10. Oktober: Zukunft gestalten,
 Vergangenheit verstehen

 

erstellt am
10. 10. 13
15.00 MEZ

LH Kaiser: Zukunft liegt in Offenheit nicht in Enge – LHStv.in Prettner, LR Ragger, LR Waldner und LR Holub bei Landesfeiern anlässlich der Kärntner Volksabstimmung
Klagenfurt (lpd) - Kärnten gedachte am 10.10. der Volksabstimmung vom 10. Oktober 1920. Offizielle Landesfeiern mit Kranzniederlegungen und Ansprachen fanden wie gewohnt in Klagenfurt beim Ehrenmal am Soldatenfriedhof Annabichl und im Landhaushof bei der Stätte der Kärntner Einheit statt. Sie standen heuer unter dem Motto „Zukunft gestalten, Vergangenheit verstehen“ und liefen in leicht veränderter Form und sehr positiver Atmosphäre ab. So gab es im Landhaushof auch Lieder und Darbietungen der Kinder aus der multiethnischen Volksschule „Friedensschule“ Klagenfurt-St. Ruprecht, zwei Jugendliche formulierten ihre Gedanken zum 10. Oktober und die slowenische Sprache hörte man in einem Lied und Teilen von Ansprachen.

Landeshauptmann Peter Kaiser betonte, dass Inhalt und Thematik des 10. Oktober als wichtigen Tag für die Landesgeschichte nichts an Aktualität verloren hätten. Geschichte und Tradition würden dem Land und seiner Bevölkerung viel an Identität geben. Es sei wichtig, Bedeutung und Geschehnisse des 10. Oktober immer wieder ins Bewusstsein zu rufen. Aus diesem Tag dürfe jedoch nicht, wie in der Vergangenheit oft praktiziert, politisches Kapital geschlagen werden. Es gehe vielmehr darum, die Geschichte gemeinsam zu verstehen.

Kaiser bezeichnete die Volksabstimmung von 1920 als Sternstunde für Kärnten. Er erklärte, dass sich damals Menschen unabhängig von ihrer Mutter- oder Umgangssprache mit großer Mehrheit zur Einheit Kärntens und damit zu Österreich bekannt hätten. Auch heute sollten sich alle Kärntnerinnen und Kärntner zu ihrer Geschichte bekennen – und zwar zu den Schattenseiten genauso wie zu den Sternstunden. Daher laute das Motto der Landesfeiern „Zukunft gestalten, Vergangenheit verstehen. Prihodnost oblikovati, preteklost razumeti“, formulierte der Landeshauptmann zweisprachig.

Für Kaiser war die Volksabstimmung ein Bekenntnis zur Heimat, nicht jedoch eine nationalistische Manifestation. Er sprach sich gegen Neid und Zwietracht aus, da diese neue blutige Wunden in unsere Heimat schlagen würden. Information, der ehrliche Umgang mit der Vergangenheit, gegenseitiger Respekt und Verständnis für andere würden alte Wunden heilen und zukünftige Verletzungen vermeiden.

Der Landeshauptmann verwies auf die breitgetragene Ortstafellösung und dankte allen, die dazu beigetragen haben, insbesondere Staatssekretär Josef Ostermayer und Alt-Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Er hob zudem die Zukunftschancen durch aktive Nachbarschaftspolitik sowie durch Kärntens Zweisprachigkeit und kulturelle Vielfalt hervor. Skepsis gegenüber der Zweisprachigkeit habe es auch in seiner eigenen Familie gegeben, erzählte Kaiser. „Wie kannst du das machen“, habe seine kürzlich verstorbene Mutter reagiert, als er seinen Sohn im zweisprachigen Kindergarten angemeldet hatte. Als Luca dann ein slowenisches Muttertagsgedicht aufgesagt habe, seien Skepsis und jahrelange Ablehnung der slowenischen Sprache augenblicklich weggewesen. „Mehrsprachigkeit ist kein negatives Stigmata, sondern wertvoll für die Zukunft“, betonte Kaiser, für den die Zukunft in der Offenheit liegt und nicht in der Enge.

Landtagspräsident Reinhart Rohr ging auf die Geschichte von Abwehrkampf und Volksabstimmung näher ein. Man solle sich in ehrendem Gedenken vor den Gefallenen verneigen und das klare demokratische Votum für Kärnten als gemeinsamen Erfolg der Kärntnerinnen und Kärntner sehen, denn jede zweite Stimme sei von slowenischsprachigen Kärntnern gekommen. Er wies auf die Ortstafellösung 2011 hin, womit der historisch belastete Konflikt beigelegt wurde. Das friedliche Zusammenleben und -wirken mit mehr Sprachen und mit Kooperationen verbessere die Chancen für Kärnten.

Klagenfurts Bürgermeister Christian Scheider hob den Erhalt der Einheit Kärntens als ein Zeichen der Gemeinsamkeit und des Zusammenhalts aller Kärntner hervor. Ohne Abwehrkampf hätte es keine Volksabstimmung gegeben. Das gemeinsame Wollen sei ein Auftrag, die positiven Kräfte für die Zukunft zu bündeln. Das Vermächtnis liege darin, Gräben zu überwinden und Brücken zu bauen. Kärnten sei vorbildhaft in der Volksgruppenpolitik und der Alpen-Adria-Raum biete enorme Chancen, so Scheider. Es gelte, sowohl von den Vorfahren als auch von den Jugendlichen und ihrer Offenheit zu lernen.

Die beiden Mitglieder der Konsensgruppe, Heimatdienstobmann Josef Feldner und Slowenenvertreter Marjan Sturm, erzählten vom Werden ihrer Zusammenarbeit und ihren Wünschen für Kärnten. Persönliche Schicksale von Vorfahren hatten sie dazu geführt, ihre bislang einseitigen Sichtweisen aufzugeben und aufeinander zuzugehen. Damit sei ein Diskussionsprozess entstanden. Die 10.Oktober-Feier 2020 sollte im Gewinnen von Vertrauen und in der weiteren Überwindung von Trennendem gefeiert werden können, so Feldner. Es brauche Offenheit und Toleranz und er verspüre eine Aufbruchsstimmung, sagte Sturm. Er appellierte, alles zu tun, um unser schönes Land weiterzuentwickeln.

Die Studentin Lisa Sandrieser sowie der HTL-Schüler und Landesschulsprecher Andreas Kavalirek, brachten ihre Gedanken zum 10. Oktober zum Ausdruck. Sandrieser sagte auf Deutsch und Slowenisch, dass es ein Fest der Gemeinsamkeit sein solle. Sie ist zweisprachig aufgewachsen und sei froh, dass ein Umdenken eingesetzt habe, wonach Zwei- und Mehrsprachigkeit als Bereicherung gesehen würden. Kärnten solle eine weltoffene Region im vereinten Europa sein. Sie appellierte an die Jugend, möglichst in Kärnten zu bleiben und hier aktiv zu sein. Kavalirek sprach sich für ein Kärnten aus, das die positive wirtschaftliche Entwicklung sowie die Umwelt im Blick habe. Der 10. Oktober sollte auch im Herzen verankert sein. Wichtig sei, dass die Politik für die Jugend Perspektiven schaffe. Die Jugend sei die Zukunft, sie brauche auch Sicherheit. Kavalirek wünscht sich zudem Politische Bildung als Pflichtfach in den Schulen.

Moderator Josef Nadrag fragte im Landhaushof einige Ehrengäste nach ihren Wünschen für den 10. Oktober 2020. Diese wurden nämlich auf Zettel geschrieben und von Kindern an Luftballone geheftet auf die Reise geschickt. Der Landeshauptmann sagte, dass Kärnten ein Vorbild für das Zusammenleben der Volksgruppen in Europa sein solle. LHStv.in Beate Prettner sagte, dass sie an die positive Zukunft des Landes glaube. Landesrat Wolfgang Waldner wünscht sich, dass Kärnten ein weltoffenes, tolerantes, modernes Land sei, in dem junge Menschen ausreichend Arbeitsplätze finden. Für Landesrat Christian Ragger darf die Symbolkraft des 10. Oktober durch keinen Zeitgeist verdrängt werden. Landesrat Rolf Holub wünschte sich, dass Kärnten mit seiner Gemeinsamkeit ein gutes Beispiel für die Welt sein möge. Für Bischof Alois Schwarz ist die Begegnung der Menschen mit Respekt und das Brückenbauen zum Frieden ein großes Anliegen. Superintendent Manfred Sauer drückte den Wunsch nach gelebter Nachbarschaft und dem Miteinander-Leben aus. Alt-Landeshauptmann Gerhard Dörfler sagte, dass man den Weg fortsetzen solle und auch in Slowenien ein Zeichen für die Gottscheer gesetzt werden sollte.

Die Feierlichkeiten in Annabichl und im Landhaushof gestalteten die Militärmusik Kärnten unter Oberst Sigismund Seidl und die Singgemeinschaft Oisternig unter Christof Mörtl musikalisch. Anwesend waren u.a. auch Sloweniens Generalkonsulin Dragica Urtelj, die Landtagspräsidenten Rudolf Schober und Josef Lobnig, Militärkommandant Brigadier Walter Gitschthaler, der stellvertretende Landespolizeidirektor Wolfgang Rauchegger, Landesgerichtspräsident Bernd Lutschounig, Landesfeuerwehrkommandant Josef Meschik, Landesrettungskommandant Georg Tazoll, Landesschulratspräsident Rudolf Altersberger, Landesamtsdirektor Dieter Platzer, Arbeiterkammerpräsident Günther Goach, Slowenenvertreter Bernard Sadovnik sowie Abordnungen der Traditions- und Heimatverbände, Einsatz- und Rettungsorganisationen und eine Ehrenformation des Bundesheeres.

 

 

 

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