrankung vorhergesagt werden kann. Die Prognose entscheidet unter anderem darüber, welche Patienten nach der Operation noch eine unterstützende Chemotherapie oder Bestrahlung erhalten und wie sich die bestmögliche Nachsorge gestaltet.

Abschätzung des Krankheitsverlaufes bedingt große Datenmengen
"Derzeit verwenden wir zur Abschätzung des Krankheitsverlaufes ein Normogramm, das am New Yorker Memorial Sloan Kettering Krankenhaus entwickelt wurde", berichtet OA Dr. Joanna Szkandera, Klinische Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere Medizin der Med Uni Graz. In dieses Normogramm fließen verschiedene klinische und histopathologische Befunde ein, wie Alter und Größe des Patienten, Lokalisation, Subtyp und Differenzierungsgrad des Tumors, sowie weitere Daten. "Für eine noch bessere Risikoabschützung benötigen wir aber noch weitere Parameter." Es gibt eine Reihe von molekularen Biomarkern, die zusätzliche Informationen liefern könnten. Auf Grund der hohen Kosten, fehlender Validierung und aufwendiger Analyseverfahren sind diese Marker jedoch für den Routinebetrieb noch nicht geeignet.

Entzündungszellen im Blut untersucht
Es ist schon länger bekannt, dass die Entwicklung eines Tumors maßgeblich vom lokalen Umfeld des Tumors beeinflusst wird. Eine entscheidende Rolle spielen dabei Zellen des Immunsystems, die weißen Blutkörperchen. "Während Lymphozyten eine Schutzfunktion haben können und für die Verteidigung des Körpers gegen den Tumor verantwortlich sind, fördern Neutrophile unter bestimmten Voraussetzungen die Metastasierung", erläutert Dr. Szkandera. "Wir haben in unserer Studie untersucht, ob auch das Verhältnis von Neutrophilen zu Lymphozyten im Blut (N/L-Ratio) mit dem Verlauf der Erkrankung assoziiert ist." Ein solcher Zusammenhang konnte bereits bei einer Reihe von anderen bösartigen Tumoren nachgewiesen werden. Die Forscher der Med Uni Graz untersuchten nun erstmals an einer größeren Zahl von Weichteilsarkomen, ob die N/L-Ratio bei dieser heterogenen Tumorart ebenfalls ein prognostischer Marker ist.

In ihrer retrospektiven Studie, die kürzlich im renommierten British Journal of Cancer veröffentlicht wurde, analysierten sie die Daten von 260 Patienten mit Weichteilsarkomen, die zwischen 1998 und 2010 in Graz operiert und danach im Mittel 50 Monate nachverfolgt wurden. Dabei zeigte sich, dass die präoperative N/L-Ratio auch bei Weichteilsarkomen Rückschlüsse auf den postoperativen Verlauf zulässt. Dr. Szkandera konnte gemeinsam mit ihren Kollegen an der Klinischen Abteilung für Onkologie, Leitung: Univ.-Prof. Dr. Hellmut Samonigg, Assoz.-Prof. Dr. Armin Gerger und Ass. -Prof. Dr. Martin Pichler sowie der Univ.-Klinik für Orthopädie, Leitung: Univ.-Prof. Dr. Andreas Leithner, zwei optimale Cut-off-Werte berechnen: Patienten mit einer N/L-Ratio unter 3,58 hatten bezüglich des Gesamtüberlebens eine signifikant bessere Prognose als Betroffene mit einem höheren Quotienten. Für das erkrankungsfreie Überleben lag der Trennwert bei 3,45.

Bevor der neue Risikomarker im klinischen Alltag zum Einsatz kommt, muss nun in einem nächsten Schritt mit statistischen Verfahren geklärt werden, ob die zusätzliche Verwendung der N/L-Ratio die prognostische Wertigkeit des Normogramms verbessern kann, damit die Patienten also auch in der Praxis von der Bestimmung des Quotienten profitieren. In der Fachwelt werden die Ergebnisse der Grazer Onkologen mit großem Interesse verfolgt. So wurde die Arbeit von Dr. Szkandera unter anderem bei der diesjährigen Jahrestagung der European Musculo-Skeletal Oncology Society (E.M.S.O.S.) in Göteborg mit einem Preis ausgezeichnet.

 

 

 

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