Inputs und Konzepte der Sozialpartner zur
 Zukunft der Jugend in Österreich

 

erstellt am
16. 09. 13
14.00 MEZ

Bad Ischl/Wien (pwk) - „In die Jugend investieren“ – unter diesem Motto steht der Bad Ischler Sozialpartnerdialog 2013, bei dem Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Österreichischer Gewerkschaftsbund (ÖGB), Arbeiterkammer (AK) und Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ) ein gemeinsames Positionspapier zu Perspektiven für die Jugend präsentiert haben.

„Investitionen in die Jugend sind die besten Investitionen, die wir in Österreich tätigen können. Wir Sozialpartner legen Konzepte vor, mit denen das österreichische Bildungssystem Europaspitze werden kann“, betonte WKÖ-Präsident Christoph Leitl im Rahmen der gemeinsamen Eröffnungspressekonferenz der Sozialpartnerpräsidenten zum Bad Ischler Dialog.

„Die Sozialpartner wollen in den nächsten 5 Jahren die Schule der Zukunft etablieren“, betonte Leitl mit Verweis auf das gemeinsame Papier. Die Sozialpartner zeigen darin fünf Handlungsfelder auf: Die Schule der Zukunft soll Grundkompetenzen vermitteln, die Kreativität jedes Einzelnen unterstützen, um Innovationen zu fördern, darüber hinaus die Schulautonomie stärken, die Kombination verschiedener Ausbildungswege ermöglichen mit dem Ziel, dass jeder 19-Jährige einen abgeschlossenen Schul- und einen Berufsabschluss erwerben kann – Stichwort Durchlässigkeit - sowie die lebensbegleitende Weiterbildung sichern.

Zudem soll die Schulpflicht nach dem Konzept der Sozialpartner nicht mehr nach Jahren, sondern nach erreichten Standards bemessen werden. Leitl: „Das ist eine kopernikanische Wende im Schulsystem, die es ermöglicht, nicht nach starren Plänen, sondern individuell auszubilden“.

Einen besonderen Fokus müsse man, so Leitl, außerdem auf jene 8.000 jungen Menschen legen, die alljährlich die Pflichtschule nicht positiv beenden. „Denn wir können und wollen es uns nicht leisten, diese jungen Menschen für den Arbeitsmarkt zu verlieren“, so der WKÖ-Präsident. Leitl betonte, dass die Sozialpartner ideologisch aufgeladene Begriffe wie etwa Gesamtschule bewusst vermieden hätten, da dies nur die politischen Auseinandersetzungen verlängern würde: „Uns geht es um die Ziele, die wir bei der Ausbildung der Jugendlichen anstreben. Hier machen wir konkrete, sofort umsetzbare Vorschläge. Bildungsexperten können darüber hinaus einbringen, wie diese Ziele in anderen Ländern erreicht werden, die etwa bei den Pisa-Tests weit vor Österreich liegen.“

Oberhauser: Top-Kindergärten in ganz Österreich, damit Frauen Vollzeit arbeiten können

„Die jungen Sozialpartner haben gefordert, dass die Jugendlichen im Mittelpunkt des Sozialpartnerdialogs stehen sollen“, begründete ÖGB-Vizepräsidentin Sabine Oberhauser das heurige Thema des SozialpartnerInnen-Dialogs. Für Oberhauser beginnt Bildung beim Kindergarten. „Es geht nicht mehr nur um warm, satt und sauber. Es geht um Kinderbildung, nicht nur um Kinderbetreuung.“ Das derzeitige Angebot sei in manchen Bundesländern zu wenig, wo die Kindergärten nur halbtags geöffnet sind und in den Sommermonaten wochenlang schließen. „Wir müssen in ganz Österreich ausreichend Kinderbildungseinrichtungen anbieten, damit Frauen vermehrt in Vollzeitbeschäftigung gehen können“, sagte Oberhauser.

Die Sozialpartner fordern ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr. „Wir müssen den Kindern zwei Jahre Zeit geben, um ihre Sprachkenntnisse zu perfektionieren, aber auch, um andere Skills zu erlernen“, fordert Oberhauser. Dafür nötig: hochqualifiziertes und motiviertes Personal in den Kindergärten. „Dafür brauchen wir österreichweit einheitliche Rahmenbedingungen. Außerdem müssen 1.500 Euro Mindestlohn überall durchgesetzt werden“, sagte Oberhauser.

Was für Oberhauser absolut gar nicht in Frage kommt, sind 'Herdprämien', die manche Gemeinde gerne an jene Mütter auszahlen würde, die ihr Kind nicht in eine hochqualifizierte Kinderbildungseinrichtung geben wollen, sondern zuhause behalten wollen. „Die Gemeinden sollen in Kindergärten investieren, statt Mütter für das Fernbleiben vom Arbeitsmarkt zu versilbern“, so Oberhauser. Für die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben sind übrigens auch ganztägige Schulformen notwendig.

„Österreich ist im Kalorienverbrauch Weltspitze. Wir dürfen dafür aber nicht das Individuum alleine verantwortlich machen, sondern die Verhältnisse verändern“, sagte Oberhauser zum Thema 'Jugend und Gesundheit', das ebenfalls Thema in Bad Ischl ist: „Gesundes Essen muss auch für junge Menschen leistbar sein, und die Jugendlichen brauchen die richtigen Vorbilder, die ihnen vorleben, wie man sein Leben gesünder gestalten kann. Nur so ist es möglich, dass die Menschen länger gesund im Berufsleben bleiben können.“

Kaske: Mittel für Schulen nach sozialen Kriterien
AK-Präsident Rudi Kaske präsentierte einen neuen Vorschlag der Sozialpartner zur Schulfinanzierung: Die Mittel an die Schulen sollen nach sozialen Kriterien verteilt werden. Damit könnten die Schulen individuelle Förderung anbieten, wo die Eltern keine Nachhilfe zahlen können: „Die Chancen unserer jungen Leute dürfen nicht von der Brieftasche der Eltern abhängen.“

In der Lehrausbildung sind sich die Sozialpartner einig über Qualitätssicherungsmaßnahmen, damit weniger Jugendliche als bisher bei der Lehrabschlussprüfung durchfallen. Die Landes-Berufsausbildungsbeiräte sollen die Lehrabschlussdaten nach Branchen und Betrieben überprüfen und in Zusammenarbeit mit den Betrieben Maßnahmen setzen. Die AK will hier noch weiterverhandeln. Sie will etwa die Basisförderung für Lehrbetriebe an Qualitätskriterien knüpfen.

Damit schließlich Wohnen für junge Leute leistbar wird, wollen die Sozialpartner die Zweckwidmung der Wohnbauförderung und eine Präzisierung des Systems der Richtwertmieten. In diesem Zusammenhang tritt Kaske für klare Obergrenzen für die Zuschläge zum Richtwert bei Altbaumieten ein.

Wlodkowski: Der Jugend im ländlichen Raum Perspektiven geben
„Wer die Abwanderung aus den ländlichen Regionen Österreichs verhindern will, muss der Jugend dort die notwendigen Perspektiven geben. Denn nur lebendige ländliche Räume mit der Möglichkeit einer umfassenden Aus- und Weiterbildung und mit attraktiven Arbeitsplätzen außerhalb, aber auch in der Landwirtschaft, sind imstande, die Jugend am Lande zu halten. Daher wollen wir Fragen, welche die Bildung und das lebenslange Lernen betreffen, aus dem Parteien-Hick-Hack herausgehalten wissen und sehen die heute präsentierten Empfehlungen der Sozialpartner für eine Verbesserung des gesamten Bildungssystems, vom Kindergarten bis in die Hochschulen, viel mehr als einen Arbeitsauftrag an die kommende Bundesregierung“, erklärte Gerhard Wlodkowski, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich.

Als für den ländlichen Raum besonders bedeutend hob der Landwirtschaftskammer- Präsident die Rolle der Landjugend als Einrichtung hervor, die neben fachlichen Fragen vor allem „Lebensbildung“ vermittelt. Die Landjugend sei mit 90.000 Mitgliedern und 1.100 Ortsgruppen in ganz Österreich die größte Jugendorganisation am Land, so Wlodkowski. Des weiteren würde das LFI (Ländliche Fortbildungsinstitut) mit mehr als 14.000 Kursen und Seminaren, die schulische Ausbildung in den Fachschulen und Höheren Schulen bzw. die Meisterausbildung optimal begleiten und ergänzen. Schließlich sei es gelungen, so Wlodkowski, in der künftigen EU-Agrarpolitik eine wirksame Starthilfe für junge Menschen zu verankern, die ein bäuerliches Unternehmen übernehmen und erfolgreich fortführen wollen.

 

 

 

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